Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Zitat

    Original von Hiera
    .... Legte sie sorgsam ihre Rüstung zu einem kleinen handlichen Paket zusammen. „Möchtest du dies auch haben? Von Rechtswegen gehört es ja nun dir.“


    "Lege sie vorerst in die leere Kiste vor deinem Bett. Vielleicht wirst du sie noch brauchen."


    Der Iunier war gerade damit beschäftigt die Sklavin möglichst unauffällig zu mustern, schließlich sah er nun zum ersten Mal, was sich bisher unter der Rüstung verborgen hatte. Natürlich entgingen ihm dabei die Narben nicht, welche trotz ihres jungen Alters um einige mehr waren, als sich Silanus bei seinem jahrelangen Dienst im Exercitus Romanus zugezogen hatte. Interessiert warf er gerade einen Blick auf die Zeichnung am Oberarm der Amazone, als Axilla unverhofft die Sklavenunterkunft betrat und ihren Verwandten mit halbnackter Frau und einem ziemlich ertappten Blick antraf.


    "Oh... ähm... Axilla. Das ist Hiera. Sie ist meine neue.... ähm.... Sklavin. Ich habe ihr gerade ein Bett zugeteilt und ihr ihre neue Unterkunft gezeigt. Sie wird hier bei uns ab sofort als meine persönliche Sklavin dienen. Ich wollte gerade nach Corinna rufen, damit sie Hiera passend einkleiden kann."


    Dann wandte er sich an Hiera, um auch Axilla vorzustellen und in der Hoffnung, dass seine Großcousine nicht näher nachfragte, woher er plötzlich diese neue Sklavin her hatte.


    "Das hier ist meine Großcousine Iunia Axilla. Sie lebt mit ihrer Familie hier und so zusagen die Herrin des Hauses, nachdem ich unverheiratet bin. Du wirst alle anderen noch bei Gelegenheit kennenlernen."


    Heute war es soweit und die Anspannung am Palatin war förmlich zu spüren. Überall wuselte Palastpersonal umher um die letzten Handgriffe für die Zeremonie zur Entsendung des neuen Statthalters von Germania Superior zu erledigen. Speisen wurden im großen Triclinium der Domus Flaviana vorbereitet und die Basilica, in der diese Zeremonie traditionell stattfand, war bereits entsprechend von den ersten geladenen Gästen und Honoratioren Roms bevölkert, sodass einer Ernennung von Decimus Livianus zu Legatus Augusti pro praetore, samt Auspizien und Paludamentums-Verleihung nichts mehr im Wege stand.


    Eine weitere, heute besondere und für Iunius Silanus wohl wesentlich wichtigere Tatsache war, dass er neben dieser außerordentlichen Auszeichnung für seinen Patron auch eine ganze Kohorte der Prätorianer vor dem Palast aufmarschieren hatte lassen, da den Decimer bei seiner Reise nach Germanien auch die Kaiserin begleiten würde. Alles in Allem also ein Großereignis und Spektakel, dass einen gewissen Seltenheitswert hatte und wo die Prätorianer und die kaiserliche Administratio natürlich versuchten, sich von ihrer besten Seite zu präsentieren. Auch hier in der Basilica wimmelte es freilich von Prätorianern und es würden noch mehr dazu kommen, wenn der Kaiser den Saal betrat. Zufrieden mit der Aufstellung seiner Wachen, schritt der Iunier noch einmal die einzelnen Kontrollpunkte und Posten ab, die er sorgsam ausgewählt und in der ganzen Domus Flaviana platziert hatte.

    "Natürlich nicht. Ich wollte es auch nur gesagt haben."


    Ja in der Tat war es eine ungewohnte Situation für beide Parteien. Der Iunier hatte noch nie jemanden selbst versklavt und Hiera wusste noch nicht wirklich, wie man sich als Sklavin verhielt. Mit verschränkten Armen vor seinen Herrn zu stehen und auf Eingeschnappt zu machen war jedenfalls wohl nicht im Sinne der Erfinders. Verstohlen sah sich Silanus nach anderen Sklaven um in der Hoffnung, keiner würde die beiden beobachten und merkwürdige Schlüsse aus ihrem Gespräch schließen.


