Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Gut Ding brauchte bekanntlich oft Weile und in Silanus Fall dauerte die Weile einige Wochen, in denen er ungeduldig auf eine Antwort aus dem Palast wartete. Doch schließlich kam die erwartete Nachricht und stimmte ihn zuversichtlicher als erwartet. Nicht irgendein Procurator wollte mit ihm sprechen, sondern der neue Kaiser höchst persönlich hatte ihn zu einem Gespräch vorgeladen.


    Ein wenig nervös und gekleidet in seine beste Toga, die der Latus Angusticlavius seines Standes zierte, erschien er also kurz vor seinem Audienztermin am Eingang des Palastes und wandte sich an eine der Wachen.


    "Salve. Ich bin Iunius Silanus und habe einen Audenztermin beim Princeps."


    Er hielt dem Soldaten die Einladung mit dem Siegel der kaiserlichen Kanzlei entgegen.

    Auch Silanus nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Becher, während sein Neffe sprach. Als er erklärte wie es zu den gegenseitigen Drohungen kam seufzte der Iunier betroffen und stellte den Becher wieder ab. Zumindest zeigte sein Neffe Reue, was Silanus Ärger wieder abmilderte. Axilla hatte ihnen also mit Verrat gedroht. Das hatte sie in ihrer Erzählung ausgelassen. Insgeheim war er nicht unfroh darüber, dieses Drama, dass sich fast wie die Aufführung eines Theaterstücks anhörte, verpasst zu haben. Auch wenn immer noch nicht ganz klar war, welche Auswirkungen es nach sich ziehen würde.


    "Das glaube ich dir auch Aulus. Solche Dinge passieren eben. Auch ich habe im Laufe meines Lebens den einen oder anderen Fehler begangen, den ich im Nachhinein bereut habe. Wichtig ist nur, dass du diese Affäre beendet und etwas daraus gelernt hast. Dann bleibt uns nur noch zu hoffen, dass mein Patron nie etwas davon erfährt und die Sache irgendwann in Vergessenheit gerät.


    Und was unsere Familie betrifft, so erwarte ich, dass du das Gespräch mit Axilla suchst und ihr euch aussöhnt. Wie ist nun euer Verhältnis zueinander?"

    "Ich möchte hören, dass wir diese schwierige Zeit, die hinter uns und dem ganzen Reich liegt, als Familie unbeschadet überstanden haben und auch in Zukunft nicht die Vergangenheit fürchten müssen, die uns irgendwann einholen könnte. Das verstehst du doch?"


    Silanus griff sich einen leeren Becher, der auf einem kleinen Beistelltisch neben ihm stand und hielt ihm seinen Neffen hin. Auch er konnte einen kräftigen Schluck vertragen. Denn auch wenn Seneca sich vermutlich genau das wünschte, Silanus war noch lange nicht fertig mit seinen Fragen. Da aus seinem Neffen in Bezug auf Seiana vermutlich nicht mehr viel herauszuholen war, ging er auch sofort auf die nächste offene Frage über, die nicht minderschwer auf sein Gemüt drückte.


    "Was hat Axilla eigentlich damit gemeint als sie mir erzählte, sie sei von den Decimern bedroht worden? Weißt du etwas darüber Aulus?"

    Schweigen sagte oftmals mehr als tausend Worte, wie man so schön sagte und das Schweigen seines Neffen zu den konkreten letzten Fragen gab auch Silanus zu verstehen, ob die Affäre zwischen Seiana und Seneca beendet war oder nicht. Natürlich merkte er auch, dass sein Neffe nicht gerade erfreut über die Schelte seines Onkels war. Doch als Onkel stand es ihm zu, vor allem nach dem Tod seines Bruders und seiner Schwägerin, dem jungen Aulus auch einmal den Kopf zu Recht zu rücken. Er ließ sich daher nicht durch die trotzige Reaktion seines Neffen beunruhigen, dafür hatte er schon zu viel im Laufe seines Lebens erlebt. Seine Stimme klang nun wieder ruhiger und sachlicher, aber nicht wirklich freundlicher.


