Beiträge von Lucius Caecilius Catilius

    Catilius, der Lucia an ihrer Seite bis zum Atrium begleitet hatte trat nun an ihr vorüber in das Innere des Raumes. Er hielt neben einer der iolischen Säulen, welche den inneren Bereich eingrenzten und begutachtete kurz deren Basis, ehe er entlang der Kanneluren eine feine Rille mit Zeige und Mittelfinger nachfuhr. "Es hat seinen Reiz. Ein kleines Paradies inmitten der Großstadt." Der Brunnen in der Mitte des Atriums was das Nächste, dass seine Aufmerksamkeit auf sich zog, wenn auch nur für einige Sekunden. Dann wendete er sich mit wachem Blick herum, um Lucia mit einem sanften Lächeln zu begegnen. "Zur Schau gestellter Prunk. Ihr legt viel Wert darauf, dass ein Besucher einen einprägsamen Eindruck mit nach Hause nimmt, nicht?" Einige Schritte zurück in ihre Richtung und er war wieder bei ihr. Diesesmal hatte er jene unsichtbare Grenze, die zwischen respektvoller Distanz bei Fremden und einer intimeren Nähe liegt um einen Hauch übertreten, ließ sich davon selbst jedoch nicht aus der Ruhe bringen.

    "Du seist Entschuldigt." stellte er mit spielerischer Großzügigkeit fest. Für den Moment konnte er Crassus auch mit seiner Arbeit in Ruhe lassen. "Wir werden dann dort auf Dich warten." Er wartete nicht erst eine Erwiderung des Praefectus ab, sondern wandte sich herum, um Lucia hinaus in die Flure der Casa zu folgen. Er schloss die Tür des Arbeitszimmers hinter sich, um dann mit einigen schnellen Schritten zu Lucia aufzuholen. "Dein Bruder scheint ein vielbeschäftigter Mann zu sein." Die Arme hinter dem Rücken verschränkt schlenderte er in aller Gemächlichkeit neben ihr her, in Richtung des Atriums und lies sich diesesmal Zeit unverblümt und in aller Ruhe ihre Gesichtszüge zu studieren. Das Spielchen, dass sie schon ab der ersten Minute zu spielen begonnen hatte übte einen gewissen Reiz aus. Ein Spiel mit Risiko, gerade bei zwei Angehörigen desselben Hauses, aber solange es beim Spiel blieb, wollte er nicht abgeneigt sein es zumindest eine Weile mitzuspielen. Nicht zuletzt übte Lucia auf gewisse Weise einen Reiz auf ihn aus, der vorallem durch ihre bisher zur Schau gestellte leichtfüßige Grazie zum Ausdruck kam.

    "Wenn Du mich sofort zum Essen einladen willst, Gaius." Er bedeutete ihm mit einem knappen Nicken seine Zustimmung. "Ich bin gerne dein Gast. Die Reise dauerte nun ein gutes halbes Jahr und ich kann zumindest einiges berichten. Warst du schon in den östlichen Provinzen?" Er setzte sich nicht erst wieder, sondern blieb gegen den Stuhl gestützt. Ein kleinere Mittagsmahl konnte nicht Schaden, nun daran erinnert, musste er sich eingestehen das letzte Mal am Morgen des letzten Tages vor der Abfahrt in Richtung Asisium richtig gegessen zu haben. Das bisher unterdrückte Hungergefühl meldete sich umso stärker zu Wort. Ganz davon abgesehen wollte er seinen Cousin bei seiner Arbeit nicht allzu lange aufhalten. Als Praefectus Vigilum hatte jener sicher genug zu tun, daran mussten ihn nicht erst die Stapel von Post auf dessen Tisch erinnern. An Gesellschaft würde es ihm zumindest nicht mangeln. Er begleitete den Gedanken mit einem weiteren Blick auf Lucia, deren reges Interesse ihm bisher nicht entgangen war. Mit einem Lächeln ließ er es so wirken, als wäre die Frage gleichzeitig noch an Sie gerichtet.

