Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Ein weiterer Ausflug in die Stadt? Ob der Centurio das so bald wieder erlauben würde? Aber eine Frage war das bestimmt wert.


    "Wenn wir alle kurz nacheinander hingehen, weiß er auch, was die Stunde geschlagen hat. Und dann wird er viel mehr annehmen, daß wir etwas vorhaben, das ihm vielleicht nicht so gefällt." Er grinste breit. Zu viert würde es bestimmt ein sehr lustiger Abend werden. Valerian musterte die anderen und kam zu dem Schluß, daß er hier in einem ziemlich brauchbaren Haufen gelandet war. Sie machten alle den Eindruck, als könnte man mit ihnen Pferde stehlen.

    Drusus war abgelenkt. Das war DIE Gelegenheit. Da Valerian damit rechnete, daß ihrem Spaß bald ein Ende gesetzt würde, zählte jeder Augenblick. Also stürzte er sich mit einem scherzhaften, wilden Brüllen auf Drusus, um ihn ein weiteres mal unter Wasser zu drücken. Da er lang genug vorher brüllte, hatte Drusus noch einen Augenblick, um zu reagieren...

    Valerian lachte, als Drusus knapp, sehr knapp, an ihm vorbeisprang und ihn nicht erwischte. Doch Drusus war schnell, obwohl Valerian schnell versuchte, die Situation zu nutzen und den Freund gleich noch einmal unterzutauchen, erwischte er ihn nicht und griff ins Leere. Doch er schaffte es wenigstens, ihm einen kräftigen Schwall Wasser hinterherzuschicken.


    Einige andere Besucher der Thermen schüttelten mißbilligend die Köpfe über die beiden jungen Männer, die sich aufführten wie die Kinder. Doch bei einigen wenigen sah man auch ein belustigtes Grinsen. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis jemand auftauchen und sie zur Ordnung rufen würde.

    Die "Aufwärmübungen" waren immer wieder eine Plage. Wieviele Monate mußte man das täglich tun, damit es einem leicht fiel? Aber wie alle anderen biß Valerian fest die Zähne zusammen und absolvierte sie, als wäre es ein Kinderspiel. Doch er war davon überzeugt, daß die anderen sich dabei genauso quälten wie er!


    Endlich! Endlich übten sie mit dem Gladius. Auch wenn Valerian nie mit so schweren Schilden trainiert hatte, fühlte er sich endlich einmal nicht als völlig blutiger Anfänger. Und wäre der Muskelkater von gestern nicht noch, dann würde es ihm sicher auch nicht so schwer fallen, das Scutum zu halten. Die Schulter protestierte heftig dagegen, gleich wieder so belastet zu werden und Valerian verzog sichtlich das Gesicht.


    Doch er sagte nichts. Mit Holzschwert und Weidenschild begab er sich zu einem der Pfähle. Er schloß kurz die Augen, um sich die Lektionen seines Vaters in Erinnerung zu rufen. Schnell sein, hatte er immer gesagt, das ist das Geheimnis. Sei schnell, stoß zu und dann gleich wieder in die Deckung. Gib dem Gegner keine Möglichkeit, Deinen Schwertarm zu erwischen.


    Natürlich war er nicht in Übung. Aber er hatte Freude daran, seine alten Kenntnisse aufzufrischen und hoffentlich auch neue hinzuzugewinnen.


    Das Holz-Gladius fest in der Rechten und das Scutum in der Linken begann Valerian auf den Pfahl einzustechen. Immer wieder deckte er sich mit dem Schild, um dann blitzschnell den Schild anzuheben und aus der Deckung heraus mit einem Ausfallschritt zuzustechen, den "Gegner" fest im Blick, und sich gleich wieder hinter dem Scutum in Sicherheit zu bringen. Es dauerte nicht lange, bis der Schweiß ihm in Strömen über das Gesicht lief. Weniger wegen der Schwertkampfübung an sich, sondern weil es die reine Qual war, den Schild halten und immer wieder heben zu müssen. Mit jedem mal wurde es schwerer und schmerzhafter.

    Valerian lachte herzlich über die Erklärung von Scaurus seine Herkunft betreffend. "Ich bevorzuge Fische eigentlich gebraten und nicht lebendig in den Mund gesprungen. - Misenum... da bin ich noch nie gewesen", gestand er unumwunden. Was noch nicht war, konnte ja nicht werden.


