Beiträge von Marcus Iulius Licinus

    "Nur ein bisschen" antworte Esquilina zwischen zwei Bissen.


    "Wenn wir das beide täten, sähen wir uns gar nicht mehr außerhalb der Besprechungen. Aber nächstes Mal lässt du dich einweichen, Pferdeflüsterer" gab Licinus nicht weniger neckisch zurück. "Dafür wärmt dein Weinkeller besser als meiner. Auf dein Wohl und das deiner Frauen. Wo sind sie eigentlich?"
    fragte Licinus noch bevor er den Becher kurz in die Höhe hob und ihn dann ihn einem tiefen Zug leerte.


    Sim-Off:

    Wenn ich das richtig gelesen hab ist Seiana wieder schwanger? Davon weiß Licinus aber noch nix, also wenn ihr ihn ein wenig schocken wollt...

    "Danke" sagte Licinus zu dem bekanten Ianitor knapp aber nicht unfreundlich.


    Licinus trat also ein und mit vereinten Kräften griff man die Erfrischugnen an. Licnius übernahm die Getränke, während Esquilina sich über das Obst (keine Kirschen, welche Enttäuschung) hermachte.
    Und so fand wer auch immer zuerst eintreten würde, einen Präfekten seitlich auf der Kline sitzend, der einen Becher schweren Wein in den Händen drehte und dabei ein Mädchen beobachte, dass mit größtem Vergnügen auf der Kline liegend die Zähne in eine Birne schlug.
    In Gedanken dachte er an das, was Duccia Silvana ihm über das Beschützen-Wollen der Eltern an den Kindern gesagt hatte.

    "Danke für den Trost, aber ich fürchte, das war es doch," antwortete Licinus noch immer mit einer Mischung aus Unglücklichkeit und Unsicherheit.
    "Ich hatte bis heute eigentlich nicht gedacht, dass sie sich des Unterschiedes überhaupt bewusst ist." gab er ehrlich zu. Wahrscheinlich hatte er das Kind noch für zu jung und den Unterschied wegen seienr Empfindung für zu klein gehalten, als dass sie ihn bemerkt hätte -- hätte bemerken können.


    Licinus nickte und murmelte Bestätigungen. Ja, wenn man es so formulierte, dann klang es tatsächlich gar nicht so unspannend. Nicht, dass Licinus selbst seine Arbeit für langweilgi gehalten hätte -- dann hätte er sie schon lange an den Nagel gehängt -- aber aus Sicht eines Kindes, hatte er gedacht ...


    Auch etwas anderes viel ihm auf. Die Energie, die in diesem Moment von Duccia Silvana ausging, war fast mit Händen zu greifen.
    "Ja, ja, das war richtig was du gesagt hast."
    Nur dass sie es gesagt hatte, das war etwas, was Licinus erst noch verarbeiten musste. Er hatte nämlich genau das vorgehabt. Esquilina von dieser hässlichkeit abzuschirmen. Wie er sie von allem hässlichen abschirmen wollte.
    Aber was Duccia Silvana zuvor gesagt hatte, erschien ihm logisch. Anders formuliert, er würde sie kaum ewig schützen können, und dann musste sie vorbereitet sein.
    "Ich kann mir vorstellen, gerade unter Soldaten ... Wir erleben viel scheußliches in unserem Leben." Er ließ den Satz unvollendet, wusste selbst nicht so genau worauf er hinaus wollte, aber die ganze Unterhaltung wurde ihm langsam gefährlich persönlich.


    Iulia Esquilina


    "Kaeso" sagte Alpian leise und wusste doch nicht, was sie sagen sollte. Ihrer großen Freundin gefühle für ihn, das war für das Mädchen nicht fassbar und er wusste dass er irgendwas damit zu tun hatte, dass es Alpina eine Zeit lang so schlecht gegangen war. Aber was genau da gewesen war, davor hatte Licinus sie sehr radikal abgeschirmt.


    Sim-Off:

    Ich weiß, das Salbei/Salbe Problem ist vermutlich der rosa Farbe geschuldet und normalerweise würde ich das ja gnadenlos überlesen, aber es bietet mir genau den Aufhänger für das, was ich vorhatte.


