Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Wie immer war auf dem Forum viel los. Valerian genoß es, über das Forum zu schlendern und sprach sogar noch mit dem einen oder anderen. Er war früh dran und glaubte kaum, daß Calvena so früh da sein würde. Frauen kamen doch schließlich immer ein wenig zu spät. Und es war noch die Frage, ob sie es überhaupt schaffen würde, heute hier zu sein. Aber er hoffte es. Sie hatte so eine frische und fröhliche Art. Außerdem war es auch eine Herausforderung, sie zu überraschen.


    Langsam ließ er sich von dem Menschenstrom mitziehen. Und dann sah er sie. Tatsächlich war sie schon vor ihm da. Und trug, wie sie es besprochen hatten, eine einfache Tunika. "Salve." Er stand hinter ihr, als er den Gruß aussprach. Und war ihr schon so nahe, daß sie vermutlich erschrecken würde.

    "Gern geschehen. Die Belohnung für die gute Tat ist eine nette Bekanntschaft, die ich nicht mehr missen möchte", lächelte er. "Paß Du auch auf Dich auf. Und mögen die Götter Dir stets hilfreich beistehen. Bis übermorgen. Vale." Auch er freute sich darauf, ihr besondere Dinge zeigen zu können. Nunja, besonders für eine Dame aus der gehobenen Gesellschaft.


    Sein Blick folgte ihr noch eine Weile, er wollte sichergehen, daß sie gut zuhause ankam. Dann erst wandte er sich um und ging seiner Wege. Er mußte zurück zur Castra und hören, ob es schon wieder Neuigkeiten von seinen Männern gab.

    Es machte wirklich Spaß, sie ein wenig auf die Folter zu spannen. Außerdem mußte er noch mit ein paar Leuten reden, bevor er seine Idee in die Tat umsetzen konnte, von daher war es nicht dumm, erstmal nicht zuviel zu versprechen.


    "Sehr gut, dann steht dem ja nichts mehr im Wege. Ah, da vorne ist schon die Straße, in der sich das Haus Deiner Verwandten befindet. Vielleicht wäre es klüger, wenn ich Dich nicht ganz bis zur Tür bringe. Oder was meinst Du?" Er sah ja im Moment nicht unbedingt sehr vertrauenserweckend aus. Und außerdem konnte niemand auf dumme Gedanken kommen, wenn sie gar nicht erst zusammen gesehen wurden.

    Valerian lachte. "Na, wir werden ja sehen, ob ich Deinen immens hohen Ansprüchen werde genügen können. Auf jeden Fall werde ich mir alle Mühe geben." Eine Idee für den ersten Ausflug hatte er bereits. Er war sehr gespannt, ob sie eher abgestoßen oder begeistert sein würde. Manchmal war der Grat dazwischen sehr schmal. Auf jeden Fall konnte er sicher sein, daß sie dort noch nie gewesen war.


    "Ah, das will ich gar nicht hören." Valerian hielt sich die Ohren zu und summte eine Melodie, bis er sicher war, daß sie nichts mehr davon sagte, daß ihre Verwandten sicherlich so viel dagegen haben würden, daß sie versuchen würden ihre Treffen zu verhindern. Besser, wenn er später sagen konnte, daß er davon ja gar keine Ahnung gehabt hatte.


    "Auf dem Forum also? Gute Idee. Übermorgen Nachmittag habe ich keinen Dienst. Sagen wir vor der Curia zur siebten Stunde (ca. 13.00 Uhr)? Achja und zieh besser festes Schuhwerk an, keine feinen Sandalen. Es könnte ein wenig feucht und vielleicht sogar ein bißchen schmutzig werden." Dabei schaute er sehr, sehr unschuldig drein.

    Er sah das Funkeln in ihren Augen und freute sich jetzt schon darauf, sie zum Staunen zu bringen. Er konnte ja nicht ahnen, daß sie nicht ganz so unerfahren war, wie er glaubte. Bis jetzt war er der festen Überzeugung, daß sie bisher ein vollkommen behütetes Leben geführt hatte und stets verwöhnt worden war. So wie sich ein Bürger der Mittelschicht eben das Leben der ganz Reichen vorstellte.


    "Eine Römerin mit dem Herz auf dem rechten Fleck", grinste er und zwinkerte ihr zu. "Das ist gut, daß Du nicht zimperlich und nicht aus Zucker bist. Ich bin sicher, es wird Dir gefallen. Zumindest das meiste. Das Leben ist nicht immer leicht. Für niemanden. Aber man muß eben trotzdem immer versuchen, das Schöne zu sehen. Das gibt es nämlich auch überall." Wenn man nur immer in der Verfassung wäre, es sehen zu wollen.