    Endlich begann sie auch diese maskuline Rüstung abzulegen. Zumindest einen ersten Teil davon - ihren Gürtel. Der Iunier blickte im ersten Moment etwas verdutzt, als sie ihm das Ding entgegen hielt, Schon wieder ein Missverständnis? Sklaven halfen ihren Herrschaften beim an- und auskleiden und nicht umgekehrt. Doch gleich darauf erklärte sie ihm, was es damit auf sich hatte. Er nahm den Gürtel entgegen, nickte dankend und betrachtete ihn und sah dann wieder etwas verunsichert zu seiner Sklavin auf und meinte im Scherz und in der Hoffnung damit etwas die Stimmung zu lockern


    "Aber tragen muss ich ihn nicht oder?"

    "Also gut, dann lass uns gehen."


    Der Iunier nickte dem Princeps verabschiedend zu und machte sich dann mit Hiera auf zum Domus Iunia, wo sie ihr neues Zuhause kennenlernen konnte. Am Weg hinaus war er sehr bedacht darauf nicht unverhofft dem Trecenarius über den Weg zu laufen.

    Gemeinsam mit Hiera im Schlepptau erreichte Silanus die Sklavenunterkünfte des Domus Iunia. Sie hatten auf dem Weg von der Castra Praetoria bis zum Haus kaum etwas miteinander gesprochen. Anscheinend war es für beide eine ungewohnte Situation und auch der Iunier hätte sich heute Morgen als er sein Haus verließ in keinster Weise gedacht, dass er mit einer neuen Sklavin zurückkehren würde. Doch nun war es so und Silanus wollte Hiera zeigen, dass er es tatsächlich gut mit ihr meinte. Er ging mit ihr durch die Sklavenunterkunft und zeigte ihr nach der Reihe die verschiedenen Ecken ihres neuen Heims.


    "Dort drüben kannst du dich frisch machen. Ich werde Corinna sagen, dass sie dir eine frische Kleidung besorgen soll. In Rüstung wirst du künftig wohl eher nicht mehr herumlaufen können. Und hier wirst du schlafen. Die anderen Sklaven gehen im Moment alle ihren Diensten nach. Du wirst bestimmt spätestens heute am Abend kennen lernen. Wir dulden hier im Haus keinen Streit unter den Sklaven. Vor allem von dir erwarte ich Zurückhaltung und Selbstbeherrschung bei deinen Fähigkeiten."

    Zum Glück hatte der Ianitor erwähnt, dass er Silanus zum Hausherrn brachte, denn der Iunier kannte den Mann noch nicht persönlich, der ihm hier gegenüber trat und freundlich begrüßte. Es musste sich um den von Tiberia Corvina erwähnten Bruder handeln, der beim tragischen Angriff auf den Trecenarius nicht anwesend gewesen war.


    "Salve Tiberius! Wir beide hatten noch nicht das Vergnügen. Ich habe bereits nach dem Angriff auf Verus deiner Schwester angeboten vorbei zu kommen und wollte heute daher nachfragen, ob ich etwas für euch tun kann?


    Soweit ich von meinen Männern gehört habe, wurde der Trecenarius gut und sicher auf sein Land gebracht. Aber gibt es sonst noch etwas, mit dem die Cohortes oder ich die Familie des Trecenarius in dieser schweren Zeit unterstützen kann."

    Wie angekündigt hatte sich der Iunier ein paar Tage nach dem Angriff auf den Trecenarius zur Villa Tiberia aufgemacht, um einerseits nach dem Rechten zu sehen und andererseits der Familie des schwer verwundeten und mittlerweile außer Rom gebrachten Prätorianers erneut seine Hilfe und Unterstützung anzubieten. Er ließ seine Leibwache vor der Villa zurück und trat alleine auf das Tor zu, vor dem das abscheuliche Verbrechen geschehen war, von dem jedoch einige Tage danach nichts mehr zu sehen war. Dennoch war es auch für ihn ein mulmiges Gefühl an diesem Ort zu stehen. Wie es da wohl erst der Familie des verwundeten Tiberiers gehen musste. Er sah sich kurz um, vergewisserte sich noch einmal dass seine Prätorianergarde wie befohlen auf der Straße unauffällig Stellung bezogen hatte und klopfte dann an.

