Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Der Optio wäre ein schlechter Optio gewesen, hätte er nicht für beide Antwortmöglichkeiten ein passendes Übungsprogramm zur Hand gehabt. "Soso, wir haben hier also einen Haufen Sonnenanbeter, die entwas für ihren Teint tun wollen", wiederholte er die Antwort leicht spöttisch. "Nun, dann wollen wir die Sonne mal nicht länger daran hindern, ihr Werk am ganzen Körper zu vollbringen, oder? Rüstungen ablegen! Tuniken ablegen! Wir machen ein bisschen Ringkampf!" Selber legte er ebenfalls seine Ausrüstung ab, damit er bei der Übung auch selber mit kämpfen konnte.


    "Sucht euch für den Anfang wieder einen gleichwertigen Gegner. Kämpft nach den üblichen Regeln. Nur niederringen den Gegner, nicht gleich umbringen. Das machen wir das nächste Mal wieder mit Schwertern." Es ging eher darum, Körperkraft, Geschicklichkeit, Wendigkeit und Ausdauer zu trainieren. Und die Sonne am ganzen Körper zu genießen, wie es sich die Rekruten gewünscht hatten.

    Sextius Taurea hatte es nicht leicht gehabt, einen passenden Raum zu finden für seine Operationen. Hell musste er sein, denn bei schlechtem Licht konnte man keine guten Taten vollbringen. Es durften noch keine Kranken drin liegen und erst recht keine Toten. Und groß genug musste er auch noch sein. Keine leichte Aufgabe, aber er hatte schließlich einen gefunden. Nebenan, in dem Haus, das dem Lazarett als Erweiterung diente. Er hatte ihn einrichten lassen mit allem, was er für seine Operation brauchte. Und er hatte höchstpersönlich den ersten Soldaten ausgesucht, bei dem er die Operation durchführen wollte und der sich dieser Operation auch unterziehen wollte. Wobei der Medicus nicht verstehen konnte, wie man sich einer so genialen Idee verweigern konnte. Aber sein Vorgesetzter hatte ihm gesagt, er solle mit einem Freiwilligen anfangen, da hatte er keine Wahl gehabt.


    Als er schließlich einen gefunden hatte, begann er die Operation gleich am nächsten Morgen, als das Tageslicht ausreichte. Sorgfältig desinfizierte er seinen Trepanbohrer über der Flamme einer Öllampe, während ein Capsarius dem Patienten die Haare abrasierte, damit sie nicht im Weg waren. Dann setzte er den Bohrer an. Am Anfang ging es nicht allzu gut, weil er noch nicht den richtigen Schwung raus hatte, um den Bohrer in eine angeheme Drehung zu versetzen und weil der Patient noch bei Bewusstsein war. Beides gab sich mit der Zeit. Der Patient fiel planmäßig ihn Ohnmacht und Sextius Taurea kam mit dem Bohrer besser zurecht. Trotzdem dauerte es doch erheblich länger als er gedacht hatte, bis er den Schädelknochen durchtrennt hatte. Trimphierend fingerte er die blutverschmierte Knochenplatte heraus. Dann wartete er eine Weile, damit die Krankheit entweichen konnte und überlegte, ob er den Patienten vielleicht schütteln solle, damit es schneller ging. Er entschied sich dagegen, weil das Blut doch schon ziemlich tropfte und das sicher nicht gut war. Schließlich beschloss er, dass die Krankheit nun genug Zeit hatte um zu entweichen, verschloss das Loch wieder und legte einen Verband um den Kopf des Soldaten. Dann ließ er ihn wieder wegbringen und wusch sich erstmal gründlich. Ein Capsarius wurde zur Überwachung des Patienten abgestellt und sollte sich melden, wenn dieser wieder aufwachte oder verstarb.


