Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Es waren einige Stunden vergangen, seit Valentina seinen Brief erhalten haben mußte. Blieb jetzt nur noch zu hoffen, daß Valerian nicht ungelegen kam. Er hatte seine beste Tunika an und war frisch rasiert. Seine Schwester hier in Mogontiacum! Er konnte es immer noch nicht fassen!


    So ganz verstand er ja nicht, warum die ganze Familie bei den Ducciern lebte, statt in dem Haus hier in der Stadt zu wohnen. Aber es würde schon seine Gründe haben. Vielleicht konnte er die ja auch bei diesem Besuch erfahren?


    In der freudigen Erwartung, seine Schwester bald in die Arme schließen zu können, klopfte Valerian an.

    Aulus Cantius Otho



    Otho nahm die Zügel eines der beiden Pferde entgegen und führte das Pferd hinaus. Draußen machte er sich die Mühe, das Pferd einer kurzen Inspektion zur unterziehen und auch den Sattelgurt zu prüfen. Er nickte schließlich zufrieden und schwang sich in den Sattel.


    "Dann wollen wir mal. Bin gespannt, ob wir etwas herausfinden können."




    FRUMENTARIUS - LEGIO II GERMANICA

    Aulus Cantius Otho



    Als sie die Ställe betraten, schlug ihnen der übliche Geruch von Pferden, Mist und Leder in die Nase. Friedliches Schnauben war zu hören und das gelegentliche Scharren eines Hufes.


    Otho griff sich den nächstbesten Knecht, der mit einem Eimer an ihm vorbeigehen wollte. "Mach uns mal zwei Pferde fertig. Wir sind Frumentarii und brauchen sie dringend für eine Ermittlung." Damit sollten sie ihre Legitimation für diesen Mann ausreichend erklärt haben.





    FRUMENTARIUS - LEGIO II GERMANICA

    Aulus Cantius Otho



    Otho nickte und grinste breit. "Ich habe es zumindest so verstanden, daß uns solche Dinge für die Ermitllungen zur Verfügung gestellt werden. Du kannst doch reiten oder? Ich meine, nicht nur so ein ganz kleines bißchen, sondern einigermaßen ordentlich?" Die Frage war nicht böse gemeint, sondern nur darauf gemünzt, daß die meisten Römer nicht gerade auf dem Pferderücken geboren waren. Er selbst war kein schlechter Reiter, sein Vater hatte darauf geachtet, daß er früh reiten lernte.




    FRUMENTARIUS - LEGIO II GERMANICA

    Aulus Cantius Otho



    Otho nahm die Wachstafel entgegen und las sie stirnrunzelnd durch. "Na, dann machen wir eben zu zweit weiter. Also, ich habe zwar Leute befragen können, die ihn kennen, aber wo er wohnt, habe ich nicht herausfinden können. Nach allem, was ich bisher gehört habe, scheint er ein zuverlässiger Mann zu sein. Also können wir wohl davon ausgehen, daß er sich auf den Weg nach Confluentes gemacht hat. Da er dort nicht angekommen ist, muß ihm unterwegs etwas zugestoßen sein. Ich würde vorschlagen, wir besorgen uns Pferde und reiten den Weg ab. Dabei sollten wir unterwegs in den Gasthäusern nach ihm fragen und am Wegesrand auf Spuren eines Überfalles achten. Wäre doch gelacht, wenn wir nichts herausfinden könnten."





    FRUMENTARIUS - LEGIO II GERMANICA

    Die Wirkung der Übungen machte sich langsam bemerkbar. Valerian wurde immer besser beim Werfen des Pilums. Es fehlte ihm, sich dabei mit anderen zu messen, doch irgendwie schien sich das nicht zu ergeben. Schade.


    Unverdrossen trainierte er dennoch weiter. Und er begann auch, mit dem linken Arm zu üben. Es konnte nicht schaden, die Waffe zur Not auch mit der anderen Hand nutzen zu können. Er warf Pilum um Pilum. Trotz des kühlen Tages war er bald schweißbedeckt. Was ihn nicht daran hinderte, fleißig weiterzutrainieren.