    "Vielen Dank für die Aufklärung. Der Princeps Praetorii hat kürzlich seinen Dienst beendet und der Neue erst zu uns unterwegs. Ich hatte daher noch keine Zeit und Gelegenheit mich näher damit auseinanderzusetzen. Und ja du hast mit deiner Einschätzung recht. Wir bekommen die Präfekten kaum zu spüren und sind recht auf uns selbst gestellt."


    Der Iunier war dem Optio einen kurzen Blick zu, der zwar neben den Tribunen saß, aber sich verständlicher Weise sehr zurück hielt, als sich die zwei ritterlichen Offiziere unterhielten. Er war vermutlich alles andere als erfreut über diese Situation und Silanus wollte ihn nicht länger damit quälen. Also trank er seinen Becher aus und erhob er sich wieder.


    "Ich habe euch nun lange genug von der Arbeit abgehalten. Ich nehme an ihr habt ja nicht aus vergnügen hier zusammen gesessen. Wir werden uns ab sofort ohnehin öfter über den Weg laufen."

    Dem Iunier fiel sichtlich ein Stein vom Herzen, als er nach und nach hörte, dass die Kaiserin wohl auf seiner Seite war und sich für ihn einsetzen wollte. Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, von der sich Silanus sehr viel erhoffte. Er hatte bereits selbst in Erfahrung gebracht, dass die Kaiserin sehr viel Einfluss am Kaiserhof hatte. Nicht nur auf ihren Mann, sondern auch auf die kaiserlichen Beamten, welche ihrem Mann mit Rat und Tat zur Seite standen. Ihre letzte Aussage klang ja schon fast wie ein Versprechen oder eine indirekte Zusage, dass er den Posten des Praefectus Praetorio auf jeden fall bekam. Doch er wollte sich nicht zu früh freuen und voreilig sein, schließlich lag die letztliche Entscheidung darüber doch beim Kaiser allein. Er lächelte daher nur und nickte dankend.


    "Ich danke dir für deinen Zuspruch. Ich bin mir sicher, dass du diesen Schritt nicht bereuen wirst und ich dafür natürlich groß in deiner Schuld stehe."


    Mehr gab es dazu vorerst nicht zu sagen. Nun hieß es zuwarten, bis der Kaiser seine Entscheidung bekannt gab. Silanus entschied das nächste, und aus Sicht der Kaiserin wohl ebenso interessante, Thema anzusprechen, dass ihm heute her geführt hatte. Es war auch gleichzeitig ein Beweis dafür, dass er sich für ihre Freundlichkeit und ihren Einsatz ebenso beflissen revanchieren würde.


    "Ich wollte dich außerdem darüber informieren, dass bereits einiges über Tiberius Verus und die Vorgänge in Germanien herausfinden konnte. Ich habe dazu den neuen Princeps Praetorii Iulius Licinus befragt, der wie ich dir bereits berichtet habe, davor Praefectus Castrorum der Legio II gewesen ist und mit Verus gemeinsam gedient hat.


    Der Tiberier wurde offenbar für seine heldenhaften Taten in Germanien mit einem bronzenen Torques ausgezeichnet, welche der Iulier selbst für ihn beantragt hat. Die Geschehnisse rund um diese Heldentat sind ein wenig umstritten und es gibt nicht nur eine ausschließlich positive Sichtweise darauf. Der Tiberier hat wohl sehr Heldenhaft gehandelt und seine Einheit gerettet, ist in diese Situation aber auch nicht ganz unverschuldet geraten und hat dabei leider trotzdem einige Männer verloren. Der Einschätzung des Iuliers wäre auch eine nachträgliche Auszeichnung des Trecenarius mit der Corona Civica Quaercea nicht abwegig, ich selbst bin mir aber nicht sicher, ob wir schon genug Informationen darüber haben, um dies auch gut begründet dem Kaiser vorbringen zu können."

    Der Iunier zeigte sich sichtlich zufrieden mit dem was ihm geboten wurde. Er war sogar ein wenig Beeindruck davon, wie gut der Decurio seine Mannschaft auf alle Eventualitäten vorbereitet hatte. Offensichtlich war er ein eher strenger Vorgesetzter, der aber auch nicht davor scheute Fehler seiner Untergebenen direkt vor dem Tribun anzusprechen. Das kannte Silanus auch anders. Manche Offiziere suchten dann nach Ausreden für ihre Mannschaft oder zeigten sich mit allen Zufrieden, nur um nicht die Aufmerksamkeit des Tribuns auf Unzulänglichkeiten zu lenken. Das war bei Vibius Vespa offensichtlich anders. Der Tribun nickte daher immer wieder zufrieden oder zumindest um Verständnis für die jeweilige Situation zu zeigen.


