Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Auch Valerian stand erst einmal mit vor Erstaunen offenem Mund da und starrte den Centurio ungläubig an. Fast so, als erwartete er, daß der Centurio plötzlich loslachen und sich auf die Schenkel klopfen würde, weil sie ihm geglaubt hatten. Doch nichts dergleichen geschah. Sollte es also wirklich wahr sein?


    Er räusperte sich verlegen. "Optio? Ich? Also... ähm. Danke, Centurio!" Dann überwog endlich die Freude und das Grinsen war gar nicht mehr von seinem Gesicht zu bekommen. Optio! Bei den Praetorianern! Unglaublich! Die Ausbildung der Centurie leiten als Stellvertreter des Centurios! Seine Gedanken rasten. War er dem wohl gewachsen? Warum eigentlich nicht?


    Dann fiel sein Blick auf Eburnus. Ausgerechnet Eburnus ein Schreiber? Obwohl, er machte das bestimmt besser, als Valerian es machen würde. Er hoffte nur, daß die unterschiedlichen Ränge kein Problem für ihre Freundschaft werden würde. Aber eigentlich... mit Drusus damals hatte das auch funktioniert. Als der zum Optio befördert worden war.

    Keilformation? Valerian hatte mit allem möglichen gerechnet, aber nicht mit so etwas. Aber gut, es wurde nicht gefragt, Befehle wurden einfach ausgeführt. Er reihte sich ein und achtete sorgfältig darauf, daß sein Scutum an der richtigen Position war. Unwillkürlich erinnerte er sich an die Übung damals, als Crispus auf recht ungewöhnliche Weise die gerade gebildete Schildkröte auf ihre Festigkeit hin geprüft hatte. Ob der Centurio etwas ähnliches vorhatte? Valerian traute ihm das durchaus zu und machte sich auf alles gefaßt.

    Valerian überlegte rasch, was er verbrochen haben könnte. Aber so direkt fiel ihm da nichts ein. Außer den Treffen mit Philogena. Aber da er da dienstfrei gehabt hatte, war das doch eigentlich kein Verbrechen? Es sei denn, der Senator Purgitius hätte etwas mitbekommen und... Nein, warum sollte dann Eburnus auch mit hin? "Also, mir fällt nichts ein, was ich angestellt haben könnte. Und wie sieht es bei Dir aus?" In Windeseile brachte er sein Äußeres in Ordnung, damit sie gleich loskonnten.

    Valerian nickte und sprach noch leiser, als die Sprache auf den Gefangenen kam. Brauchte ja keiner mitzukriegen, vor allem, weil der Centurio so ein Geheimnis draus gemacht hatte. "Hoffen wir's. Dem Centurio traue ich es zu, den Kerl auf ein Pferd zu fesseln und wieder loszuhetzen. - Eigentlich unfair, findest Du nicht? Der wird gefahren oder getragen und wir müssen laufen."

    Valerian war fast zusammen mit dem Senator am Tor angelangt und wollte dem wartenden Peregrinus ausrichten, daß er das Schreiben übergeben hatte, da erschien auch schon der Senator selbst, um mit dem Mann zu sprechen. Valerian staunte ja schon, daß Avarus sich höchstselbst auf den Weg hierher gemacht hatte. Und fand, daß dies ein durchaus sympathischer Zug war, sich dafür nicht zu fein zu sein. Er nahm seinen Platz am Tor wieder ein. Es würde sicher nicht lange dauern, bis der nächste Besucher Einlaß begehrte.

    Na, das war nochmal gut gegangen, ohne sich zu blamieren. So unzufrieden wirkte der Centurio nicht und auch Valerian war recht zufrieden mit seinen Würfen. Das war schon deutlich schlechter gewesen. Und da er in der letzten Zeit nicht viel mit dem Pilum trainiert hatte, hatte er auch mit einem schlechteren Ergebnis gerechnet.


    Als nun der weitere Befehl erfolgte, legte er die Übungspila wieder dorthin, wo er sie her hatte und reihte sich dann ein. Er war gespannt, was nun folgen würde.

