Beiträge von Gaius Tallius Priscus

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    Original von Marcus Iulius Sparsus
    "Salve Optio, der Centurio ist noch drüben beim Adler, schätze ich. Nun zumindest ist er nicht hier.
    Aber da du jetzt da bist, hast du ja jetzt das Kommando."


    Damit war Sparsus die Verantwortung wieder los. Wenn jetzt jemand starb, war es Priscus Schuld und nicht seine. Er wollte nach seinem Trinkbeutel greifen, den er sich an den Gürtel gebunden hatte, denn immerhin hatten sie jetzt etwas Ruhe und da käme ein Schluck Posca recht gelegen, allerdings musste er feststellen, das der Beutel einen relativ großen Riss hatte und daher zum Aufbewahren von Flüssigkeiten unbrauchbar war.
    Kaum hatte Sparsus an der ersten Linie einen Platz für den Optio frei gemacht, da kam auch schon ein Bote von Aristides. Keine schlechte Leistung, bei Pfeilbeschuss von einer Centurie zur anderen zu flitzen, dachte sich Sparsus beim Anblick des Boten


    "Salve, du kannst unserem Centurio sagen, das der Optio schon eingetroffen ist und das Kommando hat. Außerdem steht die Formation und wir sind so über den Daumen gepeilt 40 Mann, wo der Rest ist, wissen nur die Götter."


    Priscus hatte sich erst einmal einen Überblick über den übrig gebliebenen Haufen der zweiten Centurie verschafft und dabei mitbekommen, welche Informationen der Tesserarius weitergegeben hatte. "Nur 40 Mann? Verdammte Scheiße!" fluchte er weitgehend tonlos. "Nimm' dir vier Mann und geh' suchen! Alles was noch laufen kann hierher und alle anderen schleppt ihr zum Verbandsplatz!" Er hustete, gab Sparsus einen Klaps auf die Schulter und machte sich auf den Weg zum Signifer.

    Wie in einem Rausch hatte sich die Schlacht plötzlich beschleunigt und war an Priscus vorbei gezogen. Eine unglaubliche Dynamik entwickelte sich in dem Augenblick, in dem die schweren Reiter auf ihre Formation getroffen waren und er selber einige Reihen zurück geschleudert wurde. Er kämpfte sich wieder nach vorne, zurück auf seine Position bei den ersten Linien seiner Centurie. Er hörte Befehle, gab Befehle weiter und stach auf irgendwelche Parther ein, die plötzlich überall waren. Die erste Centurie hatte sich um den Adler geschart und zurück gezogen, irgendwo auf der anderen Seite sah er römische Reiterei, die parthisches Fußvolk attackierte. Und überall lagen blutende Kameraden aus seiner Centurie oder eine anderen, hoffentlich nur schwer verletzt und nicht tot.


    Irgendwann kam das Kommando, sich ebenfalls zum Adler zurück zu ziehen und der Optio trieb alle, die ihm bekannt vorkamen, mit inzwischen völlig heiserer Stimme in diese Richtung. Dann kam das Gebrüll plötzlich von der anderen Seite und er erblickte die halbe Legion, die bisher als Reserve zurück gehalten wurde, wie sie sich mit voller Wucht in die Schlacht warf. Wieder zog ihn der Sog der kämpfenden Männer mit sich, er fand sich in den Reihen einer anderen Kohorte wieder und versuchte, sich für den Rückweg am Adler zu orientieren, der aber gerade nicht zu finden war. Stattdessen sah er irgendwo den Kaiser vorbeireiten und über den Flügel stürmte plötzlich auch noch die Legionsreiterei herbei und Priscus war einen Augenblick lang froh, doch nicht mittendrin zu stecken.


    Dann war der Adler plötzlich doch wieder zu sehen und ganz in der Nähe auch das Feldzeichen seiner Centurie. Die Parther schienen sich zur Flucht zu wenden, was den Optio durchaus überraschte. Befehle wurden gebrüllt, dass die erste Kohorte die Stellung halten sollte, was Priscus nur zu gerne tat, wenn er denn mal gewusst hätte, welche Stellung seine Centurie denn gerade hat. Seine Kollege von der vierten Centurie tauchte neben ihm auf und fragte ihn nach dem Primus Pilus, aber da konnte er ihm auch nicht weiterhelfen. Falls der Primus Pilus außer Gefecht war, hatte sein eigener Centurio wohl jetzt das Kommando über die erste Cohorte, vom Tribunen mal abgesehen und Priscus noch einen Grund mehr, endlich mal wieder bei seinen Leuten anzukommen. So riesig war das Schlachtfeld nun auch wieder nicht, aber diese verdammten Parther hatten schon ein ziemliches Durcheinander angerichtet.