    "Na, ein Optio ist auch nicht zu verachten, Drusus. Hast Du den auch schon kennengelernt? - Ich habe hier im Castellum bestimmt keine Verwandten. Und die Verwandten, die ich in der Stadt habe, sind auch nur zu Besuch hier und werden vermutlich nicht mehr allzu lange hier sein. - Sabinus, wie ist das mit Dir? Kennst Du hier irgendwen?" Sabinus wirkte irgendwie recht unfröhlich. Ob er irgendwelchen Ärger gehabt hatte?

    Valerian schluckte schwer und mußte sich enorm zusammenreißen, nicht zu dem anderen Probatus herüberzusehen, sondern seinen Blick auf den Centurio geheftet zu lassen. So sah er nicht, daß der andere sich einen kurzen Blick auf Valerian erlaubt hatte.


    Hochrote Köpfe hatten alle beide und wieder antworteten sie nahezu im Chor. "Jawohl, Centurio." Und fragten sich natürlich beide, was der Centurio mit seinen Worten wohl anzudeuten versuchte. Vielleicht sollten sie später einfach mal einen erfahrenen Legionär fragen?


    Jedenfalls nahm sich Valerian fest vor, mit dem anderen am Abend einen Becher Wein zu leeren. - Und ihn bei zukünftigen Übungen mit dem Gladius als Partner zu nehmen. In irgendetwas mußte er doch schließlich besser sein als der andere! Blieb zu hoffen, daß der andere kein meisterlicher Schwertkämpfer war.

    Die Probati beeilten sich, in einer Linie anzutreten. Inzwischen konnten sie das wirklich schnell und gut und die Linie konnte man mittlerweile tatsächlich eine Linie nennen. Das Wetter sah nicht so berauschend aus heute. Daß es nicht heiß war, war ja ganz angenehm. Aber Regen bedeutete nicht nur naß werden und Scheuerstellen von nasser Kleidung, sondern auch am Abend ein mehrfaches an Arbeit beim Saubermachen der Ausrüstung.


    Sicher war Valerian nicht der einzige, der darum betete, daß das Wetter hielt. Das - und der mächtige Muskelkater von den Übungen des Vortages - dämpfte die Neugierde auf das, was heute wohl drankommen mochte, beträchtlich.

    Die Ausrüstung war gereinigt und ordentlich verstaut und es hatte sich sogar ein Freiwilliger zum Kochen gemeldet. Das war ja mal ganz was neues in diesem contubernium. Der köstliche Duft ließ allen das Wasser im Munde zusammenlaufen. "Endlich mal jemand, der kochen kann", freute sich Valerian breit grinsend und holte schon mal sein Eßgeschirr. Hier mußte man sehen, daß man rechtzeitig seinen Anteil an sich nahm, die Männer waren da wie die Wölfe - selbst wenn das Essen grauslich war.


    "Scaurus, was verlangst Du dafür, wenn Du meine Kochdienste mitübernimmst?", fragte Valerian, nachdem er sich genommen und probiert hatte. Seit langem die erste wirklich leckere Mahlzeit!

    Zitat

    Original von Marcus Petronius Crispus
    Der Centurio hatte sich natürlich auf das Erscheinen der beiden Streithähne vorbereitet und wartete bereits seit geraumer Zeit auf sie. Folglich führte sein Bursche Valerian und den anderen direkt ins Officium.


    Crispus empfing sie mit ernstem Blick.


    Mit einem mehr als mulmigen Gefühl in der Magengrube betraten die beiden Probati das Officium des Centurios, nahmen Haltung an und grüßten vorschriftsgemäß. "Salve, Centurio Petronius", sagten sie fast gleichzeitig und mit fester Stimme. "Du hast uns zu Dir befohlen", setzte Valerian noch hinzu, wußte aber nicht, ob das nun überflüssig war oder nicht. So ganz vertraut war er eben noch nicht mit dem Protokoll beim Militär. In der Verwaltung wäre es so gut und richtig gewesen.

    Valerian war selbst überrascht, daß der Angriff gelang und lachte ausgelassen, als er schnell zurückwich, damit Drusus ihn nicht einfach mit sich hinunterzog. Aber das nützte ihm nicht viel, denn kaum war der andere wieder oben, landete ein großer Schwall Wasser in Valerians Gesicht, das sein Lachen schnell erstickte. Jetzt war vermutlich mit einem Gegenangriff von Drusus zu rechnen und Valerian hechtete rasch zur Seite. Hoffentlich ahnte Drusus diese Aktion nicht schon, sonst würde er wohl im nächsten Augenblick auch untergetaucht.

