Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Tatsächlich hatte Valerian nach diesem Gewaltmarsch auf eine Pause gehofft. Doch wie die anderen Anwesenden ließ er sich davon nichts anmerken, man hatte doch schließlich seinen Stolz. Außerdem ahnte er, daß auch dies bereits zu der Prüfung dazu gehörte.


    Ohne lange zu zögern oder die Formation aufzulösen, machten sich die Neuen auf den Weg zum Exerzierplatz. Diesen zu finden war nicht weiter schwer, war doch jedes Lager und jedes Castellum im Grunde gleich aufgebaut. Nur in der Größe unterschieden sie sich.

    Rom!


    Es war unglaublich, daß sie diese Strecke in solch kurzer Zeit bewältigt hatten. Das Marschtempo war höllisch gewesen. Doch nun war das Ziel erreicht: Rom lag vor ihnen, in all seiner Pracht. Und als würde sie die kleine Gruppe Soldaten besonders begrüßen wollen, schien auch gerade die Sonne und tauchte die Stadt in helles freundliches Licht, als sie in Sicht kam.


    Trotzdem er erschöpft, schmutzig, hungrig und durstig war wie selten in seinem Leben, so bekam Valerian das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, seit sie Rom in der Ferne erblickt hatten. Die letzten Meilen liefen sich fast von allein. Die Heimat hatte ihn endlich wieder!


    Sie näherten sich der castra praetoria rascher, als Valerian es zu hoffen gewagt hatte. Wie oft war er schon hier vorbeigekommen und hatte die Soldaten heimlich bewundert und bestaunt. Und nun sollte er einer von ihnen werden! Sofern er denn die noch bevorstehende Prüfung bestand.


    Weiterhin in erhöhtem Marschtempo schritt die kleine Gruppe auf das Tor zu und man konnte sehen, daß der eine oder andere von ihnen noch schnell hier und da an der Ausrüstung etwas zurechtzupfte, um ja einen guten Eindruck zu machen.

    Hatten die hoffentlich zukünftigen Gardisten am ersten Tag noch gehofft, daß das Tempo an den folgenden Tagen verringert würde, so wurden sie bitter enttäuscht. Es ging weiter in gleichem kräfte- und nervenraubendem Tempo. Die Überquerung der Alpen war zu dieser Jahreszeit kein Vergnügen. Die Pässe waren nur sehr bedingt passierbar, die eisigen Winde und der alles durchnässende Schnee waren eine wahre Plage. Asprenas an der Spitze des Zuges schien von all dem unbeeindruckt. Aber gut, er mußte ja auch nicht laufen. So mancher neidvoller Blick traf ihn auf diesem Marsch.


    Was für eine Erleichterung, als sie endlich das Gebirge hinter sich ließen. Sie hatten Glück gehabt. Keiner von ihnen war abgestürzt, es hatte nicht mal ernsthafte Erfrierungen gegeben. Und so waren die Strapazen der Alpenüberquerung angesichts des deutlich wärmeren, schon richtig frühlingshaften Wetters in Italia bald vergessen. Die Laune der Soldaten hob sich sichtlich und das Marschtempo schien schon gar nicht mehr so unerträglich zu sein. Das Schlimmste hatten sie definitiv hinter sich.


    Italia! Und die Luft hier roch doch anders! Das Wasser schmeckte besser und es schlief sich auf diesem Boden auch irgndwie bequemer. Heimat, Du hast mich wieder!, dachte Valerian und atmete tief durch. Ab jetzt war es wirklich fast wie ein Spaziergang. Naja, nur verglichen mit den Strapazen der bisherigen Reise. Doch ab jetzt konnten sie glauben, daß jeder Schritt sie Rom näher brachte. Das sorgte für die nötige Moral, um den Marsch durch halb Italia auch noch durchzustehen.