    Auf einmal wurde das kleine Mädchen ganz erst und sogar für seine Verhältnisse ruhig. Mit großen traurigen Augen sah sie die Hebamme an:
    "Pina? Rede ich eigentlich komisch? Weil ich habe eben Salbei gesagt und nicht Salbe und wenn ich mit Papa rede, dann versteht er mich auch manchmal nicht, erst wenn ich es nochmal sage und anders."
    Was das Kind meinte, war das Licinus sie in letzter zeit häufiger aufgefordert hatte deutlicher zu reden oder die Hand vor dem Mund wegzunehmen und nicht so zu flüstern. Aber sie hatte normal geredet, ihre Hand nicht vor dem Mund gehabt und auch nicht geflüstert. Esquilina war verwirrt und hatte niemandem, mit dem sie darüber reden konnte.

    "Du hast offensichtlich andere Erfahrungen mit Pferden gemacht als ich," eine sarkastische Ader in Licnius amüsierte sich über diese Situation beinahe. Hier standen sie, die gefolterte Frau und der Mann, der ihre Folterung befohlen hatte, und sie unterhielten sich ganz zivilisiert über Pferde. Das war irgendwie surreal, verrückt geradezu.


    "Für mich sind sie einfach zu schreckhaft. Lärm, Feuer, sobald etwas passiert sind sie kaum unter Kontrolle zu halten und laufen überall hin. Und wenn sie auf Seiten des Gegners stehen sind sie zu groß. Viel zu groß."
    Vollkommen merkwürdig, jawohl.

    Einer der Schreiber brachte dem centurio Tiberius zwei Wachstafeln vorbei. Eine einfache, die einen Marschbefehl enthielt,


    MARSCHBEFEHL für centurio AULUS TIBERIUS VERUS vom ANTE DIEM V KAL OCT DCCCLXVII A.U.C. (27.9.2017/114 n.Chr.)


    Der centurio hat sich in marschbereiten Zustand zu versetzen und baldmöglichst mit dem dann ehemaligen tribunus laticlavius Flavius nach Rom aufzubrechen und sich dort nach Ankunft unverzüglich an seinem neuen Dienstort castra praetoria, Roma einzufinden.


    Der centurio hat bei Abreise im Büro des Lagerpräfekten entgegenzunehmen und in Rom abzuliefern. Er zeichnet für die Sicherheit Schriftstücke verantwortlich.


    gz. Marcus Iulius Licinus


    ebenso wie eine doppelte im Stile der üblichen militärdiploma, deren zwei Seiten zusammengesiegelt waren, sodass sich im inneren ein geschützter Raum für einen Text ergab. Auf der Außenseite fand sich der gleiche Text ein weiteres Mal, die innere diente als vornahmlich ja als Fälschungsschutz.


    Der centurio Aulus Tiberius Verus hat seinen Dienst in der legio secunda germania stets zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten geleistet. An ihn gerichtete Befehle wurden von ihm stets zügig und gründlich durchgeführt. In entsprechenden Situationen hat er Eigeninitiative und Findungsgeist bewiesen.


    Seine Aufgaben waren über die Führung seiner centuria -- auch im Kampfeinsatz unter widrigen Umständen -- bis hin zum wiederholenden Tagesdienst. Ferner umfasste sein curriculum militare die Position des centurio statorum auch die Sicherung der Verkehrswege und Ermittlungstätigkeiten gegen Störer des Friedens. In dieser Aufgabe bewährte er sich besonders und zeichnete sich durch Jahre lange Besetzung eines Kommandos an der Grenze aus. Dort operierte er weitgehend eigenständig.


    Sein sonstiges Verhalten ist nicht zu kritisieren, eine Neigung zur übermäßigen Selbstreflexion kann beobachtet werden. Eine Beeinträchtigung seines Dienstes hierdurch ist jedoch nicht gegeben.


    Ich kann den centurio zur Verwendung in allen Tätigkeitsbereichen uneingeschränkt empfehlen.


    gz. Marcus Iulius Licinus

    "Danke," nickte Licinus und eine längere Weile herrschte Schweigen, während Licinus den recht langen Text überflog. Ein wenig überrascht war er von der Tatsache, dass auch Duccia Silvana an den Verhandlungen. Das hatte er bisher nicht gewusst.


