Sextius Taurea hatte es nicht leicht gehabt, einen passenden Raum zu finden für seine Operationen. Hell musste er sein, denn bei schlechtem Licht konnte man keine guten Taten vollbringen. Es durften noch keine Kranken drin liegen und erst recht keine Toten. Und groß genug musste er auch noch sein. Keine leichte Aufgabe, aber er hatte schließlich einen gefunden. Nebenan, in dem Haus, das dem Lazarett als Erweiterung diente. Er hatte ihn einrichten lassen mit allem, was er für seine Operation brauchte. Und er hatte höchstpersönlich den ersten Soldaten ausgesucht, bei dem er die Operation durchführen wollte und der sich dieser Operation auch unterziehen wollte. Wobei der Medicus nicht verstehen konnte, wie man sich einer so genialen Idee verweigern konnte. Aber sein Vorgesetzter hatte ihm gesagt, er solle mit einem Freiwilligen anfangen, da hatte er keine Wahl gehabt.
Als er schließlich einen gefunden hatte, begann er die Operation gleich am nächsten Morgen, als das Tageslicht ausreichte. Sorgfältig desinfizierte er seinen Trepanbohrer über der Flamme einer Öllampe, während ein Capsarius dem Patienten die Haare abrasierte, damit sie nicht im Weg waren. Dann setzte er den Bohrer an. Am Anfang ging es nicht allzu gut, weil er noch nicht den richtigen Schwung raus hatte, um den Bohrer in eine angeheme Drehung zu versetzen und weil der Patient noch bei Bewusstsein war. Beides gab sich mit der Zeit. Der Patient fiel planmäßig ihn Ohnmacht und Sextius Taurea kam mit dem Bohrer besser zurecht. Trotzdem dauerte es doch erheblich länger als er gedacht hatte, bis er den Schädelknochen durchtrennt hatte. Trimphierend fingerte er die blutverschmierte Knochenplatte heraus. Dann wartete er eine Weile, damit die Krankheit entweichen konnte und überlegte, ob er den Patienten vielleicht schütteln solle, damit es schneller ging. Er entschied sich dagegen, weil das Blut doch schon ziemlich tropfte und das sicher nicht gut war. Schließlich beschloss er, dass die Krankheit nun genug Zeit hatte um zu entweichen, verschloss das Loch wieder und legte einen Verband um den Kopf des Soldaten. Dann ließ er ihn wieder wegbringen und wusch sich erstmal gründlich. Ein Capsarius wurde zur Überwachung des Patienten abgestellt und sollte sich melden, wenn dieser wieder aufwachte oder verstarb.
So ging das mehrere Tage weiter, mit mäßigem Erfolg. Manche starben trotz der Operation, andere nicht. Und natürlich starben welche von denen, die nicht operiert wurden. Und es wurden manche auch einfach so gesund. Unzweifelhaft, es wurde besser. Und dieser übermütige Tribun lief sehr zum Verdruss von Sextius Taurea schon wieder durch die Gegend. Da würde es womöglich gar nicht mehr nötig sein, auch bei diesem eine Schädeltrepanation durchzuführen. "Ja, es wird besser", bestätigte er ihm dennoch gerne und freudig. "Gestern nur noch vier Tote, vorgestern sogar noch einer weniger, die Tage davor waren es noch immer mindestens ein halbes Dutzend." Es wurde tatsächlich besser. "Dich lassen wir raus, wenn du gesund bist. Wir haben keinen Platzmangel mehr. Jetzt können wir euch länger hierbehalten, bis wir sicher sind." Die Halbkranken waren vorher ja nur aus pragmatischen Gründen rausgeworfen worden. "Und ja, ich schaue den Kranken in den Kopf. Man nennt es eine Schädeltrepanation. Das Gespräch mit dir neulich hat mich drauf gebracht. Eine sehr alte Methode, mit der man allerelei Krankheiten heilen kann. Und wenn man jetzt eine Krankheit hat, die in den Kopf steigt, zumindest bei einigen, dann gibt es doch nichts naheliegenderes, als den Kopf zu öffnen, damit sie raus kann. Und es funktioniert. Siehst du die beiden da hinten? Die habe ich vor drei Tagen operiert. Und was ist? Sie leben noch! Siehst du die beiden Betten da vorne? Die beiden Soldaten, die dort lagen, habe ich nicht operiert. Und jetzt sind sie tot." Sextius Taurea war mächtig stolz auf diese Erfolge.