    Das Tempo, das der Praetorianeroffizier anschlug, war recht zügig. Im Moment machte Valerian das noch nichts aus. Doch würde am Ende die gesamte Reise in diesem Tempo stattfinden? Er hoffte es nicht. Denn dann würden sie wohl ziemlich fußlahm in Rom ankommen.


    Jetzt machte sich das tägliche Ausdauertraining bezahlt. Das tägliche Laufen, die täglichen Liegestützen und Klimmzüge. Trotzdem er seine gesamte Habe mit sich führte, kam Valerian mit dem Tempo gut zurecht. Ein wenig unangenehm war nur der Druck der Tragestange gegen die Schulter. Das meiste wurde zwar von der Lorica abgefangen, doch er fragte sich, ob er die Stelle nicht doch etwas mehr abpolstern sollte, bevor dort eine Druckstelle entstand. Das würde er eben erledigen, wenn sie mal eine Pause machten.


    Zuerst hatte Valerian noch die Reisenden und Händler mit einem Grinsen bedacht, wenn sie an ihnen vorbeikamen. Denn er wanderte gen Süden, in die Wärme. Und sie reisten gen Norden, in die Kälte. Das war doch schon mal ein Grinsen wert? Ja, er freute sich auf die Sonne. Und darauf, Rom wiederzusehen.


    Mit der Zeit allerdings verflog das Grinsen doch. Es war noch ein weiter Weg in Richtung Rom. Und wenn es bei diesem Tempo blieb, würde es ein verflixt anstrengender Marsch. Er blickte die Entgegenkommenden inzwischen gewohnheitsmäßig prüfend an. Mit dem Blick, den er sich auf Wache angewöhnt hatte und der automatisch nach ungewöhnlichen oder gar verdächtigen Dingen suchte. Das war kein schlechter Zeitvertreib, denn die meisten Menschen verrieten durch die Dinge, die sie bei sich trugen, und wie sie diese Dinge bei sich trugen, eine ganze Menge über sich. Der Beruf war meistens einfach zu erkennen, doch auch viele kleine Eigenheiten offenbarten sich bei genauer Betrachtung.


    Gespräche unter den Soldaten gab es so gut wie gar nicht. Das sparte den Atem. Valerian blickte sich ein, zwei mal um, wie es den anderen erging. Er erinnerte sich nur zu gut an den Übungsmarsch damals, auf dem einer der Kameraden zusammengebrochen war. Hätte jemand seine Nöte damals rechtzeitig bemerkt, hätte man diesen Vorfall bestimmt verhindern können. Doch bei diesen Männern konnte man natürlich nichts dergleichen erkennen. Sie wären auch sicher vernünftig genug, sich zu melden, wenn etwas nicht in Ordnung wäre.


    Die genagelten Schuhe, die im Gleichschritt auf das Pflaster traten, verursachten das vertraute ronkronkronk. Und Schritt für Schritt brachte es sie zwar langsam, aber doch sicher dem Ziel entgegen.

    War das Crispus gewesen, den Valerian da ewas abseits hatte stehen sehen? Er war sich nicht ganz sicher. Der Petronier hatte sie damals in der Grundausbildung wirklich hart hergenommen. Und gut war es gewesen, daß er das getan hatte. Nur so hatte Valerian so gut werden können, daß er nun zu den Auserwählten gehörte. Es war ihm bewußt, daß er das alles nur Crispus und Raetinus zu verdanken hatte.


    Ein merkwürdiges Gefühl, durch die porta praetoria zu marschieren und zu wissen, daß es das letzte mal war. "Vale", verabschiedete sich Valerian im Vorbeimarschieren bei den Kameraden, die gerade Torwache hatten. Wie oft hatte er selbst hier gestanden? Wieder spürte er diesen eigenartigen Kloß in seinem Hals aufsteigen. In diesem Castellum hatte er sich richtig zuhause gefühlt und so war es nicht verwunderlich, daß er einen ziemlichen Abschiedsschmerz verspürte.