    "Also, wie wollen wir uns denn verabreden? Ich gehe doch mal davon aus, daß die Herren Senatoren besser nichts von diesen Ausflügen der besonderen Art erfahren?" Vor allen Dingen konnten sie wohl davon ausgehen, daß die Herren Senatoren eine Menge gegen diese Ausflüge einzuwenden haben würden.

    "Gut. Allerdings würde ich Dich schon gerne wiedererkennen", lachte er, als sie versprach, die Bedingungen einzuhalten. Das war ein guter Anfang. Zumindest, wenn sie sich daran hielt. Natürlich hatten seine Bedingungen ihre Neugierde geweckt und wie jede Frau mußte sie natürlich nachbohren. "Nein, das will ich Dir nicht verraten", grinste er frech. "Einfach, weil ich selbst noch nicht so genau weiß, wo ich Dich hinführe. Aber Du möchtest ja das Rom kennenlernen, das eine vornehme Dame normalerweise nicht kennenlernt. Und dafür sind diese Bedingungen schon wichtig. Du mußt keine Angst haben, in Gefahr werde ich Dich bestimmt nicht bringen. Zumindest nicht bewußt."



    Edit: Fehlerteufel

    "Ihr Götter! Auf keinen Fall!", wehrte Valerian entschieden ab. "Dann würde ich dauernd zu Dir rüberschauen und würde noch mehr Blessuren davontragen!" Er unterstützte seine Worte durch eine abwehrende Geste und wirkte einen Moment lang sehr ernst dabei. Doch er hielt das Schauspiel nicht lange durch, sondern lachte dann los. "Ich fürchte allerdings, daß Du auf dieses Vergnügen wirklich verzichten mußt."


    Als es um ihre Ausflüge ging, war Valerian allerdings wirklich sehr ernst. Wußte sie wirklich, was sie wollte? Er war sich nicht sicher. Doch ein Blick in ihre Augen gab ihm dann doch die richtige Antwort. In ihnen stand der feste Entschluß geschrieben. Sie wollte es wirklich. "Aber ich stelle dafür zwei Bedingungen: Erstens: Wenn ich sage lauf, dann läufst Du so schnell Du kannst, ohne Dich um mich zu kümmern, ja? Es kann mal Situationen geben, wo das wichtig sein kann. Und zweitens: Du solltest etwas schlichtere Kleidung tragen, um in eher armen Gegenden nicht so aufzufallen. Und keinen Schmuck."

    Valerian schüttelte den Kopf. "Zumindest nichts wirklich ernstzunehmendes. Die Sicherheitsvorkehrungen waren allerdings sehr gründlich gewesen. Es gab ein paar Leute, die lauthals ihre Meinung kund taten, doch die wurden zum Teil sogar von der Menge zum Schweigen gebracht. Ansonsten haben die Corhortes Urbanae genauso wie wir für Ordnung gesorgt. Der Kaiser konnte die Stadt unbehelligt betreten. Überhaupt war die Stimmung Valerianus gegenüber eigentlich sehr positiv." Und er selbst war sehr stolz darauf gewesen, daß er ihn hatte begleiten dürfen. Auch wenn er ziemlich weit weg vom Kaiser marschiert war.


    Der Vigintivir sah sich in der Zelle gründlich um. Dabei gab es hier wirklich nicht viel zu sehen. Abgesehen von den unzähligen Nachrichten und Kritzeleien, die Gefangene an den Steinwänden hinterlassen hatten. Die waren teilweise sogar sehr interessant. "Dieser hier ist der Meinung, daß der Kaiser zu schwach und zu krank ist, um das Reich zu regieren. Und nicht nur das, er wiegelt die Leute auf, schon mal gegen Beamte zu rebellieren. Er und seine sauberen Freunde. Sie haben ganz eigene und .... ungewöhnliche Ideen dazu, wie Rom zu regieren ist. Das meiste davon hat etwas damit zu tun, ehrbaren Menschen ihr Hab und Gut abzunehmen." Sein Blick lag kühl auf dem Mann, der sich sichtlich eine scharfe Bemerkung verbiß. Besser war das.

