Beiträge von Lucius Iunius Silanus

    Silanus lächelte.


    "Gut. Dann werde ich dort diesbezüglich nachfragen. Und dann habe ich noch eine Frage die sich in letzter Zeit ergeben hat. Leider habe ich bisher keine Zeit gefunden bei anderen Stellen nachzufragen, aber vielleicht kannst du mir dabei helfen. Es geht um die Verleihung der Proxenie. Ich habe gehört, dass jeder Römer der in Alexandria wohnt damit auch gleichzeitig die Proxenie erhält. Ist dem so?"

    "Hmm. Das muss vor meiner Zeit hier in Alexandria passiert sein..... Es ist bestimmt vor meiner Zeit in Alexandria passiert sonst hätte ich auf jeden Fall etwas davon gehört. Vielleicht finde ich etwas in den alten Akten darüber."


    Silanus nahm dies einmal vorerst zur Kenntnis. Kriminalfälle hatten schon immer sein Interesse geweckt und zu diesem Fall würde er bestimmt alle Informationen in den Akten der Legio finden, wenn sie in die Untersuchungen eingebunden war. Das Thema Museion brachte ihn auch auf eine weitere Frage.


    "Sag Urgulania. Du wirst mir das bestimmt beantworten können. Ist es möglich im Museion den Cursus Iuris abzulegen?"

    Silanus staunte von Mal zu Mal über Urgulania und ihre Erzählungen. Nun war sie anscheinend nicht nur in eine Entführung verwickelt gewesen sondern hatte auch in ihrer unmittelbaren Umgebung einen Mord mitbekommen. Mit einem leicht entsetzten Gesichtsausdruck sah der junge Mann sie an.


    "Ein Mord?"

    Auf Silanus Tagesplanung stand heute die Überprüfung der Wachposten im Königsviertel. Da die Bewachung dieses Viertels samt den darin befindlichen Statthalterpalast der Legion zufiel, war es auch von Nöten dort hin und wieder nach dem Rechten zu sehen, um die Sicherheit der Bewohner und des Präfekten zu hundert Prozent gewährleisten zu können. Schließlich konnte es fatale Folgen nach sich ziehen, wenn die Wachsoldaten mit der Zeit nachlässig wurden und ihre Pflichten missachteten. Dem konnte man am besten mit einem Wachsamen Offizier entgegenwirken, der von Zeit zu Zeit unangekündigte Kontrollen vornahm.


    Für Silanus war der Weg nach Basilea kein besonderer Umweg, da er selbst ein Haus dort besaß. Auch die Wachen am Haupttor kannten ihn mittlerweile und konnten dies bestimmt als Vorteil nutzen, als sie ihn an diesem Tag heran reiten sahen. Anders als sonst hielt er jedoch diesmal an, steig von seinem Pferd ab und ging auf die Wachposten zu.


    "Salve Soldaten!"

    Silanus hatte in diesem Moment das Gefühl, dass er sich etwas mehr Zeit für sein Mündel nehmen sollte. Er wandte sich kurz um und ließ seinen Blick über den Schreibtisch schweifen. Eigentlich war bei den Unterlagen nichts dringendes dabei gewesen, dass sofort seiner Aufmerksamkeit oder irgendeines Handelns bedurfte. Kurzerhand beschloss er die Arbeit liegen zu lassen und sich mit Axilla zu beschäftigen. Sanftmütig lächelte er sie an und war auf ihre Reaktion gespannt.


    "Wenn du möchtest könnten wir einen kleinen Spaziergang unternehmen."

    Silanus fing dieses Gespräch immer mehr und mehr zu gefallen an und schon nach dem nächsten Satz Urgulanias hatte er ihre eher zurückweisende Haltung zum vorherigen Thema vergessen und stürzte sich in ein neues. Leicht verwundert sah er seine Verwandte an, als er weitere interessante Begebenheiten erfuhr.


    "Nun, dass ist ja doch schon eine ziemlich schöne Zeit. Und du hast im Museion gearbeitet? Kling interessant! Was genau waren dort diene Aufgaben?"