    "Deine Männer sind wirklich gut vorbereitet und ihr Material, sowie ihrer Pferde auch wirklich sehr gut in Schuss. Ich muss dir mein Kompliment aussprechen Decurio. Du scheinst deiner Einheit ein sehr guter Kommandeur zu sein.


    Ich selbst war die letzten Jahre als Procurator am Kaiserhof tätig. Davor habe ich meine Militia Equestris bei den Vigilen begonnen, danach als Tribun in Aegyptus gedient und zuletzt die Ala II Numidia in Germanien kommandiert. Mich hat es jedoch jetzt wieder zurück zum Militärdienst gezogen und so habe ich mich um diesen Posten als Tribun bei den Cohortes bemüht. Wie ist dein Werdegang? Wie lange dienst du hier schon bei den Equites Singulares?"

    "Ich werde sie einmal vorerst mit in den Domus Iunia nehmen. Dort kann sie sich frisch machen und ausruhen. Du kannst in den nächsten Tagen gerne vorbei kommen und mit ihr ein Gespräch führen. Von der Castra würde ich sie vorerst gerne fern halten, um unnötiges Aufsehen zu vermeiden."


    Dann wandte sich Silanus zu seiner neuen Sklavin. Da sie bei der Verhaftung nichts bei sich trug und soweit er gesehen hatte auch nichts in ihrer Zelle zurückgelassen hatte, konnten sie eigentlich gleich aufbrechen. Schließlich wollte er nicht auf den Trecenarius treffen. Eine Unterredung war unvermeidlich, aber das musste nicht in Anwesenheit der Amazone geschehen. Auch der Iulier hatte vollkommen anders auf die Entscheidung des Tribuns reagiert, als von Silanus eigentlich erwartet und so stand einem sofortigen Aufbruch eigentlich nichts mehr im Wege. Dennoch wollte er sich noch einmal bei Hiera vergewissern.


    "Ich würde lieber gleich aufbrechen bevor wir dem Mann in die Arme laufen, der deine Verhaftung angeordnet hat. Können wir gehen?"

    Der iunische Tribun lauschte aufmerksam den Ausführungen des neuen Lagerkommandanten und nickte zwischendurch auch immer wieder Verständnisvoll. Als dieser Geendet hatte, versuchte er sich den Werdegang des Tiberiers in Erinnerung zu rufen, den er vor diesem Gespräch auch noch einmal aus dessen Personalakte entnommen hatte.


    "Vielen Dank für deine aufschlussreichen Ausführungen Princeps und deine Einschätzung. Den Akten des Tiberiers habe ich entnommen, dass er während seines Dienstes bei der Legio II mit mehreren Auszeichnungen bedacht wurde. Das war meiner Erinnerung nach wohl eine Torques in Bronze für sein heldenhaftes Verhalten angesichts einer feindlichen Übermacht jenseits des Limes... Ich nehme an das ist jene von der du gesprochen und welche du selbst für den Tiberier beantragt hast? Und dann auch noch eine Phalera, sowie je eine Armillae in Bronze und in Silber wegen einer Strafexpeditionen und Verhandlungen mit den Chatti. Ich nehme an dieses Volk war aus jenem Dorf, dass in deiner Erzählung vorkam? Sehe ich das also richtig, dass all diese Auszeichnungen für genau diese Geschehnisse vergeben wurden, welche du mir soeben geschildert hast, oder bringe ich da etwas durcheinander?"

    Während der Iunier auf das Eintreffen des Decurios wartete, schritt er die Baracke ab. Es dauerte nicht lange, da stand der Reiteroffizier auch schon vor ihm. Silanus begegnete diesem freundlich und nickte ihm grüßend zu.


    "Ah Decurio! Salve! Ich bin Tribun Iunius Silanus und seit kurzem deiner Kohorte zugeteilt. Wie ich hörte bist du mit deinen Männern von einer Mission in Italia zurückgekehrt und ich wollte die Gelegenheit nutzen um dich und deine Männer kennen zu lernen. Wenn du Zeit hast, würde ich gerne eure Mannschaftsbaracke besichtigen und mich ein wenig von dir herumführen lassen."

