Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Als eine seiner ersten Amtshandlungen auf seinem neuen Posten bei den Cohortis Praetoriae schickte Silanus einen Schreiber los, um den Trecenarius Tiberius Verus aufzutreiben und ihn zu einem Gespräch zu bitten. Er hatte den Tiberier bereits einmal bei einem unerwarteten Aufeinandertreffen im Haus seines Patrons Decimus Livianus kennengelernt und wollte die kryptischen Informationen die der Prätorianer damals preisgab, heute mit seinen neuen Möglichkeiten etwas vertiefen.

    Wie ihm von der Administratio gemeinsam mit der Ernennungsurkunde mitgeteilt wurde, wollte der Kaiser seinen neu ernannten Tribun Iunius Silanus noch einmal persönlich sprechen. Zu diesem Zweck suchte Silanus an seinem ersten Arbeitstag zuerst den Palast auf, um dieser Anordnung möglichst rasch nachzukommen und weil er dem Domus Iunia näher am Palatin lag, ehe er sich zur Castra Praetoria begeben wollte, um den Präfekten seine erste Aufwartung zu machen. Die diensthabenden Wachen, die immer ganz genau wussten wo sich der Imperator aufhielt, teilten dem neuen Tribunen mit, dass er den Kaiser in seinem Officium finden sollte, wie meistens um diese Tageszeit. Als der Iunier dort ankam klopfte er an und betrat den kaiserlichen Arbeitsraum.


    "Ave mein Kaiser! Die Administratio teilte mir mit, dass du mich sprechen möchtest. Komme ich ungelegen oder würde es dir jetzt passen? Sonst mache ich mich jetzt auf den Weg zur Castra Praetoria, um mich beim Praefectus zu melden."

    "Ich danke dir für dein Vertrauen und diese Möglichkeit. Auch mich freut es, dass wir so schnell eine Einigung erzielen konnten. Dann bleibt uns mehr Zeit, die köstlichen Speisen zu genießen."


    Der Iunier erwiderte das freundliche Lächeln des Kaisers und nickte diesem dankend zu. Auch seinem alten Kollegen Lucullus galt ein dankender Blick. Bei diesem würde er sich demnächst auch irgendwie anders erkenntlich zeigen. Nun wo er zum Tribunus der Cohortes Praetoriae ernannt werden sollte, würden sich ihre Wege vermutlich ohnehin wieder hier im Palast sehr oft kreuzen, je nachdem welche Aufgaben ihm der Praefectus Praetorio zuteilte. Zumindest aber konnte er mit diesem neuen Status im Palast jederzeit ein- und ausgehen. Und kleine Aufmerksamkeiten erhielten die Freundschaft - wie es so schön hieß.


    Gaius Vedius Gillo


    Veius Gillo ging die Listen durch. Sein geübter Blick huschte über die Zeilen und die Vermerke. Der Scriba machte diese Tätigkeit schon so lange, dass seinem Auge keine Auffälligkeit entging. Das die anderen Anwesenden sich vielleicht dabei langweilten war ihm gleich. Er war in seine Arbeit so sehr vertieft, dass er rundherum alles vergaß und nur ab und an vor sich hinmurmelte. Irgendwann legte er die Listen beiseite und sah zum Curator auf.


    "Curator. Ich konnte keine Unstimmigkeit feststellen. Die Wählerverzeichnisse sind ordnungsgemäß geführt und alle wichtigen Vermerke sind vorgenommen. Wir können nun zur Überprüfung der Durchführung dieser Wahlen übergehen, wenn du das wünscht."


    Gaius Vedius Gillo


    Der Scriba des Curators hatte sich, wie von ihm immer erwartet, bisher dezent im Hintergrund gehalten. Erst jetzt, als die eigentliche Arbeit begann, meldete er sich zu Wort. Die eigentliche Kontrolle der Wahlen, also die Arbeit dabei, oblag ihm. Der Curator selbst segnete das Ganze dann nur noch Kraft seines Amtes ab. Er selbst hatte sich vorbereitend auf diese Überprüfung genau mit den örtlichen Gesetzen vertraut gemacht. Als er sich nun also zu Wort meldete, sprach er zu allen Anwesenden, um die Rahmenbedingungen für diese Überprüfung noch einmal klar zu stellen.


