Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Während des Gebets stand Priscus schweigend neben dem Ferkel. Dem Optio fiel heute die Rolle des Opferhelfers zu, so dass er danach zunächst mit dem Centurio den Opferschmuck entfernte und seinem Vorgesetzten dann Mola salsa und das Opfermesser reichte. Letzteres bekam er wieder zurück, nachdem der Centurio dem Tier damit über den Rücken gestrichen hatte.


    Priscus kontrollierte noch einmal, ob die Schale zum Auffangen des Blutes in Reichweite stand und setzte dann das Messer an die Kehle des Ferkels. "Agone?" fragte er seinen Centurio, um sich das Kommando für die Ausführung des Opfers abzuholen.

    "Vielleicht schmeißen die auch ständig andere Sachen durch die Gegend", beteiligte sich Priscus an der Spekulation um die Wurfstärke der Classis. Aber er hatte auch keine Idee, was die außer Speeren noch alles werfen könnten. Vielleicht kamen die starken Arme auch vom Rudern.


    Das Endergebnis nahm er dann stumm zur Kenntnis. Mit seinem eigenen Resultat konnte er gar nicht zufrieden sein, mit dem seiner Centurie insgesamt schon eher, denn immerhin hatten sie zwei der vordersten drei Plätze geholt. Aber ohne einen Siegertitel für die Legio I war das alles nichts wert.


    Als dann der Rungkampf aufgerufen wurde, verabschiedete er sich von seinem Centurio, der nicht mitkämpfte und versprach eine bessere Leistung. Erneut die Arme kreisend um sich locker zu machen, ging er zum Kampfplatz und wartete auf das Eintreffen seines Gegners.

    Nachdem er seinen zweiten Wurf gemacht hatte, hatte Priscus nicht mehr so ganz genau verfolgt, wer noch an der Reihe war und wer ebenfalls schon zwei Würfe absolviert hatte. Selber hatte er mit dem Ausgang des Wettkampfes nichts zu tun, da hielt sich die Aufregung in Grenzen.


    "War's das jetzt schon?" fragte er schließlich seinen Centurio, als ihm nicht ganz klar war, ob nun schon alle geworfen hatten.

    Mit kritischem Blick schritt der Optio die Linie der Rekruten ab, konnte aber keine nennenswerten Mängel feststellen. Dann stellte er sich wieder vor der Linie auf und setzten ein breites Grinsen auf. "Jungs, einer von euch hatte heute morgen eine gute Idee und ist ein paar Runden um die Baracke gelaufen", begann er. Einem Optio entging sowas eben nicht. "Ich finde, wir sollten seinem Beispiel folgen und den Tag mit einer kleinen Laufübung beginnen."


    Priscus ignorierte das Augenrollen einer Rekruten und grinste unbeirrt weiter. "Probati, scuta et pila sursum! Ad dextram! Cursim, pergite! * Und haltet ruhig etwas Abstand zum Vordermann, damit ihr euch nicht gegenseitig mit dem Pilum aufspießt!" Selber ein Scutum in der linken Hand und den Optiostab in der rechten, setzte sich Priscus in leichtem Laufschritt neben der Kolonne in Bewegung.


    * lat.: Im Laufschritt, Marsch!

    Als letzter Soldat der Centurie betrat Priscus am Ende der Kolonne den Innenhof. Hinter ihm liefen nur noch drei Trossknechte, die ein rotes Ferkel vor sich her trieben. Das Opfertier war schließlich das wichtigste bei einem Opfer. Am Altar angekommen, band Priscus das Tier mit einem kurzen Seil neben dem Altar fest und schickte die Trossknechte wieder weg.


    Zum Glück waren sie heute wohl nicht die einzige Centurie, die am Marsaltar opfern wollte, denn für Musik war schon gesorgt und auch ein Wasserbecken für die rituelle Reinigung konnte der Optio entdecken.

    Die Zeit auf dem Exerzierplatz verging wie von selbst und schließlich beendete der Optio die Übungseinheit für diesen Vormittag. Er ließ die Männer die Übungsschilde und Schwerter wegräumen und führte sie dann zurück in die Barracken. Am Nachmittag würden sie mit dem Centurio wieder auf dem Platz stehen.


    Am nächsten Morgen stand dann Priscus wieder mit der kleinen Gruppe von Rekruten auf dem Platz. "Probati, state!", kommandierte er und schaute, ob diesmal alle von Anfang an wach waren.

    Fast ein bisschen gelangweilt beobachtete der Optio die ersten Versuche des Rekruten und schaute zwischendurch auch einmal zu den anderen Soldaten an den Pfählen nebenan, ob sie ihre Sache gut machten. Die ersten Stiche waren nie besonders interessant. Jeder Rekrut gab sein bestes, solange die Kraft und Konzentration noch reichte.


    Doch plötzlich schnellte der Stab des Optio vor und die Kugel am oberen Ende traf am Schild vorbei auf eine ungepanzerte Stelle am Körper von Celsus. "Tot!" kommentierte der Optio dazu. "Immer auf den Schild achten. Lieber zweimal stechen müssen, um den Gegner zu treffen als einmal selber getroffen werden. Weitermachen."


