Beiträge von Titus Decimus Verus

    Verus war völlig überrumpelt. Er ließ von diesem Gauner ab und wankte zurück. Er war bei Weitem damit beschäftigt, sich diese Furie vom Hals zu halten. Diese Fingernägel taten doch weh.


    Der Arm wurde sonderlich schwer, da nun mehr diese Frau an ihm hing.


    "Lass' ab von mir!" Mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf der Frau befreite er sich. Es war zwar nicht die feine Art aber sie erfüllte ihren Zweck.


    "Seid ihr wahnsinnig?" Verus wandte sich zum Gehen. "Ich werde nun gehen. Verfolgt mich nicht und ich werde euch nicht verfolgen. Wir beenden diese stupide Situation," sagte Verus selbstgerecht und fühlte sich immer noch den beiden überlegen, auch wenn sein Schädel brummte und sein Arm einige Schrammen abbekommen hatte. Doch als Soldat konnte man einige Wunden verkraften. Er ging rücktwärts aus der Situation. Der Albtraum war vorbei, gut zwar nicht völlig. Es war Nacht, kalt und zwei Wahnsinnige befanden sich vor ihm aber sonst war alles in bester Ordnung.

    Verus presste sanft Luft durch seine Nase. Er dachte nach. Seine Denkerhand fuhr sanft über sein Kinn. Seine Augen begannen zu träumen. Er ging in seinem Schädel noch einmal die Worte von seinem Patron durch. Verus war ein nachdenklicher Mann, der Worte gerne genauer untersuchte.


    Verus nickte schwer als er einen Gedanken gefasst hatte.


    "Ich werde es tun," antwortete er. "Wie ich mir selbst immer gesagt habe, man muss Dinge anpacken. Nichts zu tun und gewohnte Wege zu beschreiten, führen einem nicht zum Ziel. Zumal ich als Ritter relativ abgesichert bin, was eine eventuelle politische Niederlage betrifft. Ich kann in meine alte Karriere zurückkehren. Ich möchte es schon aus reinem Interesse probieren. Jede Erfahrung, die ich sammeln kann, ist Gold wert."


    Er lächelte, wie ein Junge, der gerade sein erstes Pferd bekommen hat.


    "Leider gehöre ich nicht dem ordo senatorius an. Ich habe mir aber bereits Verdienste als Curator erworben und ebenso kann ich auf meine Familie bauen. Dennoch fürchte ich mich davor als Bittsteller in meiner Familie aufzutreten und um Unterstützung zu betteln. Es gefällt mir nicht, meine Familie in dieser Form für meine Zwecke zu benutzen. Ich frage auch ungerne dich aber da du mir bereits deine Unterstützung angeboten hast, würde ich dich fragen, mein Patron. - Auch, wenn ich dies ungerne tue. Ich bin der Meinung, dass ein Mann selbst Verantwortung übernehmen sollte."

    "Ich fühle mich verlassen und die Einsamkeit nimmt sehr viel Platz in meinem Herzen ein, dass ich es fast nicht mehr spüre. Ich ersetze diese Trostlosigkeit durch Pflicht und Arbeitswahn, doch auch dieser füllt mich nicht vollens aus," sprach er müde. "Doch Jammern hilft mir nicht. Es muss weitergehen. Als Soldat habe ich gelernt, aufrecht zu stehen."

    Verus eilte, nachdem er diese Alaina hatte hinausgehen sehen, zur Tür und klopfte dieses mal zur Sicherheit an.


    Was machte diese Alaina hier? Das könnte gefährlich werden.


    Zweimal fuhr er mit der Faust gegen die Tür.

    Verus seufzte.


    "Meine Familie...," murmelte er dahin.
    "Meine Familie macht mir Sorgen. Mein Sohn benutzt mich und meine Tochter verschließt sich vor mir. Darüberhinaus fühle ich mich von der Welt verlassen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl von Agonie."

