Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Ja, ein Triumph wurde einem nicht für nichts gewährt. Valerian nickte, das mußte eine große Sache gewesen sein. Und er war sich nicht sicher, ob er Balbus darum beneidete, dabei gewesen zu sein. Natürlich, es war die Aufgabe von Soldaten, mit dem Gladius für Sicherheit im Reich zu sorgen. Doch deswegen mußte man ja nicht gerne töten. Man tat es, wenn es nötig war, mehr nicht.


    "Ja, das ist die große Schattenseite des Praetorianerdaseins: Römisches Blut vergießen zu müssen. Doch wenn Römer sich gegen ihren Kaiser wenden, dann ist es nun einmal unumgänglich, ihr Blut zu vergießen. Ich habe noch nie mein Schwert ernsthaft gegen einen Römer erhoben. Und es wird mir sicher auch nicht leichtfallen, wenn es eines Tages soweit kommt. Doch zögern werde ich gewiß nicht."


    Er erinnerte sich an den ersten Mann, den er getötet hatte. Damals in Germanien auf dem Übungsmarsch. Er war noch Probatus gewesen. Und die Situation war wirklich nicht ungefährlich gewesen. Er hatte nicht gezögert, nicht eine Sekunde. Das Denken hatte erst viel später eingesetzt, ihm Alpträume und Übelkeit beschert. Es war ihm wahrhaftig nicht gefallen, zu töten. Doch seit damals wußte er, daß er nicht zögerte, wenn eine brenzlige Situation über ihm hereinbrach. Und das hatte sich auch später wieder erwiesen, als es gegen die Banditen gegangen war.


    "Warst Du schon in der Situation, römisches Blut vergießen zu müssen?", fragte er schließlich seinen Patron.

    Sim-Off:

    Macht doch nichts, kommt schließlich auf die paar Tage nicht an :)


    Sorgfältig wusch sich Valerian die Hände, denn das Opfer sollte nicht an solch einer Kleinigkeit scheitern. "Nun... ich habe natürlich schon ein paar mal geopfert. Aber eben immer nur kleine unblutige Opfer. Und ehrlich gesagt noch nie der Minerva. Wie spreche ich sie richtig an? Und ich wäre für Hinweise auf frühere Machtbeweise der Minerva dankbar, damit ich dies in mein Gebet mit einflechten kann. Ich gebe zu, ich habe diese Göttin bisher schändlich vernachlässigt. Doch das soll nicht wieder vorkommen." Es war tatsächlich eine Schande, daß erst ein so akuter Anlaß seine Schritte hier in den Tempel geführt hatte. Schuldbewußt blickte er zu Boden. Hoffentlich nahm die Göttin ihm seine bisherige Achtlosigkeit nicht übel.

    Nanu, was hatte er denn nun angestellt? Aber gut, die Auskunft genügte ihm ja schon. Er erwiderte den Blick ernst und nickte. "Dann werde ich mal den scriba fragen. Hab Dank für Deine Mühe." Nein, er ärgerte sich natürlich nicht über sie. Was konnte sie dafür, daß er Fragen stellte, auf die sie keine Antwort wußte?


    "Vale. Und noch einen schönen Tag", wünschte er und verließ dann das officium, damit sie sich wieder ihren unzähligen Schriftrollen widmen konnte.


    Er ging ein paar Türen weiter und der dort arbeitende scriba konnte ihm wahrhaftig weiterhelfen, auch wenn er erst so tat, als wäre das ein ungeheuerliches Anliegen. Doch als klar war, daß Valerian sich selbst durch die Listen wühlen würde, war das Problem schon gar nicht mehr so groß und er konnte sich an die Arbeit machen. Es war recht mühselig, alle Daten herauszufinden und dauerte auch sehr lange. Doch schließlich hatte er die gewünschten Informationen und konnte sich endlich von dannen machen.