    Es war schon eine Erleichterung, das Marschgepäck abzustellen. Das Warten und Herumstehen an sich waren sie ja gewöhnt. Obwohl es natürlich angenehm gewesen wäre, nach diesem Gewaltmarsch mal eine richtige Pause machen zu können.


    Eburnus hatte recht. Die Castra der Legio I sah so aus wie jede andere Castra. Kannte man eine, kannte man alle. "Ja, das hoffe ich auch", raunte Valerian zurück, "Und ich hoffe auch, daß es nicht in erhöhtem Marschtempo wieder zurück geht." Auch wenn dies wohl eine vergebliche Hoffnung war. Anscheinend hatte es jemand ziemlich eilig damit, diesen Gefangenen in die Finger zu bekommen.

    Ups. Das war verflixt schnell. Valerian schaute für den Bruchteil einer Sekunde verdutzt, fing sich aber sofort wieder. "Salve, Senator Germanicus. Ein Peregrinus namens Marcus Dardanus wünscht Dich zu sprechen, doch darf er als Peregrinus den Palast nicht betreten. Dieser Brief wird sein Anliegen vermutlich erklären. Er wartet am Tor." Er überreichte die Schriftrolle und wandte sich dann schon zum Gehen. Er war zu gutmütig. Viel zu gutmütig. So ein Botengang... das nächste mal würde er den Briefkasten empfehlen.


    Ad
    Legatus Augusti Cursu Publico
    Medicus Germanicus Avarus
    Palatium Augusti
    Administratio Imperatoris


    Ab
    Praefectus Vehiculorum
    Decimus Annaeus Varus
    Sedes administrationis Italiae


    Salve Legatus Germanicus Avarus,



    mit diesem Schreiben schicke ich dir einen neuen Bewerber für den Cursus Publicus. Ich habe ihn schon ein wenig befragt und ich würde eine Anstellung als Stationarius befürworten. Wie gesagt, die letztendliche Entscheidung gebührt dir, dies soll nur ein Vorschlag meinerseits sein. Sein Name ist Marcus Dardanus, alles weitere denke ich wird er dir selber berichten.
    Die Liste bezüglich der Einnahmen und Ausgaben sowie die Anforderungsliste werde ich dir nächste Woche zukommen lassen.



    Mögen die Götter immer mit dir sein.



    Decimus Annaeus Varus





    Roma, ANTE DIEM XIV KAL OCT DCCCLVIII A.U.C. (18.9.2008/105 n.Chr.)

    Als sie am Tor der Castra der Legio I eintrafen, bemühte sich Valerian natürlich darum, seine Erschöpfung zu verbergen. Und er bemerkte, daß auch die Kameraden sich um ein gleichmütiges Aussehen bemühten. Was ziemlich gut gelang. Sie wirkten, als wären sie gerade erst losmarschiert. Als Praetorianer durfte man sich schließlich keine Blöße geben. Doch eigentlich wünschten sie sich alle nur, sich endlich ausruhen und etwas kühles trinken zu dürfen.

    So nett der Centurio am Abend am Feuer gewirkt hatte, so gnadenlos war er, als es wieder losging. Weiterhin wurde erhöhtes Marschtempo angeschlagen und das war wirklich nicht leicht durchzuhalten. Wenigstens wehte ein leichter Wind, der die Temperaturen etwas erträglicher machte. Doch eine Qual war es dennoch. Und Valerian war mehr als froh, daß das Ziel schließlich doch einmal in Sicht kam.

    Merkwürdigerweise konnte Valerian es mit Anlauf besser als ohne. Vielleicht lag es daran, daß sie am Anfang immer mit Anlauf geübt hatten und erst viel später die Übungen ohne Anlauf begonnen hatten? Oder daran, daß er für Fernwaffen ein gewisses Gespür besaß? Er hatte auch beim Bogenschießen immer überraschend gut abgeschnitten.


