Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Bäh, wo Valerian das germanische Bier doch überhaupt nicht mochte. Aber gut, für die anderen mochte das ein Ansporn sein und Valerian gönnte es ihnen durchaus.


    Es war ihm aufgefallen, daß die andere Gruppe sich etwas uneins war, was denn nun zu tun war. Trotzdem wollte Valerian sie lieber nicht unterschätzen, zumal er selbst von Taktik eigentlich nicht sonderlich viel Ahnung hatte. Die anderen stellten es ja auch gar nicht dumm an, sie bildeten ein Quadrat und auch das konnte auf alle Eventualitäten reagieren.


    Valerians Gedanken rasten.


    "Da es keine Verteidigung durch ein scutum gibt, wehrt die erste Reihe erst einmal nur die gegnerischen Waffen ab, laßt keinen Treffer zu, setzt alles ein, was ihr habt, Hände, Füße, gladius, alles. Die zweite Reihe stößt blitzschnell zu. Jeder Treffer zählt!"


    Die andere Gruppe spaltete sich gerade in zwei kleine Gruppen auf. Fragte sich, was sie vorhatten. Vermutlich wollten sie sie so in die Zange nehmen, doch die einzelnen Gruppen hatten natürlich auch entsprechend an Kraft verloren. Bei der Handvoll Männer, die sie jeweils hatten, hielt Valerian das für einen Fehler, doch natürlich konnte er sich irren.


    Valerian rief ein paar Zahlen, er beorderte mit sicherer Stimme die einen weiter vor, die anderen zurück. "Bildet einen Keil! Schützt die Flanken! Räumt von außen nach innen auf!" Mit seinen Anweisungen hatte Valerian nun einen Keil hergestellt, dessen Längsseiten aus fest zueinander stehenden Soldaten zur Verteidigung bestand und in dessen Mitte die gleiche Anzahl Männer vorhanden waren, die aus diesem geschützten Bereich heraus zustoßen konnten - oder eventuell ausfallende Männer aus der ersten Reihe ersetzen. Eigentlich mochte er die Keilformation nicht, doch in diesem Fall erschien sie ihm irgendwie richtig.


    Als geschlossene Einheit rückten sie rasch vor und gingen sogleich zum Angriff über, wobei sie darauf achteten, niemanden an sich vorbei zu lassen.


    Ohne scutum hatte Valerian schon früher gekämpft, im Training mit dem Veteranen der I. Kohorte. Doch da hatte er als zweite Waffe zumindest noch seinen Dolch gehabt und der fehlte ihm jetzt natürlich. Trotzdem wußte er durch diese Übungen, wie man sein gladius effektiv zum parieren einsetzen konnte. Stunden um Stunden hatte er das trainiert, obwohl so eine Situation angeblich nie vorkam. Jetzt zahlte es sich aus. Blieb zu hoffen, daß die anderen aus seiner Gruppe damit auch klarkamen.


    Das größte Problem für Valerian war nun, den Überblick zu behalten.

    Valerian runzelte die Stirn. Das war verflixt wenig Zeit als Vorbereitung, zumal sie nicht wußten, was ihre Aufgabe sein würde. "Wichtig ist vor allem, daß wir als Gruppe kämpfen und nicht jeder einzeln versucht, ein Oberheld zu sein", leitete er seine Anweisungen ein und bedachte die anderen mit einem strengen Blick. "Denkt daran, was wir gelernt haben und was uns von den Barbaren unterscheidet: Gemeinsames Handeln. Außerdem hoffe ich, daß ihr eure Fähigkeiten gut einschätzen könnt. Ich möchte gute Schwertkämpfer an den äußeren Enden haben - einer davon werde ich selbst sein, von da habe ich alles im Blick. Wir bilden zwei Reihen, das kann nie schaden. Wenn sie versuchen, uns in die Zange zu nehmen, teilt sich die zweite Reihe und sichert die Flanken, wenn sie versuchen, als Keil eine Lücke in die Mitte zu brechen, dann versuchen die äußersten beider Reihen von den Seiten zuzugreifen. Also, zwei Reihen bilden und dann durchzählen. Jeder merkt sich seine Nummer, denn vielleicht brülle ich zwischendurch einen Befehl für ihn. Wer weiß, daß das Gladius nicht unbedingt seine beste Waffe ist, sucht sich Nachbarn, bei denen das Gladius ganz sicher die beste Waffe ist. - Wir wissen ja auch gar nicht, was verlangt wird. Macht euch also auf alles gefaßt, haltet fest zusammen - und achtet auf meine Befehle. Gemeinsam sind wir stark!"