    "Oh, dann ist das also noch länger her. Entschuldige, dann habe ich das verwechselt. Es hört sich nach einem regelrechten Krieg an. Mit solchen Erfahrungen kann ich - eigentlich zum Glück - nicht aufwarten. Die einzigen Kämpfe, in die ich bisher verwickelt wurde, waren gegen Banditen gerichtet." Was nicht hieß, daß es ein Kinderspiel gewesen wäre.


    Es war schon nicht so einfach, sich Balbus als kleinen Legionarius vorzustellen.

    Valerian biß sich bei der Ermahnung auf die Lippen. Beim nächsten mal würde er besser sein, soviel war sicher. Und nun noch laufen. Er unterdrückte den Drang, sich den Schweiß von der Stirn zu wischen und spurtete los. So schnell er konnte, rannte er los und hatte sich schnell in das vordere Drittel vorgeschoben. Dieses Tempo würde er nicht lange durchhalten können. Doch die anderen sicherlich auch nicht. Sie rannten, als seien Tiger oder Löwen hinter ihnen her. Niemand war langsam. Nur einige noch etwas schneller als die anderen. Es dauerte erstaunlich lange, bis die ersten völlig verausgabt aufgeben mußten. Niemand hatte der erste sein wollen. Und nun ging es schnell. Einer nach dem anderen mußte aufhören. Valerian ebenfalls. Doch als er aufgab, rannten nur noch fünf Mann und das war doch gar nicht so schlecht, fand er. Als er wieder genug Luft bekam, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können.

    Der Posten des Statthalters von Germanien, Befehlshaber über die wohl größte Armee des Reiches, und einer der weniger wichtigen Punkte der Karriere? Valerian wußte zuwenig über den Mann. Im Grunde nur dies. Was mußte er sonst noch vollbracht haben, wenn dies so unwichtig war!


    "Du warst bei diesem Aufstand dabei? Ich weiß so gut wie nichts darüber. Was ist da eigentlich genau vorgefallen?" Außer ein paar sehr vagen Gerüchten, die er nebenbei auf dem Forum aufgeschnappt hatte, wußte er nichts "Das war in Corduba, nicht wahr?"

    Valerian nickte. "Ja, es geht um einen bestimmten Schüler. Aber natürlich ist es mir nicht erlaubt, Dir den Namen zu nennen. Meines Wissens nach handelt es sich doch nicht um geheime Unterlagen? Dafür muß tatsächlich der Rector selbst bemüht werden? Kannst Du mich nicht an einen zuständigen scriba weisen?" Er war mehr als erstaunt. Der Rector befaßte sich mit derlei Belanglosigkeiten? Hatte der wahrhaftig nichts besseres zu tun? "Nun, wenn es denn der Rector selbst sein muß, ist der da? Kann ich mit ihm sprechen? Die Angelegenheit ist ausgesprochen eilig."

    Nur die Nichte des Caesars war gut. Auch wenn Balbus offenbar ganz unten angefangen hatte mit seiner Karriere, schien er es doch sehr gewöhnt zu sein, sich in den höchsten Ebenen der Gesellschaft zu bewegen. Bei Valerian war das anders. Auch wenn er sich zumindest schon daran gewöhnt hatte, derartigen Personen tagtäglich zu begegnen, so befand er sich doch nicht ganz auf einer Ebene mit ihnen.


    Er nahm den Becher entgegen und hörte aufmerksam zu. Bei der Legio IX. also. "Senator Decimus Meridius. War er nicht auch Statthalter von Germanien vor Vinicius Lucianus? Ein großartiger Mann, nach allem was man so hört. Die Männer haben alle gut über ihn gesprochen." Für Valerian war das das Maß aller Dinge.

    Es wäre aber auch zu schön gewesen, wenn es mal ein wenig einfacher hätte sein können. Er seufzte unterdrückt und nahm die Liste entgegen. Das war ja wirklich ein gewaltiges Ding. "In Ordnung. Danke." Valerian entrollte sie auf einem der Tische, dann begann er zu suchen.


