Beiträge von Aelia Paulina

    Auf der Straße von Borbetomagnus näherte sich langsam ein Reisewagen dem südlichen Stadttor von Mogontiacum. Ein Mann, seiner Aufmachung nach zu urteilen vermutlich ein Sklave, ging zu Fuß nebenher und führte eines der Zugpferde am Zügel. An dem zog er kräftig, als der Reisewagen das Tor erreichte und machte dabei ein zischendes Geräusch. “Schschsssssch. Halt an meine Guten.“


    Der Wagen kam zum Stillstand.


    Der Mann sah zu den Torwachen und rief: “Heda, salve! Wir wollen hinein und zur Regia, wenn es recht ist.“

    Am nächsten Tag ging es los. Ganz so früh war es aber, anders als ursprünglich geplant, schon nicht mehr, als Paulina ihre Morgentoilette endlich beendet und ihre Reisekleidung angelegt hatte und fertig für die Abreise war.
    Noch einmal sah sie sich in ihrem Gemach um, dass sie nun zu verlassen in Begriff war. Leise seufzte sie und ging.


    Eine Sänfte würde sie vor die Stadt bringen. Dort wartete gewiss schon der Reisewagen, in dem sie den weiten Weg nach Germanien antreten sollte.

    Paulina hatte ihre Abreise aus Rom lange hinausgezögert. Sie hatte vorgegeben, zunächst diverse Einkäufe machen zu müssen. Aber das war eigentlich nicht der wirkliche Grund. Es war eher so, dass sie die Stadt eigentlich gar nicht verlassen wollte. Lange Jahre hatte sie in der tiefsten Provinz zugebracht und unter ihr gelitten. Rom bot so viel mehr von allem: Prachtvollere Feste, extravagantere Künstler, erlesenere Gesellschaften, fähigsten Barbiere, teuersten Goldschmiede und die kreativsten Schneider. Auf das alles würde sie in Zukunft wieder verzichten müssen. Denn in Mogontiacum gab es vermutlich nur Schweinebauern und schmutzige Legionäre, vermutete Paulina. Aber sie musste gehen, denn ihr Verlobter erwartete sie. Immerhin, mit diesem Gedanken tröstete sie sich, würde sie dort denn allerhöchsten gesellschaftlichen Status genießen, denn ihr Verlobter war Marcus Vinicius Lucianus, der Statthalter der Provinz.


    Jetzt beaufsichtigte sie ein halbes Duzend Sklaven, die dabei waren, ihr Hab und Gut zusammen zu packen. Morgen in aller Frühe würde sie dann aufbrechen und der geliebten Stadt den Rücken kehren.


    “He, du da! Stopf das da nicht so rein, das ist Seide, die zerknittert doch.“ …und es war das Abschiedsgeschenk ihres Cousins Aelius Callidus.

    Das Geschenk zeigte seine erhoffte Wirkung. Eine Sklavin brachte es und Paulinas Ärger war im Nu verflogen, als sie das außergewöhnlich kostbare Gewand erblickte. Schöne Kleider hatten bei ihr schon immer die gewünschte Wirkung gehabt.


    “Oh, wie reizend von dir, Marcus.“, rief sie strahlend aus und strich über den feinen Stoff.
    “Mein Verlobter wird ganz bestimmt hingerissen sein, wenn ich ihn darin überrasche.“


    Sie gab ihrem Verwandten einen flüchtigen Kuss auf die Wange.


    “Jetzt muss ich aber. Es gibt ja noch sooo viel zu tun, bevor ich abreise. Vale, mein Lieber.“


    Mit diesen Worten rauschte sie davon. Callidus Bruder würdigte sie keines Blickes mehr.




    Sim-Off:

    Dankeschön. :)

    “Das ist wohl noch immer Lucius' Haus und wenn er hier wäre, dann würde er bestimmt nicht dulden das jemand so mit der Tochter seines Onkels spricht. Marcus, sag etwas, darf er so mit mir reden?“


    Spätestens jetzt war aus Abneigung Feindschaft geworden.