    Sein erster Weg an diesem Morgen führte ihn zur Schola um sich dort mit den Gepflogenheiten vertraut zu machen. Um nicht erst noch lange Zeit verstreichen zu lassen entschloss er sich in aller Kürze bereits sofort den ersten Schritt zu tun. Seit dem Start des Cursus waren zwar bereits mehrere Tage vergangen, aber bis zur Abgabefrist blieb noch mehr als genug Zeit übrig.


    Lucius Caecilius Catilius trug er gut lesbar auf der Liste der Teilnehmer ein.

    Catilius erhob sich von seiner Position aus dem Stuhl, um sich der Dame zuzuwenden. Er erfasste Lucia mit dem Blick und betrachtete die junge Frau erst einen Moment lang, ehe er ihr entgegen trat. Ein sanftes Lächeln auf den Zügen ergriff er ihre Hand. "Es ist mir eine Freude neue Bekanntschaften zu machen, besonders wenn es die Bekanntschaft einer so hübschen jungen Frau ist." In einer sachten, fließenden Bewegung neigte er sich leicht vor und führte ihre Hand bis gegen seine Stirn, um sich dann wieder aufzurichten. Eine Sekunde lang hielt er noch den Augenkontakt, ehe er sich wieder zu Crassus wandte. "Es muss nicht zwingend Roma selbst sein, Gaius." Er ergriff den zugeworfenen Strick der vertrauten Anrede direkt und im Ton ehrlich. "Es kommt eben auf den Posten an. Darüber hinaus: Ja, die Verwaltung. Ich bin durch meinen Vater nicht ganz unwissend auf dem Gebiet geblieben. Diesen Vorteil will ich Ausnutzen." Ein kurzer Blick, wieder hinüber zu Lucia, ehe er dann mit einer knappen Geste das Thema vorerst vom Tisch wischte. "Aber das lässt sich noch später besprechen, ich will die Dame nicht mit zähen Staatsgeschäften langweilen." Er verharrte neben dem Stuhl, eine Hand auf die Lehne gelegt. Auf galante Umgangsformen hatte er schon immer viel gegeben, nicht nur um Eindruck zu machen, sondern vielmehr aus eigener Überzeugung heraus. Dazu zählte für ihn auch zum guten Ton, der jungen Frau in diesem Fall den Vortritt zu überlassen, oder zumindest zu warten, bis sie sich setzte.

    "Sicher, eine einfache Erfrischung wäre Willkommen." Er lehnte sich auf dem Stuhl ein wenig zurück und schlug ein Bein über das Andere. Die erste Spur an Vorsicht im Umgangston war vielleicht unbegründet gewesen, oder doch nicht? Nein, so schnell wollte er noch keinen Menschen beurteilen, auch nicht, oder besser gerade eben nicht jemanden aus der eigenen Familie. Gerade diejenigen die einem von vornherein bereits näher Standen waren meistens die erbittertsten Feinde, wenn man etwas unternahm, dass ihnen Misfiel. Die wenigsten Personen waren einfach genug Gestrickt um sich so einfach beurteilen zu lassen, aber solange er zumindest nicht direkt den Ärger eines hohen Offiziers erweckte musste er sich zumindest um einen Umstand weniger Gedanken machen.
    "Mir gefällt Eure Casa, oder sagen wir Das, was ich bisher davon gesehen habe." Ein kühler Windhauch Morgenluft strich durch die offenen Fenster und den Raum, Catilius lies sich die Zeit zu einer kleinen Pause, bis das Rascheln der Blätter draußen wieder verstummte. "Es macht Euch also keine Umstände mich für einige Zeit hier aufzunehmen? Du hast es vielleicht schon aus dem Brief gelesen, aber ich habe vor mich längerfristig hier in Roma anzusiedeln. Um konkreter zu werden: Ich will mich beizeiten nach einem geeigneten Posten in der Stadt selbst umsehen. Wir werden sehen was sich anbietet." Vielleicht fiel er an dieser Stelle ein klein wenig mit der Tür ins Haus, aber auf Offenheit reagierte man am Besten mit Offenheit. Darüber hinaus: Jemanden wie den Praefectus Vigilum darauf anzusprechen konnte kein Fehler sein. Nicht nur, dass jener mit den bestehenden Strukturen in Stadt und Provinz besser vertraut war, darüber hinaus kannte es im konkreten Fall mit Sicherheit auch einige der Entscheidungsträger, an die man sich in letzter Konsequenz zu wenden hatte, sollte man einen Posten innerhalb der Struktur des Staates anstreben.

