Beiträge von Claudia Ofella

    So unerwartet kam der ruppige Griff an ihrem Oberarm dass Ofella missbilligend die Lippen schürzte und auf ihres Gatten Hand hinabsah, ehe sie den Blick auf sein Gesicht lenkte. Was sie dort sah, wandelte das gemüt augenblicklich von Geringschätzung zu Verblüffung, denn sie hatte erwartet, dort alles mögliche zu lesen, nur kein Verlangen oder zumindest den Anflug davon. Die Überraschung zeichnete sich ganz deutlich auf ihrem Gesicht ab und ging sogar soweit, dass Ofellas Mund verwundert einen Spalt offen stand. Die scharfen Worte, die ihr auf der Zunge gelegen hatten - immerhin war die gens Lucretia nicht eben weniger angesehen als die gens Claudia! - verpufften im Nu. Sie ahnte, dass er sie in der Nacht besuchen kommen würde, wenn er nicht gleich hier darauf bestand, zu bekommen, was ihm zustand. Ob Ofella ähnliche Gedanken hegte, wusste sie selbst in jenem Moment der Verblüffung allerdings nicht.


    Ihr Gemahl schien von einer der Fibeln magisch angezogen zu werden, und bei dem vagen Gedanken daran, dass er vielleicht nicht nur die filigrane Fibel, sondern auch irgendein kleines Getier betrachten könnte, wandte sie rasch den Kopf und senkte den Blick, doch dort war nichts weiter, keine Spinne weit und breit, kein Käfer sichtbar. Erleichtert seufzte Ofella, als sie plötzlich das näherkommende Tapsen kleiner - und nasser? - Kinderfüße auf dem edlen Boden hörte. Vesuvianus konnte nun verlangen, was er wollte, Ofellas Sohn stand stets im Mittelpunkt und würde sich auch genau dort befinden, selbst wenn ihr Gatte auf ihr liegen wurde. So wandte sich die Claudia um und beobachtete überrascht, dass ein kleiner, feuchter und dreckverschmierter Lucius zur Tür herein kam und in seinen Händen eine Vielzahl von Blümlein hielt, teilweise sogar mit Wurzelstock. Es mochte Vesuvianus vielleicht nicht gefallen, doch Ofella ging augenblicklich in die Hocke und berührte behutsam eine große, violette Blüte. "Oh, mein Mausespatz, die sind ja..." begann sie, und ehe sie weitersprach, riss sie den Blick von den Blumen (auch wenn sie nicht vasenfähig waren, aber der Gedanke zählte schließlich) und sah ihren Sohn mit einem stolzen und leicht senilen Mutterglückslächeln an. "...oh, wahrlich.....herzallerliebst", hauchte sie schließlich und konnte nur um ein Haar vermeiden, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.


    Mit einer erdigen Hand griff der Junge nun nach er Hand seiner Mutter, und Ofella erhob sich, um dem Kleinen leicht vorgebeugt zu folgen, wenn auch nur ein paar wenige Schritte weit. "Hast du den Blumenstrauß denn ganz allein gepflückt?" fragte sie Lucius mit anerkennendem Blick. Sie blieb stehen und sah zurück zu ihrem Mann, der leicht verärgert herumstand. "Oh schau nur, Herius - unser Sohn wird einmal ein begnadeter Verführer werden!" sprach sie mit vor Stolz geschwellter Brust und jauchzte. "Lucius, mein Sonnenschein, vielen Dank für dieses außerordentlich nette Geschenk." Dass der Junge erdig und feucht war, hielt sie nicht davon ab, ihn zu herzen, wobei sie einige der größeren Blüten versehentlich zerdrückte.

    Ungeduldig mit dem Fuß wippend, schickte Ofella den Sklave fort, der ihr die zwei Neuen herbeigeholt hatte. Wie sie nebeneinander standen, musterte Ofella zuerst die Konstitution der beiden. Sie schienen ihr gesund zu sein, wenngleich eine der beiden - die Hellharige - auch etwas mager wirkte. Ofella hatte nicht die Absicht, auch nur irgendwelche Worte der Erklärung ihrer Person fallen zu lassen. Stattdesse hielt sie mit dem Fußwippen inne, und einen Augenblick später erhob sie sich aus dem Sessel. Die Claudia hob die Arme, so dass das Tuch, welches um ihren Leib geshclungen war, zu Boden glitt und sie nun entblößt vor den Sklavinnen stand. Vereinzelt glitzerten noch Wasserperlen auf ihren Schultern, und aus dem feuchten Haar tropfte es unermüdlich. "Eine Germanin und?" fragte sie unfreundlich und winkte im gleichen Moment schon wieder ab. "Im Grunde ist es einerlei. Hauptsache, ihr könnt meine Wünsche zufriedenstellen, und im Moment wünsche ich, angemessen eingeölt, eingekleidet und gesellschaftsfähig gemacht zu werden. Werdet ihr das schaffen oder seid ihr selbst für diese wenigen Handgriffe zu ungeschickt?" fragte sie, ohne eine wirkliche Antwort zu erwarten. Die im Raum verbliebenen drei Sklaven außer Minna und Fiona blickten angsterfüllt von Ofella zu den zweien hin und wieder zurück.