    So ging das mehrere Tage weiter, mit mäßigem Erfolg. Manche starben trotz der Operation, andere nicht. Und natürlich starben welche von denen, die nicht operiert wurden. Und es wurden manche auch einfach so gesund. Unzweifelhaft, es wurde besser. Und dieser übermütige Tribun lief sehr zum Verdruss von Sextius Taurea schon wieder durch die Gegend. Da würde es womöglich gar nicht mehr nötig sein, auch bei diesem eine Schädeltrepanation durchzuführen. "Ja, es wird besser", bestätigte er ihm dennoch gerne und freudig. "Gestern nur noch vier Tote, vorgestern sogar noch einer weniger, die Tage davor waren es noch immer mindestens ein halbes Dutzend." Es wurde tatsächlich besser. "Dich lassen wir raus, wenn du gesund bist. Wir haben keinen Platzmangel mehr. Jetzt können wir euch länger hierbehalten, bis wir sicher sind." Die Halbkranken waren vorher ja nur aus pragmatischen Gründen rausgeworfen worden. "Und ja, ich schaue den Kranken in den Kopf. Man nennt es eine Schädeltrepanation. Das Gespräch mit dir neulich hat mich drauf gebracht. Eine sehr alte Methode, mit der man allerelei Krankheiten heilen kann. Und wenn man jetzt eine Krankheit hat, die in den Kopf steigt, zumindest bei einigen, dann gibt es doch nichts naheliegenderes, als den Kopf zu öffnen, damit sie raus kann. Und es funktioniert. Siehst du die beiden da hinten? Die habe ich vor drei Tagen operiert. Und was ist? Sie leben noch! Siehst du die beiden Betten da vorne? Die beiden Soldaten, die dort lagen, habe ich nicht operiert. Und jetzt sind sie tot." Sextius Taurea war mächtig stolz auf diese Erfolge.

    Wie immer bei solchen Einheiten stellte sich manche geschickter an und manche weniger geschickt. Mal dauerte es länger, bis einer ein Erfolgserlebnis hatte und mal ging es schnell. Aber eines war sicher: Am Ende waren alle fix und fertig. Nur der Optio nicht. Der spazierte noch immer locker von einem Kampfpaar zum nächsten, mischte sich ein, gab Tipps, verteilte leichte Schläge und ging dann weiter. Aber irgendwann hatte auch er ein Einsehen. "Das war's. Macht Schluß. Abmarsch in die Unterkünfte. Ausrüstung in Ordnung bringen." Bei irgendwem war bestimmt irgendwas kaputt gegangen. Das blieb bei solchem Training nicht aus.


    Und die nächste Übungseinheit begann natürlich wieder mit einem kritischen Blick auf die Ausrüstung. Da durfte sich keiner einen Schaden erlauben. Zumal der Optio schon wieder so ungemein freundlich war, dass es nichts Gutes heißen konnte. "Sonniger Tag heute, nicht wahr? Wenn man da die ganze Zeit in der Sonne steht, kommt man ganz schön ins Schwitzen, was? Wollt ihr Schatten?"


    Sim-Off:

    Schön, dass du hier mal wieder schreibst. :D Ich dachte schon, wir werden hier nie fertig...

    Dem Tribun schien es wirklich schlecht zu gehen und er war sehr gesprächig dabei. Ganz langsam bekam Sextius Taurea Spaß an diesem Fall. Nur wenn ein Patient offen und ehrlich sprach, konnte man etwas über Krankheiten lernen, die man selber nicht hatte. Und nicht haben wollte. Also hörte Sextius Taurea ihm zu, auch wenn es keinen Sinn machte. Aber seine Augen begannen zu leuchten. Ja, vielleicht hatte der Tribun sigar Recht und man sollte es tatsächlich aus seinem Kopf heraus holen. Eine Schädeltrepanation! Ein Eingriff, von dem jeder ambitionierte Mediziner träumte. Damals, in seiner eigenen Ausbildung zum Legionsarzt hatte Taurea immer wieder ehrfürchtig auf den kleinen, handlichen Trepanbohrer geschaut, den sein Lehrmeister in seinem Operationsbesteck mit sich führte. Und der immer blank geputzt war. Aber sein Lehrmeister hatte ihm versichert, dass er damit schon erfolgreiche Operationen durchgeführt hatte. Später hatte sich Taurea selber einen solchen Bohrer anfertigen lassen und seitdem nie benutzt. Schädeltrepanationen waren selten. Sehr selten. Zu selten. Das hier war seine großen Chance. Das Leuchten in seinen Augen wurde stärker. Ja, er würde Mantua von dieser Plage befreien, indem er den Kranken die Köpfe öffnen würde, auf dass die Plage entweichen könne. "Tribun, du wirst nicht versagen! Die Legion wird nicht versagen!", antwortete er mit fester Stimme und überließ den Tribunen dann seinem Schlaf, während er selber sich auf den Weg machte, einen geeigneten Platz für die Operationen herzurichten. Schädeltrepanationen! Natürlich! Wieso war er darauf nicht viel früher gekommen?