    Das Arbeitszimmer machte einen prunkvollen Eindruck. Ausladend und luftig, mit einem schweren Arbeitstisch, den Rücken zu den großen Fenstern, aus denen bereits die Sonnenstrahlen den Schatten der hageren Olivbäume von draußen hereinwarfen. Die Wände flankiert von Regalen und schmalen Anrichten. Statuen. Schwere Teppiche. Schmuckvolle Bilder. Zur Schau gestellter Reichtum, aber auf eine Art und Weise, die sich nicht aufdrängte, sondern den Betrachtet eher latent auf die Gepflogenheiten des Besitzers verwies. Er nahm es nur am Rande wahr, denn der eigentliche Blickfang im Raum war ohne Zweifel Crassus selbst. Der hochgewachsene athletische Offizier und Praefaectus Vigilum von Rom saß, offenkundig etwas unglücklich, hinter einer Wust von Post und anderen Aufzeichnungen.


    Catilius Elan brachte dieser Umstand nur für einen kurzen Moment zum stehen, ehe er sein verbindliches Lächeln aufsetzte um Crassus entgegen zu treten. "Salvete Cousin." grüßte er ihn, nicht allzu herzlich, aber ohne weiteres kollegial. Er wollte sich für den Anfang keineswegs zuviel herausnehmen. Darüber hinaus neigten Männer seines Ranges desöfteren zu einer unglaublichen Arroganz, insbesondere, wenn sie aus den Reihen des Militärs stammten. "Ich freue mich, dass mich meine Reise nun doch noch bis nach Roma selbst geführt hat. Du erlaubst?" Er verwies mit einer Hand auf eine der Sitzgelegenheiten vor dem breiten Tisch, um sich dann niederzulassen. Bewusst offenkundig überblickte er einmal den Haufen an Schriftstücken, der sich hier vor dem Präfekten auftürmte. "Ich hoffe ich komme nicht ungelegen."

    Er zögerte einen kurzen Moment, aber es war immerhin nicht an ihm die Sklaven dieses Haushaltes zu befehligen. Er bedeutete dem Sklaven mit einem knappen "Wartet einen Moment.", um dann sein Gepäck von draußen zu nehmen und es bis in das Vestibulum hinein zu bringen und die Tür hinter sich zu schließen. Dem Bediensteten schenkte er ein beinah aufmunterndes Lächeln, um jenen gleichzeitig wohl an dessen Pflichten zu ermahnen. Das Gepäck ließ er schlussendlich stehen, ehe er dem Mann mit einem kurzen Wink anzeigte er solle nun voraus gehen.


    Bei dem Weg durch die Casa hielt er hier und dort inne, um das ein oder andere Detail zu besehen. Von den Bildern, über steinerne Statuen, bishin zum Blick in den ausgedehnten Garten. Luxus, zweifellos, doch etwas anderes hatte er sich in dieser Umgebung kaum erwartet. Einen Moment lang rief er sich die Namen all jener Verwandter ins Gedächtnis, über die er noch bei seiner Abfahrt Erkundigungen eingestellt hatte, er konnte Namen zuordnen. Gesichter freilich noch keine, umso mehr war er gespannt zu wessen Arbeitszimmer man ihn in diesem Moment führte. Kontakt war schon jahrelang nicht mehr zwischen den beiden Ästen der Familie zustande gekommen, umso mehr sah er sich nun als mehr als einfach ein Besucher. Vielleicht sogar etwas wie ein Botschafter, wenn man es in weiterem Sinn fassen wollte, dessen erste Aufgabe es als Gast nun sein Würde, das Eis zu brechen.