    "Wir sind noch nicht fertig, wenn du das glaubst. Nachdem du meine Frage nicht beantwortet hast gehe ich davon aus, das du sehr wohl noch ein enges Verhältnis zu der Decima pflegst. Du weißt, dass du als Soldat und Unteroffizier nicht heiraten darfst. Stellt sie irgendwelche Erwartungen an dich in diese Richtung?"


    Denn sollte es so sein, war es umso wichtiger Sencas streben nach der Ritterwürde schnellstmöglich zu unterstützen. Er stand dann zwar immer noch erst am Anfang des ritterlichen Cursus Honorum, aber immerhin war er überhaupt im Ordo Equester. Und sollte es zu Forderungen in diese Richtung von Seiten der Gens Decima kommen, um die Ehre der decimianischen Dame zu retten, so war es kaum auszudenken wenn herauskam, dass der Zukünftige weder Rang noch Namen besaß und stattdessen ein einfacher Unteroffizier war, der gar nicht heiraten durfte. Silanus wollte gar nicht erst daran denken, wenn es tatsächlich so weit kam.

    Diese vermeintlichen Zusammenhänge zwischen Urgulanias Tod und dem Tod ihres Verlobten hatte Axilla bereits erwähnt und Silanus hatte sich bereits mehrmals den Kopf darüber zerbrochen, ob tatsächlich ein Funken Wahrheit hinter all dem stecken konnte. Aus Senecas Mund klang das ganze wie erwartet ganz anders, als die Geschichte von Axilla und nun war Silanus in der bereits vorhergesehenen Zwickmühle entscheiden zu müssen, wer von beiden die Wahrheit sprach, oder zumindest einigermaßen die Wahrheit. Zumindest waren beiden Geschichten gemein, dass sein Neffe ein Verhältnis mit der Nichte seines Patrons hatte. Eine Tatsache, der Silanus keinerlei Freude oder Verständnis abgewinnen konnte. Was sich auch in der deutlichen Erregung zeigte, die aus der Reaktion des Iuniers zu hören war.


    "In erster Linie geht es natürlich darum Aulus! Sie ist die Nichte eines angehenden Consuls und noch dazu meines Patrons! Er hat mich lange Zeit in seinem Haus aufgenommen, mir wie einem Familienmitglied vertraut, mir die Aufnahme in den Ritterstand ermöglicht und meine Karriere gefördert. In wenigen Tagen ist er am Zenit seiner langen Laufbahn angekommen und einer der mächtigsten Männer Roms. Denkst du wirklich ich möchte diesen Mann zum Feind haben?!


    Wenn es um die Ehre seiner Nichte geht wird er wenig Verständnis für irgendwelche Ausreden zeigen, ganz gleich ob das Ganze von ihr ausging oder nicht. Du bist ein einfacher Centurio und selbst wenn du es in den Stand eines Eques schaffst, so stehst du immer noch am ganz untersten Ende der Leiter. Dir hätte doch klar sein müssen das die Decimer eine Nummer zu groß für uns sind! Ich hoffe bei den Göttern das er nie davon erfährt!"


    Es dauerte einige weitere Atemzüge, bis sich sein kurzer Wutausbruch wieder gelegt hatte, um gleich darauf seinen Neffen mit einem vorwurfsvollen und leicht panischen Blick mit Fragen zu überhäufen.


    "Diese Affäre ist doch beendet oder? Hast du den Kontakt zu ihr abgebrochen? Hat Seiana irgendeinen Grund einen Groll gegen dich zu hegen und zu ihrem Onkel zu gehen? Ihr habt hoffentlich….. Du hast doch…. aufgepasst?!"


    Silanus fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und atmete tief durch, bemüht die Gedanken zu verdrängen, welche Auswirkungen diese ganze Sache haben konnte.

    Silanus überlegte kurz, ob er sich seinem Neffen selbst als Patron anbieten sollte, doch entschied sich dann nichts zu sagen. Zum einen war er zwar Eques, hatte derzeit jedoch noch keine Position inne, um seinen Neffen wirklich eine Unterstützung sein zu können und zum anderen war es aus seiner Sicht ein wichtiger Schritt im Leben eines Mannes, sich selbst einen passenden Patron zu wählen und diesen von sich aus auf ein Patronat anzusprechen.


    "Ich werde sehen was ich für dich tun kann. Zuerst muss ich ohnehin abwarten wie sich der Kaiser entscheidet."


