Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    "Es war mir eine Ehre. Hab Dank für den Segen", nickte Valerian und trat dann ein Stück zurück. Hier wartete er den Vorschriften gemäß, ob die Dame auch wirklich eingelassen wurde. Er zweifelte nicht daran, doch die Vorschrift war ja auch ein guter Grund, den Anblick dieser wandelnden Anmut noch einen Moment länger zu genießen.

    Tatsächlich entstieg die Dame nun der Sänfte und offenbarte eine wunderbare Schönheit, die gewiß nicht versteckt werden mußte. Valerian staunte Caenis einen Moment lang einfach nur an, doch immerhin fing er sich schneller als seine Kameraden, die er mit einem kräftigen Ellbogenstoß an ihre Manieren erinnern mußte, während er selbst sich verlegen räusperte und nickte. "Natürlich. Folge mir bitte." Er ging voran, ja. Aber er blickte sich immer wieder um, ob sie ihm auch wirklich folgte. Was für eine Frau! Eine noble Dame, wie sie im Buche stand! Er bemerkte ihr leichtes Lächeln und es überströmte ihn bei diesem Anblick heiß und freudig, obwohl dieses fast nur angedeutete Lächeln um so mehr bewies, wie wenig beachtenswert er für sie war. Trotzdem war es wie die Verleihung einer hohen Auszeichnung, dieses Lächeln erhalten zu haben.

    Valerian war heute in zivil unterwegs. Und er hatte sich ausgesprochene Mühe gegeben. Seine beste Tunika und seine beste Toga kleideten ihn. Dazu war er bei einem Barbier gewesen und hatte sich gründlich rasieren und auch ein bißchen die Haare stutzen lassen. Ob sie ihn so überhaupt erkennen würde? In Rüstung sah er ja schon ein wenig anders aus.


    Als er sich dem kleinen Park näherte, fragte er sich unruihg, ob sie wohl überhaupt da sein würde. Eine Antwort hatte er nicht erhalten und das hatte er als gutes Zeichen genommen. Sicher war es für sie auch nicht immer leicht, einen Brief zustellen zu lassen. So wie es für ihn auch nicht immer so einfach war. Es kam eben immer darauf an, wo und wie er eingesetzt wurde.


    So, da war er nun, der Park. Valerian beeilte sich, den Baum aufzusuchen. Doch als er von weitem schon sah, daß eine ganze Gruppe Leute gerade dort anwesend war, stockte sein Schritt. Was war denn das? Konnte das Philogena sein? Aber gleich mit so viel Begleitung? Nein, das sah so gar nicht nach ihr aus, sie würde doch höchstens mit zwei Sklaven unterwegs sein. Oder?


    Langsam ging er näher heran. Da... In dem zartgelben Kleid. Das war sie doch! Aber warum war sie mit so viel Begleitung unterwegs? Wunderschön war sie wieder mal. Das Gelb ihres Kleides leuchtete wie die Sonne selbst und hob ihre Schönheit noch hervor.

    Ob der Centurio wirklich glaubte, die Männer wollten einen langen Abend am Feuer verbringen? Natürlich grinsten sie breit, als der Centurio sie daran erinnerte, wie früh der Tag beginnen würde, doch man konnte allen die Erschöpfung ansehen. Jeder freute sich schon darauf, sich ausstrecken zu können und die Wachen hatten das Mitgefühl aller anderen.


    Kaum das der Puls vertilgt und die Schüssel ausgespült war, kroch Valerian unter seine Decke. Er war hundemüde und heilfroh, daß er sich nun endlich richtig ausruhen konnte. An morgen mochte er da noch gar nicht denken. Hoffentlich ließ es der Centurio morgen langsamer angehen.

    Leider hatte der Centurio nur zu recht mit seinen Worten. Nun, natürlich wußte Valerian nur zu gut, daß ein Probatus auch diese Leistung nicht so ohne weiteres schaffen würde. Doch dies war der Garde nicht würdig. Er atmete tief durch und schloß die Augen, während er das zweite Pilum in der Hand wog und versuchte, es perfekt auszubalancieren. Er hatte nicht ewig Zeit dafür. Schon kam wieder der Befehl zum Werfen. Er holte aus, visierte das Ziel an und warf. Mit angehaltenem Atem verfolgte er den Flug des Speers. Und dieses mal traf er! Zwar nicht genau mittig, doch immerhin war es ein Treffer. Kraftvoll und in einer annehmbaren Höhe.