    Er ließ sich den ersten Moment Zeit den Sklaven von oben bis unten zu begutachten. Es war ihm seit langem eine Angewohnheit die Dienerschaft ebenso genau zu studieren, wie deren Herren. Immerhin sprach aus den Angewohnheiten und Verhaltensweisen des Dieners sehr viel über dessen Besitzer. Bereits zuhause, als er noch einfache Dienste für seinen Vater zu erledigen hatte, kam es ihm desöfteren Zugute bereits etwas vom Charakter des Hausherren aus der Art, in welcher der Sklave mit Gästen umsprang lesen zu können. "Salvete.", grüßte er den bediensteten, in keinem herabfälligen Ton, um nicht von vornherein Unterwürfigkeit zu provozieren. "Ich bin Lucius Caecilius Catilius und soeben aus Syria hier eingetroffen." Er lies sich dir kurze Pause Zeit, um aufzupassen ob ihn die Dienerschaft vielleicht schon aus eigenem Antrieb hier erwartete. "Ist einer der Herren im Hause? Sie sollten über mein Kommen unterrichtet worden sein."

    Mit blasser Morgenröte zog der neue Tag über dem Land und der großen Weltstadt herauf. Im fahlen Zwielicht, welches die Sonne erst langsam aus allen Ritzen und Nischen zu Vertreiben suchte, geriet das Leben erst langsam in Gange. Ob nun auf dem Tiberis oder den Straßen in und um Roma, erst langsam gingen Türen auf, öffneten sich verschlossene Fensterläden und auch die ersten Karren und kleinen Schiffe verließen ihren nächtlichen Aufbewahrungsort. Auf der Straße, die sich aus dem Norden von Mantua her bis zur Hauptstadt erstreckte, war ebenso noch kein rechter Betrieb aufgekommen und deshalb war der Wagen, der sich in diesen Momenten zwischen Finsternis und Licht von Asisium her nach Süden bewegte, sehr einsam auf seinem Weg. Der Lenker des Gespanns schien noch mehr verschlafen denn wach zu sein, wie er so auf seinem Kutschbock kauerte, gegen die Kälte noch in eine wärmende Decke gehüllt und den Blick starr voraus in die Finsternis gerichtet.


    Hinten auf dem Wagen türmten sich hingegen einige Behältnisse und Truhen. Waren für den Markt, Oliven, Weintrauben und andere Früchte, daneben Ballen von Stoff, gegerbtes Leder und Felle, aber ebenso ein Packen Post aus den Städten und Provinzen für den Kaiserpalast oder die Verwaltung der Hauptstadt höchstselbst bestimmt. Den restlichen Platz teilten sich private Sendungen, von kleineren Schatullen bis hin zu größeren Truhen, deren Inhalt nur erahnt werden konnte. Nicht zuletzt befand sich, zwischen den Waren und eher behelfsmäßig eingerichtet, ein einzelner Passagier auf dem Wagen. Der Reisende, der sich bisher still und regungslos wie eine aus Marmor gehauene Statue verhalten hatte, erwachte mit einem mal zu regem Leben, als er sich aus seiner Position aufrichtete um am Kutscher vorbei nach vorn zu spähen. Es war ein Mann von sehr schlanker Gestalt und in einfaches Reisegewand gehüllt. Nicht besonders groß, aber dafür mit einprägsamen Gesichtszügen und klarem, scharfem Blick. Der Wagen überwand eine kleine Hügelkuppe, als seine Augen suchten und fanden. Weiter vorn im deutlicher werdenden Licht machte er den vagen Schemen einer Stadt aus.