    Es waren keinesfalls langweilige oder unnötige Themen die Silanus bisher mit seinem Neffen besprochen hatte, doch der Hauptgrund seines Kommens war bisher unausgesprochen geblieben. Der Iunier gab sich daher einen Ruck und benutzte die gute Überleitung des angesprochenen Patronats, um das Thema zu wechseln. Sein Blick wurde dabei ein wenig strenger und seine Stimme wieder etwas sachlicher.


    "Da wir gerade über einen Patron gesprochen haben….. Wie du vielleicht weißt bin ich Klient von Senator Decimus Livianus. Eine sehr lange Freundschaft verbindet uns und unsere Familien und bisher war es für mich nie zum Nachteil, ihn als meinen Patron zu haben. Ich habe mich jedoch seit meiner Rückkehr gescheut ihn aufzusuchen, da ich von Axilla hörte, es hätte das eine oder andere Problem zwischen unseren Familien gegeben. Es ging dabei wohl um dich und die Nichte des Senators. Ich weiß nicht ob Decimus Livianus auch davon weiß, doch sollte ich mich entschließen zu ihm zu gehen, möchte ich vorbereitet sein. Ich würde nun gerne deine Version der Geschichte hören."

    Natürlich war Silanus nicht nur gekommen, um über die Zukunft seines Neffen zu plaudern, auch wenn es ein wichtiges Thema war. Er suchte jedoch nach wie vor nach den richtigen Worten, um das Gespräch auf die von Axilla vorgebrachten Vorwürfe zu lenken. Daher war es ihm vorerst nicht wirklich unangenehm über andere Themen zu sprechen.


    "Ich bin im Palast vorstellig geworden und habe um einen neuen Posten angesucht. Die Antwort lässt zwar schon länger auf sich warten, aber sollte ich in eine Position gekommen, wo ich dir bei deinem Wunsch behilflich sein kann, dann werde ich mich natürlich für deine Erhebung in den Ordo Equester einsetzen. Für so ein Vorhaben ist es immer gut einen einflussreichen Verwandten oder sogar einen Patron zu haben. Hast du einen Patron?"

    Das sich sein Neffe nicht oft bei ihm gemeldet hatte, war für Silanus kein Thema. Die vergangenen Zeiten waren für alle nicht einfach gewesen und jeder hatte letztendlich in erster Linie an sich selbst und sein direktes Umfeld denken müssen. Im Gegensatz zu seinen Verwandten hier in Rom war Silanus vollkommen sicher in Hispania gewesen. Zufrieden hörte er auch, dass es sein Neffe mittlerweile sogar zum Centurio gebracht hatte. Ein wirklich toller Beginn einer militärischen Karriere. Nach den Willkommensworten nickte der Iunier dankend.


    "Ich danke dir Aulus. Als Centurio bei den Prätorianern stehen dir eine Menge Möglichkeiten offen. Männer mit so hervorragender Ausbildung werden in vielen Einheiten gesucht. Hast du dir bereits Gedanken über deine weitere Laufbahn gemacht?"

    "Nein danke! Ich wollte nur vorbeikommen um etwas zu plaudern." sagte Silanus, während er sich auf einen der Korbsessel bequem machte, die in Seneacs Zimmer standen.


    "Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Ich habe mich soweit wieder von meinem Lungenleiden erholt, dass mir die Ärzte unter gewissen Auflagen wieder erlaubt haben nach Roma zu reisen. Ich muss noch einige Zeit täglich Medizin zu mir nehmen, aber man geht davon aus, dass ich wieder ganz der Alte werde.


    Doch wie geht es dir? Wir haben uns schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen. Axilla erzählte mir du dienst nun bei den Prätorianern? Ich gratuliere dir. Dein Vater wäre bestimmt stolz auf dich."

    Der Iunier trat ein und fand seinen Neffen tatsächlich hinter einigen Schriftrollen sitzen. Sie hatten sich lange nicht mehr gesehen, doch nicht so lange, dass er ihn nicht sofort erkannt hätte. Freudig lächelte er.


    "Salve Aulus! Ich hoffe ich störe nicht. Da ich hörte das du im Haus bist und ich auch erst seit kurzem wieder in Rom bin wollte ich die Gelegenheit nutzen dich zu sehen."

