Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Da sein Centurio von seiner Wache noch nicht zurück war, ging Priscus nach seinem Frühstück schonmal von Zelt zu Zelt, um sich nach dem Zustand der Soldaten zu erkundigen. Sein Chef war wahrscheinlich gleich beim Tribun geblieben, um das nächtliche Manöver zu analysieren, dachte er sich.


    Wieder ließ sich der Optio vom Capsarius und Tesserarius begleiten, um die in der Nacht aufgenommenen Daten noch einmal zu überprüfen. Der eine oder andere Schmerz war mit ein bisschen Schlaf verflogen, während ein paar oberflächliche Verletzungen erst im Licht des Tages sichtbar wurden. "Wunde ordentlich waschen", lautete in den meisten Fällen die banale Empfehlung des Capsarius, auf die die Legionäre meistens ohnehin schon von selber gekommen waren. Zumindet die erfahreneren.


    Da der Centurio immer noch nicht in Sicht war, ließ es der Optio auch langsam angehen. Ohne konkreten Tasgesbefehl konnten sie nichts machen und es war besser, wenn die Soldaten glaubten, nur deswegen noch keine weiteren Anweisungen zu haben, weil ihre Vorgesetzten noch mit Kontrollen beschäftigt waren.

    Der Optio und seine Leute durchkämmten derweil mehr oder minder hilflos den anderen Teil der Stadt auf der Suche nach Maßnahmen, das Wasser von den Straßen zu vertreiben. Die Kanalisation schien mit den Wassermassen schlicht überfordert zu sein, so dass es kaum echte Möglichkeiten gab, zu helfen. Ein paar Teile eines vom Winde verwehten Baugerüstes blockierten einen Wasserablauf am Straßenrand, aber der Kanal darunter war ohne schon so voll, dass das Entfernen der Teile auch nicht viel brachte. Immerhin hatten die Soldaten damit jetzt ein paar Bretter und Balken zur Hand, mit denen sie eine Straßenecke weiter das Wasser daran hindern konnten, weit in eine ohnehin schon überflutete Werkstatt zu fließen, die etwas tiefer lag als das Straßenniveau.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    An anderer Stelle grübelte der Obercenturio der cohors darüber nach, wie er weiter vorgehen sollte, da der tribunus sich wohl mit der Rolle des Beobachter begnügte.
    Nachdem er die Alarmierung noch eine Weile aufrecht gehalten hatte, jedoch nichts weiter passierte schickte er die Männer zurück in die Zelte, jedoch ließ er eine verdoppelte Mannzahl auf den Wällen bleiben.


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    Am nächsten Morgen:
    Die ganze Nacht war nichts mehr passiert und Licinus, der die Frühwache als Wachcenturio geführt hatte ließ zum wecken blaßen und machte sich dann auf zu seiner Zeltreihe um selbst einen Happen zu Essen. Anschließend würde er noch eine überraschung für die Männer übrig haben, dachte er grimmig.


    Nachdem nach einer Weile die Alarmierung aufgehoben wurde, setzte auch hier wieder die Standardprozedur ein, von der es in der Armee so viele gab. Sammeln beim Feldzeichen, durchzählen, zurück zu den Zelten, jeder zu seinem Zelt, nochmal durchzählen lassen. Capsarius und Tesserarius gingen von Zelt zu Zelt, um nach Verletzungen zu schauen und eventuelle Fehlmeldungen zu notieren, die der Optio dann suchen gehen musste. Außerdem mussten die Männer benannt werden, die als zusätzliche Wache draußen blieben. "Nehmt Schaufeln mit, um beschädigte Wallstücke gleich zu reparieren", wies der Optio an, denn man konnte ja nicht wissen, wann es weitergehen sollte und ein reparierter Wall war besser als ein kaputter.


    Als Priscus schließlich auch selber wieder auf seinem Schlafplatz lag, blieb bis zum Wecken nicht mehr allzu viel Zeit, aber es reichte noch für ein bisschen Schlaf. Am nächsten Morgen machten die meisten Männer auch etwas verknautschtere Gesichter als sonst und im ersten Licht des Morgens konnte man auch erkennen, dass der eine oder andere Soldat auch ein paar echte Schrammen davon getragen hatte.

    Da die Männer schon am Vorabend die Baustelle recht früh verlassen hatten, nachdem sie den Nachmittag mit Aufräumarbeiten verbracht hatten, überraschte der neue Befehl tatsächlich kaum jemanden. Ein paar Spassvögel unter den Legionären nutzten die beabsichtigte Pause des Centurio dennoch für ein paar Jubelschreie und auch Priscus grinste zufrieden mit sich und der geleisteten Arbeit.

