Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Ein kleiner Junge, der sich mit diesem Botengang etwas Geld verdient hatte, gab bei der Casa Duccia eine Schriftrolle ab, die an den Gast Quintilia Valentina adressiert war.



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    Quintilia Valentina
    Casa Duccia



    Liebe Schwester!


    Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie ich mich freue, Dich in der Nähe zu wissen! Natürlich bin ich vor Überraschung fast hintenüber gefallen, als ich Deinen Brief erhielt. Jetzt ist also die gesamte Gens Quintilia in Mogontiacum! Wer hätte das vor ein paar Monaten noch gedacht.


    Um mich mußt Du Dir wirklich keine Sorgen machen, Valentina. Hier passiert nicht viel, der Krieg findet schließlich woanders statt. Meine Grundausbildung ist übrigens schon abgeschlossen, ich bin also bereits vollwertiger Legionär. Bestimmt erkennst Du mich gar nicht wieder! Drei Monate harten Trainings haben mich durchaus verändert.


    Ich werde hoffentlich, es hängt von der Erlaubnis meines Centurios ab, noch heute Abend bei der Casa Duccia vorsprechen, um Dich zu besuchen. Und vielleicht bekomme ich dabei ja auch Narcissa und Montanus zu Gesicht?


    Drück mir die Daumen, daß ich die Erlaubnis erhalte, ja? Dann sehen wir uns heute noch.


    Mit lieben Grüßen,


    Dein Bruder


    Valerian


    "Jawohl, Centurio. Danke, Centurio", bestätigte Valerian mit fester Stimme und salutierte abermals.


    Insgeheim ärgerte er sich nicht unerheblich. So betrunken waren sie schließlich gar nicht gewesen. Den Ärger hatte es nur gegeben, weil dieser Idiot gemeint hatte, mit Scheiße herumschmeißen zu müssen. Aber es hatte wohl keinen Sinn, dem Centurio so etwas erklären zu wollen. Trotzdem fragte sich Valerian, wie er zwanzig Jahre überstehen sollte, ohne mal eine Sauftour machen zu dürfen. Nüchtern wiederkommen! Nicht, daß er an diesem Abend vorhatte, sich zu betrinken. Doch irgendwann wollten die Kameraden ja mal zusammen in die Taberna. Welchen Rang man wohl erreichen mußte, um eine Erlaubnis dafür zu erhalten? Es war einfach frustrierend!

    Valerian lachte. "Ich habe eine Schwester, aber die ist zum Glück in Rom, da ist sie sicher vor euch Raubeinen." Natürlich war das ein Scherz, er fand seine Kameraden alle sehr nett und hätte keine Probleme, sie mit seiner Schwester bekannt zu machen.


    "Ja, laßt uns den Centurio mal fragen. Bin ja gespannt, ob er uns alle auf einmal gehen läßt. Ob wir warten sollten, bis wir alle durch die Grundausbildung durch sind? Vielleicht sind die Bedingungen dann nicht mehr ganz so streng, was das Verlassen des Castellums angeht."

    Es kam noch einmal so etwas wie hektische Betriebsamkeit auf, während derer die letzten Sachen gepackt, die letzten Gräben zugeschüttet und auch ansonsten alles wieder in Ordnung gebracht wurde. Dann fanden sich die Männer überraschend schnell ein und stellten sich entsprechend der Marschordnung auf. Valerian fand seinen Platz, richtete nochmal kurz seine Ausrüstung und wartete dann darauf, daß es losgehen konnte.

    Hungrig leerte Valerian seinen Teller in ungeahnter Geschwindigkeit. Es war ein anstrengender Tag gewesen und das machte sich jetzt bemerkbar. Dazu trank er nur Wasser, er hatte nichts anderes dabei und brauchte auch eigentlich nichts anderes. Im Castellum war das etwas anderes. Da trank er gerne mal einen Becher Wein zum essen.


    "Das Holzhacken hat etwas Gutes: Wir sind für heute fertig damit und müssen keine Wache halten. - Ist noch etwas von dem köstlichen Zeug da?" Er hielt nochmal seinen Teller hin und hoffte, noch einen Löffel voll ergattern zu können.

    Die Hand auf der Schulter tat Valerian gut und er blickte Primus dankbar an. "Gepackt habe ich zum Glück schon." Er atmete tief durch. "Ich bin froh, wenn wir hier wegkommen." Der Übungsmarsch war also doch ganz anders verlaufen, als sie alle gedacht hatten. Der Vorfall zeigte nur zu deutlich, wie wichtig es war, regelmäßig zu patrouillieren. Selbst in Gebieten, die als sicher galten.


    Als sie zu den anderen zurückkehrten, schienen sie ebenfalls abmarschbereit zu sein. Sicher würden sie jeden Moment den Befehl zum Antreten erhalten.