    Natürlich dauerte es eine Weile, bis er gefunden hatte, was er suchte. Er machte sich die entsprechenden Notizen, suchte weiter, notierte wieder etwas. Wie er diese Sucherei in Papieren und Listen haßte! Aber Auftrag war Auftrag und er wollte seinen Patron und Vorgesetzten auch auf keinen Fall enttäuschen. Also gab er sich alle Mühe, gründlich zu suchen und alles notwendige zu notieren.


    Als er endlich fertig war, rollte er die Schriftrolle mit einem hörbaren Aufatmen wieder zusammen und brachte sie zu dem scriba zurück. "Hab Dank für Deine Hilfe", sagte er und nickte dem Mann nochmal zu. "Vale." Damit verließ er die Räumlichkeiten der Academia wieder.

    "Eine Verwandte des Kaisers gar", staunte Valerian. Da hatte sein Patron aber eine wirklich gute Partie gemacht, das konnte man nicht anders sagen. "Und ist die Hochzeit schon bald geplant? Das wird doch sicher ein großes Ereignis?"


    Valerian lachte mit. "Was gibt es schöneres, als nach einem anstrengenden Tag im Contubernium über einer Schüssel gut gewürztem Puls zu sitzen und die Neuigkeiten des Tages durchzuhecheln? Und wenn es keine gibt, dann die von gestern... Du warst in Hispania Legionarius? Stammst Du von dort?"


    Das mit der Versetzung war schon irgendwie seltsam. Doch wie könnte Valerian so etwas beurteilen? Dafür hatte er als einfacher Miles zu wenig Einsichten in die Geschehnisse in den höheren Hierarchieebenen.

    Als Valerian das Tabularium betrat, war es sehr voll dort. Was wollten die Leute nur alle hier? Es fiel ihm zwar nicht leicht, rücksichtslos zu sein, doch die Sache war eilig, also drängelte sich Valerian einfach vor. Die Schimpfereien und bösen Blicke, die ihm dabei folgten, beachtete er überhaupt nicht. Sogleich trat er mit einem scriba ein paar Schritte zur Seite, mußte ja nicht jeder hier mitbekommen, um wen es ihm ging. "Salve. Ich benötige alle vorhandenen Angaben zu Lucius Artorius Avitus. Und zwar am besten schon gestern. Es eilt wirklich sehr." Obwohl sein Tonfall höflich war, sagte seine Miene deutlich aus, daß seine Geduld heute sehr begrenzt war.


    Der scriba sah wenig begeistert aus. "Na, sicher. Ist immer alles besonders eilig, vor allem wenn von euch einer auftaucht", brummelte er, verschwand dann aber, um nachzuschauen.


    Es dauerte eine ganze Weile, ehe der Mann wiederkam. "Das ist alles, was wir haben." Er hatte eine ganze Menge Schriftrollen und Wachstafeln dabei und legte diese auf einem Tisch ab. "Such Dir raus, was Du brauchst und sag mir Bescheid, wenn ich die Sachen wieder wegräumen kann."


    "Danke", sagte Valerian schlicht, zückte eine leere Wachstafel und begann damit, sich durch die Aufzeichnungen durchzuarbeiten und Notizen zu machen.



    Lucius Artorius Avitus
    Status: Ritter
    Ordo: Ordo Equester
    Stand: Plebeisch
    Patria Potestas: ist Pater Familias
    Gensmitglied: Gens Artoria
    Wohnort: Cohortes Praetoriae / Roma / Italia / Provincia Italia
    Aufenthaltsort: Provincia Italia


    Vater: Secundus Artorius Octavian (verstorben)
    Mutter: Artoria Marcella (verstorben)


    Einziges Kind: Cnaeus Artorius Severus (verstorben)