    "Du kannst meinen Namen ruhig beiläufig erwähnen aber dies bitte mit dem Vermerk, dass ich diesen Posten ungerne übernehmen würde", sagte er.


    Als Florus das Thema wechselte war Verus sichtlich erleichtert.
    "Es lief recht gut für mich. Ich bin zum Curator Kalendarii ernannt worden und komme derzeit gut mit diesem Posten aus. Leider kehrt ab und an das Trauma zurück und bereitet mir Albträume, die mich nicht schlafen lassen," gab er einen kurzen Überblick. Seine Kinder sprach er aus vorerst nicht an. Diese Geschichte tat ihm immer noch recht weh.


    "Das Leben hat mich mehr oder minder angenommen."

    Verus erwachte nun völlig. Im Grunde hatte er dem Fremden zu danken für diesen erfrischenden Schlag. Er erhob sich und als gestandener Soldat war Verus bereit zum Kampf. Mit seiner starken Hand fing er den Schlag ab. Mit einem kurz Ruck, riss er dem Fremden den Stock aus der Hand. Kurz fasste er sich an den Kopf. "Aua!"


    "Ich darf doch wohl bitten," sagte Verus. "Was sind das für Sitten? Einem träumenden Mann eines über den Schädel ziehen zu wollen."


    Er warf den Stock weit in die schattenhafte Dunkelheit. Der Stock fiel mit einem leichten Klackern zu Boden. Verus fröstelte es etwas. Wie war er hier an diesen düsteren Ort gelangt? Schlafwandelte er wieder? Dies war anzunehmen. Dieses Trauma war wirklich furchtbar.


    Mit einem schnellen Griff packte er sich den Fremden. Seine schwere Faust zerquetschte fast die weiche Schulter des Fremden. "Merke dir eines, Fremder. Die Welt ist kein Paradies für Diebe, Halunken und Gauner."


    Er drückte immer mehr zu. Verus wusste, wie man einem Mann schmerzen zu fügte. Schließlich hatte er als Offizier gelernt, zu foltern. Sein tobender Schattenblick wanderte zu seiner Begleiterin. "Warum gibst du dich mit so einem Subjekt ab?" An Verus Akzent erkannte man, dass er zu höheren Kreisen gehörte und kein Vulgärlatein sprach.

    Verus riss die Augen auf. Seine Dämonen hatten sich in diesen beiden manifestiert. Ein dunkler Schleier zog durch sein Gesicht. "Bei den Göttern," rief er. Hektisch rollte er von der Bank. "Wer seid ihr? Bekämpft mich nicht! Ich bekämpfe euch! Ihr habt keine Macht über mich!"


    Mühsam stand er auf und wankte an den Baum hinter sich. Einige Blätter fielen zu Boden. "Bleibt weg von mir! Ihr Schatten!" Seine Augen waren sehr weit aufgerissen und ihm stand die Panik im Gesicht. Sein Herz raste merwürdig. Seine Lunge füllte und leerte sich abwechselnd.


    "Ich werde die Verantwortung nicht übernehmen", rief er den Schatten entgegen. Langsam wurde ihm klar, dass der Albtraum vorbei war und er es mit echten Menschen zu tun hatte, die ihn wahrscheinlich ausrauben wollten. Er sank erschöpft am Baum zusammen. "Ich hatte meine Befehle", murmelte er.


    Momentan vermischten sich vor ihm Realität mit Traum. Er musste erst wieder zu Sinnen kommen.

    Verus dachte nach und betrachtete einige Blumen im Garten, durch die gerade sein Hund tobte. Dieser kaute einige Blüten ab, zerbiss diese und spuckte sie dann aus. "Entschuldige mich kurz," sagte Verus und spurtete windigen Schrittes zu seinem Hund. "Marcus, bitte!" Marcus schaute auf. Seine Blick zeugte davon, dass er Verus nicht verstand aber verstehen wollte. "Nicht die Blumen fressen!" Marcus machte Wuff, ging zu Narcissa und sprang an ihr hoch. Seine kleinen Pfoten berührten nun ihr Bein. Verus näherte sich den beiden wieder. "Er ist ein kleiner Frechdachs," stellte Verus fest und lächelte Narcissa zu.


