Beiträge von Titus Decimus Verus

    Verus zog seine Denkerbraue hoch und schaute sie gespielt ernst an. "Du behauptest also es gibt keine unsichtbaren Pferde?" Er lachte leicht. "Verzeih' mir. Mein Humor ist manchmal etwas seltsam."


    Marcus war gerade eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin. Verus wog ihn sanft hin und her.


    "Ich habe dich verstanden. So sehe ich es auch. Wir Decima züchten schon lange Pferde. Ich wurde ja mit Vier bereits auf ein Pferd gesetzt."

    Verus überlegte.


    "Eventuell Decimus Serapio," murmelte er. "Er ist Ritter und hat soweit das Examen Secundum bestanden."


    Er kratzte sich am Kinn. "Sonst vielleicht noch Caecillius Crassus, der ehemalige Praefectus Praetorio."


    Er kratzte sich erneut am Kinn. "Auch, wenn ich es ungerne sage, meine Person. Ich müsste allerdings III Examen nachmachen."

    "Gut, dann belassen wir es bei den Gerüchten und hören nur auf die Fakten."


    Verus strich sich durch seinen Denkerbart.


    "Deine Person oder eine Person, die in der Flotte gedient hat und ebenso Erfahrung als Führungsperson gesammelt hat," sagte Verus, natürlich würde niemals auf die Idee kommen, sich selbst vorzuschlagen, das wäre vermessen. - Auch wenn er den nötigen Stand und die Ausbildung dazu besaß.

    Verus lachte leicht. "Livianus... mein Bruder? Ich bin sein Groß-Cousin aus dem griechischen Zweig. Wir stehen uns zwar recht nahe aber wir sind nicht direkt verwandt. Unsere Familie ist groß, musst du wissen." Wie kam sie nur darauf, dass Livianus sein Bruder sei? Verus schmunzelte breit.


    "Dann solltest du das tun. Vorsicht er beißt!" Verus lachte erneut leicht. Er hatte nun seine witzigen Fünf Minuten. Marcus auf seinem Arm fiepste mit und schien sich über Verus Freude mitzufreuen.


    "Ein gutes Pferd hat keine Farbe? Ich habe noch nie ein unsichtbares Pferd gesehen, obwohl es ist ja unsichtbar, das kann man ja auch nicht sehen," scherzte Verus und knuddelte dabei sanft seinen Hund an seiner Backe.

    "Naja, die Flotte geht ihrer üblichen Arbeit nach aber führt keine Pirateneinsätze mehr und fällt sonst nicht weiter auf. Sie ist quasi leblos, man merkt, dass der Kopf fehlt. Dabei sollte die Flotte aktiv unsere Meere besegeln und verteidigen."

    "Du kanntest einen Soldaten? Ich war selbst Soldat," stellte Verus in den Raum. "Ja, unsere Familie besitzt einige Pferde. Wir haben sogar eine eigene Pferdezucht," antwortete Verus mit einem freudigen Lächeln. Er hob nebenbei seinen kleinen Schatz vom Boden auf, um ihn zu streicheln.


    "Ich bevorzuge Schimmel. Ihre weiße Farbe erinnert mich an Freiheit und Wolken," schwärmte Verus. "Ich musste oft reiten als Soldat, auch wenn ich Marineoffizier war." Verus versuchte sein Trauma zu verdrängen, dass sich langsam im Hinterkopf ankündige. Er knuddelte aus diesem Grund seinen Marcus umso mehr.


    "Wenn du willst, kann ich dich gerne mit auf unsere Villa Rustica nehmen. Dort wirst du mehrere Pferde, Tiere und Trauben finden. Es ist das Refugium unserer Familie," schlug er ihr vor. "... Sofern du Zeit hast. Ich hoffe ich überfalle dich nicht damit?"


    Verus hegte eine gewisse Sympathie für Narcissa. Sie war ihm sehr ähnlich, auch von der Charakterstruktur.