    Sie hatten sich nicht abgesprochen und sprachen auch jetzt nicht miteinander, als die beiden Probati vor der Tür des Centurio standen. Es war durchaus nicht so, daß sie irgendwelchen Haß gegeneinander hegten. Es war halt die übliche Stichelei gewesen, wie junge Leute sich eben gegenseitig stichelten. Und hätten sie sich gerauft, hätte das auch nicht bedeutet, daß sie abends nicht zusammen die Becher gehoben hätten. Aber nun standen sie hier und beiden klopfte das Herz bis zum Hals. Beide wußten nicht, was sie erwartete, sie waren ja beide noch viel zu kurz dabei, um einschätzen zu können, wie die Strafe wohl aussehen würde.


    Valerian atmete tief durch, straffte seine Haltung und klopfte dann vernehmlich an.

    Die Schultern schmerzten und die Arme zitterten vor Anstrengung. Aber Valerian hatte das Gefühl, begriffen zu haben, wie es ging. Allerdings glaubte er nicht, daß er je ein Meister mit dieser Waffe werden würde. Einige der Probati hatten durchaus besonderes Talent dafür gezeigt. Naja, konnte ja nicht jeder ein Meister sein. Er würde fleißig üben, damit er brauchbar damit umgehen konnte, das mußte genügen. Er hoffte ja darauf, wenigstens mit dem Gladius ein bißchen besser dazustehen, als mit den anderen Übungen bisher. Immerhin hatte sein Vater ihn seit frühester Jugend trainieren lassen.


    Erleichtert, daß die Qual für heute beendet war, verließ Valerian mit den anderen den Platz, um die Waffen zurückzubringen, die Ausrüstung in Ordnung zu bringen... und dann in den Thermen Entspannung zu suchen. Später würde er dann ja noch im Officium des Centurios vorsprechen müssen. Wenn er ehrlich zu sich war, dann hatte er nicht wenig Bammel davor.

    "Salve, Sabinus", grüßte Valerian den anderen Probatus. Ziemlich viele Probati auf einmal, fand er. Aber andererseits war es ganz gut, dann hatte keiner dem anderen allzuviel voraus. Noch mehr solcher besserwisserischer Zyniker wie Brutus würden sicher die Stimmung ziemlich vermiesen.


    "Centurio und Medicus Ordinarius, nicht schlecht! Hoffentlich nicht der Witzbold, der so anzügliche Bemerkungen über meine Cousine gemacht hat. - Ist er nett?" Er gönnte es Drusus, einen Verwandten hier zu haben. Das würde ihm sicher den einen oder anderen kleinen Vorteil verschaffen. Und wenn es nur hin und wieder eine gute Abendmahlzeit war, lohnte es sich schon. "Scaurus, woher kommst Du eigentlich?", fragte er den Neuen unverblümt. Warum auch nicht? "Hast Du auch Verwandte hier?"

    Und noch ein Neuer kam herein, bevor Varus auch nur antworten konnte. "Salve, Neuer", lachte Valerian und grinste den Neuankömmling an. "Mein Name ist Valerian. Lucius Quintilius Valerian. Heißt Du Neuer oder hast Du einen richtigen Namen?", scherzte er ein wenig grob, was aber durch sein jungenhaftes Grinsen deutlich abgemildert wurde, denn er meinte es ja nicht wirklich böse. "Deine Ausrüstung solltest Du im Vorraum lassen, möglichst ordentlich, denn manchmal gibt es unerwartete Stubenkontrollen. Und dort ist noch eine freie Pritsche", deutete er auf einen unbelegten Schlafplatz.


    Da der Neue jetzt sicher erstmal beschäftigt war, sein Zeug unterzubringen, wandte sich Valerian an Drusus. Er riet mal ganz entgegengesetzt zu Brutus, und durchaus auch ein wenig ironisch: "Der Legat?" Er meinte das natürlich nicht ganz ernst. "Nein, keine Ahnung. Sag's schon, bevor ich vor Neugierde platze." Es mußte ja durchaus jemand einflußreiches sein, sonst würde Drusus bestimmt nicht so ein Geheimnis draus machen.

    Valerian fühlte sich grob an der Schulter gepackt. Der strenge Blick des Centurios ließ ihn jede Lust zu einer Prügelei gleich wieder vergehen. Eine Unterredung im Officium, das würde gewiß nicht angenehm werden. Valerian schluckte schwer, straffte seine Haltung und erwiderte fest: "Jawohl, Centurio!" Der Spötter tat es ihm gleich und beide beeilten sich, ihre Positionen wieder einzunehmen.


    Dieses Mal mußte alles schneller aufeinander erfolgen. Auf den Befehl des Centurios hin nahm Valerian wieder Anlauf und schleuderte den Speer. Sogleich rückte die zweite Reihe nach und reichte ihr Pilum nach vorn. Da erfolgte auch schon der Befehl zum zweiten Wurf. Wieder Anlauf, Wurf.