    Silanus hatte gehört, dass sein Neffe Seneca im Haus war und sich kurzfristig dazu entschlossen ein überfälliges Gespräch mit ihm zu führen. Nach all dem, was er von Axilla zu hören bekommen hatte, waren wohl einige Dinge zu klären. Vor allem bevor er seinen Patron Decimus Livianus einen Besuch abstatten konnte, war es wichtig zu wissen, wie sich die Verhältnisse zu den Decimern in der Zwischenzeit verändert hatten. Er klopfte daher an der Türe und wartete auf eine Antwort.

    "Gut. Ich schicke ein paar Sklaven los."


    Langsam löste sich Silanus aus der Umarmung Axillas und erhob sich wieder. Erst jetzt merkte er wie müde er eigentlich nach dieser anstrengenden Reise von Hispania noch Roma war. Und nun auch noch diese vielen Gedanken, die in seinem Kopf herumschwirrten. Er wollte ein wenig ausruhen und sich frisch machen, ehe er Axillas Kinder kennenlernte. Es würde bestimmt nicht lange dauern, sie von Ostia nach Rom zu bringen.


    "Ich werde mich kurz frisch machen und umziehen gehen, ehe deine Kinder kommen."

    "Er wird dich nicht hassen Axilla. Du bist seine Mutter! Außerdem glaube ich, dass er noch viel zu klein ist um es sich auf lange Zeit zu merken. Du wirst sehen. Vielleicht reagiert er am Anfang ein wenig zurückhaltend, doch nach ein paar Tagen wird alles wieder sein so wie früher. Ich werde die Kinder nach Rom holen lassen."


    Mit diesen aufmunternden Worten nickte er Axilla zu und wischte ihr sanft lächelnd die Tränen von den Wangen.


    "Und was deinen Ehemann betrifft, so sollten wir mit meinem Neffen reden. Wenn er so wie du sagst bei den Prätorianern dient, wird er wohl am ehesten Einsicht in die Kerker haben oder zumindest gute Verbindungen, um für uns nachzufragen. Nun beruhige dich also und lass uns die Dinge wie gesagt Schritt für Schritt angehen. In Ordnung?"

    Auf seinem Weg nach Hause kam Silanus am Forum Romanum vorbei und wurde auf ein Schauspiel aufmerksam, das bereits einige Menschen angezogen hatte. Neugierig trat er der Menschenansammlung hinzu und beobachtete den Auftritt der Darsteller. Ziemlich überrascht stellte er recht bald fest, dass er die Geschichte relativ gut kannte, hatte er sie sich doch bereits einige Male bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten anhören müssen. An das letzte Mal, als er sie zu hören bekam, konnte er sich zwar nicht mehr erinnern, aber sein Patron und früherer Arbeitgeber Decimus Livianus wurde früher oft bei Anlässen oder größeren Abendessen gebeten sie zu vorzutragen. Es war die Geschichte über die Schlacht von Septimanca, in der er als junger römischer Offizier gekämpft hatte.


    Auch wenn er die Handlung immer noch ziemlich gut im Kopf hatte, die sich hier aus verständlichen Gründen eher auf den Decimer fokussierte, machten die Schauspieler ihre Arbeit gut und so entschloss er sich stehen zu bleiben und ihren Auftritt bis zum Ende an zu sehen. Bei früheren Erzählungen hatte Livianus auch sehr gerne über seinen mittlerweile verstorbenen Bruder Magnus, seinen Freund und Schwertbruder Caecilius Crassus und den mittlerweile ebenfalls verstorbenen früheren Praefectus Praetorio Prudentius Bablus berichtetet, die in dieser Schlacht ebenfalls an seiner Seite gekämpft hatten. Vielleicht sollte er den Besuch bei seinem Patron wirklich nicht mehr länger vor sich herschieben, auch wenn die Probleme, die laut Axillas Erzählungen zwischen den beiden Gentes standen, immer noch nicht geklärt waren.

    "Gut, dann danke ich dir Primicerius und warte auf deine Nachricht. Vale!"