    Wie von einer Wespe gestochen drehte Paulina sich um und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Mit purpurrotem Gesicht starrte sie den Kerl an. So hatte noch keiner mit ihr zu sprechen gewagt.
    “Was erdreistest du dich?! Ich wurde von meinem Vater erzogen. Sein Name war Publius Aelius Hadrianus Afer, Sohn von Quintus Aelius Pomponius und Ulpia, der Großtante des Kaisers Lucius Ulpius Iulianus. Wen nennst du ein Trampeltier, was immer das auch für ein Wesen sein soll? Du wagst es die Ahnen der Familie zu beleidigen und du beleidigst mich im Haus meines Cousins?“
    Noch immer im höchsten Maße entrüstet musste sie sich beherrschen, ihn nicht erneut zu schlagen.
    “Wenn Lucius jetzt hier wäre, dann würde er dich in hohem Bogen rauswerfen lassen. Du willst mir erklären was Manieren sind? So eine bodenlose Unverschämtheit!“


    Sie wandte sich wieder Callidus zu.
    “Marcus, gib mir mein Geld und ich gehe sofort. Ich ertrage die Nähe dieses ungehobelten, widerwärtigen Menschen nicht länger.“

    “500? Weißt du denn nicht wie weit es bis Germanien ist und was die Gasthäuser heutzutage kosten? Ich kann doch nicht in irgendwelchen billigen Absteigen unterkommen.“
    Sie sah ihn beleidigt an.
    “800!“

    Paulina entschied, dass sie diesen Bruder nicht mochte.
    Sie sah ihn von oben herab an.
    “Ich bin versprochen. Dem Statthalter von Germanien. Er weiß, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt und er ist ein bedeutender Senator und Consular.“ ...wovon du nur träumen kannst, schien sie sagen zu wollen. :P


    Dann sah sie wieder zu dem netteren der beiden Brüder und setzte erneut ihr Lächeln auf. :D

    “Was man leider nicht von jedem kinderlosen Mann sagen kann.“, antwortete Paulina mit spitzer Zunge. Dann wandte sie sich von dem frechen Bruder ab und Callidus zu.
    “Marcus mein Lieber, ich wollte dir nur sagen das ich in wenigen Tagen nach Germania aufbrechen werde, zu meinem Verlobten. Die Reisevorbereitungen sind schon in vollem Gange. Aber leider ist heutzutage alles so teuer. Könntest du mir wohl etwas aus Lucius Geldtruhe geben?“
    Sie zeigte auf die reich verzierte Geldkassette, in der ihr Cousin, der Senator Aelius Quarto, immer eine stattliche Summe aufbewahrte und die an ihrem traditionellen Platz im Tablinum stand.
    “1000 würden schon reichen.“
    Sie lächelte ihr bescheidenstes Lächeln.

    “Oh, du Marcus Bruder, dass ist ja ganz reizend. Er hat dich nie erwähnt.“, plapperte sie unverdrossen weiter und ließ sich vom Blick dieses Bruders nicht weiter stören. Fettnäpfchen auszuweichen gehörte nicht zu ihren allergrößten Stärken.
    “Ich dachte immer unsere Familie sei klein. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Von den gemeinen Plebejern in der Subura weiß man, dass die Frauen ein Balg nach dem anderen kriegen. Aber in unseren Kreisen kann man von einer ehrbaren Dame kaum erwarten, dass sie ständig schwanger ist, nicht wahr? Man geht ja auseinander wie eine Kuh!“

    Vermutlich eher unerwartet und ebenso unpassend platzte Paulina in die Wiedersehensfreude hinein.


    “Salve mein lieber Marcus!“, schmetterte sie. Dann entdeckte sie einen weiteren Mann, der ihrem „lieben Marcus“ wie aus dem Gesicht geschnitten war, aber noch trauriger als der dreinschaute.
    “Oh, du hast Besuch. Kennen wir uns? Ich bin Aelia Paulina, die Tochter von Publius Aelius Hadrianus Afer und Cousine von Lucius Aelius Quarto.“
    Sie lächelte ihr Raubkatzenlächeln. :D :rolleyes:

    Das Schauspiel wiederholte sich noch mehrfach. Schließlich hatte Paulina ihre Wahl getroffen und zeigte nacheinander auf mehrere Kleider.
    “Das nehme ich, und das, das da auch, dieses hier, und das da hinten.“


    Sie wandte sich wieder den beiden Patrizierinnen zu.
    “Es war wirklich sehr nett mit euch. Vielleicht begegnen wir uns bald wieder. So groß Rom auch ist, wenn man sich in der besseren Gesellschaft bewegt bleibt es doch ein Dorf, nicht wahr?“
    Sie strahlte die beiden an. “Auf bald, vale.“


    Es waren, wenn man ehrlich ist, nur oberflächliche Höflichkeitsfloskeln. Denn in Wirklichkeit wollte Paulina doch in Kürze nach Germanien aufbrechen und würde so schnell vermutlich auch nicht nach Rom zurückkehren können.