    Jetzt jedenfalls freute er sich, daß der Centurio so bald zu den Würfen mit Anlauf wechselte. Hoffentlich ließ ihn nun sein Glück nicht im Stich. Er sammelte seine Übungspila ein und nahm die geforderte Position ein. Unwillkürlich kam ihm die Erinnerung an Crispus, der damals seine Ausbildung geleitet hatte. Inzwischen war er im Ruhestand, wie Valerian aus den Briefen seiner alten Kameraden wußte. Er hatte nie vergessen, was er damals gelernt hatte.


    Wieder balancierte Valerian die Waffe in seiner Hand aus. Diesen Moment brauchte er und das bessere Ergebnis war diese Sekunden ganz sicher wert. Dann nahm er entschlossen, die paar Schritt Anlauf, holte beim letzten Schritt aus und warf. Das alles war eine fließende Bewegung, es lag nun mehr Kraft in dem Wurf, als wenn er aus dem Stand warf. Natürlich. Doch es blieb weniger Zeit zum Zielen, was die Sache ja so spannend machte. Der Speer flog auf den Pfahl zu... es sah aus, als würde er doch knapp vorbeigehen, doch dann traf er doch. Nur so gerade noch am Rand, doch bei so einem schmalen Pfahl durchaus ein beachtlicher Treffer. - Fand Valerian zumindest.

    Unübersehbar ein Legionstribun, der da auf das Tor zustapfte. Die Männer am Tor strafften unwillkürlich ihre Haltung ein wenig, auch wenn das eigentlich gar nicht nötig war. Zum einen ließ ihre Haltung nichts zu wünschen übrig, zum anderen war dies ja kein Tribun der Praetorianer. Trotzdem salutierten sie natürlich zackig, als der Mann sich vorstellte. Von der Legio XXII! Das war denn ja doch recht ungewöhnlich. "Salve, Tribun Iunius. Folge mir bitte, ich führe Dich zum Officium des Praefecten", sagte einer der Soldaten und schritt dann voran, auch wenn der Tribun sicher auch keine Schwierigkeiten gehabt hätte, das Officium selbst zu finden.



    So, da war es also, das officium des Legatus Augusti Cursu Publico. Valerian konnte sich nicht erinnern, hier je jemanden hingeführt zu haben, aber vielleicht war einfach immer dann keiner hergekommen, wenn er Dienst hatte. Heute jedenfalls hatte er einen Grund, herzukommen. Also klopfte er an und wartete auf eine Äußerung aus dem Inneren, die ihm erlaubte, einzutreten.

    Die Dame wurde eingelassen und Valerian seufzte innerlich. Ein leichtes Lächeln hatte auf seiner Miene gelegen, als ihr Blick ihn nochmal kurz streifte. Doch dann war sie im Inneren des Gebäudes verschwunden. Valerian atmete tief durch. Eigentlich schade. Aber nun hatte er keinen Grund mehr, hier zu verweilen und machte sich daher auf den Weg zurück zum Tor. Doch den Anblick dieser Frau würde er so schnell nicht vergessen und irgendwie hoffte er, daß sie noch oft das Tor passieren würde, vor allem, wenn er Dienst hatte.

    Valerian sah den Schock im Gesicht des Mannes und irgendwie tat er ihm auch leid. Doch die Vorschriften waren da ganz eindeutig. Und so nahm er den Brief entgegen. Der schnippische Ton des Mannes gefiel ihm ja nicht so und sein Blick wurde ein wenig härter, doch noch war er nicht unfreundlich. "Warte hier, es kann einen Moment dauern. Ich werde den Brief überbringen und mit etwas Glück wirst Du gleich eine Antwort erhalten." Und so ging er mit dem Brief in den Palast hinein, während seine Kameraden am Tor blieben und den Mann im Auge behielten.

