Beiträge von Marcus Iulius Licinus

    "Seine Mama ist auch eine Iulia Andreia." erklärte Esquilina für Licinus nur wenig hilfreich, der den iulischen Stammbaum nicht zu überblicken vermochte.


    "Dann haben wir was gemeinsam. Auch ich bin sowas wie ein Onkel von Dives. Den Name." stellte Licinus sicher.


    "Ich kann dir leider nicht einmal sagen, wann wir ihn zurückerwarten können."
    Licinus machte eine entschuldigende Geste. Das war das wirklich ärgerliche. Aber eigentlich beschäftigte ihn gerade etwas anders. Bei dem Namen klingelte irgendwas, was er nicht sofort zuordnen konnte.
    "Aber ich werde sicherstellen, dass ich ihn von deinem Besuch in Kenntnis setze."


    Es entstand eine verlegene Sprechpause. Denn eigentlich war alles gesagt, was sie hätten sagen können. Aber genau dieses verlegene Schweigen war es, was Licinus auf die Spur brachte.


    "Dein Vater sagt mir glaube ich etwas. Ein ehemaliger ranghoher Offizier, nicht wahr? Ich weiß nicht genau woher, aber kann es sein, dass mir sein Name begegnet ist? Ich meine ... stand er womöglich auf der Auswahlliste für das Ulpianum? Oder wurde gar aufgenommen?"
    Lange hatte Licinus sich nicht mehr an seine kurzzeitige, durch den Tod des Kaisers beendete Kommissionsmitgliedschaft erinnert. Aber nun. Ja, das war durchaus möglich, dachte er.

    Natürlich ließ die Wache niemanden durch. Sie hatten Befehle und die Wächter des Palastes waren für ihre Sturheit was die Umsetzung solcher Befehle anging berüchtigt. Erst als ihr vorgesetzter unwirsch mit dem Kopf ruckte, gaben sie den Weg frei. Genau so weit, dass der Tiberia gelang den Raum zu betreten.


    "Marcus Iulius Licinus, Princeps Praetorii", stellte "du da in Schwarz" sich trocken vor. Die Tatsache, dass sie die Tiberia ihn so anblaffte gefiel ihm nicht. Man mochte das für verständlich halten können, Licinus fand es (wie so viel an Frauen) irritierend.
    "Das wollen wir auch."
    Dann wandte er sich wieder an den Arzt.
    "Ich lasse noch eine Sänfte holen. Und sorge dafür, dass sie so still wie möglich hält" bestätigte er nüchtern. "Und im Zweifel fixieren. Das kriegen wir hin denke ich. Können wir sie am Bauch festbinden oder ist das zu gefährlich."
    Denn nur die Gliedmaßen zu fixieren erlaubte noch immer Drehungen in der Hüfte und wenn es hier wirklich um ein Kind ging, war der Unterleib dann nicht genau jener Punkt der sich nicht bewegen sollte? Der Organisator in Licinus gewann spürbar die Kontrolle zurück, wie man an seinen nächsten, ausgesprochen technisch-nüchternen Sätzen bemerken konnte.
    "Ich meine, wir können sie einwickeln wie ein Kind in die Windel. Alternativ können wir sie nur an den Oberschenkeln festbinden, wenn du das für besser hältst."

    Kind? Welches Ki- ... in dem Moment überkam es Licinus. Erst vor Erleichterung, weil es kein neuerlicher Angriff gewesen war. Dann vor Entsetzen. Denn ihm wurde klar, dass sie dabei war ihr Kind zu verlieren.
    "Alpina!" flüsterte er wie in einem Stoßgebet. Die wüsste jetzt, was zu tun war, war aber tausende von Meilen weit weg. Und Licinus wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste so gar nicht, was er tun sollte. Wo blieb nur der verdammte Arzt?
    Licinus kniete sich hinter Luna und nahm ihren Kopf auf den Schoß. Einen Moment war er irritiert von den glatte Haaren, die er viel wilder in Erinnerung hatte. Dann griff er an seinen Hals und nahm das Amulett, dass sie ihm bei ihrer Abreise aus Mogontiacum geschenkt hatte ab. Er drückte es ihr in die Hand und umschloss ihre Hand mit der seinen.
    "Ich trage es immer noch." meinte er. "Aber im Moment brauchst du mehr Hilfe als ich."