    Endlich erblickte er ein paar erschöpfte, aber bekannte Gesichter. "Sparsus, alles in Ordnung bei euch?", krächtzte er mit kaum noch hörbarer Stimme. "Wo ist der Centurio?"

    Fast dankbar registrierte Priscus, dass sich nun auch offenbar die römische Reiterei in den Kampf einmischte und weitere parthische Soldaten schon beim Rachrücken aufhielt. Außerdem bemerkte er erst jetzt, dass der Pfeilbeschuß deutlich nachgelassen hatte. Ein parthischer Panzerreiter, der ihm vom Pferd herunter vor die Füße kippte, holte den Optio aber wieder aus einen Gedanken zurück, zumal unter dem reiter noch zwei Legionäre lagen. Mit einer wuchtigen bewegung haute Priscus dem Parther die Unterkante des Schildes in den Nacken. Das erzeugte mit Sicherheit ein häßlich knackendes Geräusch, was man aber im allgemeinen Schlachtlärm nicht hörte. Stattdessen rief der Tribun die erste Cohorte zum Formieren. "Formation schließen! Keine Einzelkämpfe!" gab Priscus den Befehl weiter. Die Umsetzung gestaltete sich allerdings alles andere als einfach.

    Auch wenn Priscus schon Jahre bei der Armee war und dies nicht seine erste Schlacht, so sah er nun doch zum ersten Mal Panzerreiter in größerer Zahl auf sich zu kommen. Am Lagerfeuer hatten die Männer schon oft über diesen Augenblick gesprochen und sich darauf vorbereitet. Doch die Sprüche, die der Optio im Kopf hatte, wollten nicht so recht zu dem passen, was er jetzt wirklich fühlte. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er die anrollenden Reiter, während sich die Centurie befehlsgemäß über die toten Körper der Gegner oder Kameraden ein Stück zurück zog. Irgendwas stimmte nicht in dem Bild. "Lasst euch nicht täuschen! Die sind schwer, aber sonst nichts! Ein Felsbrocken könnte sich kaum schlechter wehren!"


    Nun war aber ein Felsbrocken mit dieser Geschwindigkeit ein mehr als ernstzunehmender Gegner. Obwohl es Priscus ein völliges Rätsel war, wie die Reiter die schwer gepanzerten Pferde erstens über die ganze Strecke auf diese Geschwindigkeit bringen konnten und zweitens auch vom Boden nicht durcheinander gebracht wurden. Viel zeit zum rätseln hatte er nicht, denn schon erfolgte der Aufprall der Reiter und der Optio, der in der dritten Reihe gestanden hatte, fand sich einige Schritte weiter hinten wieder.


    "Holt sie von den Pferden! Stecht auf die Hälse!" rief er seinen Männern zu und hoffte, irgendwo einen brauchbaren Schild zu finden, denn seiner hatte die unsanfte Landung nicht überlebt.

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    Original von Faustus Decimus Serapio
    Ich schrie vor Schmerz, als die Spitzen sich da wo meine Rüstung endete in das Fleisch bohrten. So heftig war außerdem der Schlag, dass ich taumelte, auf dem blutigen Boden ausglitt und zu Boden gerissen wurde. Halb war mein Scutum auf mir gelandet, aber mein Schildarm war wie taub von dem Schlag. Irgendwie hackte ich mit dem Gladius nach den Beinen des Parthers, versuchte mich wieder aufzurappeln, aber schon drängten andere hinter ihm durch die entstandene Lücke, sie traten auf mich drauf und ich kam einfach nicht wieder hoch. Ein Chaos von Beinen, Pfeilen, Caligae, Stiefeln und blutigem Staub sah ich um mich, dann wie hoch über mir wieder der Flegel geschwungen wurde - ein schwarzer Schemen vor der Sonne - und rasend schnell auf mich zu sauste.....
    Bona Dea. Ist das das Ende?[/FONT]