    "Die Wahlen in Ostia obliegen ja den regionalen Gesetze der Civitas Ostia - Lex Coloniae und sind dort in der Pars Tertia geregelt.


    Aktives und passives Wahlrecht haben alle Bewohner Ostias mit Bürgerrecht und bestandenem Cursus de Rebus Vulgaribus inne. Im Rahmen des aktiven Wahlrechts hat jeder Berechtigte so viele Stimmen, wie es wählbare Ämter in der Stadtverwaltung gibt." zitierte er auswendig aus diesem Gesetzestext bevor er auf dem großen Tisch Platz nahm, eine Tabula samt Griffel auspackte und sich dem Duumvir zuwandte.


    "Beginnen wir also mit den Wahllisten. Ich nehme an es wurde genau angeführt, wer zu den Wahlen zugelassen war, wer davon seine Stimme abgegeben hat und ob diese Personen auch gemäß den eben zitierten Gesetzen eine Stimmberechtigung hatten."

    Das Gespräch dem er hier zufällig beiwohnen durfte war äußerst interessant. Nicht nur die neuen Erkenntnisse, welche der Prätorianer mitteilte, auch die Fragen die er dem Consular stellte. Sein Patron war offensichtlich derart mit der Beantwortung dieser Fragen beschäftigt, dass er den eigentlichen Grund dafür gar nicht zu hinterfragen schien. Der Iunier selbst hätte noch einige Fragen an den Tiberer gehabt, doch da er hier nur als Gast und durch einen reinen Zufall Zeuge dieser Befragung wurde, hielt er sich auch weiterhin Dezent im Hintergrund und hätte sich erst eingemischt, wenn sein Patron ihm darum gebeten hätte.


    Die Befragung des Prätorianers schien dann auch schon dem Ende zuzugehen und gespannt sah Silanus zu seinem Patron, ob dieser noch Interesse daran hatte, seinerseits Fragen zu stellen oder irgendeine Art weiterer Konversation mit dem Tiberier zu betreiben. Wobei dieser nicht gerade den Eindruck erweckte, als wäre er selbst an einer solchen Konversation groß interessiert. Tiberius Verus - ein Name den sich Silanus in jedem Fall merken wollte.

    Interessiert hörte sich der Iunier die Auflistung seines früheren Kollegen an. Vor allem als er hörte, dass tatsächlich ein Posten in Aegyptus frei war, horchte er auf. Die Legio XXIII war ihm durchaus vertraut, diente er ja einige Jahre als Tribun bei der Legio XXII Deiotariana, die sich beide das gleiche Legionslager in Nikopolis teilten. Doch ihm blieb keine Zeit lange darüber nachzudenken und in Erinnerungen zu schwelgen, da Lucullus gleich den nächsten, noch interessantere Posten aufbot - ein Tribunat bei der prätorianischen Garde des Kaisers. Als Procurator am Kaiserhof hatte er oft mit den Prätorianern zu tun gehabt. Die Zusammenarbeit mit ihnen war gewiss nicht immer einfach, aber ihre besonderen Aufgaben und ihre außergewöhnliche Stellung im Exercitus Romanus faszinierte den Iunier schon immer.


    Er überlegte kurz für sich, ob er sich einen solchen Posten vorstellen könnte, während er weiter seinen Fisch aß und einen Schluck aus seinem Becher nahm. Er hatte sich im Laufe der Jahre ein gutes Netzwerk hier in Rom und insbesondere im Palast aufgebaut, das es zwar nun wieder aufzufrischen galt, aber das durchaus noch vorhanden war. Und er kannte als ehemaliger Procurator den Palast, seine Abläufe und das Protokoll am Kaiserhof wie seine Westentasche. Seine Militärische Ausbildung und Erfahrung war gewiss auch ein großer Vorteil, wobei er gedanklich nicht davon ausging oder es zumindest nicht hoffte, dass es so bald wieder zu einem kriegerischen Einsatz der Prätorianer kommen würde. Nebenbei hatte er bei einem zufälligen Besuch seines Patrons mitbekommen, dass bei den Prätorianer derzeit recht interessante Untersuchungen liefen. Alles in Allem also eigentlich gute Voraussetzungen für einen solchen Posten. Die Procuratur in Germania Superior stand dann ganz unten in seiner Prioritätenliste und so war ihm schnell klar, welche Richtung er selbst einschlagen wollte. Nun blieb nur abzuwarten, ob auch der Kaiser dies so sehen würde, an den er sich wandte, nachdem Lucullus seine Aufzählung beendet hatte.


