Beiträge von Fiona

    Gletschereis, jetzt mitten im heißesten Sommer? dachte Fiona. Doch mittlerweile war sie davon überzeugt, daß in diesem Haus fast alles möglich war.
    " Ich werde nachsehen, Herrin!"
    Fiona verließ das Atrium und begab sich zur Küche, um sich bei Pustula zu erkundigen, ob wohl noch Gletschereis vorrätig war.

    Nachdem der Herr ihr ein Zeichen gab, welches ihr signalisierte, daß es ihm nach mehr Wein verlangte, eilte sie zu ihm und schenkte ihm nach. Das gleiche tat sie auch, als der Gast seinen Becher hob.
    Für einen kurzen Moment schien sie das Interessen des Fremden geweckt zu haben. Offensichtlich waren es ihre schönen roten Locken, die ihn auf Fiona aufmerksam werden ließen.
    Was haben diese Römer nur mit meinen Haaren? Bin ich etwa die einzige "echte" Rote hier? dachte sie nachdem sie wieder ihren Platz im Hintergrund eingenommen hatte.

    Endlich waren sie angekommen. Unterwegs wurde ihnen mitgeteilt, daß die Fahrt nach Ostia gehen würde. Allerdings sagte Fiona dieser Name nicht viel. Erst als sie sich der Stadt näherten und sie die Seeluft schnupperte, wuchs die Freude in ihr. Wie würde hier wohl das Meer sein? Vielleicht auch so rauh, wie in ihrer Heimat?
    Schließlich erreichten sie eine kleine Villa. Die drei Frauen entstiegen der Kutsche. Als sie zum Haus gehen wollten, zögerte Deandra. So wie es schien, hatte sie große Angst vor unliebsamen Hausgenossen.
    Da Fiona mehr oder weniger ihre Jugend in der freien Natur verbracht hatte, war sie in Bezug auf Spinnen, Käfer oder ähnliches Getier nicht zimperlich.
    " Ich habe keine Probleme mit Spinnen, Herrin!"
    Eine Spinne anzufassen und sie nach draußen zu bringen, war für sie keine große Heldentat.

    Die Tränen quollen ihr aus den Augen und sie atmete schwer.
    Schließlich setzte sie sich, wischte sich ihre Tränen mit dem Handrücken ab, und versuchte, sich wieder etwas zu beruhigen.
    Mit verheulter Stimme begann sie zu sprechen.
    " Die Herrin, diese alte Hexe! Sie peitscht gerade Nordwin aus! Zwanzig Hiebe! Zwanzig!!!... Und dabei hat er gar nichts getan!"
    Ihre Worte erstarben, da ihre Kehle durch das Schreien wie ausgetrocknet war. Sie stand auf und holte sich einen Becher mit frischem Wasser.
    Das kühle Naß ermöglichte es ihr weiter zu sprechen.
    "Ich weiß nicht, was genau vorgefallen ist. Aus irgendeinem Grund wollte die Herrin, Leah bestrafen. Gutmütig, wie Nordwin nun einmal ist, hat er sich angeboten, statt ihrer, bestraft zu werden. Diese widerliche alte Hexe ist natürlich gleich darauf eingegangen."
    Sie blickte die beiden eindringlich an.
    "Minna, Pustula, wir müssen ihm helfen!"

    Fiona folgte Menecrates zum Arbeitszimmer. Sie öffnete die Türe, damit er eintreten konnte. Daraufhin folgte sie ihm und blieb in der Mitte des Raumes stehen.
    Ihr Herz wollte schier in ihrer Brust zerspringen. Doch trotz der imensen Anspannung, wollte sie Haltung bewahren.
    Es war ihr bereits peinlich genug, was zuvor hier in diesem Raum geschehen war. Aber sie fühlte sich irgendwie am Ende ihrer Kräfte angelangt. All das was sich in ihr angesammelt hatte, die Erinnerungen, die sie Tag und Nacht quälten, ihr Leben hier in der Gefangenschaft und dann noch dieses unbeschreibliche Etwas, was sie vollends irritierte, schien ihr Inneres zum bersten bringen zu wollen.
    Doch jetzt galt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Nicht noch einmal wollte sie ihm eine solche Szene machen.

    "Eigenartigerweise waren es die Römer, die uns Pfeil und Bogen gebracht haben! Eigentlich ist mein Volk gewohnt, mit dem Schwert zu kämpfen. Ist nicht auch der Gladius ursprünglich eine Erfindung der Kelten aus Spanien?"
    Obwohl sie wußte, daß sie im Begriff war, sich wieder eine saftige Strafe einzuhandeln, konnte sie es einfach nicht lassen, einige spitze Bemerkungen über Menecrates´Schwert zu machen. Und natürlich, ein freches Grinsen mußte es auch noch sein.