    "Wie recht du hast", pflichtete Ofella augenblicklich bei und nichte affirmativ. Sie war beeindruckt von seiner imposanten Erscheinung und dem edlen Verhalten, was er an den Tag legte. Da er sich nicht selbst setzte, kam sie ihrer eigenen Aufforderung zuerst nach und nahm auf einem Halbhohen Stuhl Platz, die Hände sorgsam und akkurat im Schoß gefaltet "Betrüblich ist dieser Umstand, aber wir dürfen hoffen, dass der niederschmetternde Fall der Feinde nicht allzu viel Zeit in Anspruch nehmen wird", ergänzte sie augenblicklich und nickte zweimal, um sich selbst ihre Worte zu bestätigen. Kaum hatte der Besucher indes seinen Namen genannt, trat die Erkenntnis auf ihre Züge. "Flavius Furianus! Oh, ich habe schon einiges von dir gehört. Die Flavier sind eine sehr edle Familie, bringen stets höfliche Sprösslinge hervor. Es ist mir eine Freude, dich kennenzulernen und in diesem Hause empfangen zu dürfen, Flavius", begeisterte sie sich und machte bei der Erwähnung der villa eine allumfassende wie galante Geste. Es war das Glück der Sklavin, dass sie sich sputete, um Erfrischungen zu organisieren. Insgeheim munkelte man, dass die Flavier allmählich das Ruder des religiösen Schiffes in die Hand nahmen, und waren nicht auch im Senat deutlich mehr Flavier als Claudier vertreten? Ofella befand, dass es niemals eine schlechte Idee sein konnte, sich mit dieser angesehenen und ehrwürdigen Familie gutzustellen, und dies begann bereits dabei, einem Flavier auf Überraschungsbesuch den besten Hauswein und eine Auswahl verschiedener Köstlichkeiten zu kredenzen.


    Dummerweise nur war die Sklavin dermaßen ungeschickt, dass Ofella ihre nächste Frage, nämlich, ob Herius und Furianus sich gut kannten, im Halse stecken blieb. Mit hervortretenden Augen betrachtete sie fassungslos, wie das ungeschickte Ding die einstweilig saubere toga des Flaviers benetzte. Nun gut, es war nur Wasser, allerdings hätte es auch Wein sein können. Ofella schnappte nach Luft. "Duu", brachte sie erzürnt hervor und tauschte einen erschrockenen Blick mit Furianus. "Du...unnützes Balg einer räudigen...." Entsetzt hielt sie inne, es geziemte sich schließlich nicht, Sklaven vor angesehenen Besuchern zu beschimpfen. So stand Ofella im Bruchteil einer Sekunde auf ihren zwei Beinen, holte aus und schlug Leah mit der flachen Hand ins Gesicht. Es klatschte unschön, und die Dinge auf Leahs Tablett kamen ins Wanken, doch es war Ofella egal. Wenn diese dumme Sklavin nun Schuld daran war, dass der Flavier einen schlechten Eindruck vom Hause der Claudier gewann...nicht auszudenken! Ungeachtet der Tatsache, dass Furianus zeuge dieses Wutausbruches wurde, schnappte sich die rothaarige Claudierin den linken Arm der Sklavin und verdrehte ihn hinter deren Rücken. Natürlich fiel das Tablett scheppernd zu Boden und ein Weinkelch kollerte weinspeiend über den blitzblanken Boden, um mit einem platschenden Laut im impluvium zu verschwinden. "Flavius, so unverhofft wie angenehm unser kurzes Zusammentreffen auch war, so bitte ich dich, micht zu entschuldigen. Ich bin mir sicher, dass mein Gatte sehr bald auftauchen wird", verabschiedete sie sich so freundlich, wie es ihr angesichts Leahs Verhaltens möglich war, neigte grüßend den Kopf und eilte sodann mit der Sklavin, deren Arm immer noch schmerzhaft auf dem Rücken verdreht war, aus dem atrium hinaus. Nun langte es, sie musste bestraft werden!

    Unglücklicherweise - für wen sei hier mal dahingesagt - war es Ofella, die den Raum vor ihrem Gatten betrat, überrascht den Blick hob und sogleich noch schnell die Frisur auf Korrektheit ertastete, ehe sie auf den Flavier zu eilte. Er sah wichtig aus, also war es nicht verkehrt, ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Die Sklavin jedenfalls, ein nichtsnutziges, dürres Ding, das mit den restlichen Sklaven aus Baiae nachgekommen war, schien das anders zu sehen. Ofella nutzte die Gelegenheit, welche die Überbrückung der Entfernung zu dem Besucher bot, um sie zurecht zu weisen. "Nun steh nicht so ignorant in der Gegend herum, du dummes Ding! Biete unserem Gast etwas an!"


    Bei Furianus angekommen, lächelte sie charmant und entschuldigend. "Verzeih, sie ist neu hier und muss noch geschliffen werden", log sie nur halb, denn obgleich Leah nicht neu war, so war sie doch neu hier in Rom. "Claudia Ofella, Gattin des Hausherren Claudius Ve...Menecrates. Herrje, an diese Änderung muss auch ich mich erst noch gewöhnen...bitte, setz dich doch, während du wartest. Mein Gemahl müsste sicherlich gleich eintreffen..." sagte Ofella und hielt nach den Worten inne, um dem Besucher einen fragenden Blick zuzuwerfen. Wen sie hier wohl vor sich hatte?

