Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Mit einer Tabula in der einen und einigen Schriftrollen in der anderen Hand bewaffnet klopfte Silanus an der Türe des Praefectus. Eigentlich hätte er nun noch einmal kurz seine Rüstung zu Recht gerichtet, doch dafür benötigte er eine dritte Hand, die er nicht vorweisen konnte. Er ließ es also bei einem kurz nach unten schweifenden Blick, der nichts auffälliges bemerkte und wartete dann auf ein Zeichen aus dem Inneren des Officiums.

    Silanus freute sich sichtlich darüber, dass sich der Exegetes noch an ihn erinnern konnte, auch wenn das erste und bisher einzige Aufeinandertreffen bereits einige Zeit her war. Da der städtische Beamte auch gleich zum Punkt kam, hielt sich der junge Römer ebenfalls nicht lange mit Förmlichkeiten auf und sprach an weswegen er gekommen war.


    "Ich bin hier um für mich und für die mit mir hier in Alexandria lebenden Verwandten die Proxenie zu beantragen. Ich habe gehofft dies gleich für alle machen zu können, dass nicht jeder einzelne hier bei dir Erscheinen und deine Zeit in Anspruch nehmen muss."

    Silanus nickte dem Grammateos dankend zu und tat wie ihm geheißen. Einige Schritte und einen Raum weiter stand er schließlich vor einem weiteren Mann. Diesmal musste es sich um den Exegetes persönlich handeln. Der junge Iunier grüßte gleich beim eintreten in die Amtsstube.


    "Salve!"

    Bei ihrem letzten Satz sah sich Silanus im Bad um. Es war wirklich eine schöne und angenehme Stimmung, die den Raum erfüllte, fast romantisch könnte man sagen. Diese Tatsache brachte den jungen Mann jedoch gleich noch mehr ins Zweifeln. Den Sklaven war es egal was ihre Herrschaften trieben, doch was musste ein Familienmitglied denken, wenn es hier zufällig vorbeikommen und Silanus mit seinem jungen Mündel nackt und bei Kerzenschein vorfinden würde. Verunsichert bestätigte er Axillas Aussage mit einem Kopfnicken. Fast entschuldigend versuchte er ihr eine Erklärung zu geben.


    "Nun ich ziehe mich öfter um diese späte Zeit zurück und lasse mir von den Sklaven ein solches Bad vorbereiten. Es ist einfach wunderbar die Ruhe zu genießen, die um diese Zeit hier im Haus herrscht. Abgesehen davon das es für uns ohnehin viel zu groß ist und man immer ein Plätzchen finden um sich zurück zu ziehen, habe ich hier die Möglichkeit den Tag angenehm ausklingen und etwas Revue passieren zu lassen und die eine oder andere wichtige Entscheidung zu treffen oder mir Gedanken zu den verschiedensten Themen zu machen. Manchmal, so wie heute, entspanne ich auch nur einfach und versuche an gar nichts zu denken oder ich lasse mich von einem der Sklaven massieren."


    Bei seiner letzten Aussage sah er kurz auf dem steinernen Massagetisches, der unter einem kleinen Gewölbe am hinteren Ende des Raumes stand.

    "Gut. Dann werde ich mich nun wieder in mein Officium begeben und mich um einige Briefe kümmern, die ich diese Woche aus Rom erhalten und noch nicht beantwortet habe. Wir sehen uns spätestens beim Abendessen wieder denke ich. Wenn ich dir sonst irgendwo helfen kann, dann stehe ich dir gerne mit Rat und Tat zur Seite. Du weißt ja wo du mich findest."


    Silanus lächelte seine Verwandte freundlich an.

    Silanus nickte und hoffte das die Worte des Decurios bis an die Ohren der Götter drangen und sie seinem Patron in dieser schwierigen und ausweglos erscheinenden Lage beistanden. Doch auch wenn er noch am Leben war, so wollte sich der junge Römer nicht vorstellen, wie die Feinde mit ihm umgingen. Er versuchte rasch diese Gedanken beiseite zu wischen und kam wieder zurück auf das eigentliche Thema.


    "Gibt es sonst aus deiner Sicht noch etwas, dass in meinem Bericht an den Praefectus Erwähnung finden sollte?"