    Valerian nickte. "Penutius. Ich werde ihn schon finden. Wir treffen uns dann also dort. Ich bin schon sehr gespannt auf den Griechen. Ich hoffe, er paßt zu uns." Schließlich würde der Mann zumindest vorerst der einzige Sklave sein. Und so unwillkürlich Teil der Familie werden. Wie es sich ja auch gehörte. "Bis später, Marhabal!" Damit verabschiedete er sich und ging zurück in die Castra, um sein Training wieder aufzunehmen.

    Anscheinend hatte er den richtigen Ton getroffen, denn er hatte es geschafft, sie zum Lachen zu bringen. Und sie hatte ein schönes, herzliches Lachen, das sehr ansteckend wirkte. Es wirkte wie Balsam auf seine vom Liebeskummer noch wunde Seele. Philogena würde ganz sicher immer in seinem Herzen wohnen. Doch heute vermochte Valerian zum ersten mal zu glauben, daß es doch noch etwas mehr Platz in seinem Herzen gab.


    Auf einmal wurde sie ganz ernst und Valerian erschrak fast. Doch dann bedankte sie sich für seine Hilfe und er winkte schnell ab. "Jeder aufrechte Römer hat die Pflicht, in so einem Moment zu helfen. Und ich hatte dazu noch alle Möglichkeiten. Zwar konnte ich nicht alle meine Männer zu Hilfe holen, da einige unseren Auftrag zuende führen müssen, aber wir waren genug, um das hinzubekommen. Es war Dir schließlich anzusehen, daß Du dort nicht hingehörtest. Also.. gern geschehen. Und glaube nicht, daß diese paar Blessuren schlimm sind. Auch beim Training bekommen wir manchmal einiges ab." Er lächelte schief, da die Verletzung an seiner Lippe ein normales Lächeln leider nicht zuließ. Aber er freute sich ehrlich darüber, daß sie es nicht als ganz selbstverstänlich hinnahm und sich bedankte.


    Auf seine Frage nach Zielen für ihre Streifzüge antwortete Calvena etwas ausweichend. Anscheinend hatte sie selbst noch keine genaue Vorstellung davon, wo sie hinwollte. Aber Valerian nickte. "Du willst... das Leben spüren, nicht wahr? Dorthin, wo es pulsiert. Das Herz Roms erleben... Ja , ich kann Dir da ein paar Orte zeigen, Dir ein paar Menschen vorstellen. Aber ich warne Dich. So etwas kann süchtig machen. Vielleicht verdirbst Du Dir damit die Freude an anderen Dingen." Er schaue ihr ernst in die Augen. Sie stammte aus einer vornehmen Familie, ihr Leben war vorherbestimmt. Sie konnte es sich vergällen, wenn sie zu viele Sehnsüchte in sich weckte.

    Valerian mußte unwillkürlich mitlachen. Sie hatte so eine erfrischend praktische Art an sich. "Einen besseren als mich wirst Du kaum finden", prahlte er scherzhaft und warf sich in Positur. "Natürlich wirkt das jetzt gar nicht, so in ziviler, abgerissener Kleidung. Du mußt Dir das ohne Blessuren und dafür mit blankpolierte Prätorianerrüstung vorstellen." Wieder mußte er lachen. Dieses mal über sich selbst.


    "Was hattest Du Dir denn so vorgestellt für Deine Streifzüge? Wohin zieht es Dich? Ich hoffe doch, daß es nicht gerade die Subura ist." Er zwinkerte ihr belustigt zu. Doch seine Frage war durchaus ernst gemeint. Er wußte schon, wohin er sie auf keinen Fall führen würde. Dieser Ort, an dem er Philogena so nahe gewesen war... Nein, das gehörte nur ihnen beiden.

    Ihr Lächeln war ansteckend und so lächelte Valerian zurück. Schon wollte er zusagen, doch dann trat zunächst ein schelmisches Funkeln in seine Augen. "So? Ich Dich begleiten und mich in höchste Lebensgefahr begeben, ja?" Er deutete bei diesen Worten theatralisch auf seine Blessuren im Gesicht und hielt sich die Rippen. Doch er hielt das Schauspiel nicht lange durch. "Natürlich. Gerne doch", versprach er ihr.


    Was tat er da eigentlich? Hatte er nicht sehr gründlich gelernt, daß man sich besser nicht mit Frauen einließ, die einem höheren Stand angehörten? Das Bild der wunderschönen Philogena erschien vor seinem geistigen Auge. Warum kam er sich nun wie ein Betrüger vor? War nicht sie es, die heiratete? Und Calvena war für ihn ebenso unerreichbar wie Philogena. Warum sagte er nicht einfach nein? Doch ein Blick in ihre Augen nahm ihm jede Kraft für ein Nein.

