Valerian seufzte innerlich. Schon als das Gesicht seiner Schwester sich immer mehr rötete, wußte er, was folgen mußte. Sie war wieder einmal schrecklich uneinsichtig. Verstand sie denn nicht, daß sie nur Schutz und Hilfe für sie wollten?
"Doch, ich habe Dir zugehört. Und ich verstehe Dich auch. Bis zu einem gewissen Punkt zumindest. Ach, Valentina!" Als sie begann zu weinen, stand er auf, um sie fest in die Arme zu nehmen. "Freundschaften brauchen Zeit, verstehst Du? Vor allem, wenn man auch noch ihren Schutz und ihre Hilfe benötigt. Was tust Du, bis Du Freundschaften geschlossen hast? Es wäre mir ja auch lieber, wenn ich hier bei Dir wohnen könnte, doch das ist nicht möglich. Als Soldat bin ich verpflichtet, immer verfügbar zu sein, verstehst Du? Aber wenn ich nicht bei Dir sein kann, dann möchte ich Dich doch wenigstens in Sicherheit wissen. Und wissen, daß es Dir gut geht. Dieses große Haus... das kannst Du doch allein kaum schaffen. Und... immer allein sein, ist doch auch nicht gut." Eine Sklavin konnte auch zur Freundin werden. Warum denn auch nicht?
Schließlich war es keineswegs immer so, wie Lando sagte, daß Römer ihre Sklaven schlecht behandelten und nicht als Famiienmitglied ansahen. Ganz im Gegenteil. In den normalen Familien war das nicht anders als er es für die Germanen beschrieben hatte. Nur wo viele Sklaven eingesetzt wurden und der einzelne als Person nicht mehr zählte, beispielsweise in den riesigen Haushalten und vor allem auf großen Landgütern oder gar in Minen, das waren Höllen für die Unfreien.
"Niemand will Dich einsperren, Schwesterchen. Glücklich sollst Du sein. Und sicher." Seine Stimme sollte beruhigend klingen, doch viel mehr klang sie besorgt. Wie sollte er seiner Schwester helfen, wenn sie weder eine Sklavin noch Geld annehmen wollte?