    "Wenn ich offen sein darf mein Kaiser, würde mich das Tribunat bei den Cohortes Praetoriae am meisten reizen. Ich denke das meine Voraussetzungen für diesen Posten mehr als geeignet sind und ich auch die nötige Erfahrung mitbringe, die sich der Präfekt zu wünschen scheint. Ich bin in Rom und im Palast noch immer gut vernetzt, kenne die Abläufe und das Protokoll am Hof, was einen Vorteil für die reibungslose Bewachung des Palastes und Sicherheit deiner Familie bietet und ich habe eine entsprechende militärische Erfahrung. Nebenbei könnte ich dir in dieser Position auch weiterhin mit Rat und Tat direkt zur Verfügung stehen, wenn auch in ein wenig anderer Form.


    Sofern aus deiner Sicht dennoch etwas dagegen spricht, stehe ich dir natürlich auch wieder als Procurator in der kaiserlichen Administratio zur Verfügung."


    Silanus hatte seine Präferenzen offen ausgesprochen. Die Entscheidung lag natürlich nun letztendlich beim Kaiser selbst, auf die der Iunier gespannt wartete.

    "Ah! Consular Purgitius. Eine sehr gute Wahl. Ein verdienter und hoch dekorierter Mann. Es wäre töricht von mir gewesen daran zu zweifeln, dass du deinen Sohn nicht entsprechend in die richtigen Hände eines ausgezeichneten Patrons lenkst."


    Silanus kannte den Purgitier vor allem aus seiner Zeit an der Academia Militaris, wo dieser der langjährige Leiter und Kommandeur war. Und natürlich wusste er auch noch, dass dieser Consular und ehemaliger Statthalter in Germania war. Der Iunier war daher wirklich beeindruckt davon, dass Axilla einen solchen Mann als Patron für ihren Sohn gewinnen konnte. Er musste sie bei Gelegenheit näher fragen, wie es zu dieser Verbindung kam. Doch nun hatte er bereits, als er an Germania dachte, die nächste Frage im Kopf, die er seiner Verwandten sofort stellen musste.


    "Was ist eigentlich mit meinem Neffen Seneca? Mein letzter Wissensstand war, dass er in Germania stationiert ist. Leider ist der Kontakt komplett abgerissen. Hat er sich hier bei euch gemeldet? Weißt du etwas von ihm?"

    Procurator in einer Provinz? Vielleicht als Procurator Idios Logos wieder zurück nach Aegyptus? Manchmal vermisste Silanus seine Zeit dort. Aegyptus war ein wundervolles und exotisches Land und viele Erlebnisse und Eindrücke aus dieser Zeit, rief er sich auch heute noch immer wieder gerne in Erinnerung. Während der Kaiser gesprochen hatte, nahm auch der Iunier einen Biss von dem Fisch und hatte so nun mit vollem Mund etwas Zeit, sich dieses Angebot durch den Kopf gehen zu lassen. Er war gerade erst nach Rom zurückgekehrt. Wollte er da wirklich schon wieder weg? Aegyptus war da sicher eine Ausnahme, die aber auch nur zum Zuge kam, wenn der Posten dort gerade zufälligerweise vakant war. Und da diese Provinz zu einer der Wichtigsten des Reiches zählte, standen die Chancen dafür eher schlecht. Die Procuratur in den Provinzen war zudem schlechter bezahlt als die am Kaiserhof, wo man gut ein Drittel mehr verdiente. Da dann lieber interimsweise den Posten des Procurator ab epistulis übernehmen. Doch Silanus wollte erst einmal hören, was Axius Lucullus auf die Frage des Kaisers antwortete, der ja von ihrem Vorgespräch schon wusste, dass der Iunier am liebsten in Rom oder zumindest in Italia bleiben wollte. Bestimmt hatte er sich auch entsprechende Posten und Ämter durchgesehen. In der Zwischenzeit ließ er sich weiter den Fisch schmecken.