    Der junge Hausherr hatte wieder einige Tage Dienstfrei und verbrachte sie wie meist in seinem Haus in Alexandria. Er genoss es, hier eine Rückzugsmöglichkeit von alle dem Trubel im Legionslager zu haben und freute sich jedes Mal aufs Neue auf die Ruhe und Entspannung, die er in seinem Heim genießen konnte. Anders als im Castellum drang hier kein Lärm vom Exerzierplatz oder von den Lagerstraßen an sein Ohr. Auch am heutigen Abend ließ er es sich wieder ausgesprochen gut gehen, und ging nach dem Abendmahl ins Balneum, um sich dort von einem der Haussklaven massieren zu lassen und im Anschluss ein entspannendes Bad zu nehmen. Silanus nutzte recht oft die Gelegenheit des steinernen Massagetisches, der unter einem kleinen Gewölbe am hinteren Ende des Raumes stand. Ein kräftiger Haussklave, der auch einen wunderbaren Masseur abgab verrichtete dabei seine wohltuenden Dienste und knetete die angespannten Muskeln seines Herrn eine gute Stunde durch. Danach blieb der Iunier meist noch einige Zeit am Tisch liegen um sich wieder etwas zu sammeln und schickte den Sklaven in der Zwischenzeit wieder weg.


    So geschah es auch am heutigen Abend. Als Silanus Kreislauf wieder besser in Schwung war erhob er sich langsam vom Massagetisch und wechselte zum bereits bis zum Rand gefühlten Badebecken, das bereits die ganze Zeit seinen wohltuenden Duft im Raum verteilt hatte. Langsam stieg er die Stufen hinunter und glitt in das entspannende Nass. Er wollte heute nicht gewaschen werden und war daher der einzige im Raum. Diese seltene Ruhe gönnte sich Silanus ab und zu und wollte dabei nicht einmal einen Sklaven um sich haben. Auch das Licht hatte er nur auf wenige Kerzen zurückdämmen lassen, so das im Raum eine angenehme Stimmung herrschte. Schließlich ließ er sich auf einer der am Beckenrand eingefassten Steinbänke nieder und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück.

    Erst jetzt, als Axilla die bereits verstrichene Zeit angesprochen hatte, viel Silanus auf, dass er ihr während des Gesprächs nicht einmal einen Platz angeboten hatte und die beiden immer noch vor seinem Schreibtisch standen. Er war derart in die nette und erfrischende Konversation vertieft gewesen, dass er vollkommen auf seine gute Erziehung vergessen hatte. Mit einem leicht entrüsteten und entschuldigenden Gesichtsausdruck sah er sein Mündel an.


    "Ohh! Verzeih Axilla! Ich habe dir nicht einmal einen Stuhl angeboten und du musst dich hier mit mir die ganze Zeit im Stehen unterhalten. Viel zu Helfen gibt es im Moment eigentlich nicht. Ich habe lediglich ein paar Briefe und Berichte durchgesehen. Aber sollte ich das nächste Mal etwas haben, werde ich dich sofort rufen lassen."

    Silanus sah den Decurio mit leichter Verwunderung an, als dieser von den besonderen Fähigkeiten seiner Einheit berichtete.


    "Bogenschießen vom Pferd aus?! Eine wirklich ungewöhnliche Fähigkeit für eine römische Reitereinheit. Ich habe bereits gehört das es einige Völker im Osten gibt, die sich dieser Art der Kriegsführung bedienen – aber die Legionsreiterei? Ich muss gestehen, dass mich diese Idee durchaus begeistert und ich ihr etwas abgewinnen kann. Es ist bestimmt ein wertvoller Vorteil einem Gegner mit einer derartigen Fähigkeit im Kampf überraschen zu können. Mein Kompliment Decurio.


    Hatte die Legionsreiterei in letzter Zeit irgendwelche erwähnenswerten Aufträge oder Aufgaben, die sie erfüllen musste oder derzeit noch muss?"

    Diese Aussage war nicht besonders aufschlussreich und warf nur noch mehr Fragen bei Silanus auf. Warum wollte Urgulania nichts dazu sagen sondern gab sich so verschwiegen und vor allem – welche Geschäfte konnten eine römische Frau mit einer Karawane durch Aegyptus führen? Es war wohl besser dieses Thema vorerst auf sich beruhen zu lassen und vielleicht ein anderes Mal noch einmal zur Sprache zu bringen. Viel würde er heute ohnehin nicht mehr erfahren. Silanus wechselte daher das Thema.


    "Seit wann hältst du dich eigentlich bereits in Aegyptus auf?"