    Ofella hatte es sich nicht nehmen lassen, Epicharis zu begleiten, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass die junge Dame lieber allein gegangen wäre. Dennoch bestand Ofella darauf, dem Mädchen - in ihren Augen war Epicharis nämlich noch eines - modetechnisch beratend zur Seite zu stehen. Es ging ihr zwischen den Geschäften allerdings nicht schnell genug voran, und die Verpflegung war auf dem Weg durch die Sklaven nicht wirklich gewährleistet, weil nahezu alle acht mit mindestens einem kleinen Päckchen bewaffnet waren. Ofella war durstig und mochte nicht mehr stehen, doch Epicharis wollte unbedingt noch zu Chanelix, von dem Ofella natürlich schon gehört hatte, doch von Baiae bis hier nach Rom war es ihr zu weit gewesen, und ein weiteres Chanelix-Geschäft gab es zu ihrem Bedauern in Baiae nicht.


    Endlich hatten sie dann diesen Laden erreicht, Epicharis und Ofella traten ein und Ofella schwelgte sogleich im siebenten Himmel, als sie die große, neue und farbenfrohe Sommerkollektion sah. Untermalt von vielen Ohs und Ahs begutachtete sie die Ausstellungsstücke und schließlich ein indigofarbenes, prächtiges Nachtgewand. Da wurde sie plötzlich Zeuge eines kleineren Tumultes, aus dem sie auch Epicharis' Stimme heraushören konnte, was sie letztendlich auch dazu bewog, hinter einem Kleiderständer hervorzuspähen. Eine Frau verpasste gerade einem claudischen Sklaven eine Ohrfeige, Epicharis schickte ihn vor die Tür und das Gezeter begann. Neugierig und wichtig trippelte Ofella näher und rang die Hände, um ihrer - wie sie befand - sichtlich überforderten Stieftochter zur Hilfe zu eilen und sich in den Kampf zu stürzen. "Ach herrje, ach du liebe Güte, was für ein peinlicher Zwischenfall! - Du da, dreißig Peitschenhiebe für den Schuldigen! - Meine Liebe, es tut mir wirklich außerordentlich leid, so ein ungeschickter Trottel..ist Germane, musst du wissen, die können ja wirklich nichts außer töten und verletzten. Ich wusste gleich, dass es ein Fehler war, einen so dümmlichen Waldbewohner mit zum Einkaufen zu nehmen - es tut mir wirklich schrecklich leid. Dürfte ich dir vielleicht eine stola erwerben, um die Schmach etwas zu verschmerzen? Ah, verzeih mir, ich bin Claudia Ofella und dies ist meine ...Tochter, Epicharis. Und mit wem haben wir die Ehre?" Etwas überzogen klimperten die Wimpern, als Ofella die Unbekannte fragend ansah.

    Nanu, eine Sklavin will freiwillig zu meinem Gatten und mir?
    Kindchen, ich hoffe dass du weißt, worauf du dich da einlässt.... 8)


    Was diese Geschichte angeht, die du gern ausspielen würdest, habe ich nichts dagegen. Wenn du also nach reiflicher Überlegung immer noch Interesse hast, dann bist du herzlich willkommen.
    Wer bekommt schon nicht gern Sklaven geschenkt? :D

    Als ihr Gemahl ihr die Summe nannte, von welcher sie die Vorhänge auf den neuesten modischen Stand bringen sollte, musste Ofella es vermeiden, allzu große Augen zu machen. Von dieser Summe würde sie nicht nur die Vorhänge ersetzen, sondern auch sämtliche Liegen neu polstern lassen, das atrium komplett verschönern und ihr eigenes cubiculum, nun, wohnlicher einrichten können. Der Glanz in Ofellas Augen und die Freude waren echt, wenngleich sie auch nicht allzu lange währten, da Vesuvianus sie erneut an Lucius' bestrafung erinnerte. Ofella sagte nichts weiter dazu, musste aber insgeheim doch schon irgendwie zugeben, dass er Recht hatte, was den Unterschied zwischen Patrizier und Sklave anbelangte. Zugegeben hätte sie das jedoch niemals, nicht einmal unter Folter. Stattdessen sog sie nur die Luft ein, hielt sie einen Moment an und stieß sie dann in einem langen Seufzer wieder aus und fragte sich, warum ihr Gatte schmunzelte. Fand er es etwa derart witzig, sie vor den Kopf zu stoßen. Ofella konnte nicht anders und musste nun doch etwas erwidern, einfach schweigend aufzugeben lag ihr einfach nicht. "Ohne diesen Willen hättest du meinen Vater vermutlich auch nie überzeugen können", sagte sie trocken, schmunzelte aber bereits selbst wieder.


