Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Je weiter die Reihen nach vorne rückten, umso näher kam auch Priscus der Ausgabe, bis auch er schließlich seinen Anteil an den Waren erhielt. Mit ein paar kurzen Blicken prüfte er die Menge der erhaltenen Waren, um den Empfang bestätigen zu können und nickte den Kameraden kurz zu, die zum Schreibdienst für diese Ausgabe abkommandiert waren. Durchaus kein uninteressanter Posten, wenn auch etwas eintönig. Aber immerhin brauchten sich diese Kameraden nicht um schwere Arbeiten zu kümmern und durften meistens sogar noch sitzen, während sie ihre Listen schrieben.

    Am Ende des Blocks der vierten Centurie der neunten Cohorte stand wie immer der Optio, der die Szene schweigsam beobachtete und aufpasste, dass die Männer sich ordentlich benahmen und die Maultiertreiber keinen Unfug mit den Maultieren anstellten. Ich Situationen wie dieser gab es für einen Optio nicht mehr zu tun als zu warten und Priscus war das ganz recht. Er war gerne mit seinen Leuten auf dem Exerzierplatz oder bei Arbeitseinsätzen unterwegs, aber ab und zu einfach mal dazustehen und drauf zu warten, was die Offiziere entschieden war auch ganz erholsam.

    Nach einer Zeit, die manchem Rekruten sicher quälend lang erschien, kam endlich das Signal zum Beenden der Übung. "Aufhören! Scuta deorsum! Das war schon nicht ganz schlecht. Übungsschilde und Schwerter wieder wegräumen und die normalen Waffen aufnehmen!"


    Priscus wartete, bis der Befehl ausgeführt war, und die Rekruten wieder in einer Linie standen. Ohne großen Umweg führte er sie dann wieder zurück in die Kaserne.


    Am nächsten Morgen ging es in die Gegenrichtung, zurück auf den Exerzierplatz. "Wir machen ungefähr dort weiter, wo wir gestern aufgehört haben", leitete er nach der üblichen Inspektion das Tagesprogramm ein. "Nur dass wir diesmal weniger auf das Schwert und den Gegner schauen, sondern auf das einhalten der Formation. Ihr steht schon in einer Linie, also fangen wir damit an. Gladios stringite! * Corpora claudite! ** Ich will keine Lücken zwischen euren Schilden sehen!"


    * lat.: Schwerter ziehen!
    ** lat.: Formation schließen (d.h. dicht aneinander rücken)

    Niemand würde den Legionär ernsthaft um seine Meinung fragen, aber nun war er endgültig der Ansicht, dass die gesamte Aktion völlig sinnlos gewesen war. Der Tribun hatte sich das Bett nicht einmal angesehen!


    Trotzdem salutierte er, wie es sich nach einem Befehl gehörte und begann, den Rücktransport des Bettes zu planen. Schließlich musste es heute Nacht wieder in seiner Stube stehen, damit er darin übernachten konnte. Auf Mithilfe des Tribuns war dabei kaum zu rechnen, aber einfach auf den Trossknecht mit dem Maultier zu warten war auch nicht möglich, schließlich hatte er ja gerade den Befehl erhalten, wegzutreten.

    Auf dem ersten Stück, das der Technikertrupp begutachtete, kamen nur ein paar kleinere Schlaglöcher und ein umgekippter Meilenstein zusammen, also nichts wirklich aufregendes. Es ging noch einmal leicht bergan und dann bergab Richtung Fluss Schon von der Anhöhe aus kam dann die Stelle in Sicht, an der das Hochwasser einen Teil der Böschung weggepült hatte. Auf der Länge von einigen Dutzend bis Hundert Schritt war ein Teil des Unterbaus der Straße eingebrochen und die Straßendecke dadurch ein ganzes Stück abgesackt. An den Spuren auf der Wiese nebenan war zu erkennen, dass so mancher Reisender lieber einen größeren Bogen um die Stelle gemacht hatte.


    "Tja, da haben wir wohl einiges zu tun", stellte Priscus fest und besah sich die Sache mit seinen Kameraden aus der Nähe. Je nachdem, wo sie hin traten, sackte auch dort der Boden mal mehr und mal weniger ein. "Das müssen wir wohl alles abtragen und neu machen", gab er eine erste Schätzung ab. "Notier den Bereich mal großzügig. Lieber ein paar Schritt zu viel in jede Richtung neu machen als zu wenig."

    Eine Stunde war zwar kein großes Zeitfenster, aber bei Weitem genug, um eine Centurie abmarschbereit zu machen. Schon nach kurzer Zeit hatte der Optio sein Büdel gepackt und seinen Schild marschfertig auf den Rücken geschnallt. Die Tragestange mit dem Gepäck brachte er auch gleich mit aus der Stube heraus und legte sie schon einmal dort ab, wo er nachher beim Aufstellen stehen würde. Dann schaute er in den anderen Stuben, ob dort auch bald alle soweit wären und ob die Trossknechte mit den Maultieren fertig wurden.