    Valerian lachte. "Und wer wird nüchtern sein, wenn wir in die Stadt dürfen? Übrigens sollte einer von euch fragen, ich glaube, der Centurio ist auf mich nicht sonderlich gut zu sprechen wegen neulich." Zumindest hatte er den Eindruck. Dabei war es jetzt echt schon lange her und ihre Strafe hatten sie ja immerhin auch erhalten.


    "Ich kann kein einziges Wort germanisch. Aber hier können doch sicher alle Latein, oder?" Er hatte nie in Betracht gezogen, die Sprache der Barbaren zu lernen. Obwohl so etwas vielleicht mal nützlich sein könnte. "Kannst Du denn germanisch?", fragte er Drusus und guckte dann auch zu Sabinus, der sich noch nicht geäußert hatte.

    "Hey, Primus, sei kein Frosch und bring Deine neuen Kameraden einfach mit. Ich habe auch noch etwas Wein, falls Drusus uns wirklich nur mit diesem schrecklichen Gebräu quälen will." Er grinste breit und schaffte schnell einen Schritt Abstand zwischen sich und Drusus. Schließlich kannte er den Freund und wußte ganz genau, daß er sicher auch Wein besorgt hatte.


    "Und jetzt hört auf mit den Sticheleien, diesen Blödsinn überlassen wird besser den Offizieren. Haben wir doch gar nicht nötig, oder?" Er fand dieses Konkurrenzgerangel zwischen den Einheiten einfach dumm.

    Valerian nickte und trug die Stange zur Esse, wo er sie zwischen die Kohlen steckte. Die Zange gab er an den Gesellen zurück, dann drehte er sich zu Primus um und lächelte ihm zum Abschied zu. "Bis später, Primus. In den Thermen vielleicht?"


    Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er an die Pumpe, um die Glut wieder anzuheizen, wie der Schmied es ihm gezeigt hatte. Er war gespannt, wie lange es wohl dauerte, bis aus der Stange ein dünner Draht gefertigt war. Im Moment sah es ihm so aus, als würde das wohl ewig dauern.

    Sim-Off:

    @ Crispus: Endlich mal jemand, der dieses geniale Buch kennt :D Kennst Du auch die beiden Folgebücher?


    Valerian kannte das Lied und war eigentlich froh, daß er dadurch aus seinen Grübeleien gerissen wurde. Und so stimmte er zwar nicht unbedingt fröhlich, aber dafür immerhin wohlklingend mit ein:


    "Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    da stand es in dem Scheunentor,
    mein Kind in Clusium.


    Die spanischen Mädchen sind honigsüß
    und die in Gallien wie Gold
    ihr sanften Vögel Thrakiens
    von Herzen war ich euch hold.
    Jedoch mein Kind in Clusium,
    das ich küsst und verließ in Clusium
    ich nie vergessen sollt.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    doch immer steht nach dir mein Sinn,
    mein Kind in Clusium."

    Nachdem die Beförderungen beendet waren und der Centurio sie entlassen hatte, ging Valerian sofort Drusus entgegen. Als Drusus ihm auf die Schulter schlug, erwiderte er diesen Schlag in kameradschaftlicher Weise. "Glückwunsch, Drusus! Hatte Dir ja gesagt, daß es nicht mehr lange dauern kann! Ja, ich will doch hoffen, daß wir das ordentlich feiern." Er lachte und freute sich für den Freund, der diese Beförderung mehr als verdient hatte.

    Da Valerian vorher gut zugesehen hatte, wußte er, was der Schmied von ihm wollte. Er ergriff die Zange, die auch selbst schon gut warm war, und hielt die Stange auf den Amboß. Die Zange bei den Schlägen ruhig zu halten, war ganz schon anstrengend und ging in die Arme, doch er schaffte es und drehte die Stange nach jedem Schlag, wie er es vorher gesehen hatte. Auf Primus konnte er nun nicht mehr achten, er mußte aufpassen, was er tat. Denn wenn ihm die glühende Stange hinfiel, konnte das üble Verbrennungen zur Folge haben. Ganz abgesehen von der Wut, die der Schmied dann auf ihn haben würde.