    Der schwarze Sklave schien tatsächlich einer der besseren zu sein. Er wußte sich zu benehmen, sprach ein ordentliches Latein und sah so aus, als könnte er seine Herrin gut beschützen. Nicht schlecht. Der war gewiß nicht billig gewesen.


    Doch die Verhandlungen mit der Dame in der Sänfte zogen sich dahin. Valerian runzelte die Stirn. Hoffentlich meinte die Dame nicht, daß sie in der Sänfte hier hineingetragen wurde. Immerhin hatte noch niemand ihre Identität bestätigt. "Nun, ich werde Deine Herrin gerne zur Porta des Aelischen Hauses bringen. Doch leider kann sie nicht in der Sänfte hineingebracht werden. Aus Sicherheitsgründen, verstehst Du?" Sie würde wohl oder übel aussteigen müssen. Und er war nicht wenig gespannt darauf, wer sich in dieser Sänfte verbergen mochte. Vielleicht eine alte Vettel, die so häßlich war, daß sie sich verstecken mußte? Aber der Arm hatte nicht nach einer alten Frau ausgesehen.

    Der Praetorianer an der Tür nickte Quarto zu. "Salve, Consul Aelius Quarto. Salve, Quästor Aurelius. - Natürlich dürft ihr eintreten." Die Wachen hatten schließlich Anweisung von Valerianus, seinen Bruder jederzeit vorzulassen. Und das galt ja wohl auch für Männer, die sich in seiner Begleitung befanden. Und falls nicht, würde der Kaiser dies gewiß mit seinem Bruder direkt abmachen.

    Na, der Centurio hatte seine Vitis ja heute locker in der Hand. Da galt es doppelt aufpassen. Noch hatte nur die Luft den gefürchteten Stock zu spüren bekommen. Und Valerian hatte wahrhaftig keine Lust, ihn abzubekommen. Also konzentrierte er sich ganz auf die Waffe in seiner Hand. Er hob das Scutum an, balancierte das Pilum noch kurz ordentlich aus, visierte das Ziel an, dann holte er zum Wurf aus und wartete auf den Befehl zum Wurf. Der dann auch kam.


    Komm schon, Du hast das tausendmal geübt. Es muß Dir doch in Fleisch und Blut übergegangen sein. Reiß Dich zusammen!, beschwor er sich selbst. Und warf. Es war ein guter Wurf. Valerian wußte es, als er das Pilum losließ. Jetzt kam es nur noch darauf an, richtig gezielt zu haben. Gespannt folgte er dem Flug der Waffe. Es war wirklich ein guter Wurf. Kraftvoll und in der richtigen Höhe. Doch leider streifte das Pilum den Pfahl nur. Verflixt noch eins! So ein guter Wurf! Und dann nicht ordentlich getroffen!

    Ja, das war einer der Gründe, warum Valerian gerne Wache am Palasttor hielt. Wo sonst bekäme man solch eine Sänfte zu sehen? Das war doch das reinste Kunstwerk! Und dann war ja auch die Wahrscheinlichkeit nicht gerade gering, die vermutlich weibliche Insassin zu Gesicht zu bekommen, denn schon allein nach dem Gepäck zu urteilen, hatte sie wohl vor, zu bleiben.


    Der Sklave allein war schon eine Schau. Nicht nur, daß er ein unglaubliches Selbstbewußtsein an den Tag legte, nein, Valerian mußte gar zu ihm aufschauen. Doch er ließ sich von dieser Tatsache nicht einschüchtern. Er hatte es mittlerweile heraus, auch größeren Menschen gegenüber absolut unbeeindruckt und sogar auf gewisse Weise herabschauend zu begegnen, so merkwürdig das auch klingen mochte.


    "Salve", grüßte er, denn Höflichkeit war für ihn immer schon höchstes Gebot gewesen. Eine Aelia also. Na, das hätte er sich angesichts dieser Sänfte und der Ausstattung der Sklaven fast schon denken können. Allerdings war es eine, der er bisher noch nicht begegnet war. "Leider muß ich Deine Herrin enttäuschen. Aelius Callidus wird sie nicht antreffen. Jedoch ist Consul Aelius Quarto da. Und auch sonst sind einige Angehörige der Gens Aelia anwesend." Vielleicht kam sie ja auch wegen der anstehenden Hochzeit. Ja, das war wirklich gut möglich.