    Über die Frage, wo die nächsten Höfe lagen, musste der Soldat nicht lange nachdenken. "Die Richtung: nicht mal 'ne Meile. Auf der anderen Seite der Stadt dürfte es auch nicht viel weiter sein. Könnt sie auf dem Weg nach hier eigentlich kaum übersehen haben!" Schließlich waren die Höfe von der Fernstraße aus erreichbar. Bei der nächsten Frage blickt er erstmal zu seinen Kameraden. "Pest? Heißt das so? Hab' ich bisher noch nicht gehört. Ach, egal." Er wandte sich wieder der Reisenden zu. "Helfen? Kannst du die Götter umstimmen?"

    Den Arbeitseifer des Tribunen fand Sextius Taurea mehr als nur suspekt. Nicht nur, dass senatorische Tribunen meistens faule Säcke waren und dieser Tribun damit schonmal gänzlich der Norm widersprach. Nein, er schien seine Krankheit auch einfach verleugnen zu wollen. Sorgenvoll fühlte der Optio ihm daher noch einmal die Stirn. Das Fieber war's, eindeutig. Das Fieber betäubte seine Schmerzen und führte zu einem Wahn, in dem der Tribun sich zu Dingen fähig sah, die er nicht bewerkstelligen konnte. Mitleidig schüttelte Taurea den Kopf. "Du hast gut Reden in deinem Fieberwahn. Wenn ein Parther dir den halben Arm abhackt, das können wir wieder zusammenflicken. Das tut weh, aber es steigt dir nicht in den Kopf. Aber das hier, das ist anders. Das kommt von den Göttern. Es sitzt in dir und es muss heraus. Könnte man dich öffnen und es heraus holen, dann würden wir es tun. Dann könnten wir dich danach auch wieder zusammenflicken. Aber das geht nicht. Du musst es heraus bringen. Und wenn es den falschen Weg nimmt, steigt es dir dabei in den Kopf und verwirrt dich." So hatte er es selber als junger Medicus gelernt und es klang furchtbar logisch. Auf einer Liege etwas weiter nebenan hatte wohl auch gerade jemand einen Weg gefunden und dünner brauner Brei ergoss sich aus seinem Hinterteil. Leidlich schnell waren zwei Capsarii zur Stelle, um sich der Sache anzunehmen. Die Intensität des Geruches würde sich aber ohnehin nur kurz von der allgemein schlechten Luft abheben.

    Auch der schlimmste Strafdienst war einmal vorbei. Nachdem die angekündigten zwei Wochen abgelaufen waren, kontrollierte Priscus noch einmal die ordnungsgemäße Ausführung der Latrinenreinigung und wandte sich dann an den Tiro. "Gut gemacht. Ich hoffe für dich, dass es nicht nur dein erster, sondern auch dein letzter Latrinendienst war." Ein gut gemeinter Wunsch, aber irgendwen erwischte es immer in der Legion. Und wenn es keine Sträflinge gab, dann musste es trotzdem gemacht werden.

    Einmal mehr hatte Sextius Taurea keine Eile gehabt, als man im sagte, dass der Tribun nun wach war. Also erledigte er erstmal seine aktuelle Arbeit, wusch sich dann gründlich die Hände und begab sich erst dann zur Liege des Tribunen. Schon unterwegs bekam er mit, dass der Tribun diese Wartezeit nicht untätig verbracht hatte. Mit einem missbilligenden Kopfschütteln trat er daher auf ihn zu. "Tribun, bei allem nötigen Respekt muss ich dich darauf aufmerksam machen, dass du als Patient im Lazarett den Anweisungen des ärztlichen Leiters unterstehst." Dass das in diesem Fall genau er - Optio Sextius Taurea - war, verschwieg er dem Tribunen zuliebe, der sich bestimmt nicht von einem Optio herumkommandieren lassen wollte. "Und die Anweisung an dich lautet: Liegen bleiben und Ruhe halten." Die Anweisung unterschied sich damit nicht im Geringsten von den Anweisungen, die jeder beliebige andere Patient bekommen hatte.