    "Eine durchaus interessante Information. Das müssen wir im Auge behalten." und das würde er tun. Diese Querelen bei den Chatten konnten nur allzu schnell umschlagen. In die eine wie die andere Richtung und davon durften sie sich keinesfalls überraschen lassen.
    "Eine Delegation für diese Konsultationen besteht schon? Wer ist von unserer Seite für diese neue Hilfseinheit zuständig?" hakte Licinus nochmal nach.

    Angst runterzufallen, das wäre etwas überspitzt formuliert wohl die ehrliche Antwort gewesen. Das konnte man aber kaum so sagen.
    "Der Respekt eines Infantristen gegen die Kavallerie," lautete stattdessen die Antwort. "Vor allem, wenn man im parthischen Krieg gedient hatte. Außerdem finde ich diese Tiere einfach unberechenbar. Da marschiere ich lieber in der Kolonne. Das habe ich ja schließlich zwanzig Jahre lang gemacht. "


    Iulia Esquilina


    Esquilina nickte ernsthaft. "Das Schild kenne ich. Wenn es draußen hängt, dann komme ich nicht rein." das war ein Versprechen, dass das kleine ernsthafte Mädchen da artikulierte.
    "Und ich kann lesen. Aber Rechnen ist toller. Und die Schule macht Spaß Duccia Silvana ist toll." Dass sie über ihre andere Lehrerin nichts sagte, das zu interpretieren wäre wohl Aufgabe der Erwachsenen.
    Während das Kind sprach, probierte sie nicht auf Susina Alpinas Hände zu schielen, die nach den Honigwaben angelte. Honig, die ewige und kein bisschen heimliche Schwäche des Kindes.
    "Doch, das muss ich. Aber, das mach ich, wenn ich heimgehe." Und vielleicht, so war die Hoffnung, gab es ja auch die Mödlichkeit sich hier mal hinzusetzen und die Leseübungen zu machen, wenn Alpina Tränke und Tinkturen zubereitete. Denn dass sie die ununterbrochene Aufmerksamkeit der Hebamme haben könne, das wusste sie, war ein Wunschtraum.
    Als der Topf endlich vor ihr stand, war das Händchen blitzartig in dem Topf und direkt danach eine Wabe in ihrem Mund.
    "Was hast du eben gekocht? Das war Salbei, oder?" Sie schnupperte noch mal, aber wirklich sicher konnte sie sich dann doch nicht sein.

    "Ich werde darüber" sagte Licinus langsam "nachdenken."
    Ob er seine Abneigung gegenüber dieser dämlichen Viechern für Esquilina würde ablenken können, das würde eine ziemliche Herausforderung.


    "Das ist ..." Licinus fühlte sich ein wenig vor den Kopf gestoßen. Warum hatte er das eigentlich nie getan? Licinus hatte überhaupt keine Antwort darauf parat, nicht mal eine unbefriedigende. "Das war ... nachlässig von mir, nicht wahr?"
    Der Präfekt ziemlich überfahren und spürte im Rücken den Blick, den Esquilina ihm zuwarf, die ihrerseits spürte, dass mit ihrem Papa was nicht stimmte.
    Mit einem liebevollen Blick zu dem Mädchen meinte er sanft: "Aber für mich ... ist es auch kein Unterschied." Blauäugig schalt er sich. Aber das mochte ien Erklärung doer Rechtfertigung sein.


    "Wachstafeln und Bücher also?" das interessierte Licinus wirklich, denn dass die günstigen Wachstafeln fehlten, war für ihn eine Aussage, die eine Menge über die finanzielle Ausstattung der Schule sagte.
    "Magst du mir eine Liste zukommen lassen, aus der ich dann auswählen kann?"


    "Ich wäre dir dankbar, wenn du sie mir zur Verfügung stellst."


    "Mein Alltag?" Licinus lachte trocken. "Da lernt sie nicht viel mehr Vorstellungskraft, als mich, einen Schreibtisch und einen nie kleiner werdenden Berg Wachstafeln. Nein, der taugt nicht für Erzählungen, glaub mir."

    Nur zu gerne lies Licinus sich dabei helfen die Unterlagen aufzuheben. Er kam langsam in ein Alter, in dem es nicht mehr angenehm war auf dem Boden herumzukrabbeln.