    Dass er sich nicht abwandte und Ofella stehe ließ, beeindruckte sie, hatte die Claudierin doch angenommen, dass ihr Ehemann kein Interesse mehr an ihr hegte, weder auf kommunikative noch freundschaftliche oder gar erotische Art. Ohne es zu wissen, hatte Vesuvianus sein Eheweib mit zwei einfachen Gesten sprachlos gemacht. Nun, zumindest für einen Moment, doch Ofella war, wie bereits erwähnt, nicht auf den Mund gefallen, und so fand sie selbst in dieser Situation recht schnell ihre Sprache wieder. "Du bist Soldat, mein Lieber, und auch ich war noch nie jemand, der sich kampflos geschlagen gibt. Für unsere Ehe mag das einen steinigen Weg bedeuten, aber wenn Lucius etwas von dieser Dickköpfigkeit geerbt hat, wird es ihm mit der Zeit vieles erleichtern", erwiderte sie eine Spur leiser. Die goldenen, mit winzigen Rubinchen besetzten Creolen klimperten leise, als sie den Kopf in den Nacken legte und ihrem Mann einen flüchtigen Kuss auf die Wange hauchte. "Nun..schön dich zu sehen, Herius", sagte Ofella und schmunzelte, als er ihr ein Kompliment machte. "Es freut mich, dass ich dir gefalle, wie es mich erfreut, die Familie nach langer Zeit einmal vereint zu sehen, auch wenn mein medicus durchaus anderer Meinung ist, was diese Reise und den Aufenthalt hier anbelangt", gab Ofella zu und ließ von Vesuvianus ab, um sich um ein Viertel nach links zu drehen und aus dem Fenster zu schauen, welches in den Garten wies.

    Nach einem ausgesprochen ereignislosen Tag - sie hatte vornehmlich Lucius' Erzählungen über seine tyrannischen Vater zugehört - hatte sich Ofella ein Bad kredenzen lassen. In warme Tücher gewickelt und ungeachtet der Tatsache, dass sie eine triefend nasse Spur durch das halbe Haus zog, war sie sodann baren Fußes und begleitet von einer Schar Sklaven in ihr cubiculum zurückgekehrt, um sich dort für das gemeinsame Abendmahl ankleiden und herrichten zu lassen. Zu diesem Zweck wollte sie sich die neuen Sklaven zu Gemüte führen, damit sie beurteilen konnte, inwiefern ihre Fähigkeiten ausgeprägt waren.


    "Holt mir die zwei Neuen, geschwind", erteilte Ofella daher die nüchterne Anweisung, sobald sie und die vier Sklaven im Zimmer angekommen waren. Ofella liebte Luxus und Überschwang, weswegen nicht ein Sklave reichte, um ein Bad zu genießen, sondern es gleich mehrere sein mussten, die ihr kühle Luft zufächelten, ihr Erfrischungen anboten, die Füße massierten, die Haare wuschen, ihren Körper mit säubernden Streicheleinheiten verwöhnten... In Baiae hatte sie sämtliche Sklaven für sich gehabt, hier in Rom musste sie mit anderen teilen, was es manchmal schwer machte, auch weiterhin im Mittelpunkt zu stehen und aus dem Vollen zu schröpfen.


    Während sie nun wartete und sich fragte, welche besonderen Fähigkeiten die zwei Neuen wohl hatten, saß sie tropfend in einem der Sessel, welche in dem großräumigen cubiculum standen und zum Verweilen einluden. Ungeduldig wippte sie mit dem Fuß. Ihrer Stieftochter wollte sie vor dem Essen ebenfalls noch einen Besuch abstatten.

    Ofella schürzte die Lippen und schüttelte mürrisch den Kopf. "Das ist mal wieder typisch für dich, Herius. Was sollen denn Gäste denken, wenn du sie ins tablinium lädst und sie diese Vorhänge sehen? Mag ja sein, dass dir lediglich die einwandfreie Funktionalität wichtig ist, aber da ich nun eine Weile hier wohnen werde, wirst du mir gestatten müssen, dieses Haus zumindest ein wenig wohnlicher zu gestalten." Ofellas Augenbrauen hatten sich ärgerlich zusammengezogen, denn sie ärgerte sich über das Desinteresse und die abweisende Haltung ihres Gatten. Da sie aber seltenst einfach nachgab, ließ sie seine Abweisung wegen der Erziehungsmaßnahme nicht einfach im Raum stehen, sondern antwortete ihm, den Kopf schüttelnd. "Hörst du dich eigentlich selbst reden? Ich bin gerade angekommen, muss hören, dass du unseren geliebten Sohn wie einen gewöhnlichen Straßenjungen behandelst, wofür du nicht einmal eine Erklärung des Grundes wegen abgibst und erwartest nun, dass ich das einfach so hinnehme? Du warst nie ein Mann, der Kinder gemocht hat, Herius. Du hast keine Ahnung, wie man einen Jungen wie Lucius behandeln sollte. Maße dir also nicht an, mich, seine Mutter, abspeisen zu können wie eine willenlose Sklavin!" Ofella stand inzwischen wieder, fuchtelte entrüstet mit den Armen und atmete schwer. Ein unterschwelliges Pfeifen begleitete das Atmen, was ihr sichtlich schwerer fiel als eben noch. Sie starrte auf Vesuvianus' Rücken, denn er stand inzwischen am Fenster und sah hinaus. Zarah eilte herbei und begann, mit einem federngesetzten Fächer Luft zu fächeln, nachdem sie Ofella ein Glas Wasser gereicht hatte. Die Claudia trank hastig und stellte das Glas fort, als sie den Blick ihres Mannes auf sich spürte. Ofella betrachtete ihn nun ebenfalls.