    Doch es ging nach Rom! Und das war wieder ein Grund zur Freude. In der Kurve, in der das Castellum zum letzten mal zu sehen war, blickte Valerian sich ein letztes mal um. Lebt wohl, Kameraden!, dachte er. Dann richtete er seinen Blick wieder nach vorne. Es ging in die alte Heimat! Und er würde ein Praetorianer werden! Sofern er diese Aufnahmeprüfung bestand, von der Asprenas gesprochen hatte. Doch daran zweifelte Valerian eigentlich nicht. Er hatte in den letzten Monaten sehr hart trainiert und brauchte sich vor einer Prüfung seiner Fähigkeiten wirklich nicht zu fürchten.


    Kalter Wind wehte ihnen um die Nase, während sie die Straße entlangmarschierten, immer hinter dem Praetorianeroffizer her. In Rom war bestimmt schon Frühling. Diese elende Kälte und Nässe, die würden sie schon bald hinter sich lassen...

    Mit Sack und Pack und nicht wenig Abschiedsschmerz im Herzen erschien Valerian wieder auf dem Forum. Er war abmarschbereit. Viele der anderen waren schon anwesend und so reihte er sich einfach irgendwo ein, wo es ihm passend erschien. Er kannte niemanden der anderen Auserwählten persönlich, doch auf dem langen Weg nach Rom würde sich das gewiß noch ändern.


    Kurz nach Valerian trafen dann noch die letzten beiden zukünftigen Praetorianer ein, sie waren komplett. Anders als sonst vor längeren Märschen, herrschte hier absolute Ruhe. Sie hingen alle ihren eigenen Gedanken nach, während sie darauf warteten, daß der Praetorianeroffizier Helvetius Asprenas den Befehl zum Abmarsch gab.

    Gleichzeitig mit Phelan, dem Vetter von Marsus, trat ein Legionär an die Gruppe heran und sprach kurz leise mit Valerian. Dessen Miene verdüsterte sich zusehens. Er biß sich sichtlich ärgerlich auf die Lippe und wandte sich dann an die anderen Anwesenden. Zunächst stellte er sich dem zuletzt dazugekommenen vor: "Ich bin Lucius Quintilius Valerian, erfreut, Dich kennenzulernen." Noch ein Duccier, davon schien es unzählige zu geben, wie Valerian feststellte, ohne das negativ zu meinen.


    "Es tut mir wirklich leid, ich habe Befehl, mich im Castellum zu melden. Drusus, wir müssen das wohl auf ein anderes mal verschieben, tut mir wirklich leid. Eigentlich hatte ich dienstfrei. - Flava... ich versuche, so bald wie möglich zu euch zu kommen. Es ist wirklich schön, daß Du nach Mogontiacum gekommen bist. Bis demnächst dann also. Vale." Er nickte allen noch einmal zu und eilte dann dem Castellum entgegen.

    Valerian nickte, antwortete aber erst, nachdem Cupidus und er einige Schritte von den anwesenden Germanen entfernt waren und nicht belauscht werden konnten. "Der Anführer dieses Dorfes berichtete, dass die Räuber vor kurzem versucht haben, das Dorf auszurauben. Sie haben aber widerstehen können. Allerdings fürchten sie, dass die Räuber mit Verstärkung zurückkommen. Das Lager soll einen Fußmarsch, ich nehme an, er meint damit einen Tagesmarsch, vom Dorf entfernt liegen, in Richtung Nordosten. Dort soll der Wald so dicht sein, dass die Sonne nicht durchdringen kann. Ein Bach soll ganz in der Nähe des Lagers der Banditen sein. Mehr habe ich aus ihm nicht herausbekommen. Hoffen wir, daß die anderen ein paar Einzelheiten in Erfahrung bringen können." Da Cupidus nun hier im Dorf war, nahm Valerian an, daß er das Kommando auch über die Legionäre wieder an sich nahm und überließ es ihm, die anderen zusammenzurufen.