    Endlich kam dann dieser von den Göttern verdammte Arzt.
    "Sie hat gepackt. Und versucht die Reisetruhe zu ziehen" erklärte Licinus knapp. Und war schockiert. Mädchen. Luna/Idun? Ein Mädchen? Das passte so gar nicht zu dem Bild, dass er von ihr in Germania bekommen hatte. Dort hatte sie ihn mit ihrer Stärke beeindruckt. Und verwirrt.
    Endlich kam die Diagnose und sie war alles andere als günstig. "Transportfähig? Bis zum Landgut?" fragte er nach, während er Lunas Hand fester um das Amulett drückte.

    "Das ist richtig, ich sorge dafür, dass ihr sicher auf das Landgut kommt." bestätigte Licinus.
    "Wenn ich dir beim Packen im Weg stehe, sag es mir." meinte er noch, während Luna schon zu rödeln anfing. Er selbst zog sich einen Schemel heran udn setzte sich zu seinem Kameradan, der ohnmächtig da lag.
    "Verdammt, Junge," murmelte er leise "Was machst du denn für Sachen? Du stirbst nicht. Das verbiete ich dir Soldat, hörst du?!"
    Das war vollkommen sinnlos und das sah Licinus auch ein und schwieg einen Moment. Gerade lange genug, dass Luna packen konnte.
    Er hörte ein lautes Schaben auf dem Boden, dann einen Ruf und dann hektisches Laufen. Nervös stand er auf und und ging die wenigen Schritte in das Nebenzimmer. Wo er Luna in ihrem Blut liegen sah!
    "Was?!", machte er einen Moment, bevor seine Instinkte die Kontrolle vollständig übernahmen.
    "Wache zu mir! Niemand kommt zum trecenarius! Einen Arzt, sofort! Und einer der Haussklaven soll eine Decke besorgen! Cursim!"


    Licinus kniete sich hinunter um Lunas Bauch zu untersuchen.
    "Luna? Hörst du mich? Hat man dich angegriffen?" fragte Licinus, der klarheit über die Situation erringen musste "Idun?" versuchte er es mit ihrem alten Namen.
    Währendessen wurden die Soldaten geschäftig. Eine Wache pflanzte sich neben dem Bett des Tiberiers auf, weitere verlegten den Durchgang durch die Türen. Man ging von einem zweiten Anschlag aus.
    Indes schob Licinus -- nicht sonderlich sanft -- den Arm von Lunas Unterleib weg und untersuchte sie auf Stichwunden. Da waren keine. Aber woher kam dann die Menge Blut?


    Sim-Off:

    Licinus und seine nicht vorhandenen Kenntnisse weiblicher Anatomie. Viel Spaß, wenn Esquilina in die Pubertät kommt :D

    Während er interessiert beobachtete, dass der "Anwalt" wohl auch ein bekannter des Annaeus Florus war -- zumindest deutete Licinus das Winken des "Anwalts" in Richtung des zweiten jungen Mannes so -- stand plötzlich ein junges Mädchen, nein eine junge Frau, berichtigte Licinus sich selbst vor ihm. Und sprach ihn an.


    "Eben jener!" brummte Licinus und in seinem Gedächtnis wurden schlagartig ganze Aktenstapel umhergewälzt bis er die Worte herausbrachte:
    "Quintilia ..." verdammt, welche war es. Wieso musste man Zwillingen auch noch so ähnliche Namen geben? "Pina? Oder Sila? Entschuldige!" mit geöffneten Armen deute er eine Entschuldigungsgeste an. Bevor er die Enttäuschung in ihren Augen und ihrem zweiten Satz verdaut hatte. "Zu welchen?" fragte er unsicher zurück, da die Konfrontation mit der einen Schwester die Erinnerung an die Begegnung mit beiden wieder wach gerufen hatte und das wiederum die Erinnerung an Serapios Verlobungsfeier, also an Serapio selbst, der irgendwie verschwunden war. In diesem Zusammenhang kam er tatsächlich gerade nicht darauf, dass man ihn mit etwas Ahnung von weithin als Prätorianer identifizieren konnte.

    Sim-Off:

    Wenn die Phalera gegen die Chatten ging und die Verhandlungen mit jenen stattfanden, dann war es dergleiche Stamm, auch wenn ich mich da nichts explizit dran erinnert hätte :D.