    Valerian wusch sich noch schnell den Schweiß und den Schmutz ab, dann griff er sich seine Schüssel, seinen Löffel und ließ sich bei den anderen am Feuer nieder. "Hey, das nenne ich doch mal ein Mahl! Sergius Du bist genial. Und Primus, Du auch. Das duftet wirklich gut. Von wegen, Du kannst nicht kochen!" Er zögerte nicht, dem Kameraden seine Schüssel entgegen zu halten, damit sie gefüllt wurde.

    Ruhig und ernst half Valerian Primus dabei, den Toten in eine würdige Haltung zu bringen, sah zu, wie er ihm die Münzen auf die Augen legte und wunderte sich ein wenig, daß er ihm die Münze nicht auf die Zunge legte. So kannte Valerian es. Aber solcherlei Bräuche waren eben überall ein wenig anders. Er redete Primus da nicht drein, der Kamerad machte das schon richtig.


    Dann bedeckten sie den Toten schweigend mit Erde. Als Primus am Ende doch sprach, nickte Valerian. "Das hoffe ich auch." Doch er rechnete eher damit, daß sich diese Hoffnung nicht erfüllen würde. Vielleicht würden sie sogar einmal gezwungen sein, selbst so zu handeln.

    Valerian betrachtete die Glut und nickte, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Gut, so sollte es also sein und nicht mehr. "In Ordnung, ich werde darauf achten", versicherte er dem Schmied und sah eben in dieser Arbeitspause den anderen bei der Arbeit zu.


    Als Primus hereinkam, grinste er ihm zu. "Salve Primus." Ansonsten hielt er sich zurück, solange Primus mit dem Schmied sprach. Und immer wieder blickte er prüfend zur Glut, ob er wieder pumpen mußte. Doch momentan sah es seiner Meinung nach noch perfekt aus.

    Valerian freute sich, daß es den anderen ebenso schmeckte wie ihm und er nahm sich noch etwas Brot, Käse und Oliven. Als Drusus ihn nach seiner Cousine fragte, lachte er. "Na, dafür müßten wir erstmal wieder zusammen Ausgang haben. Und dies rechtzeitig wissen, damit ich mich auch mit Narcissa verabreden kann." Ob Drusus ihr gefallen würde? Daß Narcissa ihm gefiel, daran zweifelte Valerian nicht. Sie war eine sehr schöne und nette junge Frau. Wem würde sie nicht gefallen?


    Sim-Off:

    Zu diesem Zeitpunkt weiß Valerian ja noch nix von der Anwesenheit seiner Schwester :)

    Am nächsten Tag fand sich Valerian wieder auf dem Übungsplatz ein. Heute hatte er wieder das Pilum für seine Übung ausgewählt. Hiermit übte er häufiger als mit den anderen Waffen, denn er hatte sich vorgenommen, darin so gut zu werden wie er es mit den anderen Waffen war. Mit Pfeil und Bogen und auch mit dem Scorpion traf er doch auch! Fernwaffen lagen ihm. Warum also nicht auch das Pilum? An fehlender Treffsicherheit konnte es nicht liegen. Nur an fehlender Kraft und Wurftechnik.


    Also warf er, kaum daß er seine üblichen Konditionsübungen absolviert hatte, wieder einen Speer nach dem anderen. Erst ohne Anlauf, dann mit Anlauf. Immer und immer wieder...


    Sim-Off:

    Vielleicht hat ja dieses mal jemand Lust?

    Natürlich fand sich auch Valerian ein, als die nächsten Beförderungen anstanden. Dieses mal war Primus dran. Und es freute Valerian, daß sein Kamerad seinen Wünschen entsprechend eingesetzt wurde: Bei den Reitern.


    Etwas ärgerlich fand er allerdings die Aussage des Duplicarius, der die Reiter so sehr über die Legionäre erhob. Das fand Valerian anmaßend und ungerecht. Jeder Teil der Truppe erledigte Aufgaben in einem bestimmten Bereich. Einen Teil über den anderen zu stellen und den Tätigkeiten auf diese Weise unterschiedliche Wertigkeit zu geben, war nicht in Ordnung. Denn ohne die Fußtruppen standen die Reiter auch auf verlorenem Posten. Und Reiter allein hätten dieses riesige Reich niemals schaffen können. Außerdem schufen solche Äußerungen böses Blut. Immerhin waren hier nicht nur Reiter anwesend. Sollte etwa unter den Männern Neid und Überheblichkeit geschürt werden? So mancher Legionär würde diese Äußerung übel nehmen, da war sich Valerian sicher.

    Valerian war schlichtweg geschockt, als der Centurio den Gefangenen schlichtweg tötete. Er maß sich kein Urteil darüber an, ob diese Entscheidung nun richtig oder falsch war. Dafür fehlte es ihm schlicht an Erfahrung. Nur die Leichtigkeit, mit der Crispus dies erledigte, war irgendwie unfaßbar.


    Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, sah Valerian zu, wie der Mann starb. Doch an seiner Blässe konnte man durchaus erkennen, daß ihm diese Sache zu schaffen machte. Als Primus ihn dann fragte, ob er die Arme oder Beine nehmen wollte, war es für ihn, als erwachte er. Nach kurzem Durchatmen antwortete er dann: "Die Beine." Und schon griff er nach eben jenen, um den Toten mit Primus zusammen in den Graben zu schaffen.