    Es war ein wunderbarer Anblick, wie sie mit geröteten Wangen das Seidentüchlein auseinanderschlug und die Schmuckstücke betrachtete. Ganz offensichtlich gefiel ihr, was er ausgesucht hatte und er fühlte sich so erleichtert, als wäre ihm ein riesiger Felsbrocken vom Herzen gefallen. Es gefiel ihr! Die Freude leutete ihr aus den Augen, es war nicht einfach nur dahingesagt. "Als ich es sah, dachte ich, daß es gut zu Dir passen würde. Aber ich war mir nicht sicher, ob es Dir gefallen würde. Es... es ist schön zu sehen, wie Du Dich freust. Ich ... habe noch nie Schmuck verschenkt und... und ich wußte auch nicht, ob es nicht vielleicht ein wenig dreist ist. Doch ich wollte Dir so gerne eine Freude machen." Verlegen blickte er auf seine Hände und spürte nun auch die Hitze in seine Wangen steigen.


    "Wollen wir uns nicht da drüben auf die Bank setzen?" Natürlich wäre es auch schön, wenn sie sich unter "ihren" Baum setzen würden, doch ihr zartgelbes Kleid würde dort sicher Grasflecken bekommen. Ein Risiko, das er leiber nicht eingehen wollte. "Wie ist es Dir ergangen in der lezten Zeit? Du klingst ein wenig erkältet. Ich hoffe, das ist nichts ernstes? Und ich sehe, Du nimmst meinen Rat sehr ernst. Daß Du gleich so viel Begleitung mitnehmen würdest, hätte ich ja nicht gedacht. Aber gut ist das natürlich." So konnte ihr ganz gewiß nichts passieren.

    Valerian musterte den Mann von oben nach unten und von unten nach oben. Nicht, daß er ihn unsympathisch oder so gefunden hätte, doch er trug keine Toga. Und jeder Bürger, der in den Palast wollte, trug eine Toga. Also war dieser Mann kein römischer Bürger. Und dieser Verdachte bestätigte sich, als der Mann seinen Namen nannte. Demnach war Valerian dazu verpflichtet, entschieden den Kopf zu schütteln. "Salve, Marcus Dardanus. Jedoch bist Du als Peregrinus nicht berechtigt, den Palast zu betreten. Ich kann Dich also nicht durchlassen. Wenn Du eine Nachricht zu überbringen hast, kannst Du sie mir geben, ich werde dann dafür sorgen, daß sie zugestellt wird."

    Die Sonnenstrahlen fingen sich in den zarten Goldfäden, die den feinen Stoff ihres Gewandes durchzogen, doch konnten sie seinen Blick nicht auf sich ziehen, der ganz in ihre Augen versunken war, als er sie endlich erreicht hatte. Sie war irgendwie noch schöner als in seiner Erinnerung. Kaum zu glauben, daß eine solche Frau mit ihm ihre Zeit verbringen mochte! Zum ersten mal seit er sich zur Legion gemeldet hatte, bereute er diese Entscheidung.


    "Salve, Philogena. Wie schön, daß Du es möglich machen konntest, zu kommen. Ich freue mich so..." Daß er dies nicht nur so dahin sagte, zeigte sein offenes Lächeln und das freudige Leuchten in seinen Augen mehr als deutlich. "Ich... ich habe mir erlaubt, Dir eine Kleinigkeit mitzubringen", sagte er ein wenig verlegen und reichte ihr ein kleines Päckchen. Ein offenbar kleiner Gegenstand war in ein Seidentuch gewickelt. Wenn sie es auspacken würde, dann würde sie eine Halskette aus blau und türkis schimmernden Perlmuttplättchen, die mit Silbergliedern miteinander verbunden waren, und ein dazu passendes Armband vorfinden. "Ich hoffe, es gefällt Dir", sagte er verlegen und mit heißen, knallroten Ohren.


    Er war sich nicht sicher, ob so ein Geschenk überhaupt angemessen war. War es zuviel? Oder vielleicht nicht kostbar genug für eine Frau wie sie? Es hatte ihm einfach gefallen und deshalb hatte er es spontan für sie gekauft. Doch nun war er sich nicht mehr sicher, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war. Würde sie ihn nun für aufdringlich halten?


    Sim-Off:

    Wi-Sim :D