    Priscus hatte sich gerade erst von dem Treffer an seinem Fuß erholt und blickte wieder nach vorne, als es einen größeren Einbruch in ihrer Linie zu geben schien. "Drücken!" brüllte er, damit alle die Angreifer wenigsten zurückschoben, wenn sie sie schon nicht abstechen konnten. Wenn die Männer am Rand ihres Blocks jetzt weitergingen, während die Mitte aufgehalten wurde, würde sich die ganze vordere Hälfte ihrer Formation lockern. Andererseits ging der Kampf um sie herum weiter und das Stoppen einer ganzen Centurie war genauso schädlich. Immerhin wurden die eingedrungenen Parther jetzt von mehreren Seiten attackiert und hatten keine langfristige Überlebenschance. "Stecht die Bastarde ab!" Eilig wühlte er sich durch die dichte Formation der eigenen Leute, um selber die Lücke zu schließen, die der erste getroffene Soldat vorne in der Front gerissen hatte, damit nicht noch mehr Parther nachströmen konnten. Langsam schob sich der Block weiter nach vorne, so dass sich die am Boden liegenden Männer bald hinter der Formation fanden, wo der Signifer sorgfältig darauf achtete, nur den Parthern ins Gesicht zu treten und die römischen Kameraden durch die Sanitäter aufsammeln zu lassen, bevor von hinten die nächste Centurie nachrückte.

    Nun stellten sich die Parther also endlich zum ersten Mal bei diesem Feldzug dem Nahkampf der Infanterie. "Linie! Linie!" brüllte Priscus immer wieder, nachdem die Soldaten nach dem Angriff auf die gestoppten reiter über die ersten gefallenen Gegner und Pferde hinweg stolperten, um sich dahinter wieder zum Kampf gegen die Infanterie zu formieren. Immerhin schien der Centurio seine Verletzungen vergessen zu haben und kommandierte die Truppe mit lauter Stimme, so dass Priscus am anderen Ende der Linie die Befehle nur noch einmal wiederholen musste.


    Während die Parther gute Reiter und Schützen waren, waren sie offenbar lausige Nahkämpfer, die sich eher blind und nur aufgrund der Deckung durch weitere Bogenschützen in den Kampf warfen. Ziemlich früh war Priscus in die vorderste Reihe gerückt und hatte schon längst sein Pilum geworfen, dann wurde wieder gewechselt und irgendwann war er dann doch wieder vorne. Im Kampfesrausch stach er auf alles ein, was ihm vor die Nase kam und nur der jahrelange Drill ließ ihn das alles so routiniert machen, dass er dabei noch Zeit hatte, die Kameraden neben sich im Auge zu behalten und sich mit weiteren Befehlen und Anfeuerungen heiser zu schreien.


    Ein stürzender Gegner erwischte ihn noch am Fuß, was eine ziemlich schwerzhafte Erfahrung war. "Nachrücken", kommandierte er noch, damit sein eigener Ausfall keine Lücke hinterließ und ließ sich dann ein paar Reihen zurück fallen, um den Schmerz wegzuatmen.

    Priscus fand die Kampfweise der Parther ziemlich albern. Als wenn die sich nicht mal vernünftig entscheiden konnten, ob sie nun eine Feldschlacht wollten oder Bogenschützengeplänkel. Im Gegensatz zu den Kameraden in den hinteren Reihen hatte er lediglich den Vorteil, dass er ersten sowieso schon durch seinen Schild gedeckt war und zweitens die Parther weiter nach hinten schossen. Überall waren die Schreie der getroffenen Kameraden zu hören oder die hässlichen Geräusche, die eisene Pfeilspitzen machten, wenn sie auf hölzerne Schilde oder metallene Helme trafen.


    Dann kam das Kommando zum geschlossenen Vormarsch, während weiter links die Hilfstruppen vorstürmten. "In Linie vorwärts! Pila wurfbereit in den ersten Reihen!" Die eng gestaffelte Formation der Reiterabwehr geriet nur langsam in Bewegung und zog sich etwas länger, als die vorderen Reihen losliefen.

    Es lagen nur Augenblicke zwischen dem Formen des Schildwalls und dem bevorstehenden Aufprall der Reiter, doch nicht nur für Priscus zogen sich diese wie Stunden. Konzetriert lauerte er hinter seinem Schild, um im richtigen Augenblick den Druck mit seinem ganzen Körper abfangen zu können. Staub und Schweiß langen in der Luft und hinter dem Schildwall war kein Wind, der sie vertreiben konnte. Nebenan pinkelte ein Mann auf den Boden. Er war sicher nicht der einzige, während der Boden immer stärker vibrierte.

