"Berufrisiko der centurionen," zitierte Licinus den alten Spruch "beim Angriff die ersten, beim Rückzug die letzten. So haben wir es immer gehalten. Was die höheren Offiziere angeht, hatten wir vor Vicetia allerdings verdammtes Pech! Die andere Seite aber auch!"
Wenn man allein an den gefangenen Prätorianerpräfekten dachten. Und, zack, war das Thema wieder auf dem Tisch. "Danke. Ja, muss ich auch. Und mein Lager ist ja auch auf der anderen Seite." Jetzt war es schon 'sein' Lager. Er warf einen Blick in Richtung der Sonne "Sollten wir aber noch gut schaffen." Licinus wollte etwas zum Thema Pferd sagen, aber da fuhr der tribunus schon fort.
"Keiner, ich würde lügen müssen, wenn ich sagen würde, dass ich den Überblick behalte. Und ich gehöre dazu." Das er die Freilassung sogar erhalten hätte, war auf der anderen Seite gut, auf der einen dagegen etwas ärgerlich, da er nicht darum gebeten hatte.
"Nun, da habe ich wohl eine Gelegenheit verpasst. Ich wollte dich eigentlich nur bitten, ihn unter Ehrenwort unter Hausarrest in einem der leeren Mannschaftsqaurtiere unterzubringen. Ich halte ihn zwar für einen ziemlichen Opportunisten, aber für ungefährlich. Und gerade weil er ein Opportunist ist, wird er kaum versuchen zu fliehen." Zu Ostia konnte Licinus nichts sagen, es war lange her, dass er am zivilen Leben einer Stadt teilgenommen hatte. Weit über ein Dutzend an Jahren. Oder anders formuliert, fast sein gesamtes Leben seit Anlegen der toga virilis.
Bei den Worten von der Eroberung Roms dagegen, wanderte sein Blick direkt auf die Stadtmauer und die mehr als lockere Postenkette, die sich auf selbiger abzeichnete. Lächerlich aus strategischer Sicht, aber für den einzelnen Mann konnte es dennoch gefährlich werden. "Wenn kein Entsatzheer der Vescularianer auftaucht, wird es auch hier nicht mehr lange dauern." Natürlich ahnte Licinus nicht im geringsten, wie kurz es nur noch dauern würde, aber er gab der Stadt 10 Tage mehr.
Als die Stallburschen aber den Befehl bekamen, sein Pferd zu bringen, standen sie vor einem Problem: Er hatte keines dabei. Als centurio keines gebraucht, in der Stadt zum praefectus ernannt, hatte es bisher wichtigeres zu tun gegeben, als sich ein Pferd zu beschaffen. Genau genommen gab es für Licinus immer etwas wichtigeres, als sich einen verdammten Klepper anzuschaffen. "Gebt mir irgendein ruhiges Vieh! Ich sorg dafür, dass es zurück kommt!" wies er die Stallburschen also an, die prompt mit einem auftauchten.
"Beide! Etwas entfernter", gab Licinus unumwunden zu, nachdem er mehr entschlossen als elegant aufgesessen war. Er stellte wieder mal fest, dass er das Reiten einfach nicht mochte. "Aber mein Kontakt zu ihnen war schon vor dem Bürgerkrieg, na, sporadisch wäre wohl noch übertrieben. Von daher kann ich dir nicht sagen, warum sie auf der anderen Seite der Mauer stehen, Opportunismus oder Machtgier."
"Aber wenn du noch eine Frage erlaubst. Wir hatten eben das Thema Verluste an Offizieren, weißt du etwas über den Gesundheitszustand des Gefangenen Faustus Decimus Serapio?" Es war raus. Licinus fühlte sich ein wenig erleichtert, alleindadurch, dass er die Frage gestellt hatte. Allerdings hoffte er, dass man ihm seine Erleicherung nicht allzu sehr anmerkte. Er merkte erst durch die Fragen des Ducciers selbst, wie viele recht hochrangige Verräter er selbst kannte und/oder mit ihnen verwandt war.