    Der Stadt. Roma. Zentrum des Imperiums. Zentrum der Welt. Ein breites Lächeln glitt über seine Züge. Dies war der seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten ersehnte Moment. Zum ersten Mal sah er die Hauptstadt mit eigenen Augen. Ein einprägsamer Moment, entschied er und warf einen Blick auf den gebeugten Kutscher vorn am Wagen. Es war nicht die bequemste Passage gewesen, aber eine billige Möglichkeit noch im Morgengrauen die Tore der Stadt zu erreichen. Die teilnahmslose Haltung des Kutschers erzürnte ihn für einen Moment. Es störte das Bild, dass er sich in seinem Kopf zurecht gelegt hatte. Die bereits seit Ianuaris andauernde Reise, die ihn aus Damascus in weitem Bogen über alle östlich gelegenen Provinzen des Reiches führte hatte ihm lange genug Zeit gelassen über diesen Moment zu sinnieren. Sicher gab es noch andere Dinge auf die er sich während seiner Reise gefreut hatte. Städte wie Tarsus, Athenae, Sirmium, Augusta Vindelicorum oder Ravenna, die Stationen seiner Reise gewesen waren, hatte er besucht und bestaunt, aber die Begeisterung hielt sich über das Wissen um das noch vor ihm liegende jedes Mal in Grenzen. Gerade die letzten Tage war ihm die Ungeduld so groß geworden, dass er von Ravenna bis hierher nicht die Mühe gescheut hatte mit der frühesten Passage zu fahren, die ihm Möglich war und so spät bis in den Abend hinein zu reisen, wie ein Wagen noch verkehrte.


    Es war nicht nur die Vorfreude auf einen einfachen Besuch der Stadt, um die eigene Familie aufzusuchen und all die Bauwerke und Institutionen zu bestaunen, von denen er bisher nur auf dem Papier las. Roma war schon immer als Ziel seiner Reise geplant. Ein längerfristiges Ziel und gleichzeitig ein Traum, den er sich in den letzten langen Jahren in Damascus immer weiter ausgemalt hatte. Roma stand für ihn mittlerweile gleichbedeutend mit einem Neuanfang. Eine Chance und vor allem seine große Chance, es selbst noch weiter zu bringen als sein Vater, welcher dereinst der Magistratus von Damascus gewesen war. Aber am Anfang stand, wie zu Beginn seiner Reise, zunächst der erste Schritt.


    Dieser erste Schritt war der Besuch seiner Verwandten hier in Rom. Schon vor seiner Abreise hatte er eine Nachricht an die Casa Caecilia abgeschickt und von seinem Kommen berichtet. Jetzt hoffte er, dass er auch so mit offenen Armen empfangen werden würde, wie er es sich vorgestellt hatte. In jedem Fall wollte er nicht mehr als einige wenige Tage verstreichen lassen, um dann seine Ambitionen deutlicher zu zeigen. Wo er den ersten Schritt tun sollte, darüber war er sich noch unsicher, aber darum konnte er sich kümmern, sobald dieser Tag vorüber war. Er schüttelte den Gedanken ab. Wenn es Dinge gab, die seinen Verstand durch ewige Grübeleien zu lähmen vermochten, dann waren es Unsicherheiten. Seiner Auffassung nach konnte er mit jeder Situation fertig werden, solange er darüber bescheid wusste, gleichzeitig war deshalb das fast Einzige, dass ihn nervös machen konnte, wenn er nicht genau über einen Umstand im Bilde war. Eine natürliche Prise Vorsicht hatte sicher noch jedem gut getan, aber seine oftmals fast paranoiden Gedankengänge unterbrach er in letzter Zeit meistens schon selbst, indem er sie als Unsinn ab tat.