    Zitat

    Original von Nikolaos Kerykes
    Grammateos:


    Der Grammateos nickte kurz. Er schien an diesem Tag sehr wortkarg. So verwunderte es kaum, dass er die beinahe überflüssige Frage, ob er zum Exegetes wolle, in einem ausgesprochen gelangweilten und kurz angebundenen Tonfall an den Besucher richtete. Augenblicklich, ohne die Antwort abzuwarten, wandte sich der Schreiber wieder seiner Arbeit zu. Er schrieb gerade einen ganzen Stapel Briefe, die Mahnungen an Bürger enthielten, die gewisse Steuern noch nicht entrichtet hatten oder ihr Haus nicht vorschriftsmäßig in Stand hielten oder die andere Verpflichtungen vernachlässigten, die üblichen Geschäfte einer ordentlichen Amtststube, was aber der Besucher nicht sehen konnte, denn der Schreiber hielt die Papyri, die er beschrieb, misstrauisch mit der anderen Hand vor ihm verborgen.


    Dem jungen Tribun schien die nicht besonders freundliche und zuvorkommende Art seines Gegenübers kaum zu stören. Ganz im Gegenteil ließ er sich davon nicht beirren und kam gleich zur Sache.


    "Mein Name ist Lucius Iunius Silanus, Tribun der Legio XXII. Ich bin hier um für mich und für die mit mir hier in Alexandria lebenden Verwandten die Proxenie zu beantragen."

    Silanus nickte. Da er nur mit einer Tunika begleidet war, wollte er für diesen Rundgang eine standesgemäße Toga anlegen. Vielleicht hatte ja auch Axilla noch irgendetwas zu erledigen.


    "Dann treffen wir uns gleich beim Eingang. Ich mache mich nur noch schnell fertig und komme dann vor."

    Anders als er von Axilla den Eindruck hatte, war Silanus die ganze Situation etwas unangenehmer. Schließlich konnte sie nicht wissen, dass für ihn alles so schnell gegangen war und er noch dazu aufgrund seiner Schlaftrunkenheit ohnehin nicht wirklich realisiert hatte, das sie eben Nackt vor ihm gestanden hatte. Außer ihren weiblichen Konturen war ihm daher nichts in Erinnerung geblieben. Er selbst warf stattdessen lieber einen kurzen Blick auf die Wasseroberfläche um zu prüfen, ob das Wasser trüb genug war um Axilla selbst nicht all zu viel Ausblick auf gewisse Körperstellen zu gewähren. Zum Glück war dies der Fall und als er wieder aufgesehen hatte, war sie bereits bis zu den Schultern ins Wasser eingetaucht. Etwas gezwungen erwiderte er ihr Lächeln als sie näher an ihn heran kam. Es war nicht so, dass er sich für irgendetwas schämte, sondern die Vorstellung mit seinem erst sechzehnjährigen Mündel, mitten in der Nacht und bei Kerzenschein gemeinsam das Bad zu teilen löste etwas Unbehagen in ihm aus. Noch dazu wo er generell in Axillas Gegenwart meist etwas unbeholfen wirkte, da ihn die Tatsache, dass sie an der Schwelle des Frauwerdens stand leicht überforderte und ziemlich irritierte. Er wusste oft nicht, ob er sie eher noch als Kind oder als junge Frau ansehen sollte. Ihrem bereits voll entwickelten und hübschen Aussehen sowie ihrem Charakter nach war sie zweiteres, doch ihr Alter hielt ihm meist dabei eher etwas zurück.


    "Nein, Nein! Du hast mich nicht gestört. Ich wollte mich etwas entspannen und bin wohl eingeschlafen."

    Silanus konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er die Reaktion seines Mündels sah. Allem Anschein nach hatte sein Angebot Eindruck bei Axilla geschunden. Er selbst war nach seiner Ernennung zum Eques am Boden geblieben, sah jedoch durchaus die Vorteile die diese Stellung und sein Rang mit sich brachten.


    "Ja. Als Stabsoffizier des Statthalters sollte es keine Probleme geben, wenn wir auch einen Abstecher in den Statthalterpalast machen. Noch dazu steht die Regia generell allen Bewohnern des Königsviertels offen. Schließlich wohnen innerhalb der Mauern nur angesehene und hochrangige Bürger Alexandrias. Also wenn du möchtest?"