    Sie war nicht einmal eine halbe Stunde anwesend, und schon stritten sie sich. Das hatte sie nicht beabsichtigt, konnte es aber auch nicht verhindern. Ofella war noch nie eine Frau gewesen, die ruhig blieb und im Stillen Ränke schmiedete, sie war jemand, der stets an vorderster Front kämpfte und seltenst die Klappe hielt, schon gar nicht, wenn man dies von ihr erwartete oder ihr gar befahl. Immerhin, so sagte sie sich, war sie keine Sklavin, der man einfach so den Mund verbot. Wie ihr Gatte nun allerdings so da vor dem Fenster stand, beruhigte sich das aufgescheuchte Gemüt wieder etwas, und Ofella nahm sich vor, vorerst nicht weiter zu streiten - es sei denn, er legte es wirklich darauf an!


    Deswegen gab sie sich nun leicht ermattet, was sie eigentlich auch war, und überwand die kurze Distanz zum Fenster, vor dem ja immer noch Vesuvianus stand. Auf das Geschenk ging sie erstmal nicht ein. "Herius, warum beginnen unsere Zusammentreffen meist so, wie sie enden? Fast könnte man meinen, wir passen nicht zusammen..." Ofella seufzte und überwand auch noch den letzten Meter zwischen sich und ihm, legte beide Hände auf seine Brust und sah ihn abwartend an. Vesuvianus war nur etwas großer als sie selbst, weswegen sie kaum aufschauen musste. Geschenk, Geschenk...gut, Geschenke interessierten sie natürlich immer. Ofella seufzte und zwang sich, nicht danach zu fragen. Wenn er ihr etwas schenken wollte, konnte er das auch ohne Nachfrage ihrerseits tun, und bis dahin würde sie, im Inneren ungeduldig, warten.

    Ofellas Gatte schien nicht sonderlich vom wahrheitsgemäßen Bericht seines Sohnes an sie begeistert zu sein. Aber das wäre Ofella an seiner Stelle auch nicht gewesen, wenn sie Lucius so derb behandelt hätte wie er. Die Wahrheit kam eben immer ans Licht, dachte sie grimmig. Nun, jedenfalls wandte sich Vesuvianus ohne eine weitere Erklärung einfach ab - Ofella hasste ein solches Benehmen - und vertraute scheinbar darauf, dass die beiden ihm aus dem atrium folgen würden. Nach einem kleinen Augenblick, den Ofella brauchte, um sich über dieses egoistische Verhalten zu ärgern, folgte sie ihm mit Brutus auf dem Arm.


    Dem Jungen schien plötzlich etwas einzufallen, und er bat seine Mutter, ihn herunterzulassen, damit er etwas holen konnte. Ofella kam diesem Wunsch augenblicklich nach und folgte dem Jungen mit den Augen, bis er dem atrium rennend entschwunden war. Ein Lächeln umspielte den sonst so strengen Mund. Vermutlich hatte er ihr etwas gebastelt oder ein Bild in eines tabula gekratzt, sie würde es ja gleich sehen. Vorerst aber folgte sie ihrem Ehemann ins tablinium und blieb dort stehen, um die Einrichtung kritisch zu mustern. Mit Kennermiene schüttelte sie den Kopf ob der dunkelroten Vorhänge. "Ach wie schrecklich, nein nein, das geht so gar nicht! Ein solch dunkles Rot im Sommer, nein wie furchtbar. Herius, man könnte meinen, du ließest germanische Sklaven dein Haus einrichten." Unverständlich schüttelte sie den Kopf und suchte den Blick ihres Gemahls. "Was genau hast du dir eigentlich dabei gedacht, den kleinen so hart zu strafen? Ihn im Sklavanstall nächtigen zu lassen... Wie grauenvoll! Wie soll er sich denn so je an den Gedanken gewöhnen, dass du sein Vater bist? Ich will gar nicht wissen, was hier sonst noch vorgefallen ist. Meine Güte, wie konntest du nur?" Fassungslos schüttelte Ofella den roten Lockenkopf und ließ sich in einen Sessel plumpsen.



    Sim-Off:

    Lucius, ich hoffe, das war in Ordnung mit dem Rausschreiben? :)

    Sim-Off:

    Geld sollte schon überwiesen sein bzw. bald überwiesen werden.



    Angespannt hatte Ofella die Luft angehalten, als die Auktion sich dem Ende neigte. Dann hatte sie den Sklaven ihrer Stieftochter vorgeschickt, damit er ihr die Sklaivn sicherte. Und nun atmete sie zufrieden aus. Dass die Sklavin etwas widerspenstig tat, fand sie nicht weiter tragisch. Gerade Neuversklavte waren mitunter etwas aufmüpfig, ergaben sich jedoch recht bald in ihr Schicksal, wenn die Peitsche drohte oder sie einsahen, dass ihnen gar nichts anderes übrig blieb. Ofella ließ Nordwin ausrichten, dass er seine Sache gut gemacht hatte - seltenes Lob aus Ofellas Mund - und begab sich siegessicher zurück zur Sänfte, um sich zurück zur villa tragen zu lassen. Da der germanische Sklave anscheinend Erfahrung hatte beim Sklavenkauf, achtete sie nicht weiter auf ihn und vertraute darauf, dass er das Kind schaukeln würde. Wenig später verschwand sie in der Menge.