    "Ich muss gestehen mein Kaiser, wie auch schon mit Lucullus besprochen, könnte ich mir aufgrund meines wiedererstarkten Tatendrangs auch einen militärischen Posten oder ein erneutes Kommando vorstellen - vielleicht bei einer der Stadtkohorten."


    Der Iunier sah lächelnd zwischen dem Kaiser und dem Procurator a libellis hin und her, um festzustellen ob sie sein Wunsch überraschte. Gerade weil er die letzten aktiven Jahre nur in der kaiserlichen Administratio tätig war, empfand er es als wichtig, dieses wiedergewonnene Interesse auch zu erwähnen. Bei höheren Posten und Ämter bezog der Kaiser üblicherweise durchaus etwaige Präferenzen der jeweiligen Eques oder Senatoren in seine Überlegungen mit ein. Dazu musste er sie aber auch kennen.


    "Aber du kennst mich. Ich gehe dort hin wo du mich brauchst. Auch interimistisch wenn es dir und Rom am besten Dient. Vielleicht kann man ja bei künftigen Nachbesetzungen an mich denken."


    Kaum hatte er diesen letzten Satz ausgesprochen viel ihm ein, dass er als Procurator ab epistulis dann ja eigentlich selbst an sich denken musste, schließlich kamen alle militärischen Nach- und Neubesetzungen zuerst über seinen Schreibtisch, ehe sie zum Kaiser gingen. Trotzdem ließ der Iunier das einmal so im Raum stehen und bediente sich dann selbst an dein Speisen.

    "Nun in der Subura ist es, soweit ich gehört habe, durchaus ein weiter verbreitetes Problem, da die dort lebenden Menschen oft nie aus ihrer unmittelbaren Umgebung geschweige denn aus Roma hinaus kommen. Da kann man sich glücklich schätzen ein privilegierteres Leben zu führen, bei dem man sich auch hin und wieder eine Auszeit von Rom und seinem Gestank gönnen kann."


    Die Vorspeisen dufteten herrlich und der Iunier musste sich darauf konzentrieren seine Aufmerksamkeit beim Kaiser zu lassen, als diese hereingetragen wurden. Der eine oder andere verstohlene Blick zur Seite ging sich dann aber doch aus. Als auch der Wein aufgetragen wurde, griff Silanus sofort zu seinem Becher und nahm einen Schluck um seine Kehle wieder zu befeuchten, während der Kaiser noch sprach. Dann stellte er seinen Becher an und antwortete auf die ihm gestellte Frage.


    "So ist es mein Kaiser. Wie gesagt lebe ich mit diesem hin und wieder auftretenden gesundheitlichen Problemen schon mein Leben lang und sie konnten mich nicht davon abhalten dir als Procurator und davor sogar lange Jahre als Tribunus in Aegyptus und Praefectus in Germania zu dienen. Bis auf diesen letzten Rückschlag hatte ich sie immer gut unter Kontrolle und so wie es im Moment steht, denke ich auch, dass in diese Richtung kein weiterer Grund zur Besorgnis besteht. Du würdest mir daher eine große Ehre erweisen, wenn du mich ohne Rücksicht darauf wieder in die Dienste des Staates aufnehmen würdest."


    Dann wartete der Iunier, so wie alle anderen Anwesenden, dass der Kaiser den ersten Bissen der Vorspeise nahm, um auch selbst mit dem Essen beginnen zu können. Den von den Düften angeregten Geräuschen seines Magens nach, hatte er nicht nur Appetit, sondern auch ein wenig Hunger mitgebracht.

    "Ah Sklaven... sehr gut. Dann ist er zumindest nicht ganz auf sich gestellt."


    Da sich Silanus noch nie besonders intensiv mit der Gens Pompeia auseinandergesetzt hatte, war ihm auch nicht bekannt, ob etwaige Pompeier diese Casa bewohnten. Als er jedoch hörte, dass zumindest noch Sklaven da waren, die sich um den jungen Titus kümmerten, beruhigte ihn das sichtlich. Der Vergleich mit 16 jährigen die irgendwo in Dakien kämpften gefiel ihm aber weniger. Die gab es zwar in der Tat, aber sie kamen vermutlich nicht aus so vornehmen und gehobenen Verhältnissen wie Axillas Sohn, dem gewiss eine höher gestellte Zukunft bevorstand, als einem einfachen römischen Soldaten. Zumindest wenn es nach den Vorstellungen des Iuniers ging - die sich vermutlich mit denen Axillas weitestgehend überschnitten. Als diese einen Patron ansprach wurde er hellhörig.