    Dann blickte sie sich zu ihrem Sklaven um.
    “Nakhti, hast du alles? Dann mal los und wehe du lässt etwas in den Dreck fallen!“

    “AbernatürlichdieDame. Ichhabedaganz entzückendeKleider.“, antwortete Lagerfried. Er klatschte in die Hände und sofort erschienen einige junge Männer und zwei Mädchen. Sie brachten so viele Kleider mit, dass man einen ganzen Monat lang jeden Tag etwas anderes hätte tragen können.
    “Wennichbittendarf.“, sagte er und bat Paulina hinter einen Vorhang.
    Dort schlüpfte sie in eines der Kleider, dass ihr als allererstes ins Auge gefallen war. Die Mädchen halfen ihr beim aus- und ankleiden.


    Nach einer Weile trat sie wieder vor und präsentierte sich den Claudierinnen. “Und, was meint ihr?“

    Vom Tumult im Verkaufsraum angelockt erschien plötzlich der Meister selbst. Lagerfried war ein kleiner, dünner Mann, mit langem, bereits grauem Haar, dass er stets zu einem Zopf gebunden hatte. Er sprach immer schnell und atemlos, so dass man ihn kaum verstehen konnte. Er selbst behauptete, dass er für den Unsinn, den er ständig erzähle, nicht viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Keiner hatte ihm da jemals widersprochen.

    “OhdieDamen. SovielPracht, nichtwahr, undHerrlichkeitinunseremHaus. Trés chíc! Wirklich, Trés chíc!“

    Er flocht immer solche gallischen Formulierungen ein und fand das vermutlich ebenfalls "Trés chíc!", obwohl sein germanischer Akzent für ein sehr skurriles Gallisch mit seltsamen Betonungen sorgte.
    “EsgibtdochkeineProbleme, hoffentlich?“


    “Salve Meister Lagerfried. Nein, keine Probleme. Wir plauderten nur ein wenig und haben uns gefragt, ob du uns wohl deine neuesten Kreationen zeigen möchtest. Meine Freundinnen Claudia Ofella und Claudia Epicharis und ich wären entzückt. Stimmt doch.“
    Sie zwinkerte ihren "neuen Freundinnen" zu.

    “Ein Germane? Das erklärt ja wohl...“ Ihr fiel gerade noch rechtzeitig ein, wo sie war, dass Meister Lagerfried ebenfalls Germane von Geburt war und das sie doch noch einige seiner Kreationen kaufen wollte. Also verschluckte sie den Rest.


    “Danke, es geht schon wieder. Es ist ja nichts Schlimmes geschehen. Sklaven sind manchmal mehr Last als Nutzen, dass weiß ich nur zu gut.“
    Sie schielte kurz zu dem nichtsnutzigen Sklaven herüber, der sie begleitete.
    “Ich bin Aelia Paulina und sehr erfreut eure Bekanntschaft zu machen.“, stellte sie sich schon sehr viel freundlicher und lächelnd vor.

    “Aua!“, schrie Paulina auf, kaum das sie den Laden betreten hatte. Ein grober Kerl, der noch schwerer als ihr eigener Sklave bepackt war, hatte sie angerempelt. Da konnte auch eine Dame schon einmal ihre gute Erziehung vergessen.
    “Du misratener Sohn einer entstellten, pockennarbigen Gossenhure, was erlaubst du dir?!“, schnaubte sie ihn an und schlug ihm, noch ehe er sich´s versah - *klatsch* - mit der flachen Hand ins Gesicht. Dabei schien es sie nicht im geringsten zu beeindrucken, dass der Bursche sie deutlich überragte.


    Schon kam eine Frau herbeigeeilt und schickte den Unglücklichen unwirsch nach draußen. Scheinbar war das seine Herrin.
    “Etwas passiert? Ja, dass kann man wohl sagen! Der Grobian hat mich fast umgerissen und ich musste mich zur Wehr setzen, damit er mich nicht auch noch unsittlich begrabscht!“
    Das war natürlich ein wenig übertrieben, klang aber viel aufregender.




    Sim-Off:

    Na klar dürft ihr. :) Aber "Lagerfried" gehört mir! 8) ;)

    Paulina hatte sich Nakhti ausgeliehen und machte mit ihm einen großen Rundgang über die Märkte Roms. Nakhti war eigentlich der Leibsklave ihres Cousins Aelius Quarto und wirklich ausgeliehen hatte sie ihn im engeren Sinne auch nicht, denn ihr Cousin war zurzeit nicht in Rom.
    Aber für Paulina spielte das natürlich keine Rolle. Sie brauchte neue Kleider und irgendwem musste sie ihre Einkäufe schließlich aufladen.