    Sim-Off:

    Das war mein letztes Post hier, ich dampfe dann mal ab nach Rom :) Viel Spaß noch und macht sie fertig, Jungs! :D Zieht mich einfach mit, wo es noch nötig ist.

    "Danke", strahlte Valerian voller Stolz, als der Centurio ihm gratulierte. "Und wenn ich eine gute Karriere vor mir haben, dann doch nur, weil ich eine gute Ausbildung erhalten habe. Und ich werde die Chance, die sich mir jetzt bietet, ganz sicher nutzen. Ich wünsche Dir alles Gute, Centurio Artorius." Er salutierte noch ein letztes Mal vor seinem Centurio und wie vorhin beim Abschied von Drusus, fühlte er auch jetzt einen Kloß in seinem Hals. "Vale", sagte er noch schnell, nahm dann seine Tragestange auf und ging zum Forum, wo sicher die ersten Auserwählten schon angetreten waren.

    "Ich danke Dir, Drusus", sagte Valerian, als Drusus zusicherte, die Nachricht zu überbringen. Dann stimmte er in das Lachen mit ein. "Ja, an unseren Haufen kommt so schnell nichts heran. Da können selbst Praetorianer nicht mithalten." Das dritte contubernium war schon etwas besonderes. "Und das wäre natürlich das allerbeste, daß wir beide einen Rang erreicht hätten, in dem wir niemandem mehr Rechenschaft über einen harmlosen Tavernenbesuch abzulegen haben. - Wolltest Du nicht sowieso irgendwann zur Garde? Ich werde Dir ein Plätzchen warmhalten." Noch einmal umarmte Valerian den Freund. "Ich wünsche Dir alles Gute, Drusus. Wir sehen uns ganz gewiß eines Tages wieder. - Vale." Er ließ ihn los, lächelte ihn noch einmal an und machte sich dann auf den Weg zur Unterkunft des Centurios, um sich auch von ihm zu verabschieden.


    [SIZE=7]Edit: hatte den Centurio ganz vergessen [/SIZE]

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    Drusus zögerte nicht lange und erwiderte die kameradschaftliche Umarmung seines Freundes sofort. "Glaub mir mein Freund, du wirst mir auch gewaltig abgehen", meinte er mit sichtbarer Trauer in den Augen. Einen guten Freund zu verlieren war nie leicht... Aber es war ja nicht so, dass er den Quintilier nie wieder sehen würde... Das hoffte er jedenfalls! Die Idee mit dem Briefkontakt fand der Nachwuchsschreihals regelrecht hervorragend. "Natürlich. Am besten schreibst du einfach wenn du in Rom bist, in Ordnung?"


    Dann verschwand Valerian auch schon und Drusus blieb ein wenig verloren in der Tür seiner Unterkunft stehen. Er dachte daran zurück, wie er mit Valerian einst in der Taverne gewesen war und dafür Latrinenputzen als Strafe aufgebrummt bekommen hatte... Und der Optio wunderte sich wieviel Zeit seit damals vergangen war. Er war nun wider Erwarten Optio und Valerian ging zu den Prätorianern. Drusus war schon sehr gespannt was Primus dazu sagen würde... Wobei er sich die Reaktion des Terentiers eigentlich sehr gut vorstellen konnte...


    Während Drusus nun auf die Rückkehr von Valerian wartete, welcher ihm ja noch eine Nachricht an seine Schwester überbringen wollte, überlegte er ob er etwas hatte, dass er dem Quintilier mitgeben konnte. Doch eigentlich viel ihm nichts ein... Seinen Verwandten hatte er ja eigentlich schon geschrieben, allerdings bis dato keine Antwort erhalten...