    Silanus erhob sich, reichte seinem Gesprächspartner die Hand und verließ den Raum in Richtung Palastausgang. Er war schon gespannt wie lange es dauern würde, bis er vom Palast eine Nachricht erhielt und wenn, ob sie positiv war.

    Als Axilla einen weiteren Heulkrampf bekam erhob sich Silanus aus seinem Stuhl und kam die wenigen Schritte zu ihr hinüber. Er konnte nicht beschreiben wie leid sie ihm in diesem Moment tat. Wie ein Häufchen Elend saß sie immer noch mit angezogenen Knien auf ihrem Stuhl und hielt die Beine mit ihren Armen fest an ihrem Körper gedrückt. Er kniete sich vor sie hin und nahm ihre zierlichen Hände in die seinen. Mit beruhigender und monotoner Stimme redete er auf sie ein.


    "Axilla. Mach dir nicht so viele Gedanken. Was geschehen ist, ist geschehen. Daran lässt sich nichts mehr ändern. Aber lass uns sofort ein paar Sklaven lossicken, der deine Kinder nach Rom holen. Sie sollte hier sein. Bei ihrer Mutter und bei ihrer Familie. Ich möchte sie endlich kennenlernen. Und um all die anderen Probleme kümmern wir uns danach. Ein Schritt nach dem anderen.


    Nachdem wir deine Kinder zurückgeholt haben, werde ich ein Gespräch mit Seneca suchen. Vielleicht ist er mir gegenüber einsichtiger. Außerdem habe ich vor in den nächsten Tagen den Palast aufzusuchen und um eine neue Anstellung bitten. Das sollte uns wieder eine zusätzliche finanzielle Absicherung und einen entsprechenden gesellschaftlichen Status verschaffen. Danach werde ich auch meinen Patron aufsuchen und versuchen, die Probleme zwischen unseren Familien aus der Welt zu schaffen."


    Bei der Aufzählung seiner nächsten Schritte, ging Silanus ein weiteres Mal die Erzählungen seines früheren Mündels im Kopf durch. Dabei fiel ihm plötzlich auf, dass sie etwas wesentliches ausgelassen bzw. unerwähnt gelassen hatte. Verwundert fragte er daher nach.


    "Wo ist eigentlich Imperiosus? Wo ist dein Ehemann?"

    Die Frage überraschte Silanus nicht sonderlich, war er doch schon einige Male darauf angesprochen worden. Für einen Römer, war er tatsächlich im Laufe seines bisherigen Lebens weiter herumgekommen. Er schmunzelte daher ebenfalls, als er Antwort gab.


    "Ich muss gestehen Iulius, ich konnte allen drei Dienstorten etwas Einzigartiges abgewinnen. Auch wenn in Aegyptus mitunter die Hitze zur richtigen Qual werden kann, so hatte das orientalische Flair doch eine ganz besondere Anziehung auf mich. Durch einen alexandrinischen Markt zu spazieren und die unterschiedlichen fremdländischen Farben und Düfte in sich aufzunehmen, oder auch nach Durchquerung einer kargen Wüstenlandschaft plötzlich vor einer blühenden Oase zu stehen die sich wie ein Wunder der Götter aus dem Nichts erhebt sind besondere Momente, die man nicht so schnell vergisst. Andererseits sind sie nicht vergleichbar aber konkurrieren sehr mit einem früh morgendlichen Ausritt durch die germanischen Wälder nach einer regenreichen Nacht. Die Geräusche des erwachenden Waldes, dass Sonnenlicht, dass durch die Blätterdecke der Baumwipfel bricht und dazu dieser intensive Geruch der puren Natur. Stundenlang könnte ich mich auf dem einen oder auch auf dem anderen Schauplatz aufhalten.


    Rom riecht zugegeben nicht sonderlich wohltuend, aber nichts desto trotz bleibt es das Zentrum der Welt und der römischen Macht. Und alleine diese Tatsache macht es zu einem ebenso anziehenden Lebensmittelpunkt wie die beiden anderen Orte."


    Um wieder zurück auf den Grund seines eigentlichen Besuchs zu kommen, schloss der Iunier seinen kurzen Monolog mit einer Frage ab.


    "Wann denkst du werde ich Nachricht erhalten, wie sich der Kaiser entschieden hat?"