    So viele waren sie ja nicht, daß seine Befehle überhört werden könnten. Allerdings waren sie auch zu wenige für eine ausgeklügelte Taktik. Für die ohnehin die Zeit fehlte. In zwei Reihen zu kämpfen war bei der Legio II die häufigste Übung gewesen und würde daher sicherlich allen am vertrautesten sein, deshalb hatte Valerian diese Aufstellung gewählt. Außerdem erlaubte sie, rasch auf alle Eventualitäten zu reagieren.


    Schnell nahmen die Männer Aufstellung und zählten halblaut durch. Gerade so laut, daß Valerian es hören und sich die Nummern merken konnte und die andere Gruppe nicht.


    Die fünf Minuten waren damit sicherlich ausgereizt. Hätte er doch nur mehr Zeit zum Überlegen gehabt! Vor allem mehr Zeit, sich mit den anderen zu beraten.


    Sim-Off:

    Haben wir nur das gladius oder auch ein scutum?

    Ohne zu Zögern folgte Valerian dem Befehl. Das Gladius war seine beste Waffe. Und er hatte in den letzten Monaten ausgiebig und hart trainiert. Hoffentlich zahlte sich das jetzt aus. Das Übungsgladius wählte er sorgfältig aus. Sie sahen zwar gleich aus, aber dennoch lagen sie unterschiedlich in der Hand. Das war hier nicht anders als bei der Legio II.


    Schließlich standen die Neulinge bereit und warteten auf die nächsten Befehle. Doch schon jetzt konnte man die Anspannung spüren, die in der Luft lag, denn die Männer ahnten natürlich, was nun folgen würde. Und jeder von ihnen war sich bewußt darüber, daß unzählige Augen auf ihm ruhten, um sich auch keine noch so kleine Bewegung entgehen zu lassen. Das steigerte die Nervosität nicht unerheblich. Aber schließlich war dies nicht die erste Prüfungssituation, die sie über sich ergehen lassen mußten.

    Sicher war das Leben der kaiserlichen Familie auch noch wichtig. Doch er hatte nach den drei wichtigsten Dingen gefragt.


    Valerian atmete tief durch. Wenigstens war seine Antwort nicht für völlig falsch befunden worden. Und er fand, seine Antwort hatte Loyalität, Pflicht und Ehre beinhaltet. Irgendwie.


    Die Worte des ehemaligen Praefecten der Ala II, dessen jetzigen Rang er immer noch nicht kannte, prägte er sich tief ein. Es war schon irgendwie logisch, daß die Anforderungen hier etwas anders waren als bei der Legion. Auch daß der Dienst etwas anders aussehen würde. Das Ziel war ja auch ein etwas anderes und das mußte er sich noch richtig bewußt machen.


    Was wohl nun folgen würde? Die Erschöpfung war im Moment wie weggewischt. Dadurch, daß die Offiziere ihn so herausgepickt hatten, war er nun wieder voll da. Nur, ob das noch ewig anhalten würde, das wagte er zu bezweifeln.

    Valerian schluckte. Wie war denn nun diese Frage zu verstehen? Gegenstände? Eigenschaften? Oder was insgesamt das wichtigste war? Seine Gedanken rasten. Was würde die richtige Antwort sein? Vielleicht war es gerade das? Auszuwählen, was auch von diesen Möglichkeiten die wichtigste war?


    "Das Leben des Kaisers, das Leben des Kaisers und das Leben des Kaisers", sagte Valerian mit Überzeugung in der Stimme. Denn um das zu schützen, war die Garde schließlich da. Dabei war es im Grunde nicht wichtig, welche Gegenstände oder Eigenschaften zum Einsatz kamen, auch wenn man den Einsatz der Mittel zweifellos optimieren konnte. Das einzige und wichtigste Ziel aber war, das Leben des Kaisers und seiner Familie zu schützen.