    Weitere noch lebende Angehörige der Gens Artoria:
    Servius Artorius Raetinus (Vetter) - Aufenthaltsort: Legio II, Mogontiacum, Germania
    Tiberius Artorius Imperiosus (Vetter) - Aufenthaltsort: Legio I, Mantua, Italia
    Marcus Artorius Didianus Nero (Sohn des Tiberius Artorius Imperiosus) - Aufenthaltsort: Taracco, Hispania


    Auszeichnungen:
    Phalera für besondere Verdienste
    Torques (Bronze) für die Verteidigung der Feldzeichen in der Schlacht von Edessa
    Torques (Silber) für die Eroberung von Circesium



    Es gab noch ein paar Hinweise auf bestandene Kurse bei der Schola Atheniensis und der Academia Militaris, doch da Valerian sich nicht sicher war, ob hier alle notiert wurden, wollte er das lieber direkt bei der Schola und der Academia erfahren. Er notierte nur kurz, welche auf jeden Fall dabei sein mußten, da sie hier erwähnt waren.


    Schließlich erhob er sich und rief den scriba heran. "Du kannst das jetzt wegräumen, ich bin fertig", sagte er, während er seine Wachstafel einsteckte. Das war wirklich ergiebig gewesen, ein guter Anfang. "Vale." Und schon verließ er das Tabularium wieder.

    Valerian nicke. Da hatte Balbus mit Sicherheit recht. "Nun, dann werde ich mich einfach noch etwas in Geduld fassen", sagte er lächelnd, während er noch ein Stück Brot abbrach und in eine scharf gewürzte Soße tunkte.


    "Du bist verlobt? Dann wünsche ich Dir und Deiner Verlobten für die Zukunft alles Gute. Dann wird dieses Haus ja nicht lange leer bleiben. Darf ich fragen, wer die Glückliche ist?" Da stand dann wohl bald eine Hochzeit ins Haus. Sicher würde das eine größere Feier werden und für eine ganze Weile für Gesprächsstoff in Rom sorgen.


    Die letzte Bemerkung ließ Valerian stutzen. Man bedurfte seiner Dienste nicht mehr? Das hörte sich an, als sei die Versetzung nicht ganz nach seinem eigenen Wunsch erfolgt. Merkwürdig. Valerian wußte natürlich, daß Sura der Nachfolger von Balbus war, doch das war bis zum letzten Moment geheim gehalten worden. Nicht mal als sie zum Tor hinausgeritten waren, hatte man im Castellum davon gewußt. Erst bei ihrer Rückkehr wurde es bekannt und ging wie ein Lauffeuer herum. Auch hatte er nie gehört, daß man mit Balbus unzufrieden war, ganz im Gegenteil. "Entschuldige, wenn ich jetzt so verwundert dreinschaue. Ich meine... der Wechsel kam damals sehr plötzlich. Niemand wußte etwas davon, der Legat ritt mit Tribun Octavius nach Confluentes, das war alles, was wir wußten. Erst als der Legat zurückkam, erfuhren wir es. Wir dachten alle, Du hättest das so gewollt." Bestimmt hatte man Balbus in Rom haben wollen, da nach dem Tod des Kaisers hier doch damit gerechnet werden mußte, daß es zu Unruhen kam.


    Valerian lächelte etwas verlegen. "Soldaten tratschen nun mal", sagte er entschuldigend, weil es Balbus vielleicht etwas merkwürdig vorkam, daß die einfachen Soldaten sich überhaupt mit dieser Sache befaßt hatten.

    "Miles Lucius Quintilius Valerian", nannte Valerian nun seinen Namen. Warum auch nicht. Vermutlich war er nicht zum letzten mal hier und was war schon dabei, in diese Listen zu gucken? Natürlich wiegelte er zusätzlich die Wichtigkeit ab, er wollte ja nicht zuviel Neugierde wecken. Daher zuckte er mit den Schultern und blickte ein wenig gelangweilt drein. "Ach, so arg ist es in diesem Fall gar nicht. Es sollen eben nur ein paar Angaben überprüft werden, um sicher zu gehen, daß die Akten stimmen. Ich benötige sowohl die Ehemaligen als auch die derzeitigen, auch wenn sich das Gesuchte vermutlich unter den derzeitigen finden wird. Alles ab Anfang des Jahres DCCCLVI A.U.C. (2006)."