    Erfreut beobachtete Ofella, wie man der Sklavin zu Leibe rückte. Das Keltenmädchen schien bei guter Gesundheit zu sein, immerhin waren ihre Zähne weder krumm noch schwarz, und viele waren auch nicht ausgefallen. Dies führte dazu, dass die Claudia ihren Entschluss festigte, das hart verdiente Geld ihres Mannes für das britische Ding auszugeben. Noch hielt sie sich im Hintergrund, später würde sie einen Sklaven anweisen, in ihrem Namen zu bieten.

    Ofella klimperte geduldig mit den Wimpern, ihren kleinen Sonnenstrahl dabei glücklich und mit mütterlichem Stolz musternd. Sie hatte sich Lucius seitlich auf die Hüfte gesetzt, denn das war bequem und so ließ er sich besser oben halten als nur mittels der Arme. Ofella fand, dass er doch tatsächlich ein Stück gewachsen war in den drei Wochen, die sie sich nicht gesehen hatten. Und war nicht sein Haar auch etwas dunkler als noch in Baiae? Hm... In diese mütterlichen Überlegungen hinein offenbarte Ofellas Sohn ihr gar greueliche Dinge. Wie es sich für eine anständig schockierte Patrizierin und Mutter gehörte, riss die Rothaarige entsetzt die Augen auf und sah ebenso prüfend wie vernichtend zu ihrem Gemahl. Der Junge war gerade bei "Angst" angelangt, da schenkte Ofella ihm wieder ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit. "DAS hat er gemacht? Aber du warst doch gewiss so artig und brav, wie ich es mir von dir gewünscht hab, ehe du mit Opa Galeo fort gefahren bist?" fragte sie ihn verständnisvoll. Vesuvianus war vorerst (nach einem dämonisch anmutenden Blick, der besagte, dass ein solch sinnloses Machtverhalten seinerseits ganz sicher noch ein Nachspiel haben würde) Luft.


    Lucius drehte sich wieder der Mutter zu, und diese presste ihn an sich wie ein kostbares Schmuckstück, eine Hand um seine Hüfte gelegt und mit der anderen seinen Rücken an sich drückend. Der Ratschlag des Kleinen förderte ein gütiges Gesicht zu Tage, welches Ofella wenn überhaupt nur gegenüber ihrem Sohn oder an sehr, sehr guten Tagen zeigte. Sie schürzte die Lippen und zog die Brauen innerlich berührt zusammen. "Hach mein Spatz! Mach dir keine Sorgen, ich bin ja jetzt hier und passe auf dich auf. Kennst du noch die Geschichte von Kaiser Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, die ich dir manchmal erzähle?" fragte Ofella. "Wenn du einmal genauso berühmt und angesehen werden möchtest wie Kaiser Claudius, dann musst du einen Lehrer bekommen, der dich hier in Rom unterrichtet und dir alles zeigt, was wichtig ist. Die Lehrer in Baiae sind allesamt dumm, und dort gibt es auch nicht so wundervolle Bauwerke wie hier. Hat dein Vater dir den Kaiserpalast gezeigt?"


    Kurz glitt der Blick zu Herius, doch schon einen Moment später sah Ofella wieder ins engelsgleiche Gesicht ihres geliebten Sohnes. Ihre Stimme war beinahe immer sanft und weich, während sie mit ihm sprach. "Mami wird dich nicht so schnell wieder allein lassen, mein Sonnenschein. Ich bleibe jetzt erstmal hier!" legte sie entschlossen fest, lächelte und nickte einmal bekräftigend. Armer Vesuvianus.

    "Du sollst das lassen, hab ich gesagt!" fauchte Ofella und schüttelte die lästige Sklavenhand ab, die ihr beständig ihre leuchtend gelbe stola richten wollte. Die Sklavin nahm sofort die Hand weg und senkte den Blick. Sie stand ganz vorn, direkt vor dem Podest. Schließlich suchte sie noch nach etwas, das sich nicht ganz so dümmlich anstellte wie diese Zumutung von Sklavin, Arachne, welche sie in Puteoli erworben hatte. Herrisch winkte sie kurz, damit der Sklavenhändler auf sie aufmerksam wurde. "Zeig mir ihre Zähne, ich will wissen ob sie gesund ist!" verlangte sie.

    Ofella hatte gerade ein weiteres, zuckersüßes und hohes Heeeerius rufen wollen, da kam das Objekt ihrer Beg... nun ja, nicht ganz, aber er kam um die Ecke. Die Rothaarige hob die Brauen und senkte das Kinn ein wenig gen Brustbein, was ihr ein tadelndes Aussehen verschaffte. So musterte sie, wie ihr Gatte näher kam. Man sah ihm deutlich an, dass dieser Militärkram nichts für ihn gewesen war. Tief in den Augen liegende Höhlen, ein ausgemergeltes Gesicht, ein schlaffes Auftreten - er schlich ja förmlich!), graue Haut und schütteres Haar. Und nun widmete er sich der Politik. Pah, da würde vermutlich zu allem noch eine zentimeterdicke Trägheits-Staubschicht hinzukommen!