    "Unser Anwesen war nicht sehr weit weg vom Meer. Ein kurzer Ausritt mit dem Pferd und man war da. Oh, es war immer schön, dort am Strand entlang zu reiten oder einfach dort spazieren zu gehen."
    Mit einer Portion Sehnsucht in ihrem Blick schaute sie zu Minna hinüber.
    Das letzte Mal daß sie das Meer gesehen hatte, war, als man sie auf einem Schiiff in Ketten über den Kanal hinüber nach Gallien gebracht hatte. Eine schreckliche Erinnerung!

    "Ja, ich werde dir später Bogenus bringen! Warte doch bitte draußen im Garten auf mich. Bitte!"
    Mit fast ersterbender Stimme sprach sie mit dem Jungen und hoffte, daß er all das, was hier noch geschehen würde, nicht miterleben müßte. Sie war den Tränen nahe, doch sie wollte sich vor Severus nicht die Blöße geben.
    Mit ernster Miene wendete sie sich wieder Severus hin.
    Langsam, ganz langsam, senkte sie ihren Blick und ging vor ihm auf die Knie.
    Vielleicht könnte sie so noch das schlimmste verhüten.

    Fiona beobachtete aufmerksam, was Brutus mit mit dem Bogen anstellte. Er hatte es tatsächlich geschafft, den Pfeil abzuschießen. Leider hatte er nicht genug Kraft und flog deshalb nicht weit.
    "Hey, Großer, das war toll!"
    Als der Junge sich beleidigt umdrehte, sah sie besorgt zu seinem Vater hinüber, der das ganze Treiben bislang wortlos beobachtete. Sie versuchte ihm mit einer Geste mitzuteilen, daß er sich doch bitte (möglichst positiv) äußern solle. Allerdings hatte sie keine große Hoffnung, ob er verstehen würde.
    Sie wußte Bescheid um das schlechte Verhältnis zwischen Vater und Sohn.
    Das dieser Mann die Sklaven in seiner Umgebung ignorierte, war vielleicht noch zu verstehen, aber daß er selbst nicht für den eigenen Sohn Gefühle aufbringen konnte, irritierte Fiona.

    Völlig aufgelöst rannte Fiona durch die Villa, auf der Suche nach Minna.
    Als sie auf dem Weg zum hinteren Teil der Villa war, dort wo sich auch die Küche befand, hörte sie bereits ihre Stimme.
    Endlich war sie am Eingang zur Küche angekommen. Dort fand sie schließlich Minna und Pustula vor, die einen kleinen Plausch hielten, während sie in der Küche hantierten.
    "Minna, Minna! Schnell, Minna! Es ist etwas furchtbares passiert!"
    Sie war völlig außer Atem, die Tränen rannen ihr die Wangen herab und sie war derat aufgebracht, wie man sie hier in der Villa noch nicht erlebt hatte.

    Fiona kochte innerlich! Unter anderen Umständen hätte sie diese Frau erwürgt, doch dann hätte sie sich auch gleich einen Dolch ins Herz rammen können! NIEMAND würde sich ungestraft an ihren Haaren vergreifen! Koste es was es wolle! :schwert:
    Nach ihrem herumgezetere ließ sie von ihr ab. Sie hatte keine Ahnung davon, wie die Römer sich ihren Dreck von der Haut mittels dieses Schabers entfernten.Außerdem schmerzten ihr bereits die Hände vom einmassieren des Öls.
    Ofella hatte Glück, daß sie damit eine andere Sklavin betraut hatte. Fiona hätte sie sicher mit Freuden gehäutet! :D
    Oh wie sehr hasste sie diese Frau! Jetzt wußte sie warum sie jeder hier den roten Drachen nannte!
    In diesem Moment begriff sie, wie hilflos und ausgeliefert sie in diesem Haus war. Sie hatte niemanden, der sich für sie einsetzen würde. :( ;(

    "Sag mal Minna, weißt du schon wo es hingehen soll?" fragte sie Minna, die mit ihr am Eingang wartete.
    "Irgendwie finde ich es ja sehr aufregend. Endlich mal wieder raus! Vielleicht sogar raus aus der Stadt! Ich würde ja so gerne wieder das Meer sehen!"
    Fiona hatte keine Ahnung, ob Minna jemals das Meer gesehen hatte.
    Sie selbst liebte es, früher stundenlang am Strand spazieren zu gehen, Muscheln zu sammeln und einfach die Seele baumeln zu lassen. An warmen Tagen genoß sie gerne auch ein Bad in den brausenden Wogen. Doch das alles schien ihr wie eine Ewigkeit her zu sein.
    Dann hörte sie plötzlich Schritte.

    Fiona nickte und schaute Kassandra nach, wie sie noch einmal zurück in die Villa eilte.
    Sie würde nach langer Zeit endlich wieder einmal dieses Haus verlassen können.
    Kassandra hatte sie bislang im Unklaren gelassen, wo es genau hingehen würde. Doch das war ihr auch gleich. Sie wußte nur, daß sie Deandra, die Adoptivtochter des Herrn, begleiten sollte.
    Sie fühlte sich innerlich etwas aufgewühlt. War das Reisefieber?
    Die die Reise würde nicht allzuweit weg führen, denn sie und Minna sollten am nächsten Tag wieder in der Villa Claudia zurück sein.
    Gespannt wartete sie vor der Porta, bis sie dann endlich aufbrechen würden.