    Verus lachte leicht. "Ich meinte mit seetüchtig die Führung, Frater! Mir ist klar, dass die Schiffe noch seetüchtig sind."
    Dann wurde er wieder ernst. "Ich verstehe. Gibst es schon neue Kandidaten für den Posten des Präfekten?"

    Verus beobachtete, wie die beiden miteinander umgingen. Er war beruhigt. Sein Hund war bei ihr in guten Händen. Sein Lächeln wollte einfach nicht verschwinden.


    "Er mag Dreck," grinste Verus Narcissa zu. "Er spielt gerne im Garten. Er ist ein richtiger Draufgänger, der Kleine!"


    Verus atmete kurz ein und aus. Er genoss die frische Luft heute. "Ich war auch immer von Hunden umgeben. Ich bin mit Hunden aufgewachsen. Für mich gibt es nur Hunde und Pferde als wahre Haustiere. - Pferde, wegen ihrer Anmut und Hunde, wegen ihrer Treue." Verus wollte garnicht weiter auf ihren alten Hund eingehen, da sie ihn verloren zu haben schien, deswegen beließ er es dabei.


    "Hunde geben einem etwas, was ich nicht beschreiben kann. Ich nenne es einfach mal Zufriedenheit. Es freut mich, dass du auch Bekanntschaft mit Hunden machen dürftest und selber einen besessen hast," sagte Verus und stellte dann fest, dass er womöglich etwas Falsches gesagt hatte. Er wollte doch ihren verlorenen Hund nicht ansprechen.

    Verus freute sich. Narcissa schien ihn zu verstehen. Endlich ein Mensch mit dem Verus wirklich gut auskommen konnte.


    "Ich habe ihn am Tiber gefunden, " antwortete er mit einer leicht erhobenen Stimme. Man merkte ihm an, dass ihm der Hund viel bedeutete. "Er wimmerte dort und ich konnte ihn einfach nicht zurücklassen." Verus goss das Beet zu Ende und stellte die halbleere Kanne dann auf dem dortigen Tisch ab. Als er nun die zweite Hand frei hatte, knuddelte er seinen Kleinen sanft mit beiden Händen.


    "Er scheint dich zu mögen," sagte Verus mit seinem kindisch-schönen Blick, der wieder einmal in sein Gesicht zurückkehrte. "Willst du ihn halten?"


    Verus war von sich selbst überrascht. Übergab er gerade seinen wertvollsten Besitz einer (fast) Fremden? Er streckte ihr den Hund entgegen, der sehr treu-doof anschaute.


    Verus schaute Narcissa mit seinem fast kindischen Gesicht an, wenn nur der Bart nicht wäre, wäre er Zehn Jahre jünger. Er konnte einfach nicht zulassen, dass sie traurig war, nicht an so einem schönen Tag, zumal sie ihm bei der Gartenarbeit geholfen hatte.

    Verus horchte auf. Sein Blick wurde leicht traurig. Seine Augen glänzten plötzlich seltsam. "Ich auch, " murmelte er. "Ich habe vieles gesehen aber davor fürchte ich mich." Er atmete sanft aus und stellte das Gießen kurz ein. Plötzlich fiepste aus im Busch und ein kleiner Welpe quälte sich voller Blätter und Gestrüp heraus. Verus stellte die Kanne hektisch auf dem Boden. Der Hund rannte tappsig auf Verus zu. Verus kniete sich auf den Boden und ließ sich von Marcus die Hand ablecken. "Darf ich dir Marcus vorstellen? Er hat mich eben vor dieser Einsamkeit bewahrt." Er lächelte breit.


    Er nahm den Kleinen auf den Arm. Mit seiner freien Hand versuchte er die Gießkanne wieder aufzunehmen. Dies gestaltete sich schwer mit dem freudigen Hund auf dem Arm, doch dann gelang es und Verus goss weiter.
    Der Hund machte kurz Wuff und versuchte dann das fließende Wasser aus der Kanne mit seiner Schnauze zu berühren.