    Da der Tribun eine andere Arbeitsteilung vorsah, als der Optio sich selber gerne gegeben hätte, kümmerte er sich mit seinen Leuten nun doch nicht um die Südseite der Stadt, sondern um reichlich undefinierte Wasserprobleme.


    "Also gut, Planänderung, wir gehen Wasser suchen. Hier, ich hab' schon ganz viel gefunden", bemerkte er sarkastisch und dirigierte seine Leute in die andere Richtung. Da er nun mehr Leute zur Verfügung hatte, konnte er sie auch anders einteilen. "Bleibt als Contubernium zusammen. Und fragt mich nicht, was wir eigentlich tun sollen. Wir haben keine Eimer, um Wasser irgendwo raus zu schöpfen und wir haben keine Schaufeln, um Dämme aufzuwerfen oder Gräben auszuheben. Scheucht einfach das Wasser aus der Stadt, verstanden?"


    Den Vorschlag mit dem Sammelpunkt hatte er nicht überhört. "Ja, ist gut, Sammelpunkt ist dort vorne an der überlaufenden Zisterne. Wer Wasser findet, das ihm nicht gehört, gibt es dort ab."

    Nach dem Abendessen legte sich die meisten Soldaten rach auf ihre Schlafplätze in den Zelten. Nur die Wachhabenden blieben natürlich draußen, der Rest fiel bald in den wohlverdienten Schlaf. Und nach einer ereignislosen Nacht krochen sie am nächsten Morgen wieder aus ihren Zelten, aßen als Frühstück die Reste vom Abendessen, machten sich bereit und warteten auf die Tagesbefehle, die sie mit ziemlich höher Wahrscheinlichkeit wieder zur Baustelle schicken würden.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    Auch bei der zweiten centuria waren einige "Verluste" zu beklagen und der dortige centurio entschied, dass er nun lieber Priscus Truppe auf den Wall holte. Berechnung, damit seine Statistik besser war? Das wusste nur er.
    "Optio Priscus! Deine beiden contubernia hier rauf, sofort!" schrie er Priscus an.


    Nicht nur Priscus, sondern auch die anderen Soldaten der beiden Reservecontubernia hatten ihre Schilde fest in der Hand. Dass sie nun auf den Wall beordert wurden, war jetzt keine Überraschung mehr. Leicht geduckt eilten sie nach vorne, auf fliegende Speere und ihnen entgegenstürzende Kameraden achtend. "Aufrücken! Lücken schließen!" schrie Priscus, um einerseits überhaupt Platz für seine Leute zu haben und andererseits für einen getroffenen Schildwall zu sorgen.


    Wenig später war der Hagel vorbei. Erinnerungen an Parthia wurden wach, an Pfeilbeschuss, der so plötzlich endete wie er begonnen hatte, nur um dann erneut anzuschwellen. Priscus schaute sich vorsichtig um. Einige Soldaten lagen hinter dem Wall auf dem Boden, der Rest stand noch. "Die Verletzten zu den Zelten!" brüllte er und machte keinen Unterschied, ob es eine Übung war oder ein Ernstfall.


    Ein Soldat hatte sich allerdings tatsächlich den Fuß verstaucht und konnte nicht mehr laufen. "Capsarius! Hier her!" holte Priscus einen Sanitäter hinzu.

    "Na super", schimpfte Priscus weiter, als auch bei den Soldaten angekommen war, was los war. "Ich hab's ja gesagt. Hochwasser im Rosenbeet und wir sollen es richten. Als wenn ein paar umgestürzte Bäume nicht Zeit hätte, bis es wenigstens nicht mehr regnet und stürmt gleichzeitig." Der Optio schien wirklich keinen Spass an diesem Einsatz zu haben, teilte sich selbst und drei Contubernia dann aber doch für einen der Straßenzüge am Südrand der Stadt um.


    "Wir gehen die Straße durch und suchen nach Verletzte, Schäden und Dingen, die wir sichern sollten, bevor sie auch noch kaputt gehen. Arbeitet in Vierergruppen. Ich will nicht, dass mit hier einer von euch bei dem Scheiß auch noch verloren geht", erklärte er noch einmal den Arbeitsauftrag, nachdem er sich mit seien Leuten an eine Ecke zurückgezogen hatte, wo der Wind nicht ganz so stark war und damit halbwegs normales Sprechen erlaubte. "Alles klar? Dann los!"