    Licnius Stirn kräuselte sich kurz.
    "Also im Prinzip ja, aber da ist wohl etwas ein wenig durcheinander geraten." steltle Licinus fest und erwähnte die zweite Alternative (dass der tribunus die Akten falsch verstanden hatte) bewusst nicht. Einfach schon, weil er den Kanzleischreibern nicht ganz traute.
    "Die bronzene Torques war genau jene, die ich erwähnte. Die Phalera steht in unmittelbarem Zusammenhang dazu. Die gab es für alle Überlebenden der Strafexpedition." Sozusagen als Du-warst-dabei-und-hast-überlebt-Medaille. Kampagnenmedaille würde man das ein paar Jahrhunderte später nennen. Aber diese laxe Sprechweise war Licinus unangenehm und wurde daher vermieden.
    "Die Armillae stehen nur in indirektem Zusammenhang dazu. Flavius Gracchus, damals Laticlavtribun bei der secunda hat, im Nachgang Verhandlungen geführt, um sicher zu gehen, dass es keine ungewünschte Reaktion der Chattischen Stämme auf unsere Strafexpedition gab. Ihm ist nicht nur das gelungen, er hat darüber hinaus einen mehrjährigen Frieden erwirkt und die Chatten überzeugt eine Hilfstruppeneinheit aufzustellen, die meines Wissens mittlerweile irgendwo in Dacia oder noch weiter im Osten stationiert ist. Und das bei einem Stamm, der für seine Romfeindschaft berüchtigt ist.
    Über die Rolle des Tiberiers in diesen Verhandlungen befragst du am besten den gewesenen tribunus Flavius. Ich selbst war bei den Verhandlungen nicht anwesend."

    Mit offener Körperhaltung erwartete Licinus weitere Nachfragen oder die Nachricht, dass der tribunus sich nun hinreichend informiert fühlte.

    Nachdem er mit den Gebäuden fertig war, begann Licinus nun aus Neugierde einen genaueren Blick auf die Menschen zu werfen, die sich auf dem Platz tummelten.


    Eine Gruppe fiel ihm ins Auge. Im ersten Moment dachte er an einen Senator, der sich mit seinen Beratern umgab und besprach. dazu hätten wohl auch die Leibwächter, die er als Soldat sofort identifizieren konnte, gepasst. Aber kein Purpurstreifen an der Toga. Also kein Senator. Ein Beamter vielleicht? Aber dagegen sprachen die Leibwächter. Was dann? Der Wind wehte einige Worte zu ihm herüber, bevor der Lärm auf dem Forum wieder anschwoll. Lex, erkannte er angestrengt. Der Rest fiel seiner Harthörigkeit zum Opfer. Vielleicht war der Mann ein Anwalt, der versuchte sich einen Namen zu machen? Vielleicht fürchtete er einen Übergriff der anderen Partei? Dann war einer der beiden anderen vielleicht sein Klient. Die Überlegung schien plausibel.


    Sim-Off:

    Ich bin mir nicht sicher, ob Iduna Commodus Gruppe mit den offensichtlichen Soldaten meinte, falls nein, bitte entschuldigen


    Die Gruppe teilte auf ihrem Weg eine Menschengruppe, aus der die roten Haare einer kleinen Frau heraustachen. Solche Haartöne hat er in in Germania öfter gesehen, hier waren sie auffällig. Die Frau wurde jetzt, da sie aufgehalten wurde von einer älteren eingeholt. beide hatten einfache Kleidung an, aber sie schien gut in Schuss. Sklaven eines größeren haushalts, glaubte Licinus. Die kleine schien über irgendwas erstaunt. Licinus erkannte allerdings nichts besonderes.


    Von der anderen Seite her erschien dann das eerste halbwegs bekannte Gesicht. War das nicht der junge Aennaeer, der kürzlich in der Casa Iulia aufgeschlagen war. Was wohl seine Absichten heute hier waren. Licinus folgte ihm mit seinem Blick und versuchte abzuschätzen, wo er langgehen würde. Auf die Rostra zu, oder doch an ihr vorbei? Jedenfalls aber in ihre Richtung. Ob er gedachte eine Rede zu halten? Dann würde Licinus seinen Beobachtungsposten wohl verlassen um zu lauschen. Man war ja neugierig.

