Beiträge von Titus Decimus Verus

    Verus lächelte. "Das kann man sehen, wie man will. Etwas mitgestalten zu können, ist auch eine Form von Macht. Macht zu haben, ist an sich nichts schlechtes aber, wie setzt man diese ein? Macht verdirbt viele. Man klammert daran, auch wenn es einst gute Intentionen waren, die uns zur Macht drängten. Dienen wir wirklich Rom oder einfach nur der Eitelkeit unseres Familiennamens? Diese Frage sollte man sich persönlich stellen. Warum dient man, um den Bürgern Roms zu dienen oder sich selbst?"

    Verus verabschiedte Iustus mit einem Nicken. "Vale!" Dann blickte er zu Valentina: "Kannst du meinem alten Freund, Germanicus Sedulus, der Onkel von Calvena, eine Nachricht von mir überbringen, sofern du aufbrichst? Es sind nur ein paar Worte, die ich dir gerne aufschreiben will. Ich werde sobald nicht nach Rom zurückkehren, wenn du vor mir eintriffst, würde sich das anbieten. Es ist natürlich nur eine Bitte und ich möchte dir auch nicht zu nahe treten, Valetina." Er musste wenigstens Sedi mitteilen, dass er noch lebte. Er war es ihm schuldig.

    "Ich muss mit diesem Herzen leben, Mattiacus. Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen." Er trank einen weiteren Schluck auf den Schmerz.


    Zur Kanzleisache meinte er:"Die Betonung liegt auf noch, mein Freund. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Ein schwacher Kaiser öffnet immer die Tore für einen Tyrannen, ob ausländisch oder inländisch."

    Als der Name Calvena fiel, wurde Verus hellhörig. "Germanica Calvena," fragte er laut murmelnd. "Ich kenne diese Frau." Er kannte sie sogar sehr gut und die Erfahrung mit ihr war alles andere als freundlich. - Wieder eine böse Erinnerung mehr, die sich erneut aufdrängte. "Ehm... sprich ruhig weiter," entschuldigte er sich. "Ich wollte dich nicht unterbrechen."

    Als Mattiacus die Heiratsgeschichten ansprach, schmerzte Verus' Herz erneut seit Monaten. Er griff sich an die Brust und rang nach Luft. Nach einigen Momenten war der Krampf verflogen. "Verzeihung," entschuldigte sich Verus und trank einen kräftigen Schluck. "Es ist mein Herz. Es hat mir damals einen Strich durch meine politische Karriere gemacht. Fortuna hat meine Spielkarten neugemischt und nun sieht mein Spiel des Lebens anders aus." Verus wischte sich ein wenig Schweiß von der Stirn.


    "Er krempelt das Rechtssystem um? Ist das denn richtig? Ich frage mich, ob gebräuchliche Gesetze ständig umgeändert werden müssen? Wenn du ihn aber beraten hast, wird schon etwas Gutes dabei herumgekommen sein. Der Kaiser ist immer noch abstinent? Damals als ich noch Curator Kalendarii war, war der Kaiser ebenso abstinent. Es scheint mir so, dass wir ihn nicht wiedersehen und die Entscheidungen in den Händen der Kanzlei bleiben. Ich mache mir ernste Sorgen, bei wem die Macht nun wirklich liegt, denn die Kanzlei arbeitet nur auf Befehle hin."

    "Soll unsere Gesellschaft wirklich so offen sein, dass wir uns selbst germanisieren? Ich mache mir nicht die Sorgen über die, die unsere Kultur annehmen. Ich mache mir Sorgen über die, die verändern wollen und sich direkt in das römische Leben einmischen," sprach Verus leicht erschrocken. Man erkannte doch, dass Verus eine Abneigung gegenüber Germanen hatte.

    Verus nickte verstehend. "Jeder wünscht sich den Frieden, absolut jeder. Ich würde auch lieber den Handel dem Kampf vorziehen aber leider bleibt der Krieg nun mal ein Übel, manchmal auch ein notwendiges Übel, unserer Welt. Es wird in der Zukunft immer Konflikte mit Kulturen geben, die wir nicht verstehen oder nicht verstehen wollen. Die Germanen sind so gänzlich anders als wir, dass solche Konflikte aus der Natur der Sache heraus geschehen werden. Es ist ein Kampf der Kulturen und ich würde es lieber sehen, wenn wir diesen Kampf gewinnen. Natürlich mögen sie unsere Kunstgegenstände, da sie diese ja selbst nicht haben aber ist es deshalb gut, Germanen in unser Reich zu lassen?"

    "Ich vermisse den alten Meridius," sprach Verus aus dem Herzen. "Zusammen? Du beliebst zu scherzen. Sie greifen uns an, vernichten unsere Güter und bedrohen die Pax Romana! Wir haben nicht ohne Grund die größten Militärkonzentrationen hier an der Grenze zum Barbarentum. Aber ich will dir glauben, da du sie studiert hast. Sie scheinen doch nicht die Monster zu sein, für die wir sie halten aber an einen friedfertigen Charakter ihrerseits kann ich nicht glauben. Geben und Nehmen? Mir erscheinen die Germanen in dieser Hinsicht als Nehmer und wir als Geber."