    "Er hat schon einen Patron? Soso. Wer ist es denn? Jemand den ich kenne?"

    Die ganze Situation hier war dem Iunier mehr als unangenehm. Am liebsten wäre er einfach aufgesprungen und gegangen. Er hatte mit vielen gerechnet als er heute zur Casa Decima aufgebrochen war, aber das dieser kurze freundschaftliche Besuch bei seinem Patron in einer Art Familiendrama in mehreren Akten enden würde, damit bestimmt nicht. Nach den ungewöhnlich emotionalen Anschuldigungen seines Patrons legte der Tiberier dann auch noch fast eine Lebensbeichte ab. Alles Dinge die für ihn als Außenstehender weder interessant noch Wissenswert schienen. Bei den meisten Stellen dieser Erzählung hatte er ohnehin keine Ahnung worum genau es dabei ging. Kurzum eine wirklich unangenehme Situation in der er sich so unverhofft wiederfand.


    Dann passierte jedoch etwas sehr ungewöhnliches. Er hatte noch nicht oft erlebt, dass sein Patron sich für einen offensichtlichen Fehler so schnell entschuldigt hatte. Hier hatte er einen solchen auch Silanus Einschätzung nach begangen. Zumindest nachdem was er hier heraus verstehen konnte. Meistens versuchte sich der Consular eher aus solchen Angelegenheiten herauszureden. Doch hier gestand er seinen Fehler sofort ein und entschuldigte sich sowohl bei dem Tiberer, als auch bei Silanus, der als Zuhörer so unverhofft zum Handkuss gekommen war. Der Iunier nickte nur verständnisvoll und war dann auf die Reaktion des Tiberiers gespannt.

    Gemeinsam mit den anderen Anwesenden nahm Silanus auf der ihm zugewiesen Liege Platz, nachdem sich der Kaiser hingelegt hatte.


    "Ich möchte dich nicht mit meinen Krankheitsgeschichten langweilen mein Kaiser, aber um diese Fragen zu beantworten muss ich leider etwas ausholen. Ich leide seit meiner Kindheit an einer Art Lungenleiden, das mal mehr, mal weniger stark auftritt. Den Ärzten nach ist sie nichts Lebensbedrohliches und ich lebe schon lange uns sehr gut damit, aber es kann mitunter unangenehm und sehr lästig werden. Kurz bevor ich um Freistellung als dein Procurator gebeten habe, ist dieses Leiden ungewöhnlich stark aufgetreten und hat mich sehr beeinflusst. Vielleicht hat auch die große Belastung die mich und die Kanzlei noch kurz zuvor bei deiner Inthronisierung und der anschließenden Amtsübernahme getroffen hat.


    Versteh mich bitte nicht falsch mein Kaiser. Ich habe das sehr gerne für dich gemacht. Aber anscheinend hat es meinen Körper doch mehr belastet, als ich mir eingestehen wollte und ich habe mir zu wenig Ruhe in dieser Zeit gegönnt.
    Ich hatte damals Atemprobleme und kam bei alltäglichen Dingen auch ungewöhnlich schnell außer Atem. Wie du selbst weißt ist die Luft hier in Rom zudem oft nicht die Beste und die Ärzte legten mir eindringlich Nahe mich einige Zeit in der Nähe des Meeres zu schonen. Die salzige Luft ist da sehr angenehm und wirkt dem ganzen interessanter Weise gut entgegen. Daher habe ich mich auf einen meiner Landgüter nach Hispania zurückgezogen, der direkt am Meer liegt und in dem ich mich meiner Genesung widmen konnte.


    Mit frischer Salzluft, körperlichem Training und etwas Umstellung bei der Ernährung habe ich es - auch dank dem Rat meines hervorragenden Arztes - nun endlich geschafft seit einigen Monaten wieder tief und beschwerdelos durchatmen zu können. Da das leben in Hispania zwar angenehm aber auch sehr einseitig und unter uns gesagt auch ziemlich langweilig war, hat es mich natürlich wieder nach Rom zurück gezogen, wo ich mich immer noch am meisten verwurzelt fühle und einige mir sehr nahestehende Verwandte habe.


