Beiträge von Aelia Paulina

    Dann sagte sie kurzentschlossen: “Schreib...“, um sich gleich darauf eines besseren zu besinnen: “...ach nein, wie dumm von mir! Hohl mir einen Schreiber und halte dich bereit. Der Brief soll dan gleich zur Post.“



    Der Schreiber kam. Es war derselbe wie beim letzten mal und man brauchte ihm nur ins Gesicht zu sehen, um zu erkennen, dass er sich in der Höhle des Löwen wähnte. Beim letzten Diktat hatte Paulina ihn barsch angefahren. Die aber sah ihm nicht ins Gesicht und nahm auch sonst keine weitere Notiz von ihm, sondern begann einfach ihren Brief zu diktieren:


    An
    Marcus Vinicius Lucianus
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania Superior


    Salve Marcus Vinicius, liebster Verlobter!


    Wie schön ist es Deine Zeilen zu lesen. Ich verzeihe Dir.


    Natürlich werde ich so schnell ich kann zu Dir eilen, aber Du wirst verstehen, dass ich zuvor noch vieles erledigen muss. Man kann eine solch weite Reise schließlich nicht ohne passende Reisegarderobe antreten und für die kalten Tage des Nordens brauche ich auch noch wärmende Mäntel. Das verstehst Du bestimmt.


    Sobald das erledigt ist breche ich auf. Ich verspreche, es wird nicht lange dauern.


    Deine Aelia Paulina


    ROMA - ANTE DIEM XVII KAL AUG DCCCLVII A.U.C.
    (16.7.2007/104 n.Chr.)


    “Das zur Post und zwar schnell.“, sagte sie, nachdem sie das Schreiben unterzeichnet hatte.

    Paulina nahm den Brief und las.


    “Aha, dass wurde aber auch mal Zeit!“, murmelte sie, als sie den Namen des Absenders entziffert hatte.


    Sie las weiter und kommentierte leise zischend den Inhalt des Briefes: “Verzeih, dass es so lange gedauert hat... Verzeih, dass es so lange gedauert hat... Du hast also eine Menge zu tun, wie? Na, ich kann mir schon vorstellen was du zu tun hast mein Lieber!“


    ...und weiter: “Schlaflose Nächte... ja, ich habe auch schlaflose Nächte aus lauter Sorge um meine Zukunft... aber das ist dem Herrn gleichgültig und jetzt soll ich kommen, am besten sofort.“


    Sie ließ den Brief sinken und dachte einen Moment lang nach...

    Paulina hatte einen Scriba ihres Cousins zu sich rufen lassen. Er sollte für sie einen Brief aufsetzen. Seit ihr Cousin mit dem Kaiser in den Osten aufgebrochen war, hatte der Mann sowieso kaum noch etwas zu tun und faulenzte den ganzen Tag herum, wie ihr schon aufgefallen war.
    Also trieb sie ihn gebührend an und diktierte schnell. Immer wenn er sich beklagte, oder wissen wollte, ob sie eine Formulierung tatsächlich wortwörtlich so im Brief haben wollte, wies sie ihn angemessen zurecht.


    “Natürlich will ich das. Würde ich das sonst so sagen? Natürlich würde ich es nicht!“, sagte sie dann. Allem Anschein nach meinte er wohl, dass man mit einem Statthalter und Senator nicht in dieser Art umspringen könne. Aber was wusste ein Sklave schon davon? Gerade mit diesen Männern musste man sehr direkt reden. Paulina wusste das genau.


    “Bist du jetzt endlich fertig? Wie kann man sich nur ungestraft einen Schreiber nennen, wenn man so langsam schreibt? Unfähigkeit nenne ich das! Du hast dir diesen Posten nur erschlichen, nicht wahr?“


    An
    Marcus Vinicius Lucianus
    Regia Legati Augusti pro Praetore
    Mogontiacum, Germania Superior


    Salve Marcus Vinicius!


    Ich hoffe Dir geht es gut.
    Bestimmt hast Du sehr viel zu tun. So eine Provinz macht viel Arbeit und Du bist der wichtigste Mann dort, dass sehe ich ein. Aber was weiß eine ahnungslose Frau schon von diesen Dingen.
    Einen Brief hätte ich allerdings schon erwartet. Sollten Dich deine Amtsgeschäfte so sehr in Beschlag genommen haben, dass Du mich ganz vergessen hast? Ich bin Deine Verlobte, vielleicht erinnerst Du dich.
    Oder haben Dich andere Dinge abgelenkt? Wie ist denn Germanien so? Ich habe gehört, die germanischen Mädchen sind allesamt blond, groß und üppig. Stimmt das?
    Rom ist seit einiger Zeit eine einzige Enttäuschung. Der Kaiser ist abgereist, weil er mit irgendwelchen Barbaren Krieg führen will. Seit dem ist es im Palast todlangweilig. Mir ist vollkommen schleierhaft, weshalb sich der Kaiser dafür selbst bemühen muss, wozu hat er schließlich seine Generäle? Aber er ist der Kaiser und wird schon am besten wissen, was gut für uns alle ist. Vollkommen lächerlich ist jedoch, dass auch mein Cousin Aelius Quarto meint, unbedingt mit ihm gehen zu müssen. Als ob er das bei seiner Stellung und in seinem Alter noch nötig hätte.
    Außerdem sind vor einiger Zeit sein Adoptivsohn und dessen Tochter hier eingezogen. Gebürtige Claudier, die sich natürlich wie alle Patrizier für etwas Besseres halten. Dabei wissen sie überhaupt nicht was sich gehört und sie nehmen die Sklaven über Gebühr in Beschlag. Es ist eine Zumutung. Manchmal lässt man mich sogar warten und zwar länger als akzeptabel ist.
    Wie heißt die Stadt noch gleich, in der Du residieren musst? Mogontiacum? Ich weiß sehr wohl, dass ich mir über diesen Ort keine Illusionen machen darf. Es ist bestimmt ein kümmerliches, rückständiges und schmutziges Dorf. Aber besser die Frau des Statthalters in so einem Provinznest, als eine alleinstehende, wehrlose Frau hier in Rom.
    Wann holst Du mich endlich zu Dir? Wann heiraten wir endlich? Du musst mich dringend erlösen.