    Verus lauschte vertrauensvoll. "Meridius ist ein weiser Mann. Er hat nicht die Schlacht gesucht, sondern das Gespräch. Er hat nicht den Krieg gesucht, sondern den Frieden. Meridius ist einer der fähigsten Männer unserer Zeit," stellte er fest und trank gemütlich einen Schluck. "Germanische Frauen?" Verus stutzte und musste dann auch unweigerlich schmunzeln. "Sicherlich hast du viele wertvolle Erfahrungen gesammelt. Sind die Germanen ein so grausamer Feind, wie man sich in Rom erzählt?"

    "Danke, das reicht." - Er legte die Hand auf den Becher und signalisierte, dass er erstmal genug hatte.


    Verus blickte Mattiacus erstaunt an. "Ich bezweifel es für meine Person, ein verbrannter Baum wächst nicht mehr. Ich bin froh, wenn ich ein kleines Auskommen habe und nicht allein sterbe, um es klar zu formulieren. Du warst auf der anderen Seite? Du bist wahrlich mutig. In den dunklen Wäldern fern der Pax Romana? Erzähl mir etwas darüber. Ich kenne nur die obligatorischen Märchen von der anderen Seite aber nicht die Wahrheit."

    "Die Faszination kann ich nur bedingt Teilen. Das Land ist gefährlich, düster aber auf seine Art schön, da muss ich dir recht geben. Es ist so unberührt, so lebendig, ganz anders als die Urbs selbst," sagte er und nickte dann als sein Verwandter fragte, ob er nachschenken dürfe. "Ja, gerne." Er blickte Mattiacus nachdenklich an. "Es ist ein gefährlicher Posten. Ich war selbst Soldat, Mattiacus. Pass' auf dich auf. Du willst also weiter im Cursus Honorum voranschreiten? Dann steht wohl ein baldiger Senator vor mir; der Traum der mir verwehrt bleibt." Er rang sich ein Lächeln ab.

    Verus steckte den Beutel vorsichtig ein. "Danke, vielen Dank! Die Götter mögen dich schützen!" Er musste sich eine Träne verdrücken. Es nahm ihn doch alles sehr mit. "Ich werde garantiert nicht alles ausgeben. Ich bin recht sparsam geworden, was meinen Lebensunterhalt betrifft," scherzte er leicht zynisch. "Warum hast du dich eigentlich um ein Tribunat in Germanien beworben, Mattiacus? Eigentlich sollte ich nicht fragen, da es wohl mein Glück war, dass du es getan hast. Mich interessiert nur, was ein Decimer an so einem Ort sucht, außer Abgeschiedenheit, die ich suchte?"

    Akten? Schon wieder. Verus seufzte. Das war momentan nicht seine Wunscharbeit, da ihm genau diese Arbeit in den Ruin getrieben hatte. "Das klingt interessant," schob er aus Höflichkeit ein, dennoch war er sich sicher, dass er diesen Posten nicht anstrebte.

    Verus musste schmunzeln. Sein Verwandter erwieß sich als echter Römer, der ohne zu zögern einem Verwandten beistand.


    2000 Sesterzen? Verus war überrascht. "Das ist doch viel zu viel, Mattiacus. Stell' dir vor, dass ich überfallen werde und dann ist das Geld wohl weg, obwohl das Geld dann wohl mein geringstes Problem wäre." Er fasste sich nachdenklich an das Kinn. "750 Sesterzen dürften wohl reichen, für die Reise und die Verpflegung. Ich zahle es dir sobald, wie mögich, zurück. Ich verspreche es."

    Ein Decimer? Verus war überrascht. Im Grunde hatte er seine Gens verneint und nun nahmen sie ihn einfach so wieder auf, zumindest Mattiacus?


    "Ich bräuchte ein Pferd, Proviant und ein wenig Reisegeld, um nach Italien zu gelangen. Dort werde ich unsere Familiencasa aufsuchen und versuchen das Zerstörte erneut aufzubauen," erklärte er trocken aber mutig. Er hatte wahrlich den Entschluss gefasst erneut anzufangen. "Ein Posten? Was für ein Posten?" Nun war Verus stutzig. Konnte Mattiacus etwa Posten anbieten?

    Verus nahm den Becher vorsichtig entgegen. "Das entspricht der Wahrheit" bestätigte Verus die Aussage seines Verwandten.


    "Germanien ist ruhig, fast zu ruhig," antwortete Verus erst einmal.


    Sollte er nun ehrlich sein? In ihm brodelten Zweifel. Er trank einen kräftigen Schluck. Er revidierte seine Aussage, zumindest für sich selbst. "Es sieht schlecht aus für mich. Du weißt ja, dass ich bei der Wahl gescheitert bin. Darüberhinaus habe ich meine Familie verloren, ebenso meinen Ruf. Ich begab mich aus diesem Grund ins Exil, um zu mir zu finden, was ich fand, war nicht das Gewünschte. Ich fand nichts. Ich bin stattdessen nun völlig verarmt und besitze reingarnichts mehr. Mein Landgut in Italien ist weit weg, ebenso meine dortigen Besitztümer. Ich weiß nun, was es heißt arm zu sein, Mattiacus," schoss es mit purer Ehrlichkeit aus ihm heraus. "Ich brauche Hilfe."

    Verus setzte sich in einen der Sessel. "Sehr bequeme Sitzgelegenheiten hast du da," sagte er mit einem Lächeln. Er versuchte die Situation aufzulockern und sich selbst von seiner eigenen Unsicherheit abzulenken. "Ja, gerne." Er nickte. "Du hast ein gutes Gedächtnis, Mattiacus." Nun war es wohl an der Zeit für seine Fehler geradezustehen. Bald würde er Mattiacus den Grund seines Besuches offenlegen müssen.