    Valerian betrat das officium und sah sich einer hübschen Frau gegenüber. Das war ja mal eine angenehme Abwechslung! Aber nichts desto trotz war er im Dienst und dementsprechend ernst war seine Miene. "Salve. Ich hätte gerne Einsicht in das Schülerverzeichnis." Schon sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, daß es sich um dienstliche Belange handelte. Die Frau tat ihm ja fast ein wenig leid. Es sah so aus, als wäre sie mit Arbeit überschüttet, wenn man die ganzen Schriftrollen auf ihrem Schreibtisch so betrachtete. Bei dem Anblick schüttelte es Valerian innerlich. Nein, das wäre wirklich nichts für ihn.

    Da hatte er aber wirklich Glück gehabt, daß er gleich den richtigen erwischt hatte. "Nun, ich bin dienstlich hier. Es geht um eine allgemeine Personenüberprüfung. Um wen es dabei geht, darf ich Dir natürlich nicht sagen." Es ging ja nicht um geheime Daten, daher nahm er nicht an, daß er hier auf Schwierigkeiten stoßen würde. Zwar ging er sowieso davon aus, daß die Daten über die Kurse hier bekannt waren. Doch man konnte nie wissen. Außerdem war der Bericht nur mit diesen Daten vollständig.

    Valerian betrat die Academia Militaris nicht ohne Neugierde. Ob er wohl irgendwann einmal soweit kommen würde, daß auch er hier Kurse absolvierte? Ob er das schaffen würde? Er wußte es nicht genau. Als er sich damals in der öffentlichen Verwaltung versucht hatte, war das kläglich schief gegangen. Nein, er war wohl als einfacher Miles ganau an der Position, die für ihn das richtige war. Traurig, aber wahr.


    Er hatte sich ein wenig durchgefragt und trat nun auf einen scriba zu, von dem er hoffte, daß er ihm weiterhelfen konnte. "Salve. Ich hätte gerne Einsicht in das Studentenverzeichnis. An wen habe ich mich da zu wenden?", fragte er höflich.

    Valerian betrat die Schola Atheniensis. Hier hatte er selbst auch erst vor kurzem seine Prüfung für den Cursus Res Vulgares abgelegt. Doch ein Ergebnis hatte er noch nicht erhalten. Eigentlich konnte es ja nicht schaden, mal nachzufragen, wann er Bescheid erhalten würde. Und es war auch eine gute Einleitung zu seinem eigentlichen, dienstlichen Anliegen.


    Natürlich trug er jetzt seine ganz offizielle Uniform. Denn er wußte nicht, ob er als Zivilist Einsicht in die Verzeichnisse erhalten würde. Und da es eilig war, wollte er es sich auch nicht allzu schwer machen.


    Dies war das officium, zu dem man ihm den Weg gewiesen hatte und so klopfte er erst einmal höflich an.

    Ein paar Besuche zu verschiedenen Verzeichnissen und Archiven hatte Valerian bereits hinter sich, wodurch die Familienverhältnisse des Artoriers bereits nahezu vollständig geklärt waren. Nun war er wieder einmal in zivil unterwegs. Nicht mal seine Toga hatte er angelegt, denn Sklaven hatten eher Vertrauen zu Menschen, die kein Bürgerrecht hatten und ihrem eigenen Status näher standen. Zuerst nahm Valerian Kontakt zu den Bediensteten der Nachbarhäuser auf. Denn er wußte sehr gut, daß sie eher und offener über ihre Nachbarn sprachen als über die eigene Herrschaft. Und sie wußten beinahe so viel wie die Dienerschaft der Artorier, schließlich gab es da durchaus Kontakte und sogar Freundschaften. Daß Lucius Artorius Avitus allein in dem großen Haus lebte, hatte Valerian bald heraus. Und auch, daß er seine Leute gut behandelte.


