Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Jetzt sah der Optio schon wesentlich zufriedener aus. "Exakt. Während der Wache wird nicht gesessen und erst Recht nicht geschlafen. Ihr schaut immer in alle Richtungen, sowohl nach draußen als auch nach Innen. Über die Mauer soll weder jemand reinkommen noch rauskommen. Und wenn etwas ungewöhnliches passiert, wird Meldung gemacht oder Alarm gegeben. Ein Wachsoldat macht niemals Alleingänge! Merkt euch das. Als Wache seid ihr immer mindestens zu zweit unterwegs. Wenn ihr etwas bemerkt, beobachtet der eine weiter und der andere macht Meldung oder Alarm. Wenn ihr eine Person befragt oder einen Stelle untersucht, dann macht das einer und der andere sichert und beobachtet die Umgebung. Soweit klar?"


    Die Frage war wie häufig fast nur rhetorischer Natur. Dann ging es weiter. "Was macht ihr im Alarmfall, wenn ihr gerade nicht Wache habt? Also ihr schlaft und es gibt Alarm. Was ist zu tun?"

    Priscus war erst einmal erleichtert, als er spürte, dass seine Bemühungen Erfolg hatten und er sich dem Griff seines Gegners entwinden konnte. Dass er den Gegner dabei gleich zu Boden warf, mobilisierte weitere Kräfte bei ihm. Noch immer umklammerte er das Bein des Gegners und versuchte es so zu ziehen, dass dieser sich nicht abrollen konnte. Dann ließ er endlich los und warf sich auf den Oberkörper des Gegners, damit dieser auch ganz sicher nicht wieder aufstehen konnte.

    Der Optio zog den Mund ein wenig schief. "Bisschen sehr abstrakt, nicht wahr?", fragte er zurück und blickte die anderen an, ob sie das verstanden hatten. Dann schaute er wiederzu Celsus. "Werd' doch mal konkreter. Sitzt du, stehst du, läufst du rum? Wo guckst du hin? Was machst du, wenn du etwas verdächtiges siehst oder hörst?"

    Seine eigene Meinung hob sich Priscus lieber für später auf, um sie in einem passenderen Moment unterzubringen. Seinen Centurio würde sie vielleicht interessieren, aber ändern konnte er damit doch nichts. Also nickte er nur und wünschte seinem Vorgesetzten wenigstens noch viel Spass bei der Büroarbeit.


    Dann begab er sich wieder zurück in die Stube. "Na super. Einen Monat lang Putzkolonne", wiederholte er die bekannte Anordnung und grinste säuerlich. Dann baute er sich vor dem schlampigen Kameraden auf. "Gibt keine zweite Chance für dich. Der Chef ist richtig sauer. Beim nächsten Mal wird's blutig." Ohne eine weitere Erklärung war das Thema damit für ihn erledigt und er begann mit den Kameraden darüber zu debattieren, ob sie ihrer Aufgabe als Putzkolonne demnächst lieber am Morgen oder am Abend nachkommen wollten.

    Wenn ein Tribun eine Strafe verteilte, konnte sich auch ein notorisch schlampiger Soldat kaum davor drücken. Daher war aus einer der Stuben der vierten Centurie der neuten Kohorte der ersten Legion an einem Abend das Geräusch von Holzarbeiten zu hören. Der neuste ritterliche Tribun hatte bei einer Kontrolle eine Pritsche bemängelt und deren besitzer brachte sie nun in Ordnung. Und auch wenn er sie schon vorher völlig in Ordnung fand und die Arbeit damit für überflüssig hielt, hatte er sogar seinen Spass dabei. Denn er lustige Teil würde noch kommen, wenn er die reparierte Pritsche befehlsgemäß dem Tribun vorführen musste.

    Genau das was Priscus als Nachteil seines Angriffs befürchtet hatte trat ein und der Gegner stürzte sich mit dem ganzen gewicht auf den am Boden hockende Optio. Immerhin konnte er ihn nicht umwerfen, solange er das Bein festhielt. Priscus versuchte stattdessen, sich seitlich unter dem Druck weg zu drehen und dabei das bein des Gegners mit zu nehmen. Wenn er Glück hatte, würde dieser dann nämlich das Gleichgewicht verlieren und seinerseits umkippen.


    Lange hielt Priscus die Umklammerung allerdings nicht aus, denn der Schweiß, der im letzten Kampf noch sein Vorteil gewesen war, war diesmal sein Nachteil. Zäh stemmte er sich gegen die Bewegung des Gegners, solange ihm das schweißnasse Bein noch nicht durch die Finger rutschte und sobald er etwas Luft nach oben verspürte, versuchte er mit einem Ruck vom Boden weg zu kommen.

    Priscus nickte. "So ist es. Aber für die nächste zeit werden sich wohl eher immer die erfahreneren Kameraden darum kümmern, mit denen ihr gemeinsam Wache habt."