    Der Blick von Priscus wanderte immer abwechseln nach vorne und die Linie entlang. Es kam darauf an, die Formation auch in der Bewegung dicht und geschlossen zu halten, damit ein Zusammenstoß mit den feindlichen Reitern von der gesamten Masse der Truppe aufgefangen werden konnte. Die Schilde der Männer waren leicht überlappt, so dass kein Spalt frei blieb.


    Auf das Signal hin blieben die Männer wieder stehen und formierten sich zur Reiterabwehr. "Vertraut euren Ohren und dem Centurio!" ermahte Priscus, damit die Männer nicht aus lauter Angst oder Neugier Lücken ließen, durch die sie nach vorne schauen konnten. "Dritte Reihe stärker aufrücken, ich will euren Druck im Rücken spüren!" Für ihn selber galt die Sache mit dem Spalt zum durchgucken natürlich nicht, so dass er an seinem Schild vorbei nach vorne hinaus schaute, so wie es der Centurio auf der anderen Seite der Linie wohl auch tun würde.

    Die Legio I stand also in der Mitte und Priscus mit der zweiten Centurie der ersten Kohorte gar nicht weit weg vom Adlerträger, der mutig und entschlossen wie immer voran schritt. "Roma Victrix" rief auch Priscus, auch wenn er von der kurzen Ansprache nichts allzu viel mitbekommen hatte, da er bei so einem Aufmarsch auf genug anderes zu achten hatte. Langsam schoben sich die Reihen vor und versuchten dabei durch rhytmisches Schlagen auf ihre Schilde ein mögichst unheilvolles Geräusch zu machen. Der Optio fand, dass ihnen das auch recht gut gelang.


    Sein Blick ging nur kurz nach rechts, von wo die ersten Staubwolken zu sehen waren. Offenbar ging es auf diesem Flügel als erstes los. Irgendwo musste es ja losgehen und wenn es nicht in der Mitte war, war Priscus das durchaus recht.

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    Original von Faustus Decimus Serapio
    "Jawoll Optio!", schmetterte Rusticus. "Fit, munter und wild drauf diesem parthischen Gesocks mal nen kräftigen Arschtritt zu verpassen!"
    Ein zustimmendes Murmeln und Nicken erhob sich rund um den Pulskessel.


    "Na, dann kann ja nichts mehr schief gehen. Esst nicht zu viel, ein voller Bauch kämpft nicht gern."


    Der Optio zog weiter und machte später noch einmal eine Runde, um die Befehle des Centurio weiter zu geben. Leichtes Gepäck und kampfbereit sein. Es ging also wirklich in die Schlacht. Der Centurio hielt nur eine kurze Rede, vielleicht war das gut so, denn ein kleiner Weg stand ihnen bis zum Schlachtfeld offenbar noch bevor. Je mehr er gesagt hätte, umso mehr hätte man auf diesem Weg zu grübeln und zu interpreiteren gehabt.


    Irgendwann ritt der Kaiser vorbei und Priscus sah ihn Anweisungen geben. Die Marschkolonne löste sich Stück für Stück in eine breite Front auf und der Optio wartete auf die Befehle, wohin sich seine Centurie begeben würde. Die Tragtiere mit den leichten Feldgeschützen waren schon zurück geblieben, sie würden diesmal wohl unter dem Kommando eines eigenen Offiziers stehen und Priscus konnte bei seinen Kameraden bleiben.

    Auch wenn der Tod für die Soldaten eine sehr ernste Sache war und ein gefallener Kamerad immer auch ein verlorener Freund war, hatte Priscus keine Ahnung, was mit der geborgenen Leiche passiert war. Von einer Bestattung hatte er jedenfalls nichts mitbekommen. Andererseits war er sich sicher, dass niemand eine Leiche mitnehmen würde, wenn es nicht gerade die vom Legaten oder Kaiser war. Wofür hoffentlich niemals Bedarf bestehen würde.


    "Ich schicke den Signifer", antwortete Priscus und nahm an, dass dieser bei Bedarf einen Soldaten aus dem betroffenen Contubernium einfach mitbringen würde.