    Dann ließ er ihn alleine weiter üben und wandte sich für einen Moment den Rekruten an den anderen Pfählen zu, denen es bei einer Unachtsamkeit ähnlich erging.

    Auch Priscus eilte nach der Inspektion zurück in seine Stube, denn auch er war bisher noch ohne Rüstung und Helmbusch unterwegs gewesen. Aus allen Türen hörte man hektisches Scheppern und Scharren, bis die Männer sich wieder in der Lagergasse sammelten. Priscus wechselte noch rasch einige Worte mit dem Signifer, bevor er seinen Platz am Ende der Kolonne einnahm und mit den anderen zur Principia marschierte.

    Als der Rekrut über eine längere Zeit eine zufriedenstellende Trefferquote erreichte, beendete der Optio seine Zielangabe. "Für den Anfang nicht schlecht. Aber im Kampf reicht das nicht. Du brauchst noch deinen Schild. Hol' dir mal einen von den Übungsschilden."


    Als der Rekrut mit einem der geflochtenen Weidenschilde zurück war, gab er wieder einige Erklärungen ab. "Den Schild hältst du mit der linken Hand. Im Kampf hältst du ihn so, dass die Oberkante deine Nasenspitze noch abdeckt. Dann sitzt die untere Kante vor deinem Schienbein. Du stehst in leichter Schrittstellung mit dem linken Fuß vorne, so dass die linke Schulter links oben im Schild liegt. Wie das in Formation aussieht, kommt später. Erstmal Grundstellung alleine. Du stichst dann über die obere Schildkante hinweg oder rechts dran vorbei oder auch mal unten drunter durch, wenn du dich duckst und den Schild etwas nach oben nimmst. Fragen?"

    "Beim nächsten Mal gibt's 20 Liegestützen. Und dann 40. Und jetzt zeig' mal, ob du nicht nur kräftig zustechen kannst, sondern auch gezielt."


    Der Optio ging einen Schritt zur Seite. "Grundstellung. Hier stechen." Mit seinem Optiostab zeigte er auf eine Stelle am Pfahl. Nachdem der Rekrut zugestochen hatte, wechselte er die angezeigte Stelle. "Hier." Stich und wieder Wechsel. "Hier." So ging das eine Weile weiter.

    "Sehr schön. Dann übst du jetzt gleich erstmal ohne das Scutum", antwortete der Optio und wandte sich wieder an die gesamte Gruppe.


    "Scuta et pila deponite! * Übungswaffen aufnehmen und an den Pfählen Aufstellung nehmen." Dabei deutete er auf eine Reihe von dicken Holzpfählen, die am Rande des Exerzierplatzes standen. Daneben standen ein paar flache Verschläge, in denen Weidenschilde und Holzschwerter gelagert wurde. Sie waren weniger gefährlich als die echten Waffen, dafür aber deutlich schwerer, um die Soldaten noch besser zu trainieren.


    Als alle Soldaten in Position waren, erteilte Priscus das Kommando zum Anfangen und wandte sich dann wieder an den Neuen, der noch gar nicht wusste, was er nun tun sollte. "Du fängst jetzt erstmal ganz klein an. Hier stehen, Ausfallschritt mit rechts auf den Pfahl zu und dabei mit der Schwertspitze den Pfahl treffen. Dann wieder zurück in die Grundstellung. Und dann von vorne." Er machte die Bewegung zweimal vor, dann trat er zur Seite. "Ausführen."


    * lat.: Schilde und Speere ablegen!

    Der Medicus murmelte etwas unverständliches und wandte sich dann einem kleinen Tisch mit Behandlungsgeräten zu. Mit einem gezielten Griff packte er sich eine Pinzette. "Stillhalten." Vorsichtig setzte er an und zog den Splitter langsam und konzetriert heraus. "Hoppla, der ist ja ganz schön lang. Wo findet man denn sowas?"

    "So ist es", antwortete der Optio, ebenfalls weiter rufend. "Heute ist der Festtag des Mars Pater! Der Festtag unseres Kriegsgottes. Also raus aus den Betten und mit einem Lächeln auf den Lippen angetreten!"


    Ein offizielles Opfer oder ähnliches aus Anlass des Feiertages war zwar nicht angekündigt worden, aber das hinderte die Centurien ja nicht daran, trotzdem selber eines zu veranstalten.

    "Und das kleine Ding hat dir die Sprache verschlagen?", fragte der Medicus, als ihm der eingetretene Soldat wortlos seinen Handballen hin hielt, aus dem ein Stückchen Holz ragte. Wie weit es drin saß, konnte er natürlich noch nicht wissen. "Ich nehme an, ich soll den rausmachen?"

    "Gut. Dann pass' jetzt auf", stellte der Optio fest und zog seinen Gladius. "Das ist ein Schwert. Vier Dinge sind für dich erstmal wichtig. Erstens: es hängt an der rechten Seite deines Körpers. Zweitens: du führst es mit der rechten Hand. Drittens: es ist einen Hieb- und Stichwaffe. Viertens: es ist dazu da, deinen Gegner zu töten. Soweit klar?"