    "Ich verstehe. Nun ich kann dir versichern, dass mich dieses Thema selbst sehr interessiert und ich dem Ganzen nachgehen werde. Natürlich werde ich dich darüber unterrichten, wenn mir neue Informationen zur Verfügung stehen."


    Mehr konnte Silanus im Moment nicht zu diesem Thema sagen. Gewiss würde sich in den nächsten Tagen ein Gespräch mit dem Trecenarius ergeben oder er schaffte es sich einen Termin bei seinem Patron geben zu lassen, der vielleicht auch etwas Licht ins Dunkel bringen konnte. Er wechselte daher das Thema.


    "Wie läuft eigentlich das Zusammenleben hier in der Castra. Ich stelle es mir nicht einfach vor, wenn zwei Einheiten mit drei unterschiedlichen Kommandeuren in einer Castra das sagen haben. Ihr habt ja soweit mir bekannt ist auch im Gegensatz zu uns keinen Lagerpräfekten. Wer kümmert sich bei euch um die Erhaltung der Bausubstanz und die Instandhaltung eurer Teil der Castra?"

    "Deine Schilderungen klingen wirklich sehr bedenklich und ich werde der Angelegenheit natürlich nachgehen. Namen nannten sie also keinen. Für welche Dokumente haben sie sich denn interessiert und welche Dokumente haben sie entwendet?"


    Die Beschreibung des Fabier traf natürlich auf so gut wie jeden Prätorianer zu und so konnte der Iunier nicht viel damit anfangen. Aber aus seiner langen Zeit am Kaiserhof wusste er, dass die Procuratoren ihr Archiv immer gut in Schuss hielten. Gewiss hatte Torqutus bereits nach den Vorfall eine Inventur veranlasst um festzustellen was fehlte oder wusste zumindest anhand des Regals an dem sich die Prätorianer zu schaffen gemacht hatten, zu welchen Themen dort Dokumente archiviert wurden. Das würde Silanus gewiss weiter helfen einen ungefähren Grund für diese merkwürdige Aktion zu ermitteln. Denn bisher hatte er nicht viele Anhaltspunkte, bei denen er seine Untersuchung starten konnte.

    Die akzeptierte diesen Handel also, der ihr Leben verschonte, sie aber in die Sklaverei zwang. Dann meldete sich auch der neue Princeps Praetorii zu Wort, der das ganze von Anfang an wortlos verfolgt und dem Tribun nur ab und zu einen skeptischen Blick zugeworfen hatte. Während der Iunier die beiden Schwerter wieder zurück auf den Schwertständer legte, wandte er sich an den Iulier.


    "Ja Sklaverei. Sofern ich die beiden Präfekten davon überzeugen kann. Der Trecenarius wird gewiss energischen Einspruch dagegen erheben, soweit ich ihn bisher kennengelernt habe und auch einschätze. Es bleibt mir also nur die Präfekten davon zu überzeugen, dass ich meine neue Sklavin unter Kontrolle habe und sich keine zweite Varia erheben wird. Den Tod hätte sie nicht verdient. Sie hat schließlich nichts getan."


    Der Iunier lehnte sich weit aus dem Fenster. Er kannte die Einstellung des neuen Stabsoffiziers nicht. Wäre er ähnlich gestrickt wie der Tiberier, mit dem er ja gemeinsam in Germanien gedient hatte, würde er das Handeln des Tribuns wohl anders beurteilen, als es Silanus um Moment tat. Dennoch wollte der Iunier hier klar seine Einstellung zu solchen Dingen aufzeigen und eine Grenze ziehen. Er erwartete auch keine Antwort darauf, sondern sprach gleich weiter das Kompliment an, dass der Iulier auch ihm aussprach, nachdem er es zuvor Hiera gegenüber getan hatte.


    "Ich danke dir Iulius. Deine zweite Annahme stimmt. Ich war tatsächlich immer Stabsoffizier, allerdings habe ich es nie gescheut mir die besten Kämpfer meiner Einheit herauszusuchen und mich von ihnen in einem privaten Rahmen unterweisen zu lassen. So wie es aussieht ist das nun nicht mehr notwendig. Nun habe ich eine private Lehrmeisterin, von der selbst ich noch einiges lernen kann."