    "War sie tatsächlich." erklärte Licinus freimütig, immer noch ganz begeistert von den neuen "Eine Gruppe Schmiede in Südgallia hat neue Formen für Waffen und Rüstungen entworfen. "Leichter, stabiler, besser", hatten sie geschrieben und sie hatten Recht." Licinus unterbrach sich selbst, er benahm sich ja wie ein kleines Kind, wenn er von den neuen Rüstungen redete, fiel ihm langsam auf. Und auch wenn die Marscherleichterung für die Soldaten erheblich sein dürfte, wäre das doch übertrieben.


    "Aber ich bin froh, das sie hinter mir liegt. Das Reiten ... liegt mir nicht." erklärte er noch unwillkürlich.

    Licinus ließ den Tiberier ausreden. Der Tonfall war definitiv unangemessen, aber durch die Menge der schlechten Nachrichten gerade noch entschuldbar. Allerdings zeigte eine scharfe Stirnfalte, dass der Präfekt ob der subtilen Unterstellungen an ihn selbst, die man durchaus heraushören konnte, nicht amüsiert war.


    "Ich wollte deine Kompetenzen mitnichten in Zweifel ziehen," betonte Licinus.
    "Aber um eines ganz klar zu sagen: Seine Pflicht zu tun und Wünsche zu äußern ist kein Widerspruch. Im Gegenteil.
    Es ist Aufgabe eines Vorgesetzten, seine Männer dort einzusetzen, wo sie am besten einzusetzen sind. Da ist es wichtig zu wissen, wo die Männer selbst ihre Stärken sehen. Natürlich versteht es sich von selbst auch dann sein bestes zu geben, wenn man nicht gemäß der eigenen Wünsche eingesetzt wird.
    Davon abgesehen sollst du als centurio gerade nicht wie eine Maschine agieren sondern selbst denken und Initiative zeigen. Wie du es ja bisher auch getan hast."


    Natürlich wäre das ganze einfacher, wenn man in Rom statt immer konkrete Personen anfordern würde, sondern mitteilen würde, einen centurio für welche Aufgaben man denn nun benötigte und es Licinus überließe ihn auszuwählen-


    "Ich werde ein entsprechendes Schreiben aufsetzen. Du bist dann für heute entlassen. Regele deine Dinge hier, deinen Marschbefehl erhältst du in den kommenden Tagen."

    Licinus Blick wechselte von überrascht zu beinahe entsetzt.
    "Ausreiten?"
    Im Prinzip wunderte es ihn schon, dass das mit Kindern ebenso ging, wie mit ausgewachsenen Männern, aber hier hatte er einfach zu wenig Ahnung. Und daher ließ er sich gerne beraten. Aber ausgerechnet Ausreiten. Dann würde er lieber mit Esquilina laufen gehen.


    Mit belegter Stimme -- auch damit Esquilina nicht verstand, was sie redeten -- begann Licinus zu sprechen.
    "Dann sollte ich vielleicht erklären. Du weißt, dass Esquilina nicht meine Tochter ist? Sie ist das Kind einer Frau aus Mantua. Ihr Vater war ein Soldat der prima, der seine Geliebte kaum dass sie schwanger war sitzen gelassen hat. Die Mutter hat sich mehr recht als schlecht durchgeschlagen. Vor Jahren gab es ein Unwetter in Mantua, bei dem das Haus, in dem sie wohnten einstürzte. Ich und einer meiner Soldaten konnten Mutter und Tochter aus dem Trümmerhaufen bergen. Die Mutter überlebte es nicht, das Kind schon. Ich nahm mich ihrer an, bis wir Verwandte gefunden hatten, vorläufig sollte das sein. Wir fanden keine." Licinus grinßte etwas schief, er hatte sich an das Kind gewöhnt und sie hatte etwas in ihm ausgelöst, was ihn heute noch faszinierte. Er verlor aber kein Wort hierüber, es ging ja nicht um ihn.
    "Sie bleib bei mir. Freundete sich mit einem Sklavenmädchen an, das aber nach einigen jahren spurlos verschwand. Im Bürgerkrieg brachte ich sie in meinem Landgut unter, das Lager war zu unsicher. Dort fühlte sie sich wohl und wurde von meinem Verwalter -- einem Vateranen -- und seiner Frau umsorgt und wohl auch verhätschelt. Die beiden starben kurz bevor wir nach Mogontiacum kamen. Ja, den Rest kennst du ja."
    Sowohl Esquilinas Krankheit als auch Licinus Unfall hatten ja die Casa Helvetia durchaus betroffen, von daher ging Licinus nicht davon aus, dass Duccia Silvana davon nichts mitbekommen hatte.