    Schließlich aber suchte Valerian auch den Kontak zu der artorischen Dienerschaft. Das war nicht ganz einfach, gelang dann aber doch. Er flirtete ein wenig mit einem jungen Küchenmädchen, das nach einer Vielzahl von Komplimenten und ein wenig tatkräftiger Hilfe bei der Beförderung schwerer Einkäufe durchaus redselig wurde. Von ihr erfuhr er, daß der Artorier sehr um seinen Sohn getrauert hatte, obwohl da wohl lange kein Kontakt bestanden hatte. Valerian krampfte sich dabei ein wenig das Herz zusammen. Was da wohl los gewesen war zwischen Vater und Sohn? Auch Severus hatte eigentlich gar nicht über seinen Vater gesprochen.


    Von dem Mädchen hörte er auch, daß Marcus Artorius Didianus Nero in Hispania lebte und dort sogar Magistrat war. Und daß dessen Vater Tiberius Artorius Imperiosus - wie Valerian schon wußte ein Bruder seines alten Centurios Artorius Raetinus - ein Centurio bei der Legio I war, wo ja auch Artorius Avitus bis jetzt gedient hatte. Ja, sie war nicht wenig stolz, daß ihr Herr jetzt bei den Praetorianern als Tribun anfangen sollte. Und Valerian bewunderte dies natürlich gebührend, ohne zu verraten, daß er selbst dieser Elitetruppe angehörte.


    Insgesamt war er nicht unzufrieden mit seinen Ermittlungsergebnissen. Doch es fehlten ihm immer noch ein paar Angaben. Die hoffte er allerdings bei der Schola Atheniensis zu erhalten. Und bei der Academia Militaris. Dort gab es doch sicher Schülerverzeichnisse. Doch bevor er diese aufsuchte, wollte er doch lieber wieder seine Rüstung anlegen.


    Von dem jungen Küchenmädchen verabschiedete er sich sehr galant. Wer wußte schon, ob er diese Informationsquelle nicht eines Tages noch brauchen konnte.

    "Mein Centurio bei der Legio II war ein Artorier. Servius Artorius Raetinus. Er ist ein guter Mann. Streng und hart - doch auch gerecht..."


    In diesem Moment fiel ihm noch etwas ein und man konnte Valerian ansehen, daß er blaß wurde. "Severus... Cnaeus Artorius Severus. Er war der Sohn von Lucius Artorius Avitus. Ich erinnere mich jetzt. Severus hat zwar nie wirklich von seinem Vater gesprochen, doch nach ... später hörte ich seinen Namen... Da war Artorius Avitus noch in Parthien. Severus war Probatus bei der Legio II und gehörte zu meinem Contubernium. Er wurde eines Tages in der Stadt von betrunkenen Randalierern angegriffen, als er privat und allein unterwegs war. Er..." Valerian schluckte, als er sich an jene dramatischen Ereignisse erinnerte. "Ich hatte Wache an der Porta Praetoria als sie ihn brachten. Er war blutüberströmt von unzählingen Messerstichen. Wir brachten ihn gleich ins Valetudinarium... doch sie konnten ihm nicht mehr helfen. Seine Verletzungen waren zu schwer. Das war für den Centurio ein großer Schock. - Und für mich auch. Severus war ein guter Kamerad." Seine Stimme klang ein wenig belegt. Doch als er es merkte, räusperte er sich schnell und straffte seine Haltung.


    "Ich werde das Tabularium sogleich aufsuchen und dann auch weitere Ermittlungen durchführen. Sobald ich etwas herausgefunden habe, erstatte ich Bericht."