    Ohne weiteren Kommentar trat er näher an den Tribunen heran, schob die Hand mit dem Stück Stoff zur Seite, starrte dem Tribunen eine Weile in die Augen, als wenn er darin den Gesundheitszustand ablesen könnte, legte dann seine eigene Hand eine Weile auf die Brust des Tribunen, übte dabei durchaus kräftig Druck auf den Brustkorb aus und kontrollierte die Atmung. "Leg' dich auf den Bauch", empfahl er dem Tribun, nachdem er fertig war. Dann murmelte er noch irgendetwas zu dem anwesenden Capsarius und verschwand. Der Capsarius entfernte sich ebenso, kam aber etwas später wieder und wickelte mehrere nasse Lappen um Handgelenke und Fussknöchel des Tribunen. Die Farbe der herabtropfenden Flüssigkeit verriet, dass sie nicht nur in Wasser getunkt worden waren.

    Der Medicus Ordinarius verzog keine Miene während des Vortrags. Das Gesagte schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken. Konsequenterweise schüttelte er den Kopf. "Keine Fragen."


    Die scheinbare Tatenlosigkeit war jedoch nur äußerlich. In seinem Kopf setzte sich bereits eine Maschinerie aus jahrelanger Erfahrung in Bewegung. Eine Maschinerie, die sich herzlich wenig darum kümmerte, was sich der Tribun möglicherweise unter einem solchen Lazarett vorstellte und welche Art der Zusammenarbeit mit den lokalen Ärzten er sich wünschte. Hätte sich der Medicus Ordinarius dafür interessiert, hätte er gefragt. Aber er plante einfach, was er für sinnvoll hielt und wie er die Sache organisiert haben wollte. Wen er abstellen konnte, wen er hier brauchte. Mit welchen Folgen der Krankheit er im Lager rechnen musste. Wie er die Krankheit so gut es ging aus dem Lager heraushalten konnte. Und wieviele betroffene Legionäre er riskieren wollte. Ohne Risiko würde es nicht gehen. Aber man konnte es minimieren.


    "Soll er sich Morgen eben melden. Sonst noch etwas, Tribun?"

    Hätte Eutychides sich an Sextius Taurea gewandt, dann hätte er gewusst, dass 15 Tote an einem Tag zwei weniger waren als gestern, drei weniger als vorgestern, aber einer mehr als vorvorgestern. Ja, selbst wenn eine Legion dem Untergang geweiht sein sollte, irgendwer würde trotzdem noch eine Wachstafel oder Tonscherbe voller Zahlen zur Hand haben. Zumindest, wenn es eine Legion war, die seit ewigen Zeiten in Norditalien herum stand und sich in ihrer Bürokratie gemütlich einrichten konnte. Und die bei allem Ernst der Lage nicht einmal wirklich dem Tot geweiht war. Sie hatten Parthia überlebt! Da würde Pluto verdammt nochmal schon mehr leisten müssen, um sie in die Knie zwingen zu können!


    Also 15 Tote heute, 17 gestern, 18 vorgestern und 14 vorvorgestern. Sauber notiert und für ewige Zeiten festgehalten. Sextius Taurea legte diese Notiz zur Seite und machte mal wieder einen Rundgang. "Ihr braucht ja auch nicht zu wissen, wer das ist. Es reicht, wenn wir das wissen", belehrte er den zivilen Helfer leicht gereizt. Die latente Hoffnungslosigkeit im Kollektivlazarett trug nicht gerade zu einer entspannten Atmoshpähre bei. "Ab sofort ist er der Patient in Reihe 3 auf Liege 5. Dort hin mit ihm." Dann trottete er weiter. Er hatte ein paar Spezialfälle, um die er sich persönlich kümmern musste. Überhaupt hatte er mehr Arbeit als erhofft hier, seit es diese Räume für die Soldaten gab. Aber die meisten waren eben einfache Soldaten, das erledigten die Capsarii. Die Diagnose war eh immer gleich. Nur die Offiziere wollte das eben von ihm persönlich hören. "Der Tribun schläft", informierte ihn ein Capsarius. "Seit wann?" "Zwei Stunden? Drei Stunden? Keine Ahnung." Taurea schob den ratlosen Capsarius zur Seite und trat näher an den Tribun heran. Er schlief mit offenem Mund. Die Atmung war halbwegs gleichmäßig. Und er war nicht der lauteste Schnarcher im Saal. "Holt mich, wenn er wieder wach ist. Und wischt den Boden hier mal wieder auf."