    "Nun, gibt es denn etwas, was du gerne anschaffen würdest, aber bisher nicht konntest?" fragte Licinus frei heraus. Er hatte keine Ahnung, was eine Schule so brauchte. Dafür hatte er einen ganzen Haufen Geldmünzen in der Truhe in seinem haus stehen und in Roma müsste Dives eine weitere haben.


    "Ich werde versuchen, das so oft wie möglich zu tun." versprach Licinus ernsthaft, wusste aber doch, dass der Dienst ihm oft genug einen Strich durch diesen Plan mache würde. "Gibt es so etwas wie eine Fibel, die ich hierfür nutzen kann?"


    Iulia Esquilina


    Esquilina wusste nie so genau, was sie antworten sollte, wenn ihr Leute sagten, dass sie so schnell wachsen würde. Ihr kam es nicht so vor. Sie kam immer noch nicht an die oberen Regalbretter in der Küche dran. Also vor allem nicht an das, auf dem der Tonkrug mit den honigkirschen stand.


    Esquilina hüpfte von der Kiste runter und umarmte ihre große Freundin.
    "Salve Pina, du riechst gut." stellte sie fest, noch bevor sie wieder losließ, und versuchte zu erschnüffeln, was für Kräuter es waren, die von der Hebamme ausströmten.


    "Ja, Papa hat erlaubt, dass ich nach der Schule allein heimgehen darf und dich ab und zu besuche. Wenn ich darf?"
    Licinus hatte klipp und klar zur Bedingung gemacht, dass sie Alpina nicht stören und nur so lange bleiben durfte, wie sie alpina keine Zeit stahl.
    Mit großen Kulleraugen, sah sie die Raeterin an. Da konnte doch keiner Widerstehen, oder? Zumindest die Soldaten konnten es nie.

    Es musste ein geradezu absurder Anblick sein, den gestrengen Präfekten dort auf einem Kinderstuhl zu sehen. Bildete er sich das oder hörte er im Hintergrund ein Kichern von Esquilina und den beiden Goldlöckchen?


    Das Lob für das Mädchen ging ihm runter wie Öl. Rechnen konnte sie also gut. Das freute ihn, er hatte schließlich selbst den ganzen Tag mit zahlen zu tun und wusste, was eine nützliche Fähigkeit das war.
    "Meinst du es würde etwas nützen, wenn ich sie mehr Sport machen lasse?" schlug Licinus vor, kam sich aber gleich darauf etwas dämlich vor. Natürlich, hatte ein Soldat zu viel Energie, ließ man ihn Runden laufen. Aber sicher konnte man den Umgang mit Soldaten kaum auf Kinder anwenden. "Entschuldige, eine blöde Idee. Ich werde ihr sagen, dass sie besser stillsitzen sill."


    "Das habe ich befürchtet," Licinus nickte ernst. Ganz ablegen würde das Kind seine Verlustängste wohl niemals können. Was aus Licinus sicht auch nur verständlich war. "Du kennst ihre ... Geschichte?" fragte er nach, nicht sicher ob er der Duccia je erzählt hatte, wie er und Esquilina sich kennengelernt hatten. Vielleicht hatte sie es auch von Susina Alpina erfahren, die beiden Frauen lebten schließlich in einem Haus.


    Bei dem Verdacht, dass das Mädchen schlecht hören könnte zuckte Licinus Hand unwillkürlich ein Stück nach oben. "Das ist eine interessante Sache, die du dort beschreibst. Ich bin mir nicht sicher ob ich vollständig verstehe, aber ich würde dich in jedem Fall bitten es im Auge zu behalten. Wenn du meinst, dass eine intensivere Arbeit nötig ist, werde ich selbstverständlich dafür aufkommen." Gab es doch praktisch nichts, was Licinus für seinen kleinen Augenstern nicht tun würde.
    Etwas unwillig kamen daher auch seine nächsten Worte über die Lippen. Nichts zu tun lag nicht in seiner Natur.
    Es klingt jedoch nicht so, als könne ich direkt etwas tun?"