    Aufmüpfiger Frischling. Na, prima, damit hatte er wohl erst einmal seinen Ruf weg. Aber aller Anfang war schwer und er würde schon zeigen, was in ihm steckte. Wenn er nicht vorher zurück geschickt wurde.


    Und jetzt fiel ihm auch ein, woher er den Mann kannte. Er war der praefectus der Ala II gewesen. Nicht, daß er persönlichen Kontakt zu ihm gehabt hätte, aber er hatte mal Dienst am Tor gehabt, als Balbus im castellum zu Besuch gewesen war.


    "Miles Quintilius. Lucius Quintilius Valerian", stellte sich Valerian vor und ließ den Rang des Prudentiers bei der Antwort weg, denn er hatte keine Ahnung, welchen Rang Balbus hier innehatte. Wieder praefectus? Konnte das sein? Er hatte keine Ahnung. Bevor er etwas falsches sagte...

    Wenn das alles war, dann war er ja noch einmal glimpflich davon gekommen. Doch das dicke Ende konnte natürlich noch hinterher kommen. "Jawohl. Verstanden, Optio", erwiderte Valerian auf die Worte des Optios. Er sah den weiteren Mann herankommen und bemerkte nur so eben aus den Augenwinkeln, daß die anderen salutierten. Und es war gut, daß er das doch noch bemerkt hatte, obwohl der Optio ja seine Aufmerksamkeit gefordert hatte. So salutierte er sicherheitshalber ebenfalls, als der Mann hinzutrat. Ob der Optio ihn überhaupt schon bemerkt hatte?


    Hm. Irgendwie kam der Mann Valerian bekannt vor. Er mußte ihn schon einmal gesehen haben. Grübelnd betrachtete er ihn. Wo konnte er ihn gesehen haben?

    Wenn er es am anderen Ende der Welt tat, störte es den Kaiser und seine Familie sicherlich nicht im geringsten. Valerian schluckte diese aufmüpfige Antwort hinunter und beschränkte sich auf ein: "Nein, das glaube ich nicht, Optio." Es hatte keinen Sinn, etwas zu erklären. Nicht bei diesem Mann. Also nahm er einfach den Anschiß entgegen und konnte nur hoffen, daß diese Geschichte nicht zum Ausschluß führen würde. Nur ungern würde er zur Legio II zurückkehren und dort erklären müssen, daß er doch nicht gut genug gewesen war.

    Valerian blieb in Habachtstellung ruhig stehen und blickte dem Optio, der auf ihn zutrat, entgegen. "Den Kaiser und seine Familie zu schützen, Optio", antwortete er, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken oder mit der Wimper zu zucken.


    Vermutlich wollte der Optio auf irgendetwas anderes hinaus, was Valerian aber im Moment noch nicht durchblickte. Sicher würde er es gleich erfahren. Und vermutlich auf unangenehme Art, wie er diesen Optio einschätzte.


    Er konnte immer noch keinen großartigen Fehler in seinem Verhalten finden. Der Kaiser war nicht hier, es hatte keine Gefahr von außen gegeben, also war es richtig, einem Kameraden zu helfen. In einer anderen Situation hätte er sich gewiß gegen den Kameraden entscheiden müssen. Und er hätte sich auch nicht gerührt, wenn er gewußt hätte, daß Hilfe so nah gewesen war.


    Gut, da war der Befehl gewesen, stillzustehen. Doch in ähnlichen Situationen bei der Legio II war erwartet worden, daß sie sich gegenseitig Hilfe leisteten, solange die Situation es erlaubte. War das hier wirklich so anders? Gerade von den Praetorianern hätte er nicht gedacht, daß blinder Gehorsam ohne Rücksicht auf irgend etwas anderes gefordert wäre. War es nicht so, daß gerade sie in Situationen kommen konnten, in denen sie sofort handeln mußten, ohne einen Offizier fragen oder gar einen Befehl abwarten zu können?