    Das war besser. Jetzt wo der Gast in die Hocke ging, konnte sich Esquilina vollständig hinter der Säule hervorwagen und sich artig bedanken. Sie fand ihren Namen auch toll. "Danke",


    Mehr Wein also.
    "Breda!" rief Esquilina (in einem Tonfall, dem man trotz kindlicher Stimme und relativ geringer Lautstärke anhörte, dass sie in zwei militärlagern aufgewachsen war). Eine offensichtlich keltische Sklavin kam herein um ihrer kleinen Herrin zu diensten zu sein. "Bringst du dominus Lucius Annaeus Florus Minor bitte noch einen Becher Wein!"
    Im Gegensatz zu dem Herbeirufen, war bei der tatsächlichen bitte um den Wein, von dem militärischen Umfeld nichts mehr übrig geblieben.
    Die Sklavin nickte und verschwand auch gleich wieder, um Augenblicke später mit frischem Wein aufzutauchen.


    Inzwischen konnte Esquilina auf die Fragen von Florus kaum auskunft geben.
    "Meine Mama ist auch tot." meinte sie mitfühlend, aber wen in dieser riesigen Stadt ihr Papa jetzt kennenlernen wollte, das konte sie wirklich nicht sagen. Aber das war auch kein Problem, denn zwischenzeitlich erschien selbiger auch selbst auf der Bildfläche.


    "Salve." grüßte Licinus freundlich.
    "Ich bin Marcus Iulius Licinus und im Moment wohl sowas wie der Hausherr hier. Du bist Lucius Aennaeus Florus? Ich sehe, meine Tochter hast du schon kennengelernt." An Licinus Seite traute sich Esquilina endgültig auf den fremden Mann zu. Wenn Papa da war konnte ihr nix passieren.
    "Ich fürchte, Iulius Dives ist kurzfristig verhindert. Vielleicht kann ich dir an seiner Statt helfen?"
    Licinus zweifelte ein wenig daran, denn er war erst seit kurzem in der Stadt, aber manchmal wollte der Zufall ja so.


    Iulia Esquilina


    Tatsächlich hätte Esquilina wohl nichts dagegen gehabt, wenn der Mann in die Knie gegangen wäre. Das machte Unterhaltungen einfacher. Es war ganz schön anstrengend halb hinter einer Säule verborgen zu bleiben und gleichzeitig nach oben zu sehen.


    "Oh. Onkel Dives ist nicht da" gab sie bereitwillig auskunft und war etwas verwirrt, was sie nun tun sollte. Wurde aber sogleich durch eine Nachfrage erlöst.


    "Ich bin Iulia Esquilina. Die Tochter von Marcus Iulius Licinus.", erklärte sie mit unüberhörbarem Stolz. "Das ist der neue Lagerchef der Prätorianer." Warum das hier auf einmal nicht mehr praefectus castrorum sondern komisch anders hieß war etwas, was das Mädchen noch immer durcheinander brachte.


    "Ich muss dir jetzt was zu trinken anbieten, oder?"

    "Unfall?" echote Licinus, der davon bisher tatsächlich nichts erfahren hatte. "nein, mir liegt nichts über einen Unfall vor."


    "Also, der trecenarius wurde als tribunus bei der secunda einmal tatsächlich ausgezeichnet. Die Geschichte dahinter ist ein wenig kompliziert und an einigen Stellen unschön. Was sich zugetragen hat, lässt sich ungefähr darstellen wie folgt.


    Der centurio Tiberius war Kommandant eines der vielen Kleincastelle am Limes. Das Kastell wurde überfallen, eine Zollkasse geraubt. Worüber mit dem Quartalsbericht dann auch eine Meldung an den Legionsstab kam. Reichlich unzufrieden mit dieser Verzögerung, habe ich den Boten mit einem gehörigen Donnerwetter und dem Befehl mehr Informationen bereitzustellen.
    Meine Worte wurden dann so weitergegeben und interpretiert, dass der jetzige trecenarius Tiberius eigenständig Ermittlungen auch jenseits des Limes einleitete.
    Er fand heraus zu welchem Dorf die Angreifer kamen und führte eine Halbcenturia in das Dorf und unvorsichtigerweise in einen Hinterhalt."