    Eine große und eine kleine Gestalt näherten sich dem Tor an diesem Abend im Regen und die größere der beiden ließ den schweren Klopfer auf die etwas angekratzte Platte krachen.
    Hoffentlich würde der Türöffner nicht zu lange brauchen und hoffentlich waren Seneca und Decima Seiana überhaupt zu Hause, der Besuch Licinus uns seines Mündels fand doch eher spontan statt.


    Iulia Esquilina


    Still schob sich ein kleines Wesen durch die Tür und ebenso still setzte sie sich auf etwas, was ihr als passende Sitzgelegenheit erschien. Dort winkte sie kurz, bis sie gemerkt hatte, dass die Hebamme sie gesehen hatte und ließ ihren Blick mit kaum verhohlener Neugierde durch den Raum schweifen.


    Esquilina wartete ganz brav bis ihre Freundin und gewissermaßen ihr Vorbild Zeit für sie hatte.

    "Erfolgreich, recht erfreulich und entschieden zu lang." Meinte Licinus immer noch gut gelaunt ob der Erinnerung an die Reise. Tatsächlich war es nicht zuletzt das Wetter in Südgallia gewesen, dass ihm die Laune so gehoben hatte. Die Wärme war ein Segen gewesen.


    "Ich wollte wissen, wie sich eine gewisse junge Dame" kam er zur eigentlichen Frage und warf einen schnellen Blick auf seine Ziehtochter. "Sich während meiner Abwesenheit hier geschlagen hat und ob ihr Benehmen anständig war."
    Unausgesprochen blieb die Frage, ob die Lehrerin etwas mitbekommen hatte, wie Esquilina seine lange Abwesenheit verdaut hatte. Um das aber auszusprechen hätte der Duccia Silvana schon viel länger kennen müssen.

    Licinus konnte die leise gemurmelten Worte nicht verstehen, die Luna dort von sich gab.
    "Wie bitte?"
    Warum mussten Frauen eigentlich so oft so leise sprechen, dass man sie kaum verstand. Ihm war es ein Rätsel. Dann besann er -- kein Mensch der andere für seine Fehler verantwortlich machte -- und meinte
    "Entschuldige, ich sollte im Laufen keine Berichte lesen." Er kniete sich nieder und fing an seine Unterlagen einzusammeln.

    "Sehr gut" eidas bekanntwerden einer Hochzeit nach irgendeinem germanischen Ritus -- so befürchtete Licinus -- hätte die Gerüchte um Verhexungen und ähnliches nur wieder zum Aufleben gebracht.


    Tatsächlich war Verus nicht der einzige Soldat im Heer der diese Ehre ablehnte. Genau genommen nicht einma in diesem Raum. Licinus hatte über zwanzig Jahre zuvor in der parthischen Wüste nämlich genau das getan, eine Beförderung zur Garde ausgeschlagen und stattdessen weiter seinen Dienst in der prima getan. Andernfalls wäre wohl so manches anders gelaufen in seinem Leben.


    Natürlich war es ausgeschlossen dem Soldaten zu raten, die Beförderung auszuschlagen. Zu nahe wäre dies daran gewesen einen höheren Befehl zu hintertreiben, was mit Licinus verständnis der Hierarchie nicht vereinbar war.
    "Ich fürchte ..." setzte er mit schwerer Stimme an. "Deine Analyse ist korrekt." Anders konnte man es nicht formulieren, Rom war ein Moloch und die Prätorianer nicht minder von Korruption durchzogen als die gesamte restliche Politik.
    Vielleicht konnte er dennoch etwas tun, denn auch wenn er sie verlassen würde betrachtete er den Tiberier als einen "seiner" Soldaten und sah sich daher in einer Fürsorgepflicht für ihn.
    "Ich könnte ein Empfehlungsschreiben aufsetzen, indem ich anrege dich im Wach- und Personenschutzdienst einzusetzen, nicht im Ermittlungsdienst. Als Abschiedsgeschenk sozusagen. Vorausgesetzt du möchtest das." Betrachtete Licinus diesen Teil der Aufgaben der Prätorianer doch als den deutlich ehrlicheren, auch wenn er sich nicht ganz klar war, dass auch und gerade hier von den "Ausrutschern" und "Unzulänglichkeiten" hoher Politiker direkt mitbekam.