    Aufgehalten fühlte sich der Optio von dem kurzen Bericht nich, immerhzin würde er das wohl in den nächsten Tagen häufiger so machen müssen. Der Centurio machte keinen guten Eindruck. Wenn sie Glück hatten, würde er deshalb vielleicht dafür sorgen, dass die ganze Centurie ein paar ruhigere Aufgaben in den hinteren Reihen bekam. Wenn nicht, würde Priscus ihn wohl ziemlich weit vorne ersetzen müssen. "Danke", erwiderte er angesichts dieser Ahnung daher nur auf den Dank des Centurio und grüßte, bevor er das Zelt verließ.

    "Guten Morgen, Jungs. Bei euch alles fit und munter?" Priscus grinste ein wenig. Dasselbe undefinierbare Grinsen hatte er meistens morgens im Gesicht, ohne selber genau zu wissen, ob er sich eigentlich über den schönen Morgen freute oder ihn etwas amüsierte oder es eher ein Ausdruck von Zynismus war. "Schon aufgeregt und tatendurstig, Serapio? Der kleine nette nächtliche Besuch war dir noch nicht genug?"

    Auch Priscus hatte die Gerüchte mitbekommen, die schon seit dem letzten Abend durchs Lager waberten, dass eine Feldschlacht bevor stand. Aber noch hatte weder ihr Kommandeur zu ihnen gesprochen, noch ein Tribun oder der Centurio oder sonst irgendwer besondere Befehle erteilt. So rechnete Priscus am Morgen mit allem, als er von einem Zelt zum anderen ging und schaute, ob alle wach und die Verletzten einsatzbereit waren. Auch damit, dass alles nur ein Gerücht war und sich der Kaiser gegen eine Schalcht entschied oder diese gar nicht vorgesehen war. Immerhin lag der Lagerplatz seiner Einheit zu weit weg vom Zentrum des Lagers, um die Vorgänge dort in irgendeiner Art und Weise mitbekommen zu haben.

    "Die Leiche wurde geborgen," bestätigte der Optio, "allerdings war ich selber nicht dabei. Das Contubernium bedankte sich jedoch für die Gelegenheit, Abschied zu nehmen. Mehr wird dir der Signifer sagen können." Priscus war während der Aufräumarbeiten auf dem Schlachtfeld, bei denen eben auch die Leichen zurück transportiert wurden, irgendwo unterwegs gewesen. Wenn der Centurio nichts mitbekommen hatte, war die Leiche aber offenbar nicht bis zu den Zelten gebracht worden.


    "Zufrieden kann man mit dem Ergebnis so eines blöden Überfalls wohl nicht sein. Ich bin es jedenfalls nicht. Mir liegt so eine Art von Kampf nicht. Aber dass die Stimmung der Männer gravierend schlechter wäre, kann ich nicht beobachten. Etwas erschöpft und angespannt, aber ansonsten alles normal."

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    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Ist alles gut gelaufen heute, optio? Und wie hoch sind unsere Verlustzahlen? Wie viele Verletzte haben wir? Und wie viele von denen können nicht mehr kämpfen?“


    Der Optio hatte mit dieser Frage gerechnet und deshalb die Wachtafel mitgebracht, auf der er noch in der Nacht die Meldungen notiert hatte.


    Legio I Cohors I Centuria II


    Centurio Marcus Flavius Aristides - verschollen
    Miles Tiberius Curius Timarchus - schwer verwundet
    Miles Marcus Iulius Sparsus - verschollen
    Miles Gaius Paccius Icelus - verwundet
    Miles Decius Hostius Secundus - gefallen
    Miles Faustus Decimus Serapio - verschollen
    Miles Marcus Orbius Similis - verwundet


    und XIV weitere Verwundete schon wieder bei den Zelten


    "Nachdem alle unseren Verschollenen wieder aufgetaucht sind, haben wir mit Hostius Secundus aus dem fünften Contubernium nur einen Gefallenen. Timarchus und Similis sind wegen ihrer Verletzungen nicht mitgekommen. Icelus hat sich durchgebissen, mit reduziertem Gepäck. Laufen kann er, kampftauglich ist er nicht. Um die anderen vierzehn mache ich mir keine Sorgen", erläuterte er. Zu den ehemals Verschollenen brauchte er wohl nichts sagen, denn der Centurio würde sich selber und die anderen beiden wohl am besten einschätzen können.