    Bis dahin hatte Licinus nicht viel Auszeichnungswürdiges berichtet, daher warf er einen Blick in das Gesicht des tribunus um zu prüfen, ob dieser schon ungeduldig wurde.
    "Bis dahin war das Verhalten des centurio eher tadelns- als lobenswert. Als es dann aber in dem Hinterhalt zum Kampf kam, erwies sich der Tiberier als beispielhafter centurio, indem er den Rückzug seiner Männer mit der eigenen Person deckte und die Verluste minimal hielt. Tatsächlich hat er von der ausgezogenen Halbcenturia nur 4 Männer verloren und er selbst ging verschollen.
    Er überlebte dank der Intervention einer Seherin, die das Dorf auch davon überzeugen konnte, sich zu ergeben, als die angeordnete Strafexpedition, die auf Grund der Berichte über den Hinterhalt in Gang gesetzt wurde, gegen das Dorf marschierte.
    Im Nachgang wurde das Dorf geschleift, die Krieger hingerichtet, Frauen, Kinder und Alte versklavt."

    Die genauen Abläufe, wie die Strafexpedition in Gang kam, dass die Dorfjugend sich eben nicht ergeben hatte und er selbst einem der Jungspunde fast zum Opfer gefallen war, gehörten alles nicht hierher.
    "Die Frage, die sich nach dieser Episode stellte, war die, wie man mit dem centurio verfahren sollte. Es war eine Abwägungsfrage, du verstehst? Zum einen hat er sich in einen Hinterhalt führen lassen. Das war dumm. Zum anderen hat er seinen Männern unter größtem und beispielhaften persönlichen Einsatz den Rückzug ermöglicht.
    Ich wertete, dass zweite höher als das erste. Und gab ihn für eine Torques ein. Der Statthalter schien diesem nicht zuzustimmen, denn in einer Stabsbesprechung"
    , die unter ausgesprochen absurden Umständen stattfand, wie Licinus Meinung war, aber das verschwieg er aus eingedrillter Loyalität zu seinem Legaten, "Warf er dem Tiberier sein Verhalten vor. Er fragte ihn, wie er an Stelle des Legaten handeln würde und stellte ihn vor die Wahl Hinrichtung oder Auszeichnung." und nun kam der unangenehme Teil "Mit dem Hinweis, man könne ja die würfel entscheiden lassen."
    Licinus atmete durch und schloss.
    "Schließlich bekam er die von mir vorgeschlagene Torques."
    Ja, das war vermutlich so ungefähr der Ablauf der Dinge gewesen.
    "Wobei ich dazu sagen, dass ich grade rein aus dem Gedächtnis reproduziere. Die Details werden in einigen Punkten sicher abweichen, aber einen einigermaßen korrekten Überblick solltest du damit haben."


    Außerdem war da noch eine Sache:
    "Wenn du mir noch ein persönliches Wort gestattest. Ich bin mir im Nachhinein nicht sicher, ob wir richtig gehandelt haben. Bei meiner Entscheidung für den Vorschlag habe ich abgewogen und gemessen ob die positiven Taten die negativen abwögen, Bilanz gezogen und aus der Bilanz meinen Vorschlag gebildet.
    Ich frage mich, ob man die Taten nicht getrennt hätte bewerten müssen und die Auszeichnung für die eine Tat nicht unabhängig von der anderen Tat hätte machen müssen. In dem Fall wäre eine Corona Civica Quaercea wohl angebrachter gewesen."


    Ja, das war der Punkt. Licinus grübelte tatsächlich verschiedentlich was die beste Möglichkeit gewesen wäre. Die Taten gegeneinander aufwiegen, wie er es getan hatte? Die schwerwiegendere Tat allein betrachten und die geringere verfallen lassen? Oder doch die Variante, die er am Anfang sofort verworfen hatte? Eine hohe Auszeichnung und gleichzeitig eine Strafe? Eine Diskussion, die er gerne den Philosophen überlassen hätte, aber hier stand er nun genau mitten darin.



    Sim-Off:

    Ich habe das grade tatsächlich aus dem Kopf rekonstruiert, mir fehlt grade die Zeit alles, insbesondere die zeitlichen zusammenhänge mit dem Überfall und dem Boten nachzulesen. Bitte das zu entschuldigen.