    Es dauerte gar nicht lange, bis Valerian wieder bei Drusus erschien. "So, da bin ich wieder. Hier, die Nachricht für meine Schwester." Er reichte ihm die Wachstafel. Versiegelt war sie nicht, dafür war nicht genug Zeit gewesen. Doch Drusus besaß ohnehin sein ganzes Vertrauen, da war es nicht nötig gewesen, sie zu versiegeln.



    Liebste Schwester!


    Wenn Du diese Wachstafel in den Händen hältst, habe ich Mogontiacum bereits verlassen. Ja, Du liest richtig! Ich gehe zurück nach Rom. Leider blieb nicht genug Zeit, mich von Dir persönlich zu verabschieden und alles zu erklären. Selbst für diesen Brief habe ich eigentlich keine Zeit mehr. Ich muß mich also leider kurz fassen. Nur soviel: Ich bin ausgewählt, um bei den Praetorianern zu dienen. Stell Dir vor! Dein Bruder bei der Garde! Dein Bruder als Beschützer des Kaisers! Ich kann es selbst noch gar nicht fassen. Sicher wirst Du verstehen, daß ich mir eine solche Chance nicht entgehen lassen kann. Vielleicht möchtest Du ja nachkommen und selbst auch nach Rom zurückkehren? Was hältst Du davon?


    Ich habe meinen besten Freund, Iulius Drusus, gebeten, Dir diesen Brief zu bringen. Und ich habe ihn außerdem gebeten, hin und wieder nach Dir und Flava zu schauen. Solltest Du je Probleme haben, kannst Du Dich an ihn wenden, wie Du Dich an mich gewandt hättest.


    Bitte sei mir nicht böse wegen des übereilten Aufbruchs. Doch selbst mir blieb nur eine Stunde zwischen Bekanntwerden und Aufbruch.


    Bitte fühle Dich von mir umarmt und grüße auch Flava von mir. Sobald ich in Rom bin, werde ich euch ausführlich schreiben.


    In Liebe, Dein Bruder


    Valerian


    "Mensch, Drusus... Es ist irgendwie... eigenartig zu gehen. Ich bin mir auf einmal nicht mehr so sicher, ob es richtig ist. Ich habe hier so viele Freunde und ich habe mich hier wohlgefühlt." Vermutlich waren es diese Zweifel, weswegen der Praetorianer seinen Auserwählten so wenig Zeit ließ bis zum Aufbruch. Er dachte daran, was sie beide schon alles zusammen durchgestanden hatten. Die Ausbildung, die Strafen, die kleinen Feiern im contubernium, ihr Ausflug in die Taberna. "Eines Tages sehen wir uns wieder! Und dann gehen wir einen trinken, egal wie lange wir dafür nachher Latrinen putzen müssen." Er lachte und legte Drusus eine Hand auf die Schulter. "Die Welt ist klein und Rom ist überall."

    In großer Eile hatte er die Wachstafel vollgeschrieben und erhob sich, um seine zusammengepackten Sachen zu nehmen und sich von den Kameraden zu verabschieden. Doch Probus kam ihm dann doch noch zuvor. "Ach, Probus, am liebsten würde ich euch alle mitnehmen. Ihr seid mir doch alle so ans Herz gewachsen, als wäret ihr meine Brüder, die ich nie hatte." Er erwiderte die Umarmung herzlich und klopfte Probus ebenfalls auf den Rücken. "Und natürlich werde ich schreiben! Und wer weiß? Vielleicht findet von euch einmal jemand ebenfalls den Weg zur Garde. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst tun soll. Trauern, weil ich euch zurücklassen muß? Oder aber mich freuen, weil ich die Ehre habe, den Kaiser selbst beschützen zu dürfen? Jungs, ich werde euch ganz sicher nicht vergessen! Vergeßt ihr mich auch nicht, ja?" Er blickte noch einmal in die Runde, nickte jedem zu. Dann nahm er seine Sachen auf und machte sich auf den Weg. Erst zu Drusus, dann zu Raetinus - und dann zurück auf das Forum, um mit dem Praetorianer gen Rom aufzubrechen.