    Dass sein Centurio aus nachvollziehbaren Gründen am Tag nach dem Überfall etwas langsamer war, bedeutete für Priscus umso mehr Arbeit. So ein Aufbau eines Marschlagers am Abend war zwar eine ziemlich eintönige Sache und die Soldaten wussten, was zu tun war, aber wenn der Centurio auf seinem Bett lag, konnte er die Leute nicht kontrollieren. Also musste der Optio das machen. Und weil ein auf dem Bett liegender Centurio auch keine Absprachen mit den benachbarten Centurien treffen kann, musste Priscus das auch machen. Und weil ein auf dem Bett liegender Centurio immerhin Leute mit verschiedenen Aufträgen durch die Gegend schicken kann, kamen immer wieder welche zu Priscus, um sich irgendwohin abzumelden, um sich zurück zu melden oder um ihm irgendetwas mitzuteilen.


    Irgendwann war er dann selber zum Centurio gerufen worden und betrat kurz darauf dessen Zelt. "Salve", grüßte er. "Melde mich zur Stelle."

    Priscus war irgendwo im Lager unterwegs gewesen auf der Suche nach Informationen über seinen Centurio, so dass er von dessen Rückkehr zunächst nichts mitbekam. Dann aber erwischte er den ersten Soldaten, der ihm davon berichten konnte und ihn zum Lazarett schickte. Priscus sprintete los und kam wenig später dort an. Langsam war es heller geworden und sein suchender Blick wurde bald fündig.


    "Centurio, willkommen zurück." Mehr sagte er erst einmal nicht, während er grüßte. Der Centurio sah nicht taufrisch aus und seine verspätete Rückkehr war daher wohl unfreiwillig gewesen.

    Im Lager zwischen den Zelten der zweite Centurie der ersten Kohorte wurde Priscus langsam ungeduldig. Niemand hatte den Centurio seiner Einheit fallen sehen und niemand hatte gesehen, dass er irgendwo hin gegangen wäre. Richtig fassen konnte der Optio das nicht. Zwar war das schlimmste, was einer Einheit passieren konnte, der Verlust des Feldzeichens, aber den Centurio spurlos zu verlieren war auch schon ziemlich dämlich, fand er. Eigentlich war es sogar noch viel lächerlicher, denn ein Feldzeichen konnte man sich immerhin unter den Arm klemmen und damit weglaufen, was mit dem Centurio nun wirklich nicht möglich war. Andererseits gab es mit dem Signifer auch jemanden, der extra auf das Feldzeichen aufpasste.


    Normalerweise würde in Abwesenheit des Centurio der Primus Pilus die Centurie mit kommandieren können, aber der war bekanntlich auch nicht vorhanden. Dass aber gleich zwei Centurionen auf dem Schlachtfeld sterben, ohne dass es jemand mitbekam, hielt Priscus nun wirklich für völlig utopisch. Also standen die Chancen nicht schlecht, dass sein Vorgesetzter doch noch irgendwo auftauchte. Bis dahin konnte Priscus nicht viel mehr tun als zu warten oder zu suchen. Auf Warten hatte er keine Lust, also versuchte er es mit einer spontanen Umfrage bei den benachbarten Centurien. "Hat einer von euch den Primus Pilus oder Centurio Flavius Aristides gesehen?"

    Der Morgen nach der Schlacht war für Priscus alles andere als ruhig gewesen. Während die Kameraden sich um ihre Wunden kümmerten, die ersten blutverkrusteten und vereiterten Verbände durch frische ersetzten oder schon damit begannen, kaputte Ausrüstung zu flicken, war der Optio die ganze Zeit unterwegs. Seinen Bericht hatte er abgegeben. Dann hatte er den Medicus begleitet, der die verletzten Soldaten der Einheit nochmal untersuchte und auf ihre Marschtauglichkeit hin begutachtete. Dann hatte er sich darum gekümmrt, wie die nicht marschtauglichen Soldaten zurück verlegt werden sollten. Jetzt stand er zwei schwer beladenen Soldaten gegenüber, die Speere vom Feld eingesammelt hatten.


    "Wer braucht noch ein Pilum zurück von letzter Nacht? Noch sind welche zu haben! Greift zu, solange noch welche da sind." Ihm fiel gerade nichts passendes ein, was er denjenigen androhen konnte, die keines mehr abbekamen, aber Eile war immer gut. "Und seht zu, dass ihr die Spitzen wieder gerade schmiedet, bevor wir weiter laufen." Das weiche Eisen ließ sich zum Glück auch kalt bearbeiten, so dass das eine lösbare Aufgabe sein sollte.