    "Du aber, Römer, gedenke die Völker der Welt zu beherrschen. Darin liegt deine Kunst, und schaffe Gesittung und Frieden. Schone die Unterworfnen und ringe die Trotzigen nieder" zitierte Licinus aus der Aeneis, dem Gründungsmythos Roms leise. In all den Jahren, die er nun diesem Staat diente, war das der Punkt, an dem er Idealist geblieben war. Vielleicht war es sogar so, dass diese Worte gewissermaßen sinnstiftend für seinen Dienst waren.
    "Nun, ich sehe das ähnlich wie du, Iunius.
    Hiera, du hast dich nach den Traditionen deines Volkes dem tribunus unterworfen. Also verlangt unsere eigene Tradition, dass wir dich nicht hinrichten."

    Er würde die Entscheidung des tribunus im Rahmen seiner Möglichkeiten stützen.


    Die andere Seite der Medaille, und er hoffte, dass das jedem der Anwesenden klar war, war aber, dass Hiera sterben musste, sobald sie aufmüpfig wurde. Einen neuen Aufstand konnten sie nicht riskieren. Allerdings war Licinus von der Ernsthaftigkeit ihres Schwures überzeugt.


    "Da ist vermutlich viel wahres dran. Nun, ich selbst bin zu alt, um neue Kampfzüge zu lernen." Licinus war sich schmerzhaft bewusst, dass seine Reaktionsschnelligkeit nachließ. Sein fehlerhaftes Gehör auf der rechten Seite war eine stetige Erinnerung daran. Auch seine Kraft ließ vermutlich bereits nach, auch wenn er das noch auf mangelndes Training schieben konnte. "Dennoch, und deine Erlaubnis vorausgesetzt, tribunus." Mit diesen Worten wechselte seine Aufmerksamkeit von dem Iunier zu seiner Kontrahentin hinüber. "Ich würde mich gerne nochmal mit Hiera unterhalten. Kein Verhör und nichts dringendes. Ich würde tatsächlich einfach gerne mehr über dein Volk erfahren. Aber das hat Zeit, bis du dich erholt hast."
    Es war etwas, was sich in Germania ergeben hatte. Licinus hatte angefangen sich für die Völker innerhalb des Imperiums zu interessieren und so etwas wie die Themiskyrer war ihm noch nicht untergekommen. Daher war seine Neugierde entfacht.

    Selten hatte das Geräusch einer ins Schloss fallenden Tür Licinus mehr erfreut als in diesem Moment. Sich das folgende in den grellsten Farben ausmalend brach er das Siegel und präsentierte seine Waffe dem Gott.


    "Ich weihe mein Leben, meinen Dienst, und meine Waffe Mars und Rom" es fiel ihm etwas schwer die Feierlichkeit in seiner Stimme zu halten.


    Dann hieß es Schwerter recken und dem Aedituus lauschen, wie er den Kriegsgott anrief.


    Und dann begann ES. Der Singsang der Soldaten, die das Ritual begleitete. Licinus würde ihn noch Tage später in den Ohren haben. Wochen später. Und er würde wahnsinnig werden, so oft würde es ihn in einem Gedankengang unterbrechen.


    Mechanisch legte Licinus seine Sachen vor die Kultstatue und ließ die Schläge über sich ergehen. Sein Kiefer malte und auch wenn es ein religiöses Ritual war, sollte der Soldat, der für ihn zuständige war, sollte hoffen, dass er ihn nie erkennen würde. Aber genau um diese Demütigung ging es hier ja, schalt er sich selbst. Unbeeindruckt.


    Endlich war es vorbei und sie konnten sich mit roten Rückseiten und noch dazu bemalt auf den Boden legen und ... öffneten die gerade etwa wieder die Tür?!

    Auch während des Kampfes hatte Licinus geschwiegen, hatte schweigend zugehört, wie die Bedingungen augehandelt wurde. Er hatte gesehen, wie die Frau gekämpft hatte. Ernsthaft gekämpft ob wohl ihr bei einem Sieg nur der Tod als Belohnung winkte. Ein Mensch, der so ernsthaft zu ihren Prinzipien stand, dass sie lieber starb, als sie preizugeben war beeindruckend.
    Allerdings hatte er auch das zögern gesehen. War sie wirklich nur kurz desorientiert gewesen. Oder hatte ihr Überlebensinstinkt doch noch die Oberhand gewonnen? An eine Finte glaubte Licinus nicht. Da war etwas an ihrer Art, was ihn von ihrer Gelöbnistreue überzeugte. Er konnte es nicht einordnen, meinte aber, es schon mal erlebt zu haben.