    Dabei sah er wieder zu Hiera und nickte ihr ebenso anerkennend zu.

    "Ja danke Augusta. Ich habe mich in der Tat gut eingelebt. Sehr gut sogar. Auch das ist ein Grund, der mich heute zu dir führt. Du sagtest bei deinem letzten Besuch vor einiger Zeit doch, dass ich es dich wissen lassen soll, wenn du mir einmal behilflich sein kannst. Ich denke dieser Zeitpunkt ist gekommen und ich wollte gerne mit dir sprechen, bevor du nach Germanien abreist."


    Tja der Anfang war getan. Nun musste der Iunier nur noch damit heraus Rücken, was er von seiner Kaiserin wollte. Und das war gewiss keine Kleinigkeit. Bestimmt hätte er damit auch direkt zum Kaiser gehen können, aber da sich die Kaiserin selbst als Patronen der Prätorianer sah und sein eigener Patron so kurz vor seiner Abreise nach Germanien keine Zeit hatte und es fraglich war, ob er Silanus bei diesem Thema überhaupt helfen konnte, wählte der Iunier den Gang zu Augusta. Ihr Unterstützungsangebot von ihrem ersten Treffen lang schließlich immer noch unverändert und unangetastet auf dem Tisch.


    "Ich diene dem Palast nun schon lange Zeit und war bisher wohl nie zur richtigen Zeit am richtigen Ort um die letzte Stufe der Militia Equestris zu erreichen. Natürlich ist mir klar, dass nicht jeder Eques diese wenigen höchsten Ritterämter des Reiches erreichen kann. Dennoch wird sich demnächst wohl eine Möglichkeit auftun, die ich gerne nutzen würde. Und dazu wollte ich dich um deine Fürsprache bitten."


    Nun war es heraus und Silanus konnte seine Karten offen auf den Tisch legen.


    "Soweit mir zu Ohren gekommen ist wird sich Praefectus Heius Vibulanus demnächst von seinem Amt zurückziehen. Wie du dir gewiss vorstellen kannst, hätte auch ich großes Interesse daran seine Nachfolge anzutreten. Ich denke mein Stellung beim Kaiser ist recht solide und gut, aber ich kenne die anderen Eques auf seiner Liste nicht. Es kann daher bestimmt nicht schaden einen weiteren Führsprecher, oder in diesem Fall eine weitere Fürsprecherin zu haben, die dem Kaiser so nahe steht. Ich weiß es ist ein großer Gefallen um den ich dich bitte, aber würdest du mir diese Ehre erweisen und meinen Namen beim Kaiser im Zusammenhang mit dieser Neubesetzung ins Spiel bringen?"

    Er war im Laufe seines Lebens viel herum gekommen, doch eine solch ungewöhnliche Frau hatte Silanus zuvor noch nie getroffen. Sie war noch ein halbes Kind und doch konnte sie kämpfen wie jeder erfahrene Miles seiner Kohorte und sie besaß wohl eine unglaubliche Willensstärke und ein selbstsicheres Auftreten, dass für eine gleichaltrige Römerin vollkommen untypisch war. Dazu noch ihr Aussehen und ihr ganzes Gehabe. Unter ihrer Rüstung steckte zweifellos der Körper einer nicht unhübschen jungen Frau, doch sie hatte nichts weibliches an sich. Das lag jedoch nicht nur an ihrem drahtigen, ja fast athletischen Körperbau und ihrer kriegerischen Aufmachung, sondern auch in ihrem Benehmen stand sie einem Mann in nichts nach.


    "Dann Hiera höre das Urteil, welches ich im Namen des Kaisers über dich vollstrecke. Unseren Gesetzen nach wirst du ab dem heutigen Tag keine frei freie Frau mehr sein, sondern eine Sklavin. Dein Herr hat das Recht über dein Leben und deinen Tod zu bestimmen. Wenn du Geld verdienst, gehört dies deinem Herrn. Du darfst keine persönlichen Besitztümer mehr haben und alles was du jetzt besitzt geht auf deinen Herrn über.


    Ich frage dich daher erneut. Akzeptierst du dieses Schicksal?"