    Deine Aelia Paulina


    ROMA - ANTE DIEM VI ID IUL DCCCLVII A.U.C. (10.7.2007/104 n.Chr.)


    Endlich war der störrische Kerl fertig.
    Paulina unterzeichnete den Brief und ließ nach Nakhti schicken, der ihn zur Post bringen sollte.

    Wer sie ein wenig kannte, der hätte sie wohl an jedem Ort des Hauses vermutet, doch nicht ausgerechnet hier. Denn als besonders gläubig war sie bislang noch niemandem aufgefallen. Aber an diesem Tag kauerte Paulina wider alller Erwartung vor dem Lararium und murmelte leise ein Bittegebet an die Götter:
    [SIZE=7]“Oh, lasst mich nicht mehr lange warten, lasst den Tag meiner Hochzeit nah sein. Gebt mir alle irdischen Herrlichkeiten nach denen ich mich sehne und die mir zustehen…“[/SIZE]

    Sie musste nicht lange überlegen.
    “Ja, ich kenne den Senator. Ich war vor einiger Zeit zusammen mit Lucius und Adria bei einer Feier in seinem Haus. Ich glaube da war auch ein Sohn. Prudentius Balbus? Ja, vielleicht war das sein Name. Aber ich weiß es nicht mehr so genau. Einen größeren Eindruck hat der nicht bei mir hinterlassen.“
    Ihr Interesse hatte an diesem Abend allerdings auch anderen Männern gegolten, nämlich ihrem zukünftigen Ehegatten und dessen Bruder, einem äußerst stattlichen Mann.

    Sie lächelte leicht amüsiert. Ihre junge Verwandte hatte bisher wirklich noch nicht viel erlebt. Der Titel Princeps Praetorii sagte ihr selbst nun aber wieder nichts. Sie hatte sich noch nie sonderlich für Amtsbezeichnungen oder militärische Ränge interessiert und sich die vielen Bezeichnungen auch kaum merken können. Für sie maß sich der Wert eines Mannes in anderen Dingen, die sie als handfester erachtete – Geld vor allem, öffentliches Ansehen und Einfluss.


    “Sehr seltsam. Dieser unverschämte Mensch muss sich besonders sicher fühlen. Lucius ist hier im Kaiserpalast schließlich ein wichtiger Mann. Vielleicht ist er ein enger Vertrauter?“


    Einer, den sie bislang noch nicht kennen gelernt hatte, was sie ein wenig beunruhigte.

    “Höflich und wohlerzogen? Man sollte annehmen das dies für Männer von Stand und Herkunft selbstverständlich wäre. Aber leider ist das nicht immer so. Von Leuten, deren Großeltern noch nicht einmal richtige Römer waren, erwartet man gar nicht erst viel, aber selbst Angehörige der Nobilität wissen sich bisweilen nicht zu benehmen, dass ist schon richtig.“

    “Das stimmt. Rom ist herrlich! Es gibt wundervolle Bäder, auf den Märkten findet man Waren aus allen Ländern der Welt und ständig werden prachtvolle Feste gegeben, bei denen man wohlhabende und bedeutende Männer kennen lernen kann, und das Beste daran ist: Einige von ihnen sind ledig.“
    Sie zwinkerte der jungen Frau viel sagend zu.

    Aelia Paulina stand bei ihrem Cousin und hatte den salbungsvollen Reden geduldig zugehört. Ihr erstes Interesse hatte dem Kaiser gegolten, den sie zuvor noch niemals leibhaftig gesehen hatte. Nachdem die erste Neugierde auf den mächtigsten Mann der Welt jedoch verflogen war hatte der Rest sie mehr oder weniger gelangweilt. Allerdings war sie natürlich bemüht, sich das nicht anmerken zu lassen.

    Sie musterte die Andere mit hochgezogenen Augenbrauen.
    “Aelia Vespa, aha. Ich habe schon von dir gehört, du bist die Tochter von Quartos Bruder Validus. Ich bin Aelia Paulina, Quartos Cousine und die Tochter von Publius Aelius Hadrianus Afer.
    Dein Zimmer ist wohl eine Tür weiter. Aber du darfst mir gerne Gesellschaft leisten.“


    Sie wandte sich wieder ihrer Sklavin zu: “Was ist? Warum machst du nicht weiter?“
    Die so angesprochene tat wie ihr geheißen.

    Unerwartet? Für sie kam dieses Verlöbnis ganz und gar nicht unerwartet, denn schließlich war sie genau mit diesem Ziel vor Augen nach Rom gekommen.
    Dennoch lächelte sie natürlich angemessen lieblich und bescheiden.


    “Ich danke dir.“


    Sie nahm das Geschenk entgegen, schätzte mit geübtem Blick den Wert und war zufrieden.

    “Ich freue mich sehr und hoffe, dass wir nun auch bald Hochzeit feiern können.“




    Sim-Off:

    Danke :)