    Und so bin ich nun von meinem unfreiwilligen Rückzug wieder mehr als freiwillig nach Rom zurückgekehrt."


    Nach diesen langen Ausführungen war der Mund des Iunier ein wenig ausgetrocknet und er freute sich bereits auf einen durstlöschenden Schluck aus seinem Becher. Als er bemerkte, dass die Diener jedoch nur den appetitanregenden und nahrhaften, aber weniger gegen Durst helfenden Mulsum gebracht hatten, verbarg er gekonnt seine Enttäuschung und nahm einen kleinen Nipper daraus, um so zumindest seinen Mund einigermaßen zu befeuchten.

    "Ave mein Kaiser." erwiderte Silanus den ihm entgegengebrachten Gruß des Imperators und verneigte sich, ehe er, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, dessen Frage beantworte.


    "Du sprichst mir aus dem Herzen... Endlich zurück in Rom... und ich freue mich sehr darüber wieder hier zu sein und noch viel mehr, dass du mich so kurzfristig zu dieser Cena eingeladen hast. Ich danke dir für dieses besondere Ehre, die du mir damit zuteil werden lässt."


    Der Iunier nickte tief mit dem Kopf um seinen Dank noch mehr zum Ausdruck zu bringen und wartete dann wie der Rest darauf, dass der Gastgeber auf der für ihn vorbereiteten Liege Platz nahm, um es ihm gleich zu tun. Die prunkvollste Kline im Raum gehörte dem Kaiser und vermutlich sollten der Procurator und Silanus gleich auf den Liegen daneben Platz nehmen. Doch das würden man ihm zum gegebenen Zeitpunkt schon deutlich machen.

    Der Iunier atmete erleichtert auf, als er von Axilla hörte, dass sie vorerst in der Casa blieb. Da konnte er auch recht gut damit leben, dass der Fabier samt Sohn hier bei ihnen einziehen sollte. Wobei ihm natürlich kurz der Gedanke durch den Kopf ging, dieser Fabier könnte die Stellung und den Wohlstand zu der es die Gens Iunia und Axilla gebracht hatte mit einer solchen Heirat auch zu seinem Vorteil nutzen wollen. Doch er drängte diesen Gedanken gleich wieder beiseite. Hauptsache er blieb nicht alleine in der Casa zurück.


    "Das ist ja überhaupt kein Problem. Gerne können sie hier bei uns wohnen so lange sie wollen. Unser Haus ist ja zum Glück groß genug. Es freut mich wirklich sehr, dass du und die Kinder vorerst hier bleiben werdet. Ich hatte schon befürchtet demnächst hier alleine in diesem riesen Haus zu sitzen und Trübsal zu blasen. So ist es mir in jedem Fall lieber."


    Als er dieses Thema ansprach fiel ihm auch wieder ein, was Axilla zuvor über ihren Sohn Titus gesagt hatte, von wegen er war ausgezogen und lebte nun in der Casa Pompeia.


    "Aber jetzt sag.... was war das mit Titus? Er wohnt jetzt gar nicht mehr hier im Haus?"

    Zu diesem besonderen Anlass hatte der Iunier selbstverständlich seine beste Tunika angelegt und sich auch per Sänfte in den Palast bringen lassen. Als Procurator im Palast sah man den Kaiser zwar fast tagtäglich, aber meist nur in einem sehr formellen und dienstlichen Rahmen. Eine Cena war da auch für den palasterfahrenen Iunier eine besondere Ausnahme, auf die er sich einerseits freute, aber wenn er zu sich ehrlich war, auch mit einer gewissen Nervosität entgegenblickte. Er war schließlich schon lange nicht mehr im Palast gewesen und vielleicht ein wenig eingerostet, was den Umgang mit einem Kaiser anging. Umso erfreulicher war es, dass auch sein alter Kollege Lucullus an dieser kleinen Veranstaltung teilnahm. Notfalls würde er ihm schon unterstützen. Als oberster Verantwortlicher für den Audienzverkehr am Hof war man gewohnt, dass nicht immer jeder Gast das Protokoll am Kaiserhof kannte und man so sehr oft in die Verlegenheit kam, den unbedarften Gästen aus der Patsche zu helfen. Als er das Triclinium betrat war der Kaiser noch nicht anwesend. Dafür aber Lucullus, auf den der Iunier zielstrebig zusteuert und ihn begrüßte. Gemeinsam warteten sie dann, ihre Gesprächsthemen von gestern noch einmal weiter fortführend, auf das Eintreffen des Gastgebers.