    Natürlich hatte Silanus sich darauf vorbereitet, sonst wären ihm die genauen Daten seines Werdegangs nicht so mühelos eingefallen.


    "Vom ANTE DIEM V ID MAI DCCCLVII A.U.C. bis ANTE DIEM VII ID FEB DCCCLVIII A.U.C. war ich Tribun bei der Vigiles. Danach wurde ich nach Aegyptus versetzt, wo ich bis zum ANTE DIEM IV NON MAR DCCCLIX A.U.C. der Legio XXII als Tribun diente. Danach übergab man mir das Kommando über die Ala II Numidia in Germanien bis zum ANTE DIEM IV ID NOV DCCCLIX A.U.C., von wie ich schließlich als Procurator ab epistulis zum Kaiserhof abberufen wurde. Krankheitsbedingt schied ich schließlich am ANTE DIEM III KAL APR DCCCLX A.U.C. als Procurator aus. In dieser Zeit habe ich die Acedemia militaris besucht und das Examen Tertium abgeschlossen.“

    Silanus schmunzelte ein wenig, als der Iulier seinen Vorgesetzten erwähnte und nahm ebenfalls einen Schluck des edlen Tropfens, ehe er antwortete.


    "Nun, ich nehme an dein Vorgesetzter wird nicht sehr erfreut sein, wenn ich mich um seinen Posten bewerbe, oder den seines Amtskollegen. Es wäre daher wahrscheinlich besser wenn mein Name nicht sonderlich hervorsticht, sonst läuft er Gefahr von der Liste gestrichen werden, noch bevor diese den Kaiser überhaupt erreicht hat. Außer natürlich……"


    Hätte der Kaiser vor einen militärischen Ritterposten in Rom neu zu besetzen, wäre es natürlich durchaus von Vorteil, wenn Silanus Name etwas hervorstechen würde. Doch auch wenn der Lebenslauf des Iuniers durchaus dafür geeignet war, etwa ein Kommando hier in Rom zu übernehmen oder als Tribun bei den Prätorianern zu dienen, so hatte dennoch das Problem dem Kaiser vollkommen unbekannt zu sein. Natürlich hatte es auch seine Vorteile, vor allem nach dem Ende eines Bürgerkrieges, ein unbeschriebenes Blatt zu sein. Allerdings war es wahrscheinlicher, dass der Kaiser seine engeren Vertrauten auf diese Posten setzte. Sein letztes Kommando lag ausserdem auch schon einige Zeit zurück. Wie sehr es ihm auch reizen würde, es war zum jetzigen Zeitpunkt wohl eher aussichtslos. Silanus schüttelte daher den Kopf.


    "…. Nein. Ich denke es wird ausreichend sein meinen Namen auf die erwähnte Liste zu setzen. Der Kaiser soll selbst entscheiden, ob und wo er mich gebrauchen kann. Mein Lebenslauf sollte in den Archiven des Palastes aufliegen. Wenn du möchtest, helfe ich dir aber gerne ihn sofort zusammen zu stellen. Dann ersparst du dir einen Notarius loszuschicken der ihn für dich heraussucht."

    Nachdem der erste Schock verflogen war und für Schuldgefühle keine Zeit blieb, da Silanus bemüht war Axillas Erzählungen weiter zu folgen, versuchte er alle noch einmal gedanklich zu rekapitulieren. Die meisten Dinge konnte er weitestgehend behalten. Archias Selbstmord, Salinator und das Erbe, Imperiosus, die Decimii und Seneca, das Testament,….


    Doch Moment! Kinder? Welche Kinder? Silanus wusste aus einem Brief den er vor ewigen Zeiten bekommen hatte, dass Axilla ein Kind mit Imperiosus bekommen hatte. Ihren Sohn Titus. Nun hatte es so geklungen als hätte sie auch einen zweiten Sohn namens Cossus erwähnt. Silanus fand das es nun Zeit war die Erzählungen seiner Cousine zu unterbrechen und vorest die Dinge zu klären, die sie bisher erwähnt hatte. Vorrangig war für den Iunier in diesem Moment, dass was Axilla zuletzt erwähnt hatte - ihre Kinder.


    "Moment einmal Axilla. Langsam. Du hast einen weiteren Sohn? Cossos? Und wo sind deine Kinder nun?"