    "Ich hoffe du magst Hunde," versichte er sich.

    Verus lachte auf. "Wirt eine Saalrunde!" Der Wirt nickte und die Gäste jubelten. Verus hatte mal wieder alles vergeigt, was man nur vergeigen konnte. Doch dieses mal nahm er es mit Humor.


    "Meine Damen und Herren ich habe erfolgreich daneben geschossen," rief er in den Raum. "Wirt schneller, ich will mich besaufen!"


    Die Bedienung brachte Verus und allen anderen einen großen Krug mit Cervisia, der Wirt hatte es so interpretiert.


    Veru setzte an und trank... bis zum Morgengrauen mit seinen neuen Freunde, dem Saalpublikum.

    Verus weitete die Augen. "Bei den Göttern, du hast Recht! Ich muss verstummen," antwortete er.


    "Was erwarte ich vom Leben? Wahrscheinlich zu viel. Ich muss mich bei dir entschuldigen," murrte er dahin. "Ich glaube ich befinde mich derzeit in einer Lebenskrise, da bereits die Hälfte meines Lebens vorbei ist."


    Er nickte müde und zuselte sich durch den Bart. "Meine Jämmerlichkeit ist wohl ein Ausdruck meiner Unfähigkeit mit wenig zufrieden zu sein. - Aber ist es nicht typisch römisch mehr zu wollen? Ich sollte mich davon lossagen."

    Sie war doch recht nett, dachte sich Verus und ging mit der Gießkanne neben sie. "Jeder Mensch hat vor etwas Angst, sei es nur der Tod oder eben die Götter," stellte er im Nachhinein auf ihre Aussage fest. "Auch duuuuuuuhu," sprach er scherzhaft mit einem metaphorisch diabolischen Unterton.


    Sie machte sich gerade ihre Hände schmutzig? Das hatte Verus nicht erwartet. Sie war, wie er, unangepasst und seltsam., zumindest, was Gartenarbeit betraf. Eine Frau von Stand, die sich ihre Hände schmutzig machte, wunderbar!


    "Man muss halt arbeiten. Ich würde auch lieber meiner Gartenarbeit fröhnen aber jeder hat Pflichten und Aufgaben, auch ich. Ich bin Eques und mit diesem Stand habe ich eben viele Rechte und sehr viele Pflichten übernommen. Zumal meine Arbeit recht wichtig ist. Ich verwalte die Gelder der Regio und überwache die Stadtbehörden, ob sie sich eben an diesen Geldern vergehen." Er lächelte und ein gewisser Stolz schwang in seinen Worten mit. Verus begann langsam das Beet zu gießen. Duftend rauschte das Wasser auf die Erde. "Sag' Iunia Narcissa, wovor hast du Angst?" Er lächelte, wie eine Sonnenblume bei Tageslicht.

    "Der neue Präfekt scheint verschwunden oder mit seiner Arbeiter überfordert. Der Senat mischt sich ein, obwohl er bei Weitem nicht die Befugnisse dazu hat und momantan geschieht nichts, um die Flotte seetüchtig zu halten," sagte Verus. Natürlich war das seetüchtig hier metaphorisch gemeint.

    Verus überlegte kurz. "Es ist derzeit alles möglich. Jeder Emporkömmling könnte derzeit die Res Publica für handlungsunfähig erklären und sich auf den Sedes des Augustus setzen," antwortete Verus bestätigend auf die Ausführungen des Senators.
    "Warum sollte jemand schnell den Tod des Kaisers ausnützen? Wir Römer waren immer geduldig in Machtdingen. Vielleicht gibt es schon Verschwörungen im Schatten, die darauf warten und sich vorbereiten. Zeit ist nur ein geringer Faktor. Solche Gruppierungen wollen sich lieber absichern," stellte Verus nachhaltig fest. "Vielleicht erleben wir gerade ein Staatstheater auf einer ganz großen Bühne. Man kann ja nicht wissen, wie weit die Kreise reichen." Seine Augen glänzten besorgt.