    Na, das war ja so gerade nochmal gut gegangen. Der Soldat nickte und beeilte sich, den Octavier hereinzubitten. "Du hast Glück, er empfängt Dich. Und er wird nicht amüsiert sein, wenn es doch langwierig ist." Das war ein wohlmeinender Rat, immerhin hatte nicht jeder das Glück, daß der Kaiser ihn außer der Reihe empfing. Und da verärgerte man ihn besser nicht gleich.

    Das Pilum! Valerian seufzte innerlich. Nein, er war nicht schlecht mit dem Pilum, nicht mehr. Am Anfang seines Soldatenlebens war er sehr schlecht gewesen im Umgang mit dieser Waffe. Ständiges beharrliches Training hatte ihm das nötige Geschick verliehen. Doch noch immer war das Gladius seine beste Waffe und das Pilum die schlechteste. Und gerade zwischen seinen Kameraden hier bei den Praetorianern, die ja alle herausragende Soldaten waren, fand er sich leistungsmäßig gerade so eben im Mittelfeld wieder, wenn es um das Pilum ging.


    Nein, heute würde er kaum besonders glänzen können, das war ihm klar. Aber blamieren wollte er sich auch nicht. Er würde versuchen, das bestmögliche rauszuholen. Fest entschlossen nahm er zwei Pila und stellte sich in der geforderten Entfernung vor einem der Pfähle auf.

    Valerian hustete, er hatte sich so halb an seinem Puls verschluckt, als der Centurio ihn als Beispiel heranzog. Verlegen grinste er den Vorgesetzten an. "Naja, ich stamme aus Rom. Ich fand es in Germanien furchtbar naß und kalt in den gut zwei Jahren, die ich dort war. Was das Klima angeht, bin ich wirklich froh, wieder hier zu sein." Auch wenn er es heute doch etwas arg warm fand. Was aber weniger am Klima, als vielmehr an dem anstrengenden Marsch lag.

    Der Wachsoldat rollte ein wenig mit den Augen. Ja, das sagten alle. Nur eine kurze Frage... Ich bin so wichtig, ich darf bestimmt... Es geht auch ganz schnell. Der Imperator sah das alles eben ein wenig anders. Aber der Soldat ahnte schon, daß der Octavier nicht locker lassen würde. Also mußte er wohl in den sauren Apfel beißen und unter Umständen einen Anraunzer vom Kaiser in Kauf nehmen. "Also gut, ich werde nachfragen", sagte er und man konnte seinem Tonfall anhören, daß er nicht davon überzeugt war, das richtige zu tun.


    Er trat also ein und salutierte zackig vor dem Kaiser. "Mein Imperator. Bitte verzeih die Störung. Der Procurator ab epistulis Marcus Octavius Augustinus Maior wünscht Dich dringend zu sprechen. Er sagt, es sei sehr wichtig und würde ganz schnell gehen."

    Der Wachsoldat sah wenig begeistert aus. "Um diese Zeit? Hast Du denn einen Termin? Uns ist davon nichts bekannt." Der Procurator hatte doch sonst seine festen Zeiten. "Es kann nicht einfach jeder zu jeder Zeit zum Kaiser marschieren, das solltest Du doch besser wissen, als alle anderen." Der Kaiser empfing überhaupt nur sehr wenige Leute und hatte auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er Ausnahmen nicht sehr schätzte. Nur sein Bruder - und der Praefectus Urbanae - die durften wirklich jederzeit zu ihm.

    Auch Valerian wäre fast aufgesprungen, um zu salutieren. Naja, aufgesprungen vielleicht doch nicht. Aber er wollte schon aufstehen, als der Centurio sich zu ihnen setzte - und sogar ein Lob aussprach!


    Das bedeutete wohl, daß sie es etwas ungezwungener angehen lassen konnten. Das war auch gut so, denn das Essen war gerade fertig. Valerian nahm sich eine Portion und begann hungrig zu essen. Zwischendurch trank er immer wieder Wasser. Er hatte noch einigen Flüssigkeitsbedarf heute. Da der Centurio Eburnus direkt angesprochen hatte, hörte er dem Gespräch einfach zu und genoß es, etwas ordentliches in den Magen zu bekommen.