    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/b9ficepapinqgpzej.jpg]



    Der angesprochene Praetorianer musterte Marhabal ernst. "Salve. Ich hoffe, es ist wirklich wichtig", murmelte er und schickte einen seiner Kameraden los, um den Optio zu suchen.



    Es dauerte auch ziemlich lange, bis der wirklich auftauchte. Denn er war gerade mitten im Training gewesen und hatte sich nur schnell den Schweiß abgewischt und seine Rüstung wieder in Ordnung gebracht, bevor er an das Tor gekommen war.


    "Salve, Marhabal. Komm, laß uns etwas beiseite gehen", sagte er und führte seinen Klienten ein paar Meter weiter. "Also, was gibt es Neues?"

    Besorgt runzelte Valerian die Stirn. "Er phantasiert? Das ist kein gutes Zeichen."


    Der Medicus untersuchte den Kranken derweil gründlich und kam dann zu Valerian und Marhabal. "Er trägt keine Anzeichen einer ansteckenden Krankheit, jedoch vollkommen ausschließen kann ich das nicht. Auf jeden Fall solltet ihr mit den Umschlägen weitermachen und ihm viel zu trinken geben. Und zwar einen Aufguß aus diesen Kräutern. Außerdem solltet ihr die Götter um Beistand bitten, da das Fieber bereits gefährlich hoch ist und vermutlich heute Nacht noch steigen wird. Lebt er am Morgen noch, wird er es durchstehen."


    Ganz zufrieden war Valerian mit dem nicht, was der Medicus sagte. Irgendwie war es nicht viel anders als das, was sie selbst schon gewußt hatten. Die Kräuter allerdings waren sicher hilfreich. Diese drückte Valerian dem Sklaven in die Hand. "Sorge dafür, daß alles so geschieht, wie der Arzt gesagt hat, Diomedes." Dann wandte Valerian sich wieder an Marhabal. "Ich werde versuchen, für heute Nacht eine Erlaubnis zu erhalten, um hier übernachten zu können."

    Valerian nickte. Am Ende blieb niemandem etwas anderes übrig. Und jeder hatte sein Päcklein zu tragen. Nicht mal mit dem Kaiser würde Valerian tauschen wollen. Eigentlich vor allem nicht mit ihm. Das war doch ein Hundeleben. Ständig von Speichelleckern umgeben, niemals sicher sein können, wer einem wirklich ein Freund war, immer in der Öffentlichkeit stehen. Und dazu die sicher oftmals schweren Entscheidungen. Nein, danke. Für allen Reichtum der Welt nicht.


    "Das genügt mir doch schon", lächelte er und blieb überrascht einen Moment lang stehen. "Was soll ich versprechen?" Auch wenn sie reizend lächelte und es ihm schon auf der Zunge lag, so machte er nicht den Fehler, etwas zu versprechen, bevor er gehört hatte, worum es ging.

    Valerian hatte das Gefühl, daß der Flavier in sehr ernste Gedanken versunken war. Gerne hätte er gewußt, was hinter der Stirn des Mannes vor sich ging. Er selbst war schon so sehr an den Anblck des Carcers gewöhnt, daß er sich fragte, was ein Besucher wohl denken mochte. Andererseits war ein anderer Teil des Carcers von den Cohortes Urbanae genutzt und diesen Teil kannte Aristides doch vermutlich. Da sah es ja auch nicht viel anders aus als hier.


    "Ja, ich gehörte zu den Männern, die ihn nach Rom hinein geleiteten. Damals war ich allerdings noch einfacher Miles." Er erinnerte sich gut an diesen sonnigen Tag. Und daran, wie krank der Kaiser ausgesehen hatte. An letzterem hatte sich leider kaum etwas geändert. Trotz des Opfers, das Valerian damals gebracht hatte für die Gesundheit des Kaisers. Und trotz des Versprechens, ein noch größeres Opfer zu bringen, wenn der Kaiser gesunden würde.


    Mit sicheren Handgriffen öffnete Valerian eine Zellentür. Der Gefangene kauerte auf seinem Strohsack und schaute mißtrauisch auf. Vermutlich erwartete er, zu einer Befragung abgeholt zu werden.