    "Richtig, nach dem, was ich gehört habe, werden wichtige Posten des Staates mit neuen Personen besetzt. Ich gehöre ja ebenso dazu. Vielleicht hofft man auf deren Kenntnislosigkeit oder ersetzt einfach nur alte Personen, die der Verschwörung gefährlich werden könnten. Vielleicht sind auch einige darunter, die den Machtwechsel vorbereiten," sagte Verus von sich ausgenommen.


    "Naja, der Praefectus Urbi ist einfach aufgetaucht, wurde eingesetzt und seit dem hält er die wichtigen Entscheidungen in seiner Hand, da der Kaiser ja abstinent ist. Merkwürdig ist das schon."


    Zum Praefectus Praetorio meinte Verus: "Der Prätorianerpräfekt ist einfach verschwunden. Man hat nichts mehr von ihm gehört. Es gab keine Leiche, keine Aufzeichnungen, nichts. - Als hätte es ihn nie gegeben. Momentan ist der Posten des Präfekten vakant und wird sicherlich bald mit einem neuen Unbekannten besetzt werden, der wohl Salinator treu ergeben ist."


    Verus nickte ernstlich. "Ich mache mir Sorgen, um die Stabilität des Reiches. Ein Bürgerkrieg könnte das Reich entzweien. Auf welcher Seite man steht, ist eben auch eine Frage. Ich weiß nicht, wie ich handeln soll, deswegen handele ich nicht und gehe meiner Arbeit als Financhef nach. Mir wird nichts passieren, solange ich mich nicht an der vorhandenen Regierung versündige. Ich bin ja auch viel zu klein in meinem Wirkungskreis. Ich bin niemanden gefährlich, aus diesem Grund rede ich auch offen."

    Plötzlich ging Verus ein Licht auf. "Ich wollte dich fragen, ob es sich für mich lohnt den Cursus Honorum zu bestreiten. Am Ende dieses Weges würde, natürlich aus meiner Sicht heraus, das Amt das Curator Rei Publicae stehen. Ich möchte einiges in der Regio verändern und die Verwaltung näher an den Menschen bringen. Mir ist bewusst, dass ich dazu einige Ämter bestreiten muss. Jedoch sehe ich darin ein fortkommen meiner Verwaltungskarriere oder siehst du andere Möglichkeiten? Genau dies wollte ich dich fragen, Patron!"


    Wie konnte Verus eine so wichtige Frage verdrängen? Wahrscheinlich, weil er kein großer Politiker war. Er lächelte wiedermals verlegen aber dennoch nicht dümmlich, viel mehr freundlich und dezent.

    Verus lachte lauthals. "Wer ich bin? Ist das so wichtig?" Sein Blick strahlte förmlich. "Personen unterscheiden sich nicht anhand von Namen, sondern viel mehr an Taten. Namen vergehen in der Geschichte, was uns bleibt sind die Taten der Personen," schwadronierte Verus. "Du willst mir also nicht helfen? Du hast also Angst vor dem Ungewissen, vor dem Unbekannten?"


    Verus ärgerte die junge Frau ein wenig und wollte ihre Weltanschauung ein wenig untergraben. "Da ich aber nicht möchte, dass du Angst hast, werde ich dir meinen Titel und meinen Namen nennen, damit du voll im Bilde bist."


    Er grinste. "Ich bin Curator Kalendarii Decimus Verus," sagte er schnell dahin, so dass man es kaum verstehen konnte. Er mochte Titel und Ränge eigentlich weniger, auch wenn sie für eine ausreichende Kommunikation notwendig waren. "Willst du mir nun helfen?" Er deutete mit seinen sanften aber schmutzigen Händen auf das Beet.