    Was konnte ein Mann schon tun, wenn eine Frau derartige Geschütze auffuhr? Valerian erwiderte die Umarmung seiner Schwester und gab ihr als Erwiderung ihres Kusses einen Kuß auf die Stirn. "Ich mache mir einfach nur Sorgen um Dich, Schwesterchen. Aber ich verspreche Dir, daß ich auf mich aufpassen werde." So gut er es eben konnte. Aber da waren ja auch noch seine Kameraden, die mit auf ihn aufpaßten. So wie er auf sie aufpaßte.


    "Ich liebe Dich auch, Valentina", sagte Valerian leise, als sie die Umarmung lösten. "Leider muß ich gehen. Aber ich komme wieder. Und zwischendurch schreibe ich Dir, ja? Und vergiß Du nicht, mir auch hin und wieder zu schreiben in den Zeiten, in denen ich nicht aus dem Castellum kann." Er blickte noch einmal zu Bashir, dann drehte er sich um. "Vale. Ich komme wieder, sobald es mir möglich ist", versprach er. Dann ging er, um sich seinen Kameraden anzuschließen, die inzwischen mit den Patrouillen begonnen hatten.

    Valerian biß sich auf die Lippe und blickte zwischen seiner Schwester und ihrem Sklaven hin und her. Der Mann wirkte aufrichtig. Doch konnte man einem Parther trauen? Valerian wußte es einfach nicht. Er sorgte sich um Valentina und dieser Mann sorgte nicht gerade dafür, ihm diese Sorge zu nehmen. Doch Valentina machte einen wirklich entschlossenen Eindruck. Ihr Argument, daß gerade ein Soldat sie effektiv würde beschützen können, war natürlich bestechend. Aber hätte es nicht jemand aus einem der Völker sein können, die schon lange unter römischer Herrschaft standen?


    Schicksalsergeben hob Valerian die Hände. "Na schön, dann behalte ihn. Aber melde Dich bitte regelmäßig bei mir, damit ich weiß, daß es Dir gut geht. Ich kann nicht dauernd aus dem Castellum heraus. Du kannst mir ja Nachrichten schicken? Bitte, Valentina, ich komme sonst um vor Sorge!"


    Dann wandte er sich an Bashir. "Nein, selbstverständlich bringe ich Dich nicht um. Du hast ja gehört, sie besteht darauf, Dich zu behalten. Bashir... ich hoffe, daß ich Dir vertrauen kann..." Er ließ unausgesprochen, was passieren würde, falls nicht. Doch Bashir würde ihn schon verstehen.


    "Verdammt. Zum ersten mal bereue ich es, Soldat geworden zu sein", murmelte Valerian schließlich vor sich hin. "Ich muß gehen, Valentina. Schließlich bin ich im Dienst."

    Valerian erschrak geradezu, als die Tür fast sofort aufgerissen wurde. So schnell hatte er nicht damit gerechnet. Schnell nahm er Haltung an. "Salve, Centurio", grüßte er und salutierte, nachdem er die Tragestange an die Wand gelehnt hatte. "Ich ... bin gekommen, um mich zu verabschieden. Ich wurde ausgewählt, um zukünftig bei den Praetorianern zu dienen. Und wir brechen sofort auf, deshalb habe ich das ganze Zeug dabei... Ich wollte mich bei Dir bedanken. Dafür, daß Du immer fair warst und immer... immer Zeit für Deine Leute hast. Naja, ich fände es irgendwie nicht richtig, einfach zu gehen." Er war ein wenig verlegen, deshalb fiel es ihm so schwer, die richtigen Worte zu finden.