    "Aufstellen in Viererreihen!", gab der Optio die Anordnung des Tribuns lautstark an die Soldaten seiner Centurie weiter. Als von hinten sein Centurio auftauchte und sich selber an die Spitze setzte zur Überwachung der Ausgabe, ging Priscus die Reihen nach hinten ab und setzte sich an deren Ende, so dass sich auch wirklich niemand hinten wieder anschließen konnte.

    Kaum hatten sie das Lager verlassen und die Straße erreicht, hatte Priscus die Arbeitstruppe den ersten Messpfosten neben der Straße einschlagen lassen. "Auf die Meilensteine verlassen wir uns nicht, sondern markieren die Strecke im Abstand von 100 Fuß selber", ordnete er an. Mit mehreren Messlatten von je 10 Fuß Länge, die die Männer mitgebracht hatten, war das aber auch kein Problem, auch wenn dann schon gleich sechs Soldaten mit dieser Aufgabe befasst waren. "Schauen wir, dass die Holzhacker uns bald die ersten Reststücke als weitere Pfosten nachliefern, sonst kommen wir nicht weit", stellte der Optio mit einem Blick auf den Vorrat fest. Immerhin würden sie auf diese Weise 250 Pfosten benötigen.


    Die anderen Männer liefen derweil die Strecke ab und schauten nach Schäden aller Art, um sie mit der etsprechenden Position notieren zu lassen.

    "Cohors IX - Centuria IV", meldete Priscus an der Spitze der Kolonne an und wartete ab, wie die Ausgabe weiter gehen würde. Bei neuen Zuständigen war immer damit zu rechnen, dass auch an den Abläufen etwas geändert wurde, damit den Soldaten auch bloss nicht langweilig wurde.

    Die Zusammenstellung der Aufgaben kam dem Soldaten recht willkürlich vor. Aber da er noch nie einen Sklaven beschäftigt hatte, wusste er auch nicht, wie man normalerweise die Arbeit an Sklaven verteilte. Auf die Frage hin schüttelte er den Kopf. "Nein, ich bin kein Immunis. Ich bin nur ganz einfacher Soldat, der sich morgens seinen Tagesbefehl abholt. Den ganzen Tag in der Schreibstube hocken wäre mir auch zu langweilig, glaube ich."

    Priscus kehrte zu seinem Arbeitstrupp zurück und erklärte ihn den Tagesablauf. "Fünf Meilen haben wir zu begutachten, also keinen Grund zu übertriebenen Eile und keinen Grund zum Faulenzen. Wir sind hier am Startpunkt dieser Strecke, also geht es los ab hier in diese Richtung." Er deutete dorthin, wo die Straße zunächst ganz leicht bergab ging.


    "Unser Auftrag ist Begutachten, Kartieren, Ausmessen und Abstecken. Wir schauen uns die Schäden an und schreiben auf, was wo in welchem Umfang zu tun ist. Fragen?" Die Fabri und die anderen Soldaten schüttelten den Kopf. Bevor sie vor den ersten kaputten Stellen standen gab es auch nicht viel zu fragen.


    "Dann geht's los!", kommandierte Priscus und der Arbeitstrupp begab sich auf die Straße.

    Der Optio lief während der Übung mal hinter der einen und mal hinter der anderen Linie her und schaute den Rekruten bei ihren Bemühungen im wahrsten Sinne des Wortes über die Schulter. "Nicht zu weiter zurück weichen", korrigierte er einen ängstlicheren Rekruten und schubste ihn nach vorne. Woanders schnellte sein Optiostab urplötzlich durch die Linie nach vorne und traf den Gegner auf der anderen Seite. "Deckung beachten!" lautete die scharfe Anweisung dazu.


    "Weitermachen! Pause gibt's später!" forderte er dann Lupercus und seinen Gegenüber auf, als diese ihre Waffen herunter nahmen. "Tot umfallen könnt ihr noch im echten Kampf. Mit Holzwaffen wird gekämpft bis ich Stopp sage!"


    Und schon war er wieder am anderen Ende der Linie und hielt dort seinen Optiostab quer vor die Brust, um die beiden außen Stehenden Kämpfer daran zu hinderen, zu weit nach außen aus der Formation auszubrechen, um mehr Platz zu haben.

    "Ich finde das Leben als Soldat toll. Zumindest wenn kein Krieg ist. Wir verdienen nicht schlecht, haben immer was zu Essen, en stabiles Dach über dem Kopf und sogar immer einen Arzt in Reichweite. Das ist schon toll", zeigte sich der Soldat begeistert. "Da kann es einem zumindest woanders schlechter gehen. Als Sklave sowieso. Aber dafür sind sie ja da, die Sklave, für die schweren Arbeiten."