    "Ja, sicher hast du recht! Wir hätten es wahrlich schlechter treffen können!"
    So ganz überzeugt war sie von ihren eigenen Worten nicht. Doch wenn sie noch länger darüber nachdenken würden, was sie alles verloren hatten, würden sie noch trauriger werden.
    "Aber weißt du, was mich hier am meisten quält?"
    Bedrückt hielt sie inne und blickte zu Kassandra hinüber.
    "Weißt du, es macht mir nichts aus, hier zu arbeiten. Ich mag es sogar, draußen im Garten zu sein, doch ich kann es einfach nicht ertragen, daß wir zu einer Sache degradiert werden, mit der man tun und lassen kann, was man will. Wir sind Menschen und wir haben auch Emotionen, doch das scheint hier niemanden zu interessieren! Ich bewundere dich, Nordwin und die anderen, wie ihr euch scheinbar dem Ganzen anpaßt. Ich bin dafür nicht bereit!...Sicher, eines Tages wird mir meine Hitzköpfigkeit vielleicht noch zum Verhängnis werden. Aber die Worte meines Vaters haben sich ganz tief in mein Gedächtnis gebrannt: Vergiß niemals, wer du bist... Ich kann und will mich nicht damit abfinden!"
    Sie begann wieder, an dem Spielzeug weiter zu arbeiten. Sie war in diesem Moment an ihrem absoluten Tiefpunkt angelangt, doch es tat auch gut, dies alles einmal auszusprechen.

    Fionas Blicke waren auf den Jungen geheftet. Sie versuchte, ihm zuzulächeln, doch der Ernst der Lage erlaubte es nicht.
    Severus, der durch Brutus´Anwesenheit, völlig aus seinem Konzept geraten war, merkte man seine Nervosität an. Diese mit seinem Zorn gepaart, konnte sicher ungeahnte Auswirkungen haben.
    Aus Rücksicht auf den Jungen, der nicht mitanssehen sollte, was Severus mit den beiden Sklavinnen noch vor hatte, sprach sie in einem ruhigen, fast liebevollen Ton zu Brutus:
    Hey, Kleiner, sei ein lieber Junge undgeh doch schon mal raus, spielen. Fiona kommt dann auch bald und spielt mit dir! Versprochen!"
    Sie hoffte inständig, daß er gehen würde, denn sie ahnte bereits, daß Severus diese Art von Vergehen gnadenlos ahnden würde.

    Fiona hielt mit der Arbeit an Brutus´Spielzeug inne und schaute Kassandra mit einem sehnsüchtigen Blick an.
    " Ich würde trotz allem wieder versuchen, nach Hause zu kommen! Vielleicht leben noch einige Freunde von mir...und Allawn, mein Verlobter. Wir wollten eigentlich diesen Sommer heiraten!"
    Sie senkte ihren Kopf. Es tat ihr immer weh, wenn sie an ihn denken mußte. Doch dann sprach sie weiter.
    "Und dann würde ich nach Norden gehen. Nach Caledonien, zu den freien Stämmen!"
    Und wieder fühlte sie diesen Schmerz in ihrem Herzen, diese Sehnsucht nach Freiheit.
    Nach einiger Zeit, in der beide nur schweigend da saßen, wollte sievon Kassandra wissen, wie sie in die Sklaverei geraten war.
    "Du sagtest, man hat sich von eurem Hof geholt. Was ist passiert? Möchtest du darüber sprechen?"
    Intuitiv ergriff sie Kassandras Hand um ihr Trost und Zuversicht zu spenden.

    Aufmerksam lauschte Fiona der Unterhaltung im Hintergrund, ohne allerdings ihren Herrn aus den Augen zu lassen. Offensichtlich war jemand gestorben. Sie wußte nur zu gut, wie schmerzlich es war, einen oder mehrere geliebte Menschen zu verlieren.
    Als ihr Herr ihr einen Wink gab, trat sie näher und tat wie ihr geheißen wurde.
    Anschließend zog sie sich wieder nach hinten zurück und lauschte weiter.

    Zufällig erhaschte Fiona einige Wortfetzen, die aus dem Peristyl kamen. Es mußten die Stimmen von Nordwin und Ofella gewesen sein.
    Fiona trat näher und wurde Zeugin dessen, was dort gerade geschah. Mit Bestürzung mußte sie zusehen, wie Nordwin Leahs Strafe auf sich nahm.
    Die Herrin genoss es wohl in vollen Zügen, dem Sklaven Schmerzen zuzufügen!
    Mit Tränen in den Augen, wendete sie sich angewidert ab und lief zu Minna, um ihr alles zu erzählen!
    Wenn Nordwin dieses Martyrium überstanden hätte, würde er sicher Hilfe brauchen.