    Er kehrte zum Thema zurück, natürlich nahm er vorher noch einen Schluck. "Du bist also die widerwillige Tochter, die die Revolution gegen die Eltern gewagt hat," versicherte sich Verus. "Also ist es eine Erziehungsreise. Ich verstehe. Lass' dich bitte nicht verbiegen, wir haben schon genug Menschen ohne Wirbelsäule und Verstand. Triff' deine Entscheidungen alleine, denn ist das Einzige, was uns bleibt." Verus nickte ihr nun mehr ernst zu, da er ihre Art schätzte und er sich ein wenig in ihr spiegelte.


    "Ich habe den Fehler gemacht, mich vielen anzupassen und Anweisungen zu folgen. Es hat mich am Ende viel gekostet," sprach er wehmütig aus Erfahrung. "Du kannst dich nur selbst schützen und deine Freiheit, die dir zusteht, verteidigen, indem den Mut fasst, zu widerstehen. Die Kraft und Macht kommt aus dem Geist. - Und dein Geist ist hell und wach, ebenso strahlt dein Gesicht, wie ein Stern. Ich kann nicht glauben, dass du dich so einfach geschlagen gibst, nehme ich mal an?" Er lächelte ihr süßlich zu. Lag es am Wein, der seine Sinne betörte?

    Verus nickte. "Aus diesem Grund würde ich dies gerne unterlassen und meine bisherige Karriere verfolgen. Nur möchte ich einfach nicht, dass die Flotte in falsche Hände gerät. Wenn es nach mir ginge, würde ich gerne in der Verwaltung bleiben."

    Verus strich sich nachdenklich durch den Bart. Er hatte Quartos Worte in sich aufgesogen und verdaut.


    "Es ist eben eine Sache, ob man für die Politik geboren wurde und eine andere Sache, Politik zu machen. Ich kann das schlecht für mich einschätzen. Ich hoffe nur Römer genug zu sein, um meiner geliebten Patria wohl zu dienen. Wie siehst du dies? Du kennst mich nun eine Weile, Patron. Wie schätzt du mich ein? Kann ich diesen Weg gehen oder sollte ich mich auf vertrauten Brettern bewegen?"

    Leise wehten die Blätter im Dunkeln, wie Spielsteine des Bösen und Guten. Die Bäume knisterten geheimnisvoll. Kein Mensch war mehr unterwegs. Es war still. Man hörte nur die Bewegung der Luft und eben das Rauschen der süßen Blätter. Die Straße glänzte im faden Mondlicht silbrig. Einige seltsame Gestallten flimmerten durch die Nacht und waren auch schon wieder verschwunden.


    Verus irrte verlassen durch die Straßen. Er schien etwas zu suchen. Hatte er sich verirrt? Nein, er ging zielgerichtet auf eine Bank unter einem alten Baum zu. Die Bank war in einen stillen Nebel gehüllt. Einige Blätter fielen zu Boden.


    Verus erreichte die Bank und brach vor dieser zusammen. Er sackte fast leblos auf die Knie. Sein Blick richtete sich zu den Sternen. Sein Trauma, sein Leben und seine Fehler trieben ihn durch die Nacht. Sein Leben verwandelte sich in einen undurchdringlichen Dschungel aus Heuchelei und Einsamkeit. Er war nur noch ein Zerrbild, viel mehr ein Spiegel seiner selbst. Einige Tränen drückten sich aus seinen Augen und rollten sanft über seine Wangen. Was suchte er? Wahrscheinlich den Tod. Kein Römer würde nachts vor die Tür gehen. Nur Selbstmörder und Wahnsinnige taten dies. Doch wollte sich Verus umbringen? Nein, dafür steckte noch zu viel Leben in ihm. Er hoffte viel mehr darauf, dass sein Leben durch einen Fremden beendet werden würde. So hockte er nun da und starrte in den schwarzen seelenlosen Himmel mit den hellen Punkten.