    "Ich werde mir deinen Wunsch durch den Kopf gehen lassen. Langweilig wird es dir bei uns hier bestimmt nicht werden. Ich bin mir sicher Urgulania könnte auch ein wenig Unterstützung bei der Führung des Haushaltes brauchen und hin und wieder werden sich auch einige Schreibarbeiten finden, bei denen du mir helfen kannst."


    Silanus lächelte Axilla liebevoll an. Ihr Tatendrang kannte allem Anschein nach keine Grenzen und sie würde ihn bestimmt nicht all zu viel Zeit lassen und bestimmt bald auf eine Antwort drängen. Bei ihrem letzten Satz brach auch er in herzhaftes Lachen aus.


    "Ernsthaftigkeit ist bestimmt eine Tugend, die ein Soldat mitbringen sollte. Allerdings kann ich dir versichern, dass es nicht immer so Ernsthaft unter Kameraden zugeht, wie du es dir vielleicht vorstellst. Auch der Spaß kommt oft nicht zu kurz. Ich bin auch selbst jemand der sehr gerne Lacht wie du vielleicht schon bemerkt hast."

    Silanus überlegte kurz, ob er noch etwas zum Thema Religion sagen sollte. Der letzte Satz von Axilla spiegelte eigentlich auch seine Meinung wider und es ging ihr anscheinend recht ähnlich. Doch er wollte sich da nicht all zu weit aus dem Fenster lehnen. Hätte er darauf etwas erwidert, hätte sie vermutlich das Gespräch in diese Richtung fortgesetzt. Das Thema Legion und Castellum kam daher sehr gelegen und brachte die erhoffte Wende in ihrer Konversation.


    "Nun ja. Wie es halt so in einem Castellum einer römischen Legion ist. Es leben dort sehr viele Soldaten, es ist alles sehr streng und strukturiert und man hat sehr viel zu tun. Also kein geeigneter Platz für eine junge Dame wie dich."


    Beim letzten Satz grinste er erneut und zwinkerte Axilla zu. Es fehlte ihm gerade noch, dass sie vielleicht nun fragte, ob sie ihn einmal begleiten durfte, um sich das Castellum anzusehen. Grundsätzlich war dies nicht ein all zu großes Problem, da Silanus wie alle anderen Stabsoffiziere ein ziemlich großes und auch geräumiges Haus im Castellum hatte und bei einigen seiner Offizierskollegen sogar deren Familien im Castellum wohnten, doch Axilla wollte er nicht unbedingt zwischen all den größtenteils ungehobelten Soldaten sehen. Das war kein passender Platz für eine junge und vor allem so hübsche Dame aus seiner Familie.

    Silanus hörte mit großer Freude, dass es der Tochter seines verstorbenen Cousins hier gefiel. Da sie eigentlich sonst nichts mehr hatte wo sie hin konnte und mittlerweile sowohl die Häuser in Roma als auch in Tarraco verwaist waren, war es ihm sehr wichtig, dass sie nach Alexandria gekommen war. Hier sollte sie sich möglichst geborgen und sicher fühlen und dieses Haus früher oder später auch als ihr neues Zuhause betrachten. Das sie einen wundervollen Ausblick aufs Meer hatte, war dabei bestimmt hilfreich.


    Als Axilla die Köchin ansprach musste er erneut schmunzeln. Ihm ging es da nicht wirklich anders. Jedes Mal wenn er zu Besuch war tischte sie auf als ob er im Castellum nichts zu Essen bekam und er dachte sich jedes Mal das gleiche wie nun Axilla. Bei ihren Worten kam er nicht drum herum sie erneut zu mustern. Sie war wirklich ein bezauberndes junges Fräulein, das fast makellos auf ihn wirkte. Welch Glück für sie, dass sie eine solch wunderschöne Mutter gehabt hatte. Von ihrem Vater hatte sie ihr hübsches Aussehen jedenfalls nicht – zumindest Silanus Meinung nach.


    "Keine Sorge. Du siehst bezaubernd aus. Ich denke nicht das die Köchin das anders sieht. Sie möchte einfach das es dir gut geht und du dich wohl fühlst. Und ich möchte das genauso."


    Das Thema Religion ließ in ihm ein etwas mulmiges Gefühl aufkommen. Seit er in Alexandria war hatte er vermutlich kein einziges Mal etwas Zeit beim Hausaltar verbracht. Als Axillas Vormund sollte er vermutlich versuchen auch in dieser Hinsicht mehr Vorbild zu sein. Daher nickte er verständnisvoll und hoffte, dass sich das Thema rasch wieder änderte.


