Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Silanus drehte sich um und sah den Mann sichtlich verwundert an, der ihm allem Anschein nach hinterhergehetzt war. Er kannte ihn nicht und verstand im ersten Moment auch nicht was er eigentlich wollte. Wie immer hatte er direkt eine der Wachen gebeten den Präfekten über seine Anwesenheit zu informieren. Mit einem Scriba hatte er sich noch nie aufgehalten. Dementsprechend durcheinander versuchte er auch eine Antwort zu formulieren.


    "Ähm. Ich gehe nicht zum ersten Mal im Officium des Praefectus aus und ein und habe bisher noch nie eine offizielle Anmeldung gebraucht."


    Einige Wochen nicht hier und schon änderte sich so einiges. Der neue Legionskommandeur, Anmeldung beim Besuch des Praefectus Aegypti wie ein einfacher Bittsteller. Silanus war gespannt was als nächstes kommen würde.

    Silanus hatte sich in sein Officium zurückgezogen und saß an einigen Briefen und Legionsberichten der letzten Wochen. Er wollte so schnell wie möglich auf dem neusten Stand der Dinge sein und ließ sich daher nicht lange Zeit die verpassten Wochen aufzuarbeiten. Was hier im Haus passiert ist, wollte er bei der nächst besten Gelegenheit Axilla oder Urgulania fragen. Urgulania konnte ihm bestimmt auch berichten, was sich in Alexandria und in der Stadtverwaltung tat. Zufrieden wieder in Alexandria zu sein schickte er einem Sklaven um eine kühle Erfrischung.

    Natürlich hatte sich Silanus auf seiner Überfahrt die einen oder anderen Gedanken zu diesem Thema gemacht. Doch das ihm der neue Praefectus gleich nach den ersten Sätzen so unverblümt darauf ansprach, überraschte den Iunier ziemlich. Er ging nun davon aus, dass auch der neue Präfekt seine Karriere nicht dem Zufall überlassen sondern sie immer so gut es ging selbst gefördert hatte. Silanus wollte daher auch offen und ehrlich antworten.


    "Ich kann deine Annahme bestätigen und muss gestehen, dass ich mir schon den einen oder anderen Gedanken zu meiner weitern Zukunft gemacht habe. Ging es ausschließlich nach mir, so würde einem weiteren Schritt in meiner Karriere nichts im Wege stehen. Und ich muss auch zugeben, dass ich jetzt die kurze Zeit in Rom sehr genossen habe. Auch wenn Aegyptus viele Vorteile bietet und sehr angenehme Seiten hat, so wäre ich einer Rückkehr nach Rom durchaus zugetan. Besonders hätte ich dabei ein Tribunat bei der Cohortes Praetoriae ins Auge gefasst."

    Nicht nur bei seinem neuen Legionspräfekten, auch beim Praefectus Aegypti wollte sich Silanus zurückmelden, ihm von der bestandenen Prüfung zum Examen Tertium berichten und sich noch einmal für die Möglichkeit nach Rom reisen zu dürfen bedanken. Vielleicht hatte der Präfekt auch Zeit für ein Gespräch, bei der Silanus die letzten Ereignisse und Neuigkeiten, die sich während seiner Abwesenheit zugetragen hatten, erfahren konnte. Er ließ sich anmelden und wartete geduldig vor den Empfangsräumen des mächtigsten Mann der Provinz Aegyptus.

    Nach einer ungemütlichen Überfahrt von Ostia nach Aegyptus war Silanus froh, dass der Weg vom Hafen zum Königsviertel Basileia nur wenige Minuten dauerte. Es tat gut wieder die Luft Alexandrias einzuatmen und zurück in wärmeren Gefilden zu sein. Er hatte keinen Brief oder Boten vorausgeschickt und war daher nicht überrascht, dass ihn bei der Ankunft in seinem Haus kein großer Empfang erwartete. Um genau zu sein war abgesehen von zwei Sklaven keiner da um ihn zu begrüßen und das Haus wirkte generell sehr Leer. Vermutlich ging Urgulania irgendwelchen Amtsgeschäften nach und Axilla war irgendwo in der Stadt unterwegs. Er ließ die Sklaven seine Kisten und Koffer herein tragen und erkundigte sich nach Neuigkeiten oder Briefen, die während seiner Abwesenheit eingetroffen waren. Der aufmerksame Ianitor berichtete seinen Herren von einigen Männern die in letzter Zeit öfter im Haus ein und aus gingen, hatte aber keine Post. Silanus nickte zufrieden und machte sich auf den Weg in seine Räume.