    Nicht gleich am ersten Tag des Strafdienstes, aber auch nicht allzu viele Tage später, kontrollierte Priscus die ordnungsgemäße Ausführung seiner Anweisungen. Die Latrine schien sauber zu sein und die Aufgabe damit erfüllt. Zufrieden verließ er das kleine, aber wichtige Örtchen wieder, nachdem er selber etwas abgelassen hatte. Trotzdem würde er nochmal wiederkommen, damit der Tiro auch bloss nich nachließ in seinem Diensteifer.

    Auch Sextius Taurea fand sich ziemlich bald im Kollektivlazarett wieder. Zum Glück nicht als Patient. Zu seinem eigenen Glück nicht einmal als leitender Arzt. Man hatte ihn eher also so eine Art Koordinator hergeschickt, der den Kontakt zu den Ärzten der Stadt hielt, die hier behandelten. Der ihnen helfen sollte, wo dies möglich war, wobei die Diagnose ja ohnehin immer gleich ausfiel. Und der dafür da war, damit die Soldaten, die hierher als Sanitäter abkommandiert waren, einen gewohnten Vorgesetzten hatten.


    "23 Zugänge, 2 Tote seit gestern Abend", trug ihm eine dieser Sanitäter am Morgen zu Dienstbeginn die aktuelle Statistik vor. "Irgendwelche Besonderheiten?" "Keine. Überall dieselben Symptome." "Gut. Irgendwelche Leute, die ich mir anschauen soll, bevor wir sie in den Raum für die hoffnungslosen Fälle verlegen?" "Bisher keine. Aber ich habe noch keine komplette Runde gemacht." "In Ordnung. Ich spreche selbst mal mit den Kollegen." Damit verließ Sextius Taurea das kleine provisorische Besprechungszimmer und schaute, ob er den einen oder andere Arzt aus der Stadt zum Gespräch erwischen konnte.

    Schnell wie die Gerüchteküche einer Legion nun einmal war, sprach sich auch das Schicksal des Lupus herum. Die Vorgänge in der Stadt, die ausbleibenden Händler, die Ausgangssperre und jetzt noch solche Ausfälle. Die meisten Legionäre konnten weit genug denken, um ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Bald hingen Unheil abwehrende Glücksbringer an fast jeder Stubentür, jeder Husten eines Kameraden wurde panikartig beäugt und gemeldet und an jedem einzelnen Tag mehr Weihrauch verheizt als sonst in einer Woche.


    Für den Alltag, den Priscus als Optio zu organisieren hatte, stellten sich allerdings noch ganz andere Fragen. Führte er die Jungs raus auf den Exerzierplatz vor dem Lager, um möglichst wenig Kontakt zu anderen zu haben und die frische Luft genießen zu können, die hoffentlich gesund machte? Oder ließ er die Soldaten zum zehnten Mal in ihren Stuben ihre Rüstungen putzen in der Hoffnung, dass die Entspannung sie gesund hielt und die Winde an den geschlossenen Stubentüren vorbei strichen? Waren die, die über Husten und Kopfschmerzen klagten ein Risiko für die Truppe, oder Drückeberger, die keine Lust auf Wachdienst hatten? Und half das Wasser aus den Brunnen, die Krankheit fort zu spülen, oder waren die Ärzte alle dumm und es war gar nicht der Wind, sondern das Wasser, was die Leiden brachte? Bestenfalls auf die Hälfte dieser Fragen hatte Priscus eine Antwort und selbst da musste er sich erstmal mit seinem Centurio einig werden. Und der wiederum mit den anderen Centurionen ihrer Kohorte. Und alle zusammen mit dem Kommandostab. Und bis es soweit war, kippten wahrscheinlich noch mehr Jungs um. Und Priscus hoffte, dass es möglichst wenige in seiner Truppe waren.