    "Schlecht machen? Ich mache ihn nicht schlecht!" Valerian blickte seine Schwester kopfschüttelnd an. "Ich wollte, daß Du Schutz hast. Nicht, daß Du Dir den Wolf gleich ins Haus holst. Er ist Soldat. Parther." Natürlich kannte er seine Schwester und ahnte schon, daß er auf verlorenem Posten stand bei dem Versuch, ihr diesen Sklaven auszureden. "Kannst Du ihn nicht ...?" Umtauschen hatte er fragen wollen. Eine überflüssige Frage, zumal Valentina diesen Bashir schon ins Herz geschlossen zu haben schien. Außerdem würde das den Mann zu einem Gegenstand herabwürdigen. Etwas, was Valentina niemals tun würde.


    "Tut mir leid, Bashir, es ist nichts persönliches, ich kenne Dich ja gar nicht. Aber... aber ein Parther allein mit meiner Schwester... Das... Was würdest Du sagen, wenn Deine Schwester sich zuhause einen Römer als Beschützer auserkoren hätte?"


    Valerian seufzte abermals. "Wie stellst Du Dir das denn vor, Valentina?" Hausangestellter... Das war mal wieder so ganz typisch für sie.

    Valerian stürmte in das contubernium und platzte gleich mit der Neuigkeit heraus. "Ihr glaubt nicht, was passiert ist! Ich bin ausgewählt, zu den Praetorianern zu gehen! Leider muß ich sofort gehen, ich habe gerade noch Zeit, meine Sachen zu packen. Ich habe aber noch eine Kanne Wein, die könnt ihr heute Abend zum Essen niedermachen. Denkt an mich, Kameraden. Ach... euch werde ich echt vermissen, dieses contubernium ist einfach das beste von allen!" Er seufzte und begann, seine privaten Dinge zusammen zu räumen. Viel war es eh nicht. Dann nahm er noch eine Wachstafel zur Hand und ritzte schnell eine Nachricht für seine Schwester hinein. Lang wurde sie nicht, doch sobald er in Rom war, würde er ihr einen ausführlichen Brief schreiben.

    Bepackt mit all seiner Habe stand Valerian nun vor dem officium seines Centurios. Viel Zeit hatte er nicht, doch verabschieden wollte er sich dennoch. Irgendwie... verlangte das schon die Höflichkeit. Und er mochte den Artorier irgendwie. Für ihn war er ein Paradebeispiel eines guten Offiziers. Und so klopfte er an, in der Hoffnung, daß der Centurio da war.

    Valerian konnte den Wechsel der Gefühle im Gesicht seines Freundes ablesen. Erst Erstaunen, dann Traurigkeit, dann die Freude für den Freund. Er lächelte und umarmte Drusus spontan. "Danke für die Glückwünsche. Ich werde Dich sehr vermissen, Drusus. Aber wir halten Briefkontakt, ja?" Das war ihm erst einmal das wichtigste.


    "Danke, daß Du nach meinen Verwandten sehen willst. Ich bringe Dir den Brief also noch vorbei, sobald ich gepackt habe. Soll ich für Dich irgendetwas mitnehmen nach Rom? Briefe oder Päckchen?" Als Drusus Primus erwähnte und grinste, mußte auch Valerian grinsen. "Ja, da bin ich sehr gespannt, was er dazu sagen wird. Du mußt es mir unbedingt schreiben! Und Raetinus.... Ich gehe davon aus, daß er es weiß. Der Praetorianer, der die Auswahl vorgenommen hat, wird doch sicher mit dem Legaten gesprochen haben. Und ich nehme an, daß der dann die Centurionen unterrichtet." Davon war er zumindest ausgegangen. Ob die Zeit noch reichte, um sich von dem Schreihals zu verabschieden? Na, er würde sie sich nehmen, das dauerte ja nicht lange. "Ich gehe dann mal packen. Komme aber gleich wieder wegen des Briefes. Und falls ich etwas nach Rom mitnehmen soll, kannst Du es mir dann ja mitgeben."