    "Also Sklaverei, keine Hinrichtung." Diese Feststellung waren Licinus erste Worte nach einer langen Zeit des Beobachtens. Ein angedeutetes Nicken versicherte, dass er diese Lösung gut hieß und unterstützte.
    "Ich gebe zu, ich bin beeindruckt." sagte er unbestimmt in den Freiraum zwischen den Kontrahenten. In der folge präzisierte er:
    "Auch von dir Iunius. Du warst entweder nicht immer Stabsoffizier oder hattest einen privaten Fechtmeister, der wirklich was von seinem Handwerk verstand."
    Für einen Berufssoldaten eine sicherlich bedeutsame Feststellung und der Iunier hatte gerade einen großen Schritt darin gemacht, sich Licinus Respekt zu verdienen.

    So langsam kam Licht in einige Punkte die für Licinus bisher eher Fragezeichen gewesen waren. Nun kannte er den Hintergrund für die Verhaftung. Das ergab einen gewissen Sinn. Er fragte sich, ob der trecenarius wohl die direkte Verbindung zwischen dieser Hiera und dem Schrecken Varia gekannt hatte, ob er sie erahnt hatte, oder ob er einfach auf die indirekte Verbindung hin aktiv geworden war.
    Für letzteres sprach wohl die Eröffnung, dass auf Varias Tod hin ein Befehl der völligen Vernichtung für ihren Stamm gegeben worden war. Licinus war froh, dass man im fahlen Licht des Kerkers nicht sehen konnte, wie er eine Spur blasser wurde.
    Das erschien ihm so ... unnötig. Ihm war auch keine vergleichbare Bestrafungsaktion bekannt. Und so bemühte er sich um ein ausdrucksloses Gesicht, während das Gespräch oder sollte man eher die Verhandlungen um den Tod sagen, weiter ging.
    Gegen Ende blickte er seinen Kollegen mit hochgezogener Augenbraue an. "Bist du dir sicher zu wissen, was du tust?" mochte das heißen, blieb aber zum einen unausgesprochen zum anderen vermutlich auch übersehen.
    Licinus machte sich noch keine Meinung über die ganze Geschichte, nicht bewusst zumindest, aber die Entscheidung, dass er ihr Ende selbst sehen wollte stand fest. Er wartete also und folgte den beiden ungleichen Kontrahenten zu ihrem Kampfplatz.

    Zwei Dinge unterschieden den Mann, der auf dem oberen Treppenabsatz der Freitreppe stand, die zum Tempel des Vespasian und Titus stand.


    Das eine war, dass er einfach da stand. Im Gegensatz zu all den hektischen Figuren, die über das Forum Romanum hetzten, in die Gebäude verschwanden und aus diesen hervorquollen, waren seine Bewegungen minimal. Mal zuckte ein Mundwinkel, sein Kopf drehte sich ein wenig. Wer sehr genau hinsah, sah seine Füße wippen, wie wenn man sie anspannte um das unangenehme Gefühl langen stehens zu vertreiben.
    Aber auch von den Rumlungerern, den Nichtstuern und den Faulpelzen unterschied er sich. Hier waren es die Augen, die ihn verrieten. Nicht glasig oder abwesend waren sie, sondern wach, aufmerksam, sogar wachsam schauten sie den Rand des Forums ab. Zur Rechten der Saturntempel, dann die Basilica Iulia, das Castrorum, der Templum Vestae. Davor die schmale Straße auf den Palatin hinauf. Die Augen des Mannes folgten einem Trupp Prätorianer in der schwarzen Zivil-Uniform, der gerade um die Ecke verschwand, bevor sie weiterzogen. Die Regia am anderen Ende des Platzes sah er nicht, denn der Tempel des Divus Iulius stand ihm im Weg. Das Freistehen Gebäude mutete ihm wie ein Störfaktor an. Links dann die Basilica Aemilia und näher bei ihm die Curia Iulia. Dort wo jetzt Senatoren in Breitstreifentoga standen und angeregt diskutierten, lachten und auch zu streiten schienen, war vor nicht langer Zeit einer von ihnen ermordet worden. Zwischen dem Tempel der Concordia unmittelbar zu seiner linken und der Curia öffnete sich wie ein Mund die Via Flaminia, aus der grade eine weitere große Gruppe Menschen hervorquoll und auf die Rostra zu hielt. Die Sänfte trug vermutlich einen Politiker mit sich, der womöglich eine Rede zu halten gedachte.
    Und zwischen den Gebäuden überall Menschen in mannigfaltigen Tätigkeiten Begriffen. Wie die Bienen, in den Stöcken, die er in Germania kennengelernt hatte.