    "Eine Cena mit dem Kaiser. Gleich morgen?"


    Das kam nun sichtlich überraschend für den Iunier, der aber nach dem ersten Schreck ein breites Lächeln nicht zurückhalten konnte. Natürlich war auch ihm klar, dass er sich in einer Stellung befand, wo selbst ein Procurator am Kaiserhof nicht mehr selbstständig einen Posten vergeben durfte. Aber so schnell einen Termin beim Kaiser zu erhalten und dazu noch zu einer Cena und nicht einer Audienz. Das war dann doch eine besondere Überraschung.


    "Mein lieber Lucullus! Da hattest doch sicher du deine Hände im Spiel. Ich danke dir jedenfalls für diesen schnellen und unbürokratischen Termin. Selbstverständlich werde ich dieser Einladung sehr gerne nachkommen."


    Da Silanus keine Fragen mehr hatte und das Zeremoniell am Kaiserhof kannte, unterhielt er sich noch eine Zeit lang mit seinem früheren Kollegen über dessen Arbeit, die aktuelle Lage in Rom - natürlich nur soweit er auch frei darüber sprechen konnte und durfte- und Silanus wiederum erzählte noch ein wenig von seiner Zeit in Hispania. Irgendwann war aber der Zeitpunkt erreicht, wo er Lucullus nicht mehr länger von der Arbeit abhalten konnte und so verabschiedeten sie sich bis zum darauffolgenden Tag, wo die Cena mit dem Kaiser anstand.



    Sim-Off:

    Hoffe die letzten Sätze sind so ok. Wäre komisch nur wegen eines so kurzen Wortwechsels in den Palast zu kommen. Kann aber verstehen, dass man es mit einem NSC nicht unnötig in die Länge ziehen will. ;)

    "Das höre ich gern, mein Lieber."


    Es tat gut zu hören, dass der aktuelle Kaiser wohl wirklich endlich ein guter und fähiger Kaiser war. Und hier im Palast musste man es wissen. Salinator hatte Silanus sich zum Glück erspart und war im Gegensatz zu seinem früheren Kollegen Axius Lucullus während dessen Herrschaft nicht im Palast tätig gewesen. Wenn einer es also wirklich die Fähigkeiten der letzten Kaiser vollumfänglich beurteilen und einschätzen konnte, war es der Axianer. Silanus hielt daher sehr viel auf dessen Einschätzung. Dann kam Lucullus auch gleich wie gewohnt recht rasch zum Grund von Silanus Besuch.


    "In der Tat beabsichtige ich das. Meine Auszeit war ja nicht wirklich freiwillig und ich habe gewiss nicht übertrieben als ich dir schrieb, dass es mich endlich wieder nach einer Aufgabe dürstet. So schön es in Hispania auch ist. Auf Dauer wird es einem auch dort Langweilig.


    Meine angestrebte Position habe ich vor allem auch deshalb ausgelassen, weil ich keinem von euch Konkurrenz machen möchte. Wie du weiß habe ich viele Jahre hier im Palast gedient und denke das wäre nun ein passender Zeitpunkt für einen Neuanfang wo anders. Und ja, ich könnte mir dabei durchaus auch einen militärischen Posten vorstellen. In unserem Alter und bei unserer Stellung ist die Gefahr als Offizier irgendwo am Limes zu landen eher gering. Aber ein Posten bei einer Flotte oder eine der römischen Stadteinheiten hat vermutlich wesentlich mehr mit Verwaltung und Organisation zu tun, als der Durchschnittsbürger glauben würde. Du weißt ja was ich meine. Es kommt also gewiss auf die angebotene Stelle an. Ich bin jedenfalls für alles offen.


    Hat den der Kaiser schon etwas dazu geäußert, ob er mich denn irgendwo brauchen könnte?"