    Neue Kleider waren auf jeden Fall dringend nötig, denn sie würde bald in den Norden aufbrechen und da war es schließlich immer kalt!
    Das hatte sie zumindest gehört.
    Eigentlich wollte sie wärmende Pelze und wollene Kleider kaufen. Aber das mit den Pelzen hatte sich zerschlagen, denn mitten im Sommer war das Angebot selbst in Rom sehr bescheiden. Das mit den wollenen Kleidern hatte auch nicht so richtig geklappt, denn sie hatte nicht ein Stück gefunden, dass ihr stand.
    Dafür hatte sie bei Versacius einige farbenfrohe, sehr auffällige und freizügige Sachen entdeckt und selbstverständlich gekauft.
    Danach waren sie über den Sklavenmarkt geschlendert und dann beim Geschäft des Puccius gewesen, einem weiteren bekannten Schneider der Stadt.


    Der Meister hatte sich jedoch kürzlich bei einem Gespräch mit dem Ehemann einer Kundin verletzt. Es war wohl um einige recht durchsichtige Seidentuniken gegangen, von denen der Ehemann nicht restlos überzeugt gewesen war. Puccius hatte sich bei dieser 'Unterredung' unglücklicherweise sechs Finger gebrochen und dazu noch beide Daumen.
    “Wie ungeschickt!“, entfuhr es Paulina, als sie davon hörte und betrat den Laden gar nicht erst. Denn ein Schneider, der nicht sofort die nötigen Änderungen abstecken konnte war natürlich indiskutabel.


    Ihr neues Ziel war Chanelix, ein extravaganter gallischer Schneider, mit einem ausgezeichneten Ruf ...und auch den teuersten Preisen.
    Chanelix selbst war schon seit Jahren tot. Seine Witwe hatte aber einen – man höre und staune – Germanen eingestellt, was die Extravaganz und Exotik der Chanelix-Kleider noch erhöht hatte. Denn dieser Germane, Lagerfried war sein Name, hatte sich im Laufe der Zeit einen ganz ausgezeichneten Ruf unter den Damen der gehobenen Gesellschaft erschneidert. Mit seinen Kleidern, so sagte man gerne, sah jede Frau aus wie Venus selbst. Naja, ein ganz klein bisschen Wunderglauben war vielleicht dabei.


    Paulina und ihr Sklave erreichten das Geschäft und sie trat wild entschlossen ein, noch etwas besonders Schönes und Teures zu erwerben.
    “Na komm' schon, hier ist es!“

    Ein bärtiger Bursche, der fast so unsympatisch aussah wie der Sklavenhändler, bot 2000 Sesterzen und wurde sofort von einem anderen Interessenten mit 2500 überboten.
    2500, Paulina überschlug, wie viele Kleider sie dafür bei Puccius, Cerrutius oder Chanelix bekommen würde und traf eine eindeutige Entscheidung.


    “Komm Nakhti, wir gehen. Sonst machen die bei Puccius noch Prandium-Pause.“

    Bei einem der potentiellen Käufer zeigten die Worte des Sklavenhändlers scheinbar Wirkung. Er hielt sich jedoch nicht lange mit dem Mindestgebot auf, sondern bot gleich 700 Sesterzen.


    “700! Als Startgebot!“, zischte Paulina ihrem Sklaven zu, dass heißt, eigentlich gehörte der Sklave ihrem Vetter. “Für das kleine, blonde Vögelchen da?“


    Ihr Interesse war geweckt. Ziemlich ungeniert schaute sie zu dem Mann hinüber. Er sah gut aus. Geld schien er auch zu haben und das sogar in rauen Mengen.

    Paulina war auf den Märkten unterwegs, um sich für ihre Reise nach Norden mit der neuesten Mode einzudecken. In Germannia war es immer kalt, hatte sie gehört. Darum brauchte sie ganz dringend wärmende Mäntel und wollene Kleider. Aber, ach, Pelz war zu dieser Jahreszeit in Rom kaum zu bekommen und die Wollkleider waren dermaßen unvorteilhaft geschnitten, dass sie sich darin wie eine gepresste Wurst vorkam. Dafür hatte sie bei Versacius einige sehr raffinierte Seidentuniken in den neuesten Modefarben der Sommersaison DCCCLVII entdeckt. Da war jeglicher Widerstand zwecklos! Sie war praktisch gezwungen, wenigstens ein halbes Duzend davon mitzunehmen.


    Der dumme Sklave ihres Cousins begleitete sie bei ihren Einkäufen und musste auch alles tragen.


    So schlenderte das ungleiche Paar über die Märkte, dem Verkaufsladen der ebenfalls angesagten Schneiders Puccius entgegen, als sie am Stand eines Sklavenhändlers vorbei kamen.


    Der unsympathisch aussehende Sklavenhändler versuchte gerade, seinen Käufern ein blondes Mädchen schmackhaft zu machen. Aus einer Laune heraus blieb Paulina stehen und schaute sich das arme Ding an.


    “Ein bisschen mager und abgezehrt sieht sie aus!“