    Ihr Gemahl begrüßte sie wie jedes Mal nach der Geburt des Jungen: platt, lieblos und stumpf(sinnig). Ofella rümpfte die Nase. "Ach. Da bist du ja", entgegnete sie schlicht, als hätte sie Äonen warten müssen, bis Vesuvianus erschienen war. Da aber sie selbst keinesfalls ein solch freudloser Mensch wie ihr Gemahl war, hob sie für einen Sekundenbruchteil den linken Mundwinkel um eine Winzigkeit an, die Wimpern klimperten einige Male entzückt - und dann machte sie einen Schritt auf ihn zu, schloss die Augen und spitzte die gefärbten Lippen zu einem feuchten Schnäbelchen, auf dass er sie auch richtig begrüßen würde.


    Die Götter indes schienen sein Flehen erhört zu haben, denn noch ehe er dieser offensichtlichen Aufforderung nachkommen konnte, gewahrte Ofella ein ihr nur allzu vertrautes Kreischen: Lucius war im Anmarsch. Augenblicklich wandte sich Ofella der Geräuschquelle zu, da hatte der Junge seine Mutter auch schon erreicht und klammerte sich wie ein Äffchen an ihre Beine. Ofellas Muttergefühle waren mit einem Schlag aktiviert, ihre Stimme war nun honigsüß, liebevoll und voller Verständnis. "Lucius! Mein kleiner Mausespatz, mein Sonnenschein...", rief Ofella aus und beugte sich herab, um sich den Fünfjährigen schlicht vom bein zu pflücken und zu herzen. Ofella drückte ihren Sohn, bedeckte sein verweintes Gesicht mit Küssen und hachte und seufzte. Dabei waren sie und ihr Sohn gerade erst etwas mehr als drei Wochen voneinander getrennt. "Mein kleiner Liebling, Mami ist so froh, dass sie wieder bei dir sein kann!" An ihren herumstehenden Gemahl dachte Ofella gar nicht mehr. Erst, als sie ob der Worte des Jungen stutzte, wandte sie sich mit dem durchdringenden Blick einer Raubkatze kurz vor dem Ansturm auf ihre Beute Vesuvianus zu, den sie ansah, ehe sie wieder mit Lucius sprach. "Aber warum denn, mein Spatz?" fragte sie ihn verdattert.

    Die Sänfte ward nicht einmal zur Gänze abgesetzt, als sich auch schon eine schlanke Frauenfessel zwischen den Vorhängen der geliehenen Sänfte hindurchstreckte. Eine rechte Hand folgte, an deren Ringfinger ein goldener Ring mit einem daumennagelgroßen, eingefassten Smaragd funkelte. Eine Sklavenhand half der Claudierin aus der Sänfte, und das strahlende Sonnenlicht ließ ihr rotes Haar so schimmern, dass es aussah, als stünde der holde Kopf in Flammen. Ofella zeigte auf einen Sklaven. "Du - geh und unterrichte meinen Gemahl von meiner Ankunft. Und sag ihm, er soll auch meinen Sohn auftreiben", wies sie ihn an. Der Sklave nickte und eilte der Rothaarigen voraus, die sich noch schnell die Kleidung - ein jagegrünes Gewand und eine elfenbeinfarbene stola - richten ließ und sich dann anschickte, die wenigen Stufen zu erklimmen.


    Die letzten Tage waren wahrhaftig ein Graus gewesen. Immer wieder hatte Ofella hungrig zu Bett gehen müssen, denn sie war das schlichte und karge Essen der mansiones nicht gewohnt. Beleibt war sie jedoch nicht, auch wenn sie durchaus etwas zugelegt hatte, vor allem nach der Geburt des kleinen Lucius, ihres Mausespatzes. Besonders Hintern und Hüfte wiesen doch etwas mehr Speck auf als beim letzten Aufeinandertreffen mit ihrem Gemahl. Aber um den ging es ihr schließlich auch nicht in erster Linie, obwohl es sie natürlich doch interessierte, ob er endlich etwas zustande gebaracht hatte. Ihr waren gerüchte zu Ohren gekommen, er sei wegen des Krieges ausgetreten, der feige Kerl, um sich der Politik zu widmen. Nun ja, wenn er Senator werden würde, dann hatte wenigstens auch Ofella etwas davon.


    Die Tür war inzwischen geöffnet worden und die Hausherrin wurde demütig empfangen. Hoch aufgerichtet betrat sie das Haus. "Heeeerius?" rief sie säuselnd. Sie wusste, dass er das nicht ausstehen konnte. "Heeeeeeerius..... Wo bist duuu? Deine geliebte Gemahlin ist zu Besuch...."

