"Danke, gern", erwiderte Valerian auf die freundliche Einladung, sich doch niederzulassen. Die Clinenanordnung war unrömisch, vier statt drei Clinen. So war es unmöglich den Ehrenplatz auszumachen, der bei den Römern ganz genau festgelegt war. So setzte sich Valerian dort, wo Marsus ungefähr hingedeutet hatte und stellte fest, daß Marsus und dessen Schwägerin sich ihnen gegenüber niederließen. Eine etwas merkwürdige Anordnung, fand Valerian, denn nun hatten sie immer den Tisch mit den Speisen zwischen sich. Aber er ließ sich von seiner Verwunderung nichts anmerken. Hier fand eine Vermischung der Kulturen statt, die er erst kennenlernen mußte.
"Für mich bitte verdünnten Wein. Mein erstes Erlebnis mit Bier war, sagen wir mal, zum abgewöhnen." Das Grinsen, das diese Worte begleitete, war recht spitzbübisch. Ja, damals, sein erster Ausgang als Probatus. Mit Drusus war er damals saufen gegangen. Und danach... besser nicht dran denken. Der Centurio war echt sauer gewesen. "In der Tat habe ich mich sehr schnell eingelebt. Ein Militärlager ist ohnehin wie das andere. Kennt man eines, kennt man alle. Und meine Militärkarriere hat tatsächlich hier begonnen. Ich habe viele gute Erinnerungen an Mogontiacum. Hast Du Dich nach mir erkundigt oder gibt es doch noch Menschen in diesem Haus, die sich meiner erinnern?" Es sollte eine Provokation sein, dies so zu fragen. Es interessierte ihn einfach, ob die Famlie der Duccier sich der alten Verbindung zu den Quintiliern erinnerten. Immerhin hatten zwei von Valerians Cousinen lange Zeit in diesem Haus gewohnt. Und auch Valentina, seine Schwester, war hier einige Monate zu Gast gewesen, bis sie dann doch in die Casa Quintilia zurückgezogen war.
Was die Reisen anging, so schien doch ein gewisses Mißverständnis zwischen den Frauen zu bestehen. Immerhin hatte Calvena doch betont, daß ihre Reisen in ihrer Kindheit stattgefunden hatten. Und nun hörte es sich so an, als würde sie allein durch die Gegend ziehen. Das konnte und wollte Valerian nicht so stehen lassen. "Hab Dank für Deine freundliche Fürsorge, werte Elfleda. Wir werden Deinen Ratschlag gewiß befolgen. Ich weiß um die Gefahren, die eine Reise hier, wie auch überall sonst, mit sich bringt. Lange Jahre habe ich in diesem Land verbracht und meinen Dienst verrichtet, in dem ich verpflichtet war, eben gegen diese Gefahren anzugehen. Wir werden ganz sicher nicht ohne die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Reisen unternehmen. Meine Frau meinte auch mehr die Reisen in ihrer Kindheit, nicht wahr, Liebes?" Zwar hätte Calvena