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    "Gut optio, ihr bleibt in Reserve, falls die doch noch was versuchen." bellte der centurio der ersten centuria über seinen Rücken. Dann wandte er sich wieder auf die Außenseite des Lagers
    "Rinder! Was für ne dämliche Idee, verdammt!" fluchte der Mann vor sich hin.


    In der Dunkelheit konnte man nicht sehen, dass weder Priscus noch seine zwei Contubernia von dieser Anweisung begeistert waren. Reserve stehen hatten sie auch vorher schon gemacht und dafür hätten sie nicht auf die andere Seite des Lagers rennen brauchen. Aber Befehl war Befehl und der Optio verteilte die beiden Trupps hinter den anderen Soldaten, so dass sie im Ernstfall schnell überall als Verstärkung auftreten könnten.


    Dann waren von irgendwoher Rufe zu hören und das Spektakel ging anscheinend weiter. Nach einer Rinderherde kamen nun wie aus dem Nichts Wurfspeere geflogen und auch Priscus griff sein Scutum fester und zog den Kopf ein, um nicht unnötig getroffen zu werden.

    "Scheiße ist das kalt hier", murmelte Priscus, als er sich auf der Holzbank über einem der Löcher niedergelassen hatte, um sein tägliches Geschäft zu verrichten. Der nahende Winter machte sich nicht nur draußen bemerkbar, sondern auch hier drinnen, wo es aus dem Abflussloch unangenehm kalt am Hintern zog.


    "Hält die Sitzung kurz", witzelte ein Soldat auf dem Sitz nebenan zurück. "Solange es noch platscht, wenn die Kacke unten ankommt und nicht alles zugeforen ist, geht's doch noch." Womit er zweifellos Recht hatte, denn die ganz kalten Tage würden sicher noch etwas auf sich warten lassen.

    Mit verkniffenen Gesichtern stapften die Männer gegen den Sturm und Regen an und mit ihnen auch Priscus. Er konnte sich wirklich etwas besseres vorstellen, als bei diesem Wetter hier draußen herum zu laufen. Noch dazu, wo ihm die Stadt auf den ersten Blick nicht den Eindruck zu machen schien, dass bisher groß etwas passiert wäre. "Ich hoffe mal, die haben uns nicht nur gerufen, weil der Bürgermeister Hochwasser in seinem Rosenbeet hat", witzelte er sarkastisch und blickte sich so gut es ging um.

    Während die Offiziere die Tagesmeldungen durchgingen, brannten vor den Zelten der Soldaten die Kochfeuer. Überall war das Rumpeln der Mühlsteine zu hören, auf denen sich die Soldaten ihr Getreide zu Mehl verarbeiteten und hier und da kam das Klappern von Töpfen oder Pfannen hinzu, wenn schon Wasser gekocht oder irgendetwas geröstet oder gebraten wurde. Auch Priscus hockte bei seinen Zeltgenossen, trank etwas Wasser aus seiner Patera und plauderte über den Tag. Die anderen, die gerade nicht mit Kochen beschäftigt waren, klopften den Sand aus ihrer Kleidung, kratzten Lehm von den Schuhsohlen oder schmierten sich die Finger mit Öl ein, damit die Haut vom Dreck nicht trocken wurde und Blasen bekam.

    Priscus gehörte zwar nominell nicht zu den letzten beiden Contubernia, nahm den Befehl des Centurio aber dennoch zum Anlass, in Aktion zu treten. "Im Laufschritt!", ergänzte er die Anweisung an die Männer und trieb sie fast vor sich her, auf den Verteidigungsabschnitt der zweiten Centuria zu. Dort brauchte er nicht lange, um den zugehörigen Centurio zu finden, denn dieser war an seinem querstehenden Helmbusch auch in der Dunkelheit gut zu erkennen. "Zwei Contubernia der IV. Centuria zur Verstärkung eingetroffen, auf Befehl von Iulius Licinus", meldete er und wartete darauf, eine Position für die Männer zugewiesen zu bekommen.