    Der zweite Unterschied waren seine schwarze tunica und toga. Der Mann war ein Soldat der Prätorianischen Garde. Beides war aus schlichtem Stoff und so würde wohl niemand auf den ersten Blick darauf kommen, dass hier gerade der neue Princeps Praetorii einen Teil dessen in Anschau nahm, was er als Teil seines neuen Aufgabengebietes betrachtete.


    Sim-Off:

    Ich würde mich weder gegen direkte Gesellschaft wehren, noch gegen Leute die sich bei ihren täglichen Verrichtungen beobachten lassen möchten.

    Licinus Körper versteifte sich unwillkürlich, als Luna sich an seine Brust warf.
    Wie immer fühlte er sich bei körperlicher Nähe nicht allzu wohl. Er wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte.
    "Ich hab es gehört, Luna" um ein Haar hätte er die Frau, "Ich bin hier um nach ihm zu sehen." Spröde Worte, als Trost gedacht, aber kaum dafür geeignet. Zumal Licinus tatsächlich von einer schweren Verwundung berichtet worden war.


    "Nicht schlimm" wandte er ein und signalisierte mit Mimik, dass er ihr Verhalten nicht übel nahm. Er konnte nicht damit umgehen, aber er verurteilte es nicht.
    "Bringst du mich zu ihm?"


    Als sie sich wieder von ihm gelöst hatte, warf er einen Blick über die Schulter auf die Soldaten. In Germania, wo jeder Soldat ihn und er beinahe jeden gekannt hatte, hätte dieser Blick alleine genügt um jedes Gerede ein für alle Mal zu unterbinden. Hier war er sich nicht so sicher und so formten seine Lippen ein stummes "Wehe!".

    Licinus hatte es sich nicht nehmen lassen die Eskorte, die den Trecenarius auf sein Landgut bringen sollte, selbst zur Villa Tiberia zurückzuführen.
    Auch eine Sänfte hatten die Soldaten beschafft, damit Verus in einem Resiewagen nicht unnötig durchgeschüttelt wurde. Getragen wurde sie von zuverlässigen Staatssklaven.


    Licinus ließ mit kräftiger Hand den bronzenen Türklopfer gegen die Schlagplatte sausen. Sein verwittertes Gesicht war sturmumwölt vor Sorge sowohl um den Kameraden, als auch um die Bedeutung dieses Angriffs.


    Sim-Off:

    So es keinem widerstrebt würde ich mir wünschen knapp vor Lunas zusammenbruch einzutreffen. Ginge das okay?

    Zitat

    Original von Marcus Octavius Maro
    Der Cornucularius sprang auf und nahm Haltung an. Das war also der Neue. Dem Vernehmen und dem Aussehen nach ein erfahrener Soldat.


    "Selbstverständlich, Princeps. Wenn du mir bitte folgen willst?"


    Und führte den Princeps sogleich zum Tribun, der den neuen sicher sofort in Augeschein nehmen wollen würde.


    Sim-Off:

    Bitte die Verzögerung zu entschuldigen. Machst du nen Beitrag im officium des tribunus, oder mach ich das selbst?


    "Natürlich," nickte Licinus und folgte dem cornicularius.

    Sim-Off:

    Da Dives verschwunden ist, mische ich mich hier mal ein.



    Iulia Esquilina


    Es dauerte eine Weile, bis ein Haussklave feststelle, dass Iulius Dives unauffindbar war. Also informierte man Licinus, dass jemand im Atrium wartete. Dieser aber musste noch eine Kleinigkeit fertig machen, weshalb Florus einen Moment länger warten musste.


    Indes kam jedoch ein junges Mädel ins Atrium und lugte hinter einer Säule hervor.
    "Salve. Wer bist du?" fragte sie mit leiser Stimme in dem Versuch so etwas, wie eine Gastgeberin zu sein. Außer ihr war ja niemand da.