    Langsam bekam Valerian ein Gefühl für die Sache. So ein Verriß wie beim ersten Versuch passierte ihm nicht mehr, wenn er auch weiterhin nur im Mittelfeld lag. Er war zwar besser als eben, aber das waren alle anderen auch.

    Der Blick des Centurios war vernichtend, so empfand es Valerian jedenfalls. Die Röte in seinem Gesicht vertiefte sich noch und er biß sich wütend auf die Lippe. Er war fest entschlossen, es beim nächsten Wurf besser zu machen und hielt den Speer mal probeweise so, wie der Centurio es gezeigt hatte.


    Dann kam der Befehl. Valerian nahm Anlauf, holte aus und schleuderte den Speer von sich. Besser als beim ersten Versuch, aber lange noch nicht gut. Er schaffte es so gerade ins Mittelfeld, wenn er seine Leistung mit der Leistung der anderen Probati verglich.


    Nein, so konnte das nicht bleiben, er würde üben müssen. Viel üben. Ob man wohl so einen Übungsspeer auch benutzen durfte, wenn man für sich allein trainierte? Er nahm sich vor zu fragen. Später, wenn die Übung beendet war. Vor den Kameraden wollte er das nicht tun, die hielten ihn sonst noch für einen unerträglichen Streber.


    Die hintere Reihe rückte wieder vor und der Kamerad hinter ihm lachte wieder. "Besser, wir stellen Dich im Ernstfall weiter nach hinten, damit sich die armen Germanen nicht totlachen müssen."


    Valerian blickte sich wütend um. "Besser, Du beweist erstmal, daß Du es besser kannst, bevor Du große Reden schwingst", murrte er ihn an und hatte nicht übel Lust, eine kleine Prügelei mit dem anderen zu beginnen.

    "Salve, Drusus. Du siehst ja so fröhlich aus? Gute Nachrichten erhalten?", begrüßte Valerian den Kameraden und grinste ihn breit an. Der sah ja aus, als hätte er irgendeine großartige Entdeckung gemacht - oder die Liebe seines Lebens getroffen. Naja, vielleicht doch nicht ganz so etwas großartiges.


    Zu Varus meinte er noch breiter grinsend. "Ich weiß ja nicht, wie der Optio bei euch drauf war, aber er und der Centurio nehmen uns ganz schön hart ran. Aber das muß wohl so sein, wenn wir dann irgendwann längere Märsche durchhalten sollen mit dem ganzen Zeug auf dem Buckel. - Du warst krank? Na, dann wirst Du ja sicher auch ganz schön damit zu tun haben, Deine Kondition zurückzugewinnen."

    "Erfreut, Dich kennenzulernen, Varus. Ja, ich bin erst seit ein paar Tagen dabei", nickte Valerian zustimmend und musterte sein Gegenüber neugierig. Er war vermutlich kein Probatus mehr, wie es sich anhörte und wie er aussah. Schließlich war Varus deutlich älter als Valerian, bestimmt um zehn Jahre. "Du bist schon lange dabei? Urlaub gehabt?" Er konnte ja nicht wissen, daß der andere krank gewesen war.

    Die Probati beeilten sich, die gewünschte Aufstellung zu nehmen und die vorderste Reihe machte sich bereit, zu werfen. Valerian stand in der ersten Reihe und mußte also werfen. Noch nie hatte er so ein Ding geworfen und verflixt schwer war es obendrein. Als der Befehl zu werfen schließlich kam, holte er zwar weit aus und nahm auch tüchtig Schwung beim kurzen Anlauf, doch er ließ den Speer zu früh los, so daß er nur sehr kurz flog und sich dann leicht in den Boden bohrte, dort aber keinen Halt fand und daher umfiel.


    Sämtliche anderen Speere waren deutlich weiter geflogen. Und sie waren auch mit mehr Kraft in den Boden eingedrungen und blieben stecken. Mit hochrotem Kopf fluchte Valerian leise vor sich hin und nahm den Speer von seinem lachenden Hintermann entgegen, der inzwischen nachgerückt war. "Sollen wir die Plätze tauschen, bevor Du noch Deine eigenen Füße triffst?", fragte der höchst amüsierte Kamerad hinter ihm. "Nein", zischte Valerian beleidigt zurück und ärgerte sich über seine schlechte Leistung. Hoffentlich stellte er sich bei seinem nächsten Wurf nicht auch so dämlich an. Ungeduldig wartete er auf den Befehl, abermals zu werfen.