    Das war vermutlich der Fehler, er hätte den Optio fragen sollen, ob er sich um den Kameraden kümmern durfte, bevor er sich rührte. Aber wie sollte man an so etwas denken, wenn einem die Sonne das Hirn eh schon briet und es die einzig sinnvolle Handlung war? Raetinus hätte ihn auf so eine Frage wohl eher angebrüllt: "Was glaubst Du, solltest Du sonst tun?" Ach, es war nicht leicht, die Einheit zu wechseln. Alles war überall anders.

    So, Kameradschaft war bei den Praetorianern also nicht erwünscht. Valerian begann sich zu fragen, ob Primus nicht am Ende recht gehabt hatte. Andererseits, solche Menschen wie diesen Optio gab es irgendwie überall. Und auch bei der Legio II hatte Valerian von solchen gehört. Er war noch viel zu kurz hier, um sich auch nur ansatzweise ein Bild machen zu können.


    Nun, er würde jedenfalls zu Kameradschaft und gegenseitiger Hilfe stehen, auch wenn das für ihn negative Folgen hatte. Immerhin war ihm beigebracht worden, daß gerade dies die Stärke der römischen Armee war: Daß sie in Gruppen gemeinsam agierten, aufeinander achteten und nicht jeder nur seine Einzelkämpfe führte.


    Natürlich zögerte er nicht, seinen Namen zu nennen. "Miles Quintilius, Optio." Er hatte ja nicht wissen können, daß Männer bereit gestanden hatten, um in einem solchen Fall zu helfen. Die waren ja nicht in Sichtweite gewesen. Sonst hätte er sich gewiß nicht gerührt, als sein Kamerad zusammenbrach.

    Er war ein Leuteschinder, dieser Optio! Selbst wenn er es darauf anlegte, die schwächsten auszusieben, wenn sie zusammenbrachen, das mit dem Wasser hätte nicht sein müssen. Fand Valerian zumindest. Er war natürlich durstig, wie sie alle. Aber es war noch nicht so schlimm, daß ihn dieser Anblick irgendwie verunsichern oder schwächen würde. Er verlor nur einen Teil seiner Achtung vor diesem Mann, der offenbar Freude daran hatte, Menschen zu quälen.


    Eine ganze Weile geschah überhaupt nichts. Die Männer standen da und warteten darauf, daß es endete. Doch natürlich kam der Moment, an dem der erste übermannt wurde. Direkt neben Valerian erklang ein Seufzen, kurz darauf schepperte es, als Metall auf Metall fiel. Sein direkter Nachbar in der Reihe war soeben zusammengebrochen. Valerian zögerte nicht. Er legte sein scutum ab und kniete sich neben den Mann, um ihm den Helm abzunehmen und sein Halstuch zu lockern, damit er leichter atmen konnte.


    Dieses Verhalten konnte nun richtig oder falsch sein. Doch wenn es falsch war, dann würde er die Konsequenzen eben tragen. Ein Kamerad, der Hilfe brauchte, der würde seine Hilfe auch erhalten. Zumal es keine Gefahr von außen gab, die er zuerst hätte abwehren müssen.


    Der Kamerad war nur kurz bewußtlos und öffnete erstaunt die Augen, als könnte er gar nicht glauben, was passiert war. Doch er war so blaß, daß Valerian ihm lieber noch nicht auf die Füße half, denn er wäre sicher gleich wieder zusammengeklappt. Also wandte sich Valerian an den Optio und salutierte. "Optio, ich bitte um die Erlaubnis, dem Kameraden einen Becher Wasser holen zu dürfen." Das würde sicher schon genügen, um ihn wieder auf die Beine zu bringen.


    Kaum hatte er das ausgesprochen, als weiter hinten schon das nächste Scheppern zu hören war. Offenbar war es für noch jemanden zuviel gewesen.

    Dabei hatte Valerian so gehofft, daß es nun etwas zu tun geben würde. Doch da hatte er sich gründlich geirrt. Stillstehen war angesagt. In voller Montur. Nach einem tagelangen Gewaltmarsch und in der ungewohnt warmen Frühlingssonne. In Germanien hatte es noch geschneit, wenn auch nicht immer alles liegen geblieben war. Er schwitzte. Das kannte er sonst nur vom Sommer. Aber gut. Dann schwitzte er eben.