    Inzwischen waren die fahlen Schatten unter jedem Haus, Stein, Baum oder Strauch kürzer geworden. Das helle Sonnenlicht war noch nicht zu sehen, dazu war das Innland hinter der Hauptstadt nicht flach genug, dafür vertrieb die Sonne jedoch bereits als Ankündigung des neuen Tages die schlimmste Nachtkälte. Er streckte sich etwas, als der Wagen den Toren näher kam. In aller Ruhe studierte er die Ornamente und eingelassenen Schriftzüge. Alles an Roma schien einen größeren Maßstab zu besitzen als anderswo. Es ging tiefer hinein, in den Trubel einer zum leben erwachenden Großstadt. Ungefragt stieg er nach vorn bis neben den Kutscher, der sich in der letzten halben Stunde kaum geregt zu haben Schien. Er bereute den Umstand nicht, ein geschwätziger Wagenlenker hätte ihn nur abgelenkt. Er nutzte die Zeit um sich umzusehen, betrachtete mit größtem Interesse selbst die belanglosesten Dinge, die er auch hundertfach bereits in anderen Städten hatte betrachten kommen. Trotz allem hatte alles was hier geschah für ihn eine andere Qualität. Er atmete durch, die letzte Gelegenheit kühle Morgenluft einzuatmen, ehe aus der milden Wärme des Morgens bis zum Mittag hin langsam eine erdrückend schwüle Hitze werden würde. „Zur Casa Caecilia“, erinnerte er den Mann neben sich in freundlichem Ton. Nicht das der Esel noch ganz vergessen würde, wo er ihn abzusetzen habe.


    Die Fahrt durch die Straßen Romas dauerte so lang wie der Weg vom Hügel hinab bis zu den Stadttoren, doch von Ungeduld war keine Spur mehr geblieben. Im Gegenteil: Ihm erschien die Zeit mittlerweile wie im Flug zu vergehen und während die helle Sonnenscheibe nun schon über die ersten Dächer kletterte, besah er nach wie vor mit gleichem Eifer ein Haus und einen Garten nach dem Anderen. Vom Norden her war es beinahe der weiteste Weg bis zur Casa Caecilia, dafür bekam er auch sehr viel vom Zentrum der Stadt zu Sehen. Vorbei am Forum Romanum, dem Circus Maximus und dem großen Amphitheater. Er begutachtete die Bauwerke zwar mit Respekt, aber auch einer Spur Skepsis, immerhin, so dachte er, würden die Bauwerke alsbald zu einem eher alltäglichen Anblick werden.


    Der Wagen stoppte und der Wagenlenker ließ ein knappes „Das ist es“, verlauten. Abwesend auf die Fassade des Anwesend fixiert schenkte ihm sein Fahrgast nur ein Nicken und trat vom Wagen herunter. Er ließ den Mann seine schlichte Truhe, in denen er die Habseligkeiten für die Reise aufbewahrte aus dem inneren des Wagens hieven, zahlte die fünf Sesterze für die Fahrt von Asisium hierher und bedankte sich in aller Höflichkeit, ehe der Mann wieder den Wagen bestieg und seinen Weg zum Mercatus Traiani fortsetzte. Er genoss den kurzen Moment den er nun allein vor dem Tor stand, begutachtete das Siegel der Gens Caecilia, dass auch in die Tür eingelassen.


    Neubeginn oder Heimkehr? Vielleicht war es eine Spur von beidem, er hing dem Gedanken einen Moment nach, eher er ein hintergründiges Lächeln aufsetzte um die letzten Schritte hinüber zu treten und dann förmlich an der Tür der Casa anzuklopfen.