    Nachdem sie beide auf den Boden gelandet waren ging alles recht schnell. Während Silanus sich noch erhob und den Staub von seiner Tunika abklopfte, davon ausgehend, dass Kampf nach dieser kurzen Unterbrechung weitergehen würde richtete sich auch Hiera wieder auf. Auch sie hatte ihr Gladius noch nicht aus der Hand gelegt und trat ihm nun erneut gegenüber, was den Iunier noch mehr in der Annahme bestärkte, sie würde auf eine zweite Runde pochen. Doch stattdessen sank sie plötzlich auf ihr Knie, senkte den Kopf und hielt ihm das Schwert entgegen. Er hatte gewonnen? Verdutzt sah er im ersten Moment auf sie herab. Hatte er denn tatsächlich gewonnen? Natürlich hatte er sie von den Beinen gehoben und zu Fall gebracht. Aber dies war kein Faustkampf gewesen. Und was war in dem kurzen Moment passiert, als sie aus seinem Blickfeld verschwunden war? Hatte sie da gezögert oder war sie tatsächlich nicht schnell genug gewesen, den entscheidenden Hieb anzudeuten. Während er ihren Worten lauschte verflogen diese Gedanken auch recht schnell wieder. Sie sagt er hatte gewonnen, also hatte er auch gewonnen. Doch wie sollte es nun weiter gehen. Sie wollte ihn bedingungslos und Treu bis in den Tod dienen. Doch was würden die Präfekten oder der Trecenarius sagen wenn sie herausfanden, dass er eine gefangene Amazone bei sich aufnahm, anstatt sie Hinrichten zu lassen? Irgendwie hatte er sich von seiner Neugierde verleiten lassen und die ganze Sache war von Anfang an nicht wirklich durchdacht gewesen. Doch er hatte der Amazone sein Wort gegeben und dieses galt es nun auch zu halten. Er nahm daher das Schwert entgegen.


    "Steh wieder auf. Dir ist klar, dass du dem Tod nur entgehen kannst wenn du das gleiche Schicksal wie Varia akzeptierst und deiner Versklavung zustimmst? Du kannst mir dienen. Allerdings nur als meine Sklavin und auch nur dann sind unsere Chancen nicht groß, dass ich dich hier wieder Lebend und unbehelligt heraus bekomme. Du wirst mir bedingungslos dienen hast du gesagt. Ich hoffe du hast das nicht nur so daher gesagt. Das wird auch nötig sein."

    Die junge Frau gab nun auch ihren Namen preis und bestätigte die Vermutung des Iuniers , dass es sich um ein Familienmitglied der Tiberier handeln musste. In welchem Verwandtschaftsverhältnis sie zum Trecenarius stand, ließ sie jedoch offen. Was sie jedoch nicht offen ließ sondern ziemlich deutlich aus ihrer zwar freundlichen aber sehr bestimmten Tonlage herausklingen ließ war die Frage, in wie weit sich der Tribun hier nun noch nützlich machen konnte. Und sie hatte, ganz gleich ob dieses Ergebnis von ihr gewünscht war, auch nicht ganz unrecht damit, dass Silanus hier wohl nicht mehr gebracht wurde.


    "Nein Tiberia. Ich kann hier ohnehin nicht mehr viel beitragen. Die Eskorte wird angemessen aber nicht zu auffällig sein. Ganz wie du es wünscht. Bitte informiert mit, sollte sich am Gesundheitszustand des Trecenarius etwas ändern. Vale bene."


    Der Iunier verabschiedete sich in die Runde und nahm sich zugleich den Vorsatz, sich in wenigen Tagen noch einmal hier nach dem Wohl der Familie seines schwer verletzten Untergebenen zu erkundigen. So viel war er ihm alle Mal schuldig und vielleicht konnte sich bis dahin auch die Familie über sein Hilfsangebot besser Gedanken machen, wenn der erste Schock überwunden war. Wie der Trecenarius bereits selbst einmal anmerkte, hatten die Tiberier ein schweres Los mit ihrer jüngsten Vergangenheit gezogen und seit dem keinen sehr guten Stand in der römischen Gesellschaft. Ein wenig Unterstützung von einem bekannten und geachteten Eques kam ihnen da vielleicht ganz recht. Dann verließ er die Villa mit seinen Mannen und ließ lediglich einen kleineren Trupp zur Bewachung zurück.