    Der Optio bewegte sich! Jetzt würde es endlich losgehen! Achnein. Doch nicht.


    Ob das eine Übung war für das Herumstehen vor dem Palast? Oder auch im Palast? Valerian konnte sich schon vorstellen, daß solcher Wachdienst kein reines Vergnügen war. Natürlich hatte er schon oft Wache gestanden. Auch schon bei Gelegenheiten, wo er die ganze Zeit hatte Stillstehen müssen. Aber da hatte er keinen anstrengenden Marsch hinter sich gehabt.


    Ein Schweißtropfen lief ihm ins Auge und es brannte wirklich unangenehm. Er blinzelte, um es wegzubekommen, bewegte sich aber ansonsten nicht.


    Wie vorhin, als sie auf den praefectus gewartet hatten, verlagerte er unauffällig sein Gewicht von dem einen Bein auf das andere Bein. Was war er froh, daß er vorhin in Ruhe etwas getrunken hatte!

    Das im Moment durch den Gewaltmarsch gar nicht so wirklich frische Frischfleisch eilte auf den Campus und trat in gewohnter Weise an. In strammer Haltung warteten sie auf weitere Befehle.


    Der finstere Blick des Optios beeindruckte Valerian erst einmal nicht sonderlich. Ebenso wenig wie das Gebrüll vorhin. Das war er ja alles von Raetinus zur Genüge gewöhnt. Das war das Optio-Berufsgesicht, so mußte es eben sein. Ob es sich bei dem Mann um einen üblen Leuteschinder handelte, das mußte sich erst noch herausstellen.


    In Gedanken ging Valerian seine Ausrüstung noch einmal durch. Er hatte am Vorabend eigentlich alles gründlich geprüft. Natürlich war die Ausrüstung nicht hundertprozentig geputzt, dafür war vorhin keine Zeit gewesen. Aber im Großen und Ganzen sollte alles in Ordnung sein. Meinte er zumindest. Ob der Optio sich damit überhaupt aufhalten würde? Auf jeden Fall würde es sich jetzt wohl erweisen, wer von ihnen für die Praetorianer tauglich war und wer nicht.

    Als der Optio in die Unterkunft stürmte, nahm Valerian natürlich sofort Haltung an und salutierte. Trotzdem hätte er fast gelacht. Es gab hier tatsächlich einen zweiten Schreihals! Unglaublich! Das mußte er unbedingt den Kameraden schreiben.


    Jetzt galt es natürlich, schnell die Ausrüstung zu fassen und dem Optio an jeden Ort zu folgen, an dem er auf sie warten würde. Und sicher nicht lange warten würde.

    Als Valerian die Baracke betrat und seinem Contubernium zugeteilt wurde, sah es eigentlich gar nicht viel anders aus als bei der Legio II in Germanien. Viel Zeit hatten sie gewiß nicht, sie mußten jederzeit damit rechnen, wieder hinausgerufen zu werden. Daher beeilte Valerian sich damit, seine Sachen systematisch zu verstauen, geübt war er ja darin. Sie gründlich zu reinigen mußte leider bis nach dem Training warten.


    Er nahm sich noch die Zeit, etwas Wasser zu trinken, dann wusch er sich, reinigte wenigstens grob, was er am Leib trug und sorgte allgemein für ein ordnungsgemäßes Aussehen. Er wußte ja nicht, was jetzt so genau auf ihn zukam. Es war eben doch alles ein wenig anders als bei der Legio II. Das sorgte für etwas Unsicherheit. Doch Valerian zweifelte nicht daran, daß er sich schnell eingewöhnen würde. So viel anders konnte es hier ja auch wieder nicht sein. Und falls doch: Es gab so gut wie nichts, was man nicht lernen konnte, wenn man es wirklich wollte.

    Also fünfte Kohorte, erste Centurie. Welches Contubernium würden sie dann wohl herausfinden, wenn sie den Unterkünften zugeteilt würden. Wie die anderen folgte auch Valerian dem Offizier, der sie zu den Unterkünften führte. Er merkte sich, welche Baracke nun sein Zuhause werden würde, schließlich wollte er sich nicht dadurch blamieren, irgendwann in der falschen Baracke zu stehen.