    Ein förmlich gekleideter Bote überbringt Persönlich bei demjenigen, der ihn vor lässt eine private versiegelte Botschaft. Sie trägt die Insignia der Gens Caecilia und das Pergament, auf dem sie verfasst wurde, wirkt bereits ein wenig mitgenommen. Der Bote entschuldigt untertänigst die außerordentliche Verspätung der Botschaft und hofft, dass die Verspätung keine Unannehmlichkeiten bereitet habe oder noch tun wird. Zum Schluss lässt er als Entschädigung eine kleine Menge an Sesterze, diejenige, die die Aufgabe der Nachricht samt der Überbringung bis nach Roma, wohl gekostet haben möge und geht wieder sobald man ihn entlässt.


    Ist das Siegel einmal gebrochen kommt die in sehr akzentuierter Handschrift verfasste Nachricht auf dem Pergament zum Vorschein.



    Zu Händen der Gens Caecilia
    Casa Caecilia
    Roma, Italia


    Liebe Verwandte aus Italia,


    Salvete


    Viel Briefwechsel verkehrte in den letzten Jahren nicht zwischen hier und Roma und umso mehr weiß ich um den Umstand, dass dieser Brief in der Heimat vielleicht unverhofft eintrifft. Als mein gütiger Vater Caius Caecilius Novatus vor vierzig Jahren den Posten hier in Damascus antrat hätte wohl niemand aus dem edlen Geschlecht Caecilia erahnt, dass der Aufenthalt ein so Langer und Dauerhafter sein Würde. Aber vierzig Jahre sind eine lange Zeitspanne und auch hier sind sie nicht ungenutzt verstrichen. Ich selber verbrachte nicht nur meine Jugend hier in Damascus hinzukommt, dass mir bisher die Gelegenheit verwehrt blieb, durch das Imperium zu reisen und darunter auch die alte Heimat zu besuchen.


    Aus diesem Grund trete ich in knapp zwei Wochen eine Reise an, die mich über Asia, Achaia und Illyricum bis nach Italia führen wird. Im Zuge dieser Reise habe ich nicht nur vor die großartige Hauptstadt Roma zu besuchen, sondern in den nächsten Monaten oder sogar länger dort zu wohnen. Meine Planungen in dieser Hinsicht sind, in dem Moment in dem ich Euch diese Zeilen hier schreibe, noch nicht allzu ausgereift, doch ich bin mir sicher, während meiner mehrmonatigen Reise Zeit zu finden, mir noch genauer darüber Gedanken zu machen.


    Mein erster Weg in der Hauptstadt soll selbstverständlich zu meiner Familie führen, um die Casa Caecilia einmal mit eigenen Augen sehen und den schon so lang bekannten, aber jedoch nie getroffenen Verwandten Person zu Person gegenüber zu stehen. Ich hoffe auch die ersten Tage, die ich in Roma verweile Eure Gastfreundschaft genießen zu können, bis es mir gelingt mich zu orientieren. Natürlich will ich auch die Zeit nicht ungenutzt lassen, um mich all den Fragen zu stellen, die vielleicht auch Ihr an Eure Verwandten aus der Provinz Syria habt.


    So verbleibe ich, zwar nur noch wenige Tage, dafür umso mehr frohen Mutes hier in meiner Stube in unserem Anwesen in Damascus. Von dem Tage an, an dem ich meinen Brief abschicken werde, bis zu meiner Ankunft in Roma wird es gewiss bis in den Monat Maius oder Iunius dauern, wenn mir auf meinen Reisen nichts dazwischen kommt.


    Vale


    Lucius Caecilius Catilius


    DAMASCUS SYRIA
    PRIDIE ID IAN DCCCLVI A.U.C.


    (12.1.2006/103 n.Chr.)


    Verwandschaftsbeziehung ist wiefolgt abgesprochen:


    Großvater: Tiberius Caecilius Valerianus
    Großmutter: Caecilia Severina


    Vater: Caius Caecilius Novatus
    Mutter: Caecilia Helena


    Der Großvater ist somit ein Bruder des Großvaters der ursprünglichen Gens Caecilia, was den Charakter zum Großcousin der meisten (Spieler)-Angehörigen des Gens macht.


    Wenn es noch Fragen gibt, bitte stellen. :)