    Trotzdem hatte der Optio noch ein paar mehr Aufgabenstellungen im Kopf. "Nehmen wir mal an, ihr habt Nachtwache und zwar nicht am Tor, sondern auf der Mauer. Was habt ihr dann zu tun und was nicht?"

    Priscus merkte schnell, dass sein Gegner nicht bereit war, sich auf ein langes Abtasten einzulassen. Im Prinzip war ihm das auch ganz recht, denn ein schneller Kampf sollte weniger Kraft kosten als ein zähes Ringen. Andererseits konnte er in einem schnellen Kampf auch schnell den Kürzeren ziehen.


    Als der Flottensoldat dann zielgerichtet auf ihn zu kam, entschied sich Priscus für den direkten Gegenangriff. Da er gegen den massigen Oberkörper kaum eine Chance sah, konzentrierte er sich diesmal auf die Beine. Mit einem schnellen Ausfallschritt erwischte er mit der eigenen Fußspitze den Knöchel des Gegners und konnte sich mit beiden Armen das Bein packen, das gerade auf den Boden aufsetzen wollte. Was allerdings zur Folge hatte, dass er selber nur noch knapp über dem Boden hockte und jetzt das Bein mitsamt dem Gegner daran irgendwie nach oben bekommen musste.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    So rief er nun seinerseits über die Köpfe der Soldaten hinweg:
    "Optio Priscus! Führung übernehmen!"


    Priscus war noch immer am hinteren Ende der Truppe unterwegs gewesen und rechnete schon damit, dass irgendwann einmal das Ende des Marschtages in Sicht kommen musste, denn die Sonne begann schon unter zu gehen. Der Optio hatte mächtig Hunger und vermutete, dass er nicht der einzige war, dem es so ging.


    Nach dem Befehl seines Centurio löste er sich aus der Truppe, schritt mit etwas größeren und schnelleren Schritten entlang der Kolonne nach vorne und meldete sich in der Führung. Solange er kein Kommando hatte, die Truppe irgendwo auf's Feld zum Lagern zu führen, war es ja auch keine Schwierigkeit, an der Spitze auf der Straße zu laufen.

    "Sehr schön, vielen Dank", ließ sich der Optio vernehmen und kam wieder näher. "Die Torpfosten dürfen sich jetzt auch wieder bewegen. Machen wir mal ein wenig Manöverkritik."


    Er wartete kurz, bis alle Soldaten um ihn herum standen. "Also, die roten Heringe haben mir gut gefallen. Sehr nette Idee. Bei der Wache war gut, dass ihr nach name und Anliegen gefragthabt, dass ihr sie kontrolliert habt und dass ihr einen Posten mitgeschickt habt. Soweit alles richtig. Die genaue Fragerei nach der Genehmigung des Geschäfts ist dagegen Zeitverschwendung. Wenn es jemand wirklich drauf anlegt, mit einer falschen Geschichte ins Lager zu kommen, wird er euch sowieso immer etwas erzählen, was euch glaubhaft scheint. Also spart euch und den anderen die Mühe. Klar soweit?"


    Er blickte kurz in die Runde, bevor er weitermachte. "Dann das Thema Waffen. Was macht ihr, wenn jemand sich zur Legion melden will und schon Ausrüstung dabei hat, insbesondere ein Schwert?"

    Noch einmal atmete Priscus tief durch, dann konnte es losgehen. Diesmal setzte er nicht auf einen sofortigen Angriff, wie er es bei den anderen getan hatte, sondern wollte seinen Gegner erst einmal kommen lassen. Auch wenn es ihm lieber wäre, er könnte sofort wieder in den Schatten zurück, hatte er kein Interesse daran, den Kampf überhastet zu führen.


    Fast regungslos blieb er erst auf der Stelle stehen und schritt dann nach links oder rechts oder vor oder zurück, ganz so wie sein Gegner Bewegungen machte.

    Die Ideen der Kinder am Straßenrand waren nicht ganz unbegründet, denn wenn die Soldaten etwas sangen, dann waren es in der Regel Soldatenlieder, die vom Krieg handelten. Zwar gab es für Arbeitseinsätze den alten Klassiker "Wir klopften im Steinbruch die Steine" (auf dessen Melodie zukünftige Seefahrergenerationen den Text "Wir lagen vor Madagaskar" singen sollten), aber meistens ging es doch martialischer zu, insbesondere unter den Soldaten, die schon in Parthia gekämpft hatten.


    "Von den Küsten von Britannia
    bis zu Parthias großem Strom
    ziehen wir mit Mut zu Felde
    für den Kaiser, Ruhm und Rom.
    Unser Alltag ist das Trainung
    und die Siege unser Lohn
    und wir tragen stolz den Namen
    einer römischen Legion."


    auf die Melodie von "From the Halls of Montezuma"

    Am Ende der Kolonne setzte sich auf Priscus in Bewegung. Er legte etwas weniger energische Eile an den Tag als sein Centurio und hatte vor allem ein Auge auf die Maultiertreiber, damit ihnen keines der Tiere gleich beim Abmarsch aus dem Lager abhanden kam und der Beginn der Arbeiten dadurch verzögert werden würde.