    Auch Valerian war erleichtert, daß sie fertig waren, auch wenn er erstaunt war, wie wenige Pfähle sie nur schlagen mußten. Dann hatte es wohl doch weit mehr verwendbares altes Material gegeben, als er gedacht hatte. Na, das war ihr Glück, so waren sie nun schon erlöst.


    "Essen klingt wahrhaftig gut", grinste er Drusus an, während er darauf achtete, daß alle Werkzeuge eingesteckt und alle verwendbaren Materialien, auch Brennholz, mitgenommen wurde.


    Müde und verschwitzt machten sie sich auf den Weg zum Lager.

    Verblüffter hätte niemand sein können als Valerian beim Lesen des Briefes seiner Schwester. Sie war hier! Hier in Mogontiacum! Unglaublich!


    Mit vor Freude hochroten Wangen machte sich Valerian auf den Weg zur Unterkunft des Centurios, um ihn um Ausgang zu bitten. Hoffentlich wurde ihm dieser trotz des Desasters beim letzten mal gewährt. Es war ja lange genug her, - fand Valerian zumindest.


    Mit einem Klopfen an der Tür kündigte sich Valerian beim Centurio an und hoffte darauf, daß Crispus da war.

    Das war ja eine erstaunlich kurze Ansprache. Valerian beeilte sich, in das Zelt seines Contuberniums zurückzukehren und schlang schnell ein wenig Brot und Käse hinunter, dann beeilte er sich, seine Rüstung ordnungsgemäß anzulegen und seine Ausrüstung abmarschbereit zusammenzupacken. Das dauerte zum Glück nicht lange, da er dies mehrfach geübt hatte. Und so kam er kurz nach Primus schon wieder bei dem Gefangenen an.


    "Salvete", grüßte Valerian den Optio und Primus. Und musterte natürlich auch recht neugierig den Gefangenen. Bei Tageslicht sah er ja weit weniger spektakulär aus als bei Nacht. Und der gleichgültige Blick ins Nichts sollte wohl bedeuten, daß er nichts sagen wollte. Nun, Valerian konnte sich gut vorstellen, daß der Centurio durchaus überzeugend sein konnte, schließlich besaß er ja selbst schon einschlägige Erfahrung damit. Aber er war sich nicht sicher, ob er dabei sein wollte, wenn der Centurio hier seine Überzeugungskraft unter Beweis stellte.

    Valerian ahnte nichts davon, daß Primus irgendwelche Probleme damit hatte, die Stämme ins Lager zu schaffen. Wie er es machte, ob mit Hilfe von Mauleseln oder ob er sich andere Kameraden dazu nahm, war ja nicht seine Angelegenheit. Er war nicht der Vorgesetzte der anderen. Und er war auch nicht der einzige fertige Legionär der Contuberniums. Er hatte auch weder Lust noch Absicht, sich als Offizier aufzuschwingen.


    Sie sollten Schanzpfähle herstellen und davon würden sie eine Menge brauchen. Wenn man bedachte, daß jeder Legionär zwei Pfähle tragen mußte, wenn man davon ausgehen konnte, daß es nicht genug Wald gab, um sie allabendlich zu schlagen, dann hatte man bei 80 Mann 160 Schanzpfähle für ein komplettes Lager. Da sie aber nur drei Seiten des Lagers mit Palisaden versehen mußten, sollten etwa 120 Pfähle reichen. Das hatte sich Valerian schon vor einer Weile gedacht. Davon waren sie noch sehr weit entfernt. Er achtete darauf, wie viele Pfähle etwa immer weggeschafft wurden und rechnete dabei mit.


    Also keine Müdigkeit vorschützen! Weiter schlug er kraftvoll mit der Axt auf das Holz ein, um den nächsten Pfahl herzustellen.

    Valerian lachte, tat aber ein wenig empört. "Ha! Glaubst Du etwa, Du hast immer so viel Würfelglück? Das nächste mal werde ich es euch zeigen, jawohl!" Aber da er so lachen mußte, konnte man seine Worte auf keinen Fall ernst nehmen. "Bitte, gern geschehen! Bei so einem Anlaß sollte man es sich ruhig gut gehen lassen, finde ich. Und ich bekomme in Zukunft ja mehr Geld, also greift ruhig ordentlich zu, ihr müßt euch wirklich nicht zurückhalten." Was sollte er auch das Geld horten? Die Freude in den Gesichtern der Freunde war doch das Geld allemal wert!

    Verdammt! Wo war er eigentlich? Valerian schrak beim Klang der Cornicen auf und blickte sich desorientiert um. Hatte er etwa verschlafen? Verflucht! Schnell streifte er sich die nötigste Kleidung über, schlüpfte in die Caligae und stolperte aus dem Zelt. Zum Glück waren auch die anderen, die gerade gelaufen kamen, noch nicht in vollständiger Rüstung.