    Er hatte nur noch seine Befehle, seine Pflicht und seinen Stand, sonst nichts. Er war nicht mehr als ein Name und ein Posten. Traurigkeit überflutete ihn. Seine militärische Ausbildung versagte. Mühsam stützte er sich auf und erhob sich grob. Verus wankte zur Bank und ließ sich auf diese fallen. Er wollte hier schlafen, fern ab seines geschützten Hauses, fern ab der Sicherheit, fern ab der Agonie. Auch wenn es unsicher war, verspürte er hier in der warmen Nacht Zuflucht. Die Sterne würden seine Decke sein. So lag er nun da, mit dem Blick zu den Sternen!


    Seine Gedanken kreisten wirr. Schuldgefühle für sein Versagen, seine Pein und seine Traurigkeit vermischten sich zu einem Gefühl der Leblosigkeit. Kam dahinten ein Dieb, der ihn vielleicht endlich töten würde? Nein, der Mann ging vorbei oder war es doch nur ein Schatten? Überall hier waren dunkle Schatten, seiner Vergangenheit, seiner Zukunft und seiner Gegenwart.


    Verus schloss die Augen, um sich der Nacht hinzugeben und deren Unsicherheit. Hier und jetzt lebte er für einen kurzen Moment intensiv aber leblos.

    Verus nickte verstehend.


    "Dann solltest du bei Caecilius anfragen. Er wäre ein geeigneter Kommandant, obwohl ich meine, dass er sich im Ruhestand befindet."


    Kurz schwieg er, bevor er auf sich zu sprechen kam.
    "Die Motivation ist da. Ich bin wieder mental einsatzbereit. Die Auszeit und die Verwaltungsarbeit haben mir gut getan. Zumal ich ich vieles lernen konnte, was das Führen und Verwalten von Abteilungen angeht. Nur ist die Frage, kann man über das Fehlen der Examen hinwegsehen? Ich selbst würde die Flotte übernehmen wollen, dies wäre besser als, wenn es so ein Aufsteiger macht, der keine Ahnung vom Militär hat."

    Verus setzte seinen Hund vorsichtig ab. Dieser erwachte. Mit einem kleinen Wuff machte er sich wieder bemerkbar, um mal wieder umher zu wuseln. Verus ging einige Schritte unter die Arkaden. Dort füllte er zwei Tonbecher mit gesüßtem Wein und ging dann wieder zu Narcissa zurück. Er reichte ihr den Becher mit einer schwungvollen Bewegung, den anderen behielt er selbst. "Für deine harte Arbeit!"


    Er lächelte verlegen. Narcissa war ihm auf Anhieb sympathisch, auch wenn sie ein wenig zu jung für ihn war.


    "Sehr gut. Vielleicht wird Livianus uns ja begleiten. Er liebt ebenso Pferde, wie ich," sagte er und beobachtete seinen Kleinen, der um seine Füße tanzte.


    "Darf man fragen, was du hier in Rom suchst?" Jetzt war Verus neugierig geworden und wollte mehr wissen über die wunderschöne Frau vor ihm.

    Sim-Off:

    Ich hoffe, dass ich nicht störe. ;)


    Verus kam urplötzlich ins Zimmer herein und erblickte Alaina. Seine Augen weiteten sich. "Marcus," sagte er leise. "Ich habe dir einen guten Tropfen mitgebracht. Ich dachte, dass du vielleicht etwas trinken wolltest. Du bist ja schließlich den ganzen Tag nicht aus dem Officium herausgekommen."


    Er stellte den Becher auf dem Tisch ab und ging dann wieder zur Tür.


    "Ich sehe, dass du zu tun hast. Wir reden später." Schnelles Schrittes verließ er das Zimmer.