    "Gut! Gut! Ähm.... ja..."

    Zumindest war Axilla zuversichtlich, dass Silanus etwas passendes finden würde, dass auch seinen Vorstellungen entsprach. Ihm kamen dabei lediglich wieder alte schmierige Geschäftsmänner in den Sinn, doch verbarg er diese Gedanken gekonnt hinter seinem Lächeln. Gleich darauf ließ er sie wieder los und trat einen Schritt zurück, um erneut etwas Abstand zwischen die beiden zu bringen. Nun hatten sie bereits zwei wichtige Dinge geklärt. Was er jedoch noch nicht gehört hatte war, wie sich Axilla hier bisher eingelebt hatte und ob sie mit ihrem Zimmer zufrieden war. Vielleicht gab es ja auch etwas anderes, das er noch für sie tun konnte. Ihre erfrischende und fröhliche Art hatte bei jedenfalls Eindruck geschunden und auch wenn er sich nie selbst eingestanden hätte, hatte sie ihn schon jetzt in ihren Bann gezogen und er konnte ihr vermutlich keinen Wunsch abschlagen.


    "Hast du dich schon etwas einleben können? Wie gefällt es dir bisher hier in meinem Haus?"

    Als sich Axilla in ihrer Euphorie und vollkommen unerwartet um seinen Hals warf, hatte Silanus kurz mühe das Gleichgewicht zu halten. Doch zum Glück hatte sein Dienst beim Exercitus einen strammen und auch kräftigen jungen Mann aus ihm gemacht und so konnte er das Schlimmste verhindern. Er legte seine Arme um sie und sah sie verzückt an.


    "Schon gut! Schon gut! Das war ja noch kein Ja. Ich werde einmal schauen was ich machen kann und dann reden wir weiter. Und das ich im Fall der Fälle keine Klagen von dir hören werde, dass ist ohnehin Grundvorrausetzung dafür."


    Er musste wieder herzlich lachen. Man konnte ja tatsächlich schon glauben, dass er ihr Vormund war, so wie er gerade gesprochen hatte. Es erinnerte ihn an Gespräche mit seinem Vater, als er selbst noch in Axillas Alter war.

    Silanus seufzte und begann dann zu überlegen. Scriba wollte sie also werden. Begeistern konnte ihn diese Idee nicht wirklich, da er sein soeben hinzugewonnenes Mündel nicht unbedingt bei irgendeinem alten Eques sitzen sehen wollten, der vermutlich mehr Augen für ihre jugendliche Schönheit hatte, anstatt für ihre Arbeit. Doch welche Alternativen vielen ihm auf die Schnelle ein?


    Schließlich schoss ihm eine Idee durch den Kopf. Vielleicht hatte die Frau des Praefectus eine Verwendung für Axilla. In ihrer Position gab es bestimmt genügend Verpflichtungen wo sie auf etwas Hilfe angewiesen war. Ein junges und gebildetes Mädchen an ihrer Seite zu wissen, konnte durchaus ein Vorteil sein. Und für Axilla war dies eine wunderbare Gelegenheit erste Schritte ins gesellschaftliche Leben Alexandrias zu machen. Er konnte dies bei nächster Gelegenheit abklären.


    "Also gut. Ich werde mir etwas einfallen lassen und mich umhören."

    "Ich arbeite daran mir meine fröhliche Art auch mit dem älter werden zu behalten. Das ist zwar nicht immer einfach als Tribun bei der Legion, aber bisher hat es recht gut geklappt."


    Sein Lächeln wurde zu einem breiteren Grinsen. Allem Anschein nach war es für sie ebenso ungewöhnlich plötzlich einen so jungen Vormund zu haben, wie für ihn in seinem alter bereits für ein Mündel verantwortlich zu sein. Als sie eine Beschäftigung ansprach sah er sie etwas verwundert an.


    "Eine Beschäftigung? Nun was hast du dir denn vorgestellt? Mädchen in deinem Alter sind in den meisten Fällen zu Hause und helfen maximal etwas im Haushalt oder beschäftigen sich mit Handarbeiten. Und unserer Familie geht es ja nicht wirklich so schlecht, dass wir dich arbeiten schicken müssten."