    Das Frühstück war in jener mansio nicht viel besser als in den nachfolgenden. Ofella begann, sich mit jedem stadium, das sie zurücklegten, unwohler zu fühlen. Zarah, die Sklavin, konnte ihre Herrin nicht aufheitern, und so legten sie den Großteil der weiteren Reise nun schweigend zurück. Auffälligerweise hatte Ofella auch kaum mehr etwas zu meckern. Was ihr anfangs nicht schnell genug ging, verlief nun in einer für sie optimalen Geschwindigkeit, was ihr zuvor zu sehr ruckelte, empfand sie als einlullend angenehm. Es schien gar so, als hätte die Tage dauernde Reise von der herrschaftlichen villa in Baiae zum Sitz der Politik und Macht, Rom, Ofella sanftmütiger wierden lassen - oder aber sie würde lediglich krank werden und verlieht sich deshalb so zurückhaltend.


    Bald hatten sie Tibur passiert, dessen Tempel und Stadtrandhäuser man aus der Ferne sehen konnte. Rom war bereits in Sicht, und das erweckte die Lebensgeister Ofellas zu neuem Leben. Bald würde sie ihren kleinen Lucius in die Arme schließen und herzen können, ach, sie hatten sie ja so lange nicht mehr gesehen! Ob er wohl gewachsen war? Wenn der Knabe auch nur entfernt nach seinem Vater schlug, so würde er dereinst ein prächtiger Bursche werden, hochgewachsen, mit flachsblondem Haar vielleicht, wobei viele Jungens in ihrer Kindheit helles Haar hatten und mit der Zeit nachdunkelten. Ofella war guter Dinge. Bald erreichte die kleine Reisegesellschaft das Stadttor, an dem sie wegen der Händler und des Pöbels eine Weile warten mussten, doch erstaunlicherweise tat dies der guten Laune der Claudierin keinen Abbruch, sondern stimmte sie umso vorfreudiger. Eine halbe Stunde später hatten sie dann auch das Tor passiert. Ofella entstieg dem Wagen und winkte eine Sänfte heran, welche sie durch das Gewimmel der Stadt sicher bis zur villa Vesuvianus' bringen würde. Der Reisewagen würde nur dauernd aufgehalten werden und ständig in der Menschenmasse stecken bleiben.


    Die Träger waren schnell angeheuert, und genauso schnell befanden sie sich auf dem Weg zum Palatin. Das Gepäck würde gesondert seinen Weg finden. Aufgeregt wippte Ofella mit den Zehenspitzen auf und ab. Und eine weitere halbe Stunde waren sie endlich da.

    Die phlegraeischen Felder waren ein Reinfall. Loch an Loch, Schlacke und Dunst überall, Steine und Felsen von ungesund gelber Farbe, widerlich blubbernde Kuhlen, heiße Luft und über allem ein fürchterlicher Gestank nach Schwefel. Manch einer mochte Ofella zwar ohnehin mit heißen Temperaturen und dem Geruch nach Schwefel verbinden, glaubte, den Schwefeldunst gar so manches Mal durch ihre Nüstern aufsteigen zu sehen, doch für die noble Patrizierin war dies definitiv keine Umgebung, in der sie sich länger aufhalten wollte, als es unbedingt nötig war. Der Wagenlenker erhielt seine Strafe für den törichten Vorschlag, dieses von Vergil beschriebene Gebiet zu besichtigen und durfte den Rest des Weges hinter der Reisegesellschaft her laufen - und der Weg war noch weit.


    So setzte sich die Reisegesellschaft also recht bald nach der Ankunft an den brennenden Feldern erneut in Bewegung, um weiterhin der großen Stadt entgegenzustreben. Ein Gutes hatte der kurze Aufenthalt aber doch gehabt: Ofella hatte die Kithara ihrer Sklavin kurzerhand in einem dieser stinkenden Löcher mit sprudelndem Wasser versenkt, sodass sie nun nicht mehr Gefahr lief, einen Hörsturz zu erhalten, weil Zarah unfähig war. Missgelaunt ließ sich die Patrizierin hin und her ruckeln vom Wagen, auf dessen Kutschbock nun ein anderer Sklave saß. Bald darauf fiel sie ihn einen leichten Schlaf.


    Ofella erwachte, als der Wagen hielt und das Ruckeln damit aufhörte. Sie setzte sich schlaftrunken auf und warf einen Blick in die Runde, denn ihre Augen sahen sogleich klar im Zwielicht, welches hier drinnen herrschte. Zarah war schnell heran und richtete wortlos und unaufgefordert die Schminke der Herrin und ihre stola. Anschließend half sie der Ofella aus dem Wagen, welcher vor einer mansio des cursus publicus stand. Hier würden sie die Nacht verbringen. Ofella stellte sich zwar etwas anderes unter dem Wort Unterkunft vor, doch da nichts anderes in Reichweite war, musste sie eben mit der kargen Einrichtung, dem einfachen Essen und dem harten Bett vorlieb nehmen. Wenn sie erst in Rom angelangt war, so nahm sie sich vor, würde sie sich all ihre Lieblingsspeisen bereiten lassen und einen Tag lang nichts anderes tun, als immer wieder von ihnen zu essen.


    Zwei Stunden später schlief sie mit hungrigem Magen, in welchem ein Stück hartes Brot und ranziger Ziegenkäse lagen, ein.