    Es dauerte nicht lange, bis alle angetreten waren und der Centurio den Befehl zum Abmarsch gab. Im Gleichschritt ging es nun wieder in Richtung Mogontiacum. Natürlich schweiften Valerians Gedanken auch zu dem gestrigen Erlebnis. Immerhin hatte er zum ersten mal getötet. Und war dann auch noch Zeuge geworden, wie Crispus den Gefangenen tötete. Merkwürdigerweise hatte er keine Probleme mit dem Mann, den er selbst getötet hatte. Vielleicht, weil er darauf geachtet hatte, ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Doch bei dem getöteten Gefangenen lag die Sache schon anders. Sicher, der Mann war verstockt gewesen und hätte sicher nichts gesagt. Deshalb war die Entscheidung des Centurios bestimmt richtig. Aber der Mann hatte Valerian angesehen. Und Valerian hatte zugesehen, wie er starb. Das war nicht ganz so einfach wegzustecken.


    Gerne hätte Valerian darüber mit Drusus gesprochen, der ja neben ihm marschierte. Doch der Centurio hatte ja Gespräche untersagt. Und am gestrigen Abend waren sie einfach alle viel zu müde gewesen.


    Weiter vorne sah Valerian Primus marschieren. Neben Sergius, mit dem sich Primus wirklich sehr angefreundet zu haben schien. Ob das alles für Primus leichter war? Er hatte ja schon Kampferfahrung...

    Valerian lachte. "Gut, ich werde ihr schreiben, daß ihr sie unbedingt kennenlernen wollt und daß sie deswegen herkommen muß. In ihrer Antwort wird sie dann sicher schimpfen wie ein Rohrspatz, daß ich euch überhaupt von ihr erzählt habe." Wenn er geahnt hätte, daß seine Schwester bereits hier in der Stadt war, hätte er den Mund vermutlich nicht so voll genommen.


    Aber vielleicht war es auch der Wein, der ihn ein wenig leichtsinnig werden ließ. Zumal er sich den Becher nochmal gut füllte. "Sie ist sowieso viel zu schön und zu gut für euch Tunichtgute!", scherzte er ausgelassen.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis die Tür sich dann doch noch öffnete. Ein älterer Sklave schaute erstaunt auf den unerwarteten Besucher. "Salve. Was willst Du?" Die Frage war weniger ein Ausdruck der Unhöflichkeit, als vielmehr der Verblüffung. Denn offensichtlich hatte der Sklave nicht damit gerechnet, daß jemand anklopfen würde.

    Auch Valerian war froh, noch ein wenig Nachschlag ergattert zu haben und kratzte die Reste sorgfältig aus seiner Schale. "Man, das war gut. Danke, ihr beiden. - Also, ich gehe dann mal schlafen. Morgen steht uns bestimmt wieder ein anstrengender Tag bevor. Wir werden sicher das Lager zuende befestigen und dann auf die Suche nach dieser Bande gehen. - Gute Nacht." Er wusch noch schnell sein Eßgeschirr ab, brachte seine Ausrüstung in Ordnung, ging zur Latrine und legte sich anschließend schlafen.

    Valerian hatte sich ordentlich gewaschen und rasiert und seine beste Tunika angezogen. Er wollte ja seine Schwester nicht blamieren!


    "Legionarius Lucius Quintilius Valerian meldet sich ab. Hier ist meine licentia", sagte er, als er die Wachen an der Porta Praetoria erreichte.



    Licentia
    ANTE DIEM VII ID NOV DCCCLVII A.U.C. (7.11.2007/104 n.Chr.)


    Dem Legionarius Lucius Quintilius Valerian ist das Verlassen des Castellums bis zur Tertia Vigilia gestattet. Er hat im nüchternen Zustand zurückzukehren.



    gez.


    M Petronius Crispus