    Auch Valerian sprang auf, als Balbus eintrat, und auch er salutierte. "Salve", grüßte er zurück. Sie waren immerhin im Dienst, auch wenn sie es sich hier recht bequem gemacht hatten. Eburnus machte bereits Meldung, prima, dann konnte er sich die sparen. Jetzt war er ausgesprochen gespannt darauf, was Balbus sagen würde. Ob Flamma wohl aus dem Schneider war? Zu wünschen wäre es ihr jedenfalls.

    Valerian hatte gerade mit einem Kameraden eine Runde um den Palast beendet und hatten soeben die schon wartenden Kameraden am Tor abgelöst, als der Praefect der Classis sie ansprach. Und ja, natürlich wußte er, wen er vor sich hatte. Vor einiger Zeit hatten sie schon einmal miteinander zu tun gehabt.


    "Salve, Praefectus Annaeus. Natürlich führe ich Dich gerne zum Officium des Procurator a epistulis. Allerdings ist es notwendig, Dich vorher auf Waffen zu untersuchen. Du erlaubst?" Er trat näher an Florus heran, um dieser Tätigkeit, die von den meisten Besuchern als lästig und in ihrem Falle natürlich auch als völlig überflüssig empfunden wurde, nachzugehen. Dabei sprach er schon weiter. "Der Kaiser vergibt zur Zeit nur sehr wenige Audienzen. Ich bin mir nicht sicher, ob Dir der Procurator a epistulis dabei schon weiterhelfen kann. Ansonsten kann es sicher der Procurator a memoria."


    [SIZE=7]Edit: Kleine Änderung der Örtlichkeit[/SIZE]

    Da war er wieder, der liebevolle, väterliche Ton, mit dem der Centurio ihnen zeigte, wie gern er sie hatte. Valerian seufzte innerlich, bemühte sich aber um eine unbewegte Miene. Laufen... laufen war gar nicht so schlecht, dabei konnte man wunderbar die Gedanken schweifen lassen. Außerdem hatte der Centurio gar nicht mal so unrecht: Es brachte einen in Schwung. Und zwei Runden waren jetzt auch nicht so schrecklich viel, daß man gleich stöhnen müßte. Natürlich war Valerian klar, daß dies nur der Anfang war und noch ein dickes Ende hinterherkommen würde. Nein, laufen war für den Anfang wirklich nicht schlecht. Störend war dabei nur die volle Montur. Doch im Ernstfall mußten sie ja schließlich auch damit leben.


    Zusammen mit den anderen setzte er sich in Bewegung. Nein, es war ganz und gar kein gemütliches Dahintrotten, sie waren Praetorianer, so etwas gab es hier nicht. Aber zwei Runden schreckten trotzdem niemanden. Sie liefen weit mehr im täglichen Training.

    Nach einem derartigen Gewaltmarsch auch noch Schanzarbeiten! Valerian stöhnte innerlich, machte sich aber an die Arbeit - nachdem er seine Wasserflasche aufgefüllt hatte. Wie die Kameraden war er unglaublich erschöpft. Und als endlich auch das Zelt stand und ein Feuer prasselte, ließ er sich neben Eburnus fallen.


    "Mach Dir keine Sorgen um sie. Sie haben es bestimmt bis morgen früh geschafft, nachzukommen. So wie meine hoffentlich auch", scherzte er zurück, während er auf den Topf mit Puls über dem Feuer starrte. Hoffentlich war das Zeug bald fertig. Er hatte Hunger. Und wollte dann nur noch schlafen.

    Der Centurio stand schon auf dem Exerzierplatz. Na, der mußte ja früh aus dem Bett gefallen sein! Und er sah so unverschämt wach aus! Die Männer nahmen Aufstellung in der gewohnten Formation. Was hatte der Centurio wohl vor? Es mußte etwas besonderes sein, sonst hätte er sie wohl kaum so früh auf den Exerzierplatz gerufen. Noch dazu in voller Montur. Gespannt wartete Valerian darauf, daß die Katze aus dem Sack gelassen wurde.