    Silanus durchritt mit seinem Pferd das Lagertor und grüßte mit einem Kopfnicken die Wache, die sofort eine stramme Haltung einnahm und vor dem Offizier salutierte. Vermutlich wunderte der Soldat sich, den Tribunen nach einigen Wochen wieder zu sehen, denn es hatte sich bestimmt nicht im ganzen Lager herumgesprochen, dass er sich in Roma an der Academia Militaris aufgehalten und ein Examen abgelegt hatte. Silanus ritt weiter in Richtung Principia und war bereits gespannt, was ihn nach den Wochen der Abwesenheit erwartete.

    Nach seiner Rückkehr aus Rom führte Silanus erster Weg zu seinem neuen Kommandanten. Während seiner Wochen an der Academia Militaris hatte sich hier in Aegyptus einiges geändert. Die wichtigste Veränderung, die ihm auch direkt betraf, war die Kommandoübergabe des Präfektenposten an einen gewissen Terentius Cyprianus. Er bildete sich ein, diesen Namen bereits wo gehört zu haben, konnte aber kein bekanntes Gesicht damit verbinden. In seiner frisch aufpolierten Rüstung fand er sich vor dem Officium des neuen Präfekten ein, um sich zurückzumelden und gleichzeitig auch vorzustellen. Silanus zog noch einmal die Ärmel seiner Tunika zurecht und klopfte.

    Da Silanus außer Decimus Meridius und Decimus Livianus keinen der Gens wirklich näher kannte, nickte er nur und gab sich mit dieser Antwort zufrieden. Es war etwas ärgerlich den Senator nur um wenige Tage verpasst zu haben. Fortuna war ihm in dieser Angelegenheit anscheinend nicht hold gewesen.


    "Gut. Ich danke dir. Vale!"


    Damit waren alle seine Geschäfte hier in Rom abgeschlossen und er konnte sich auf die Heimreise nach Aegyptus vorbereiten. Er machte sich auf den Weg zurück zur Casa Iunia.

    Zwischen den Vorlesungen an der Academia Militaris hatte sich Silanus Zeit genommen auch die Casa der Gens Decima aufzusuchen und seine Aufwartung zu machen. Nichts wäre peinlicher gewesen, als hätte man ihn hier in Rom gesehen und danach sagen können, er wäre nichts seiner Pflicht als Klient nachgekommen, der Familie seines Patrons einen kurzen Besuch abzustatten. Er zupfte seine Toga zurecht und klopfte an der Türe.

    Sim-Off:

    Muss mich auch für die Abwesenheit entschuldigen. Konnte in den letzten beiden Wochen nicht online kommen.


    Silanus erhob sich ebenfalls. Nachdem er vermutlich den weitesten Anreiseweg hatte, wollte er noch die Gelegenheit nutzen eine Frage loszuwerden.


    "Können wir wieder zurück zu unseren Einheiten oder ist unsere Anwesenheit bis zur Bekanntgabe der Beurteilung noch erforderlich?"

    "Natürlich Praefectus! Vale!"


    Silanus salutierte vor dem Ranghöchsten Reichspräfekten und verließ ziemlich enttäuscht dessen Officium. Dieses Aufeinandertreffen hatte er sich ganz anders vorgestellt, als es letztendlich abgelaufen war. Vermutlich waren seine Hoffnungen auf einen Posten bei den Praetorianern damit hinfällig. Seufzend ging er Richtung Ausgang.

    Silanus räusperte sich bevor er seine Antwort gab.