    Von seiner Position hinter dem Wall konnte Priscus immer noch nicht sehen, was genau draußen vor sich ging, sondern musste sich auf die Geräusche und Befehle verlassen. Erst als einzelne Tiere den Graben überwunden hatten und ein Stück den Wall herauf kamen, konnte er sie zwischen den Beinen der Verteidiger erkennen. "Eine Rinderherde! Nette Idee!" meinte er zu den Soldaten neben ihm, die wohl auch schon längst verstanden hatten, dass es hier um eine Übung ging. "Mal schauen, wie es weiter geht. War vielleicht nur ein Ablenkungsmanöver", meinte er dann und schaute vorsorglich schonmal in die andere Richtung quer über's Lager hinweg, aber dort war alles ruhig.

    Priscus guckte etwas zweifeldn, sagte aber nichts. Wenn der Soldat mit seiner Angabe zur benötigten Zeit Recht hatte, dann musste er ein ganz außergewöhnlich schneller Arbeiter sein, glaubte er aber. Soweit er sich an Bauarbeiten im Lager erinnerte, hatte das Decken der Dächer immer länger gedauert und hier mussten ja erstmal noch alte Stücke entfernt werden.

    Priscus hatte mit den anderen Soldaten noch nicht lange draußen gestanden, während die Offiziere ihre Befehle brüllten, aber er war schon ziemlich durchnässt. Er hatte das dumme Gefühl, dass in der Stadt alles nur halb so schlimm war, wenn man sich mit dem Abmarsch so viel Zeit lassen konnte. Aber das würde man noch sehen, was kommt. Und wenn ein Blitz sie treffen wollte, dann würde er das schaffen, ob offene Fläche oder nicht.

    Priscus stand nicht mit auf dem Wall und konnte daher erst Recht nichts sehen. Nahe den Zelten, in sicherem Abstand zum Wall, hatten sich einige Sanitäter der Einheit versammelt, die hier im Ernstfall den Verbandsplatz bilden würden, wenn denn ein echter Angriff erfolgen würde.


    Was sich vor dem Lager tat, wusste er nicht. Wenn man ihn gefragt hätte, woher wohl das Donnern kam, hätte er auf die Legionsreiterei getippt, die ganz gerne für solche Maßnahmen herangezogen wurde. Dann war auch klar, dass die Offiziere nicht wirklich wollten, dass sie Soldaten ihre Pila einsetzten, womit sie letztlich ihre eigenen Leute verletzen würde. Nur wofür die Sache mit den Geschützen gedacht war und wieso die Verschanzung aus altem Material gebaut wurde, das war Priscus noch nicht ganz klar. Also wartet er erst einmal ab, beobachtete die Szene, soweit es im Dunkeln möglich war und wartete auf weitere Befehle oder Ereignisse.

    Der Optio hatte der Anweisung zum Arbeitsende nichts weiter hinzu zu fügen und nickte daher nur. "Alles Arbeitsgerät wird mitgenommen!" wies er die Soldaten an, damit sie nicht aus Bequemlichkeit die Sachen einfach auf der Baustelle ließen, so dass sie am nächsten Morgen womöglich nicht mehr da waren. Also kamen wieder die Tragtiere zum Einsatz, die mit Schaufeln, Hacken und Schanzkörben bepackt wurden, bis die gesamte Truppe bereit für den Rückweg ins Lager war.

    Unbeeindruckt von Schaulustigen oder sonstigen Zivilisten arbeiteten die Soldaten unter dem Kommando von Priscus weiter an der Rampe, um die provisorische Umleitungsstrecke bis zum Ende des Arbeitstages fertig zu bekommen. Die Sonne näherte sich schon merklich dem Horizont und wenn sie zurück ins Lager zogen, würden sie wohl erst in der Dämmerung ankommen, aber den Soldaten schien es wichtig zu sein, diese Arbeit heute fertig zu bekommen. Auch wenn es ziemlich anstrengend war, war es immerhin mal eine Abwechslung und vor allem eine Aufgabe, bei der man am Ende stolz auf ein fertiges Werk sein konnte.


    Und tatsächlich schafften es die Männer, ihren Auftrag bis zum Feierabend zu erfüllen. Die Rampe wurde fertig und die Umleitung um die Baustelle damit vergleichsweise bequem nutzbar. Ein kräftiger Regenguss hätte den Weg zwar ziemlich sicher rasch in eine rutschige Schlammpiste verwandelt, aber darauf konnte man keine Rücksicht nehmen. Festeren Untergrund würde es erst wieder geben, wenn der neue Fahrbahndamm fertig war, für den sie ja eigentlich hier waren.


    "Auftrag ausgeführt und Umleitungsstrecke fertiggestellt", meldete der Optio daher dem Centurio, während die Männer das Ende der Arbeiten für einen Schluck Wasser nutzen konnten.