    Beim Vorbeigehen grüßte er die Wache und winkte ein paar Zivilisten zu, die mehr oder weniger zufällig vor dem Lagertor gestanden hatten und den Abmarsch beobachteten.

    Die erholsame Pause für Priscus dauerte leider nur kurz und tatsächlich wurde für den Finalkampf genau der Gegner ausgerufen, den er vorher schon als vermutlichen Sieger des anderen Halbfinales entdeckt hatte. Ein Flottensoldat war das und sicher ein ganzes Stück größer als Priscus. Stärker war er wahrscheinlich auch und Priscus konnte nur hoffen, dass sein Gegner in den vorherigen Kämpfen ebenso viel Energie verloren hatte wie er selber.


    Langsam schritt Priscus wieder in den Kampfring und versuchte, sich eine Strategie zurecht zu legen. Er musste es wohl über Beweglichkeit oder Zähigkeit versuchen, wenn er eine Chance haben wollte. Obwohl er immer noch schwitzte, machte er ein paar Bewegungen mit den Armen und Beinen, um sich auf Kampftemperatur zu bringen und fixierte den Gegner dabei mit den Augen. "Bereit, wenn du es bist!"

    Nun war es mit der Schauspielkunst von Hyginus doch endlich vorbei. Hilflos sah er den Optio an. Der grinste erstmal nur. "Wenn du nichts hast, sagst du der Wache eben, dass du dort nichts hast", schlug er dann vor. Schließlich sollten sich nicht immer nur die "Besucher" etwas kreatives ausdenken müssen.


    Hyginus tat genau das und erklärte der Wache freundlich, dass sie sich geirrt haben müsste, da er dort unter seinem Rippenbogen gar nichts bei sich trage, was er vorzeigen könne.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    "Miles! Seit wann grinst man, wenn man einen Befehl bekommt?!" sprach Licinus mit scharfer Stimme, aber leiser Stimme. Ein Zeichen, dass er wirklich sauer war.
    "Und jetzt zu dem Rest. Es ist, verdammt nochmal, Aufgabe des gesamten contubernium die Stube sauber zu halten. Und wenn einer da nicht mittun will, dann ist es auch eure Aufgabe dafür zu sorgen, dass er es tut." selbstverständlich würde Licinus aber auch nicht dulden, dass dies als Vorwand für Schikane und ähnlichem genutzt würde.
    "Damit ihr das lernt, werdet ihr für einen Monat die Baracken der gesamten centuria in Schuss halten. Ist das klar?"


    Die Soldaten der Stube bestätigten den Befehl deutlich, aber auch eher leise und ein bisschen verlegen. Es hätte sie wesentlich schlimmer treffen können. Andererseits war jede Form der Strafe unangenehm.


    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    "Optio! Auf ein Wort!" wandte er sich dann an Priscus, der ja auch das unglückliche Los hatte diesem contubernium anzugehören, und machte ihm ein Zeichen ihm nach draußen zu folgen.


    Priscus hatte nichts anderes erwartet, denn als ranghöchster Soldat des Contuberniums war er für die Gruppe verantwortlich. Und als Optio sollte er Vorbild für die ganze Truppe sein. Andererseits hatte er sich nichts vorzuwerfen, denn den Kameraden mit der schmutzigen Pritsche kannten schließlich alle lange genug. Nur eben der Tribun kannte ihn noch nicht. Schweigend folgte der Optio dem Centurio nach draußen.

    Hyginus alias Sinus braucht nicht einmal einen erleichterten Gesichtsausdruck zu spielen, denn er war tatsächlich froh, dass es weiter ging. Breitwillig ließen er und sein Partner Cosinus sich durchsuchen.


    Priscus hatte die Durchführung der Wache bisher ohne Kommentar verfolgt und trat jetzt nur wortlos einen Schritt näher, um die Waffenkontrolle zu beobachten.

    Sim-Off:

    In Exilium


    Hat jemand eine Ahnung, wie es weitergehen soll? Ohne eine PN vom Regisseur fühle ich mich ein wenig hilflos. :D


    Tatsächlich bekam Priscus die erhoffte Pause und konnte sich ein wenig im Schatten erholen. Er hatte das Gefühl, dass jeder Tropfen Wasser, den er trank, gleich wieder ausgeschwitzt wurde. Er schüttelte ein wenig die Arme und Beine, um sich ein wenig Lockerheit in den Muskeln zu erhalten, denn immerhin sollte ihm noch ein weiterer Kampf bevor stehen. Und er ging davon aus, dass der Gegner nicht schwächer sein würde als seine bisherigen. Wenn er es richtig sah, war es sogar ein ziemlich hühnenhafter Kerl, den er vorgesetzt bekommen würde. Aber noch gab es keine Ankündigung dazu.