    "Ich denke ein Centurio würde sich keine Begegnung mit dem Kaiser erwarten, dennoch wäre es vermutlich der Höhepunkt seiner Karriere nach besonderen Verdiensten direkt durch den Kaiser geehrt zu werden. Natürlich reicht es auch, den Kaiser überhaupt einmal zu Gesicht zu bekommen. Einen Soldaten der Legio I dürfte es diesbezüglich vielleicht besser gehen, aber ein Soldat bzw. Centurio in Aegyptus wird den Kaiser vermutlich sein Leben lang nicht zu Gesicht bekommen. Dennoch soll er aber für ihn in den Krieg ziehen. Ich halte es daher für durchaus Sinnvoll und Wichtig, wenn sich der Kaiser ab und zu auf Reise begibt und seinen Truppen einen Besuch abstattet."

    Silanus hörte seinem Vorredner aufmerksam zu und dachte kurz ein wenig verwundert über das gesagte nach. Gleichzeitig stellte er sich dir Frage, ob dieser Mitkandidat jemals beim Militär gedient hatte. Und was meinte er mit gemeinen Soldaten und Anführern? Sprach er von Feinden oder von den eigenen Leuten? Irritiert versuchte er ebenfalls etwas zu diesem Thema beizutragen.


    "Ähm… Also ich gehe vornweg davon aus, dass sich jeder bisherige Kaiser mit Sicherheit bewusst war, das seine Macht vor allem auf seine Legionen gestützt war. Von dem her wäre es für jeden Kaiser gut, sich dieser Tatsache zu besinnen und dem Heer dementsprechende Aufmerksamkeit zu schenken – und das nicht nur im Kriegsfall.


    Anders als mein Vorredner halte ich es jedoch aus der Sicht eines altgedienten Centurios nicht für wichtig, welche Erfahrungen und Vorkenntnisse der Kaiser im Bezug auf eine Schlacht mit sich bringt. Sollte er zuvor noch nie in die Schlacht gezogen sein, kann er das auch gar nicht. Im Gegenteil sollte er zwar ein grundsätzliches Wissen und Verständnis mit sich bringen, aber nicht unbedingt ein klassischer Heerführer sein. Wie wir alle wissen wird auch ein Legionskommando einem Senator anvertraut, der abgesehen von der im Cursus Honorum vorgeschrieben Zeit als Tribun, keine wirklichen militärischen Kenntnisse mit sich bringen muss, um diesen Posten zu erhalten. Auch ein solcher Legat muss sich bei seinem Kommando auf das Wissen und die Kenntnisse erfahrene Offiziere und Unteroffiziere stützen, die in Wirklichkeit das Herz einer Legion bilden.


    Ich selbst bin noch nie in Kampfhandlungen verwickelt gewesen, aber ihr könnt euch sicher sein, dass ich im Falle des Falles lieber neben einem altgedienten Centurio kämpfe, als neben einem senatorischen Tribun.


    Aber zurückkommend auf den Kaiser, sollte er im Kriegsfall bestimmt eine charistmatische Person sein, die weiß, wie man seine Legionen vor dem Kampf anheizt. Aber es gab wohl kaum einen Kaiser, der seinen Soldaten voran in die Schlacht geritten ist. Da sich das Reich auch nicht ständig im Kriegszustand befindet, wäre es wesentlich wichtiger, dass ein Kaiser auch in solchen Zeiten an sein Heer denkt und nicht nur dann, wenn er es braucht. Ich denke, dass vor allem altgediente Soldaten und Offiziere eine solche Einstellung mehr zu schätzen wissen, als einen guten Strategen im Kriegsfall als Kaiser zu haben."

    Silanus verstand den Einwand des Präfekten, was nicht bedeutet, dass ihn diese Antwort besonders glücklich machte.


    "Wie gesagt bin ich in Roma um das Examen Tertium an der Academia abzulegen und wollte mich lediglich Erkundigen, wie die Chancen für so eine Versetzung stehen. An dem Empfehlungsschreiben soll es nicht liegen. Sollte derzeit ein Tribunenposten frei sein, so würde ich ohnehin bei meiner Rückkehr nach Aegyptus zuerst mit meinem Präfekten sprechen und den offiziellen Weg einhalten."


    Er überlegte kurz, sammelte seine Gedanken und entschied sich dann, seine Gedanken frei zu äußern. Natürlich könnte der Schuss auch nach hinten losgehen und der Präfekt jemand sein, der keinen Wert auf offene Meinungsäußerungen legte. Doch dann würde dieser Punkt spätestens bei einem möglichen Dienst unter seinem Kommando ein Problem für Silanus werden, da er sich nur selten ein Blatt vor den Mund nahm.


    "Ob du mich nun gut kennen musst oder nicht lasse ich einmal dahingestellt. Ich hoffe, dass nicht jeder deiner Prätorianer ein Klient oder ein guter Bekannter von dir ist. Die Zeiten wo man ein Amt oder einen Posten auf Grund seines Stammbaums bzw. seiner Ahnen bekommen hat, halte ich für überholt. Ich hoffe daher, dass es auch bei mir kein all zu großes Problem darstellt, dass sich bisher nur wenige aus meiner Gens in besonderem Ausmaße hervorgetan haben."


    Er überlegte noch einmal kurz und versuchte dann eine Alternative vorzuschlagen, sofern dem Präfekten auch kein Empfehlungsschreiben seines derzeitigen Kommandanten überzeugen konnte.


    "Vielleicht wäre es für dich ja eine Alternative mich vor einer möglichen Beförderung zum Tribun, zuerst in einem niederen Stabsrang aufzunehmen, um mich so nach einiger Zeit besser beurteilen zu können. Ein Rang der mich nicht direkt in die Nähe des Kaisers bringt. Auf Grund meiner Ausbildung und meiner Erfahrung könnte ich mir auch Vorstellen für die Verwaltung und Versorgung einer Einheit zuständig zu sein."

    Silanus respektierte die Ehrlichkeit des Präfekten, auch wenn es Unbehagen in ihn auslöste und er fast schon daran dachte, die ganze Sache schnell wieder zu vergessen, dem Präfekten für seine Zeit zu danken und zu gehen. Dennoch beantwortete er die Fragen des Prätorianers und wollte danach weitersehen, ob der Mann noch etwas zu sagen hatte.


    "Nun. Ich verbrachte meine Jugend auf Schulen und Universitäten in Athen und Alexandria. Meine Familie hatte eigentlich andere Absichten für mich und meine Zukunft, als der Dienst im Exercitus. Nach meiner Rückkehr nach Rom fand ich Anstellung bei Senator Decimus Livianus. Dazu sollte ich sagen, dass unsere beiden Gentes ihre Wurzeln in Tarroco haben und daher seit jeher sehr verbunden miteinander sind. Ich kenne die Gens Decima und ihre Familienangehörigen aus dem hispanischen Zweig der Familie bereits seit meiner Kindheit.


    Bevor Senator Livianus mit seiner Legio nach Parthia aufbrach ermöglichte er mir die Aufnahme in den Ordo Equester und verschaffte mir einen Posten als Tribun bei der Cohortes Vigiles. Bei der Vigiles führte ich wie es üblich ist Kommando über unterschiedliche Cohorten in verschiedenen Stadtbezirken Roms bis ich nach der Möglichkeit zu einem Wechsel in die Legio suchte. Nachdem ich als Privatsekretär des Senators bereits sehr viel Kontakt mit dem Militär und vor allem Verständnis für die Abläufe und Vorgänge in einer Legio gesammelt hatte, führte mich mein nächster Posten zur Legio XXII nach Aegyptus, bei der ich nun seit einiger Zeit unter dem Kommando von Praefectus Germanicus Corvus diene. Kampfhandlungen gab es in meinem Dienst im Exercitus bisher keine, was allerdings nicht bedeutet, das ich ungeübt im Umgang mit Waffen oder mit dem Kommando über Soldaten wäre.


    Was meine Verwandten betrifft, so hast du bis zu einem gewissen Grad Recht. Leider hat sich bisher keiner in meinem Familienzweig so hervorgetan wie etwa unserer Patron. Dennoch war meine Cousine Iunia Attica sehr lange Procurator a rationibus am Kaiserhof. Vielleicht ist sie dir ein Begriff. Eine weitere Verwandte, Iunia Urgulania, dient derzeit als Eutheniarchos in der alexandrinischen Verwaltung.


    Ein Empfehlungsschreiben kann ich dir leider nicht vorlegen, da wie du weißt, mein Patron nicht greifbar ist und auch sein Cousin, Senator Decimus Meridius, den ich ebenfalls zu meinen Freunden zähle, ebenso wie gesagt nicht in Rom verweilt.“