Geduldig hörte Licinus zu. Zu seiner nicht geringen Freude machte es ihm sein Verwandter aber auch deutlich einfacher als zuvor, redete er nun doch in stringenten Sätzen und seine Stimme hatte ein ruhigeres Timbre angenommen. Die ganze Zeit ließ er ihn reden und beschränkte sich selbst auf's Nicken. Erst als der jüngere endete, begann er zu sprechen.
"Nun, so wie ich das sehe, befindest du dich in folgender Lage:
Du dienst hier als Geisel für das Wohlverhalten sowohl deines Kollegen Herminus, als auch für das Wohlverhalten der ostiensischen Stadtverwaltung insgesamt. Die Chancen, dich hier heraus zu bekommen dürfen also denkbar schlecht stehen, tut mir Leid. Zumindest bis die Stadt Ostia gesichert wurde."
"Das heißt jedoch nicht, dass ich gar nichts für dich tun kann. Zumindest kann ich versuchen, deine Haftbedingungen zu erleichtern, vielleicht sogar dich verlegen zu lassen. Du sagtest, der tribunus Duccius hat deinen Kollegen zurückgeschickt? Weißt du, warum ihn und nicht dich?"
Die Frage war vermutlich, weil der eine ein Iulier war, dessen gens stark von Salinator unterstützt worden war. Vielleicht gab es aber auch noch andere Gründe. Und Licinus war Offizier genug, vor einer Schlacht immer alle Eventualitäten abzuklopfen. Außerdem hatte er den Duccier von dessen Zeit bei der prima in guter Erinnerung behalten.
"Nebenbei bemerkt, das "opportunistische Unterstützungsangebot" wird man dir de-facto kaum vorwerfen. Vielmehr aber das zu lange Ausbleiben desgleichen."
Licinus erinnerte sich noch an seine eigenen Zweifel, die ihn befallen hatten. Und ein sein Entsetzen, dass selbst so integre Männer wie sein alter Freund Serapio dem Vescularier auf den Leim gegangen waren. Bei dem Gedanken erschauderte Licinus, denn musste sein alter Freund nicht hier irgendwo sitzen? Vermutlich in einer noch dunkleren, noch unerfreulicheren Zelle? Dass er noch elbte vermutete Licinus, sein Tod wäre sicherlich bekanntgegeben worden. Und wieder nagte das schlechte Gewissen an ihm, ihn noch nicht besucht zu haben. Und wieder hatte er beinahe Angst vor einer solchen Zusammenkunft.