    Nur einen Moment lang musterte Valerian den Mann neugierig, ohne dabei den Kopf zu bewesgen, dann starrte er wieder geradeaus und hörte aufmerksam den Worten des Praefecten zu. Es war schon ein Schock, zu hören, daß direkt nach dem Beziehen der Quartiere noch Training angesetzt war. Es würde also nicht die geringste Zeit bleiben, ein wenig zu verschnaufen oder gar etwas zu sich zu nehmen. Naja, letzteres wäre auch für das Training nicht gut. Aber trinken sollte er dringend etwas. Dafür würde die Zeit schon reichen.


    Jetzt war erst einmal der Eid dran. Valerian räusperte sich kurz, damit die Worte klar und sicher klangen. Er kannte sie auswendig, auch wenn er sie erst zwei mal gesprochen hatte. Und sie waren ihm ernst, sehr ernst. Das konnte man auch gut am Tonfall erkennen, als er die Worte nun aussprach: "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA."


    Vor dem täglichen Training fürchtete Valerian sich eigentlich nicht. Auch wenn es hier anders ablaufen mochte und vermutlich andere Schwerpunkte hatte, so hatte er sich in Germanien doch nicht geschont. Und Straßenbauarbeiten... waren ihm fremd, so daß er die auch nicht vermissen würde. Irgendwie freute er sich sogar darauf, im Training wieder neue Herausforderungen vor sich zu haben. Wenn es nur nicht grad heute schon losgehen würde.


    Aber er war fest entschlossen, das durchzustehen. Wenn man zur Elite gehören wollte, dann mußte man eben auch etwas mehr leisten als normal. Er war gut in Form, dachte er zumindest. Und er würde der Legio II keine Schande machen!

    Es war nicht nur eine Geduldsprobe. Sondern auch eine ziemlich anstrengende Sache. Die Beine fühlten sich ohnehin steif an und schmerzten leise vor sich hin. Das starre Herumstehen war dagegen wirklich nicht hilfreich. Ganz unauffällig versuchte Valerian, sein Gewicht immer mal von dem einen Bein auf das andere zu verlagern. So war es einigermaßen auszuhalten.


    Die doch schon recht warme Frühlingssonne machte ihm unerwartet zu schaffen. Er hatte sich offenbar mehr an das kalte germanische Klima gewöhnt, als er gedacht hatte. Und es war hier deutlich wärmer als dort.


    Die Versuche, miteinander zu tuscheln, hielten sich extrem in Grenzen, so daß der Offizier in dieser Hinsicht nicht viel zu tun hatte. Vielleicht zog sich gerade deswegen die Zeit zu einer Ewigkeit, bis sich doch endlich etwas tat. Als der Befehl erklang, straffte Valerian sofort seine Haltung und stand vorschriftsmäßig stramm. Seine Augen waren das einzige, was sich bewegte, denn natürlich wollte er einen Blick auf den Mann erhaschen, der künftig sein Befehlshaber sein sollte. Hoffentlich zumindest. Falls er die Prüfung bestand.

    Ohne große Probleme erreichten die Neuen den Exerzierplatz. Und natürlich war hier kein Praefect, der auf sie wartete. Damit hatte zumindest Valerian auch nicht gerechnet. Soweit kam es noch, daß ein Praefect, zumal gar der praefectus praetorio, auf einfache Soldaten wartete, die noch nicht einmal wirklich zur Truppe gehörten. Umgekehrt wurde ein Schuh draus. Und so stellte sich Valerian auf einige Wartezeit ein.


    Die Männer traten also zunächst einmal an, wie sie es ja auch von der Legio II kannten. Sie nahmen Haltung an, achteten besonders auf Abstand und eine gerade Linie. Auch wenn ihre Gesichter betont ausdruckslos waren, brauchte man keine hellseherischen Fähigkeiten um zu wissen, daß sie sich eine kurze Wartezeit erhofften. Gesprochen wurde nicht. Dafür waren sie alle viel zu gespannt, was geschehen würde. Außerdem würde das sicherlich keinen sonderlich guten Eindruck machen.