    Auch wenn es sich Silanus nicht anmerken wollte, zeichnete sich ein wenig Enttäuschung auf seinem Gesicht ab, hatte er doch einen kurzen Moment lang damit gerechnet, einen Soldaten vor sich zu haben, der den Krieg in Parthia vielleicht selbst gesehen bzw. miterlebt hatte und die eine oder andere Episode davon erzählen konnte. Er selbst war schließlich bisher weder bei der Vigiles in Rom, noch seit seiner kurzen Anwesenheit hier in Alexandria in Kampfhandlungen verwickelt gewesen und brannte, wie viele andere junge Offiziere in seinem Alter, an manchen Tagen richtig darauf sich endlich beweisen zu können.


    "Ich verstehe. Tiberius Vitamalacus sagst du? Das ist doch der Legat, der nach dem Verschwinden meines Patronus Decimus Livianus die Legio I im Parthiafeldzug übernommen hat. Du bist mit ihm verwandt? Hast du in letzter Zeit vielleicht Nachricht von ihm erhalten, ob man bereits etwas über den Verbleib Senator Livianus herausgefunden hat?"

    Silanus war bereits einige Zeit zuvor auf Grund der Ruhe und angenehmen Atmosphäre im Bad weggedöst und bekam daher nicht einmal mit, dass sich mittlerweile ein weiterer Nachtschwärmer auf der Suche nach Entspannung in das Balneum dazu gesellt hatte. Erst jetzt wurde erst durch die leisen Geräusche geweckt, die von außerhalb des Beckens kamen. Im ersten, noch schlaftrunkenen Moment nahm er die zweite Person im Bad gar nicht wahr und schloss erneut seine schweren Augenlieder.


    Erst als es erneut etwas lauter Plätscherte als Axilla ins Wasser stieg, erregten diese Geräusche seine Aufmerksamkeit und er öffnete langsam die Augen. Nach und nach nahm er eine zuerst nur schemenhafte Gestallt war, die zu ihn ins Bad steig. Langsam setzte er sich auf und versuchte durch einen konzentrierten Blick ins Halbdunkel zu erkennen, wer der zweite Badegast war, der sich nun zu ihn gesellt hatte. Vielleicht ein Sklave der nicht mehr damit gerechnet hatte, dass sich noch jemand der Herrschaften im Balneum befand und die nächtliche Gelegenheit verbotener Weise nutzen wollte, das noch warme Badewasser zu verwenden. Als die zweite Person schließlich näher gekommen und ins Wasser eingetaucht war konnte er anfangs eine weibliche Gestallt und gleich darauf das dazugehörende Gesicht erkennen.


    "Axilla?"

    "Nun, ich weiß nicht was du bereits von Alexandria gesehen hast, aber ich denke wir könnten mit einem Spaziergang durch das Königsviertel beginnen. Es gibt hier einige wundervolle Plätze und Bauwerke zu entdecken und wir können bestimmt auch einen kurzen Abstecher in den Statthalterpalast machen."


    Silanus lächelte sein Mündel erwartungsvoll an. Seine herausgehobene Stellung als Offizier bei der Legio des Statthalters erlaubte ihn, sich ohneweiters auch in die Regia Praefecti zu begeben, was nicht für jeden Bürger – ob römisch oder alexandrinisch – so selbstverständlich war. Für ein sechzehnjähriges junges Fräulein aus Hispania war dieser Besuch im Statthalterpalast bestimmt eine Besonderheit, die ihr lange in Erinnerung bleiben konnte.

    Interessiert folgte Silanus den Ausführungen seiner Verwandten. Das waren wirklich interessante Informationen die ihm bestimmt weiterhalfen. Er würde bei nächster Gelegenheit den städtischen Beamten ansuchen und sich genauer erkundigen.


    "Ah! Sehr gut! Ich danke dir Urgulania. Ich hoffe gleich für alle Familienmitglieder die in Alexandria leben die Proxenie beantragen zu können. Dann werde ich den Exegetes gleich morgen aufsuchen."

    Silanus hatte sich für diesen dienstfreien Tag vorgenommen der Agora einen Besuch abzustatten und sich betreffend der Proxenie zu erkundigen. Sein erster Weg führte ihm dabei zum Officium des Exegetes, dass er erst nach einigem herumfragen und suchen fand. Es war sein erster Besuch hier und vor allem in Amtsräumen eines alexandrinischen Magistraten, daher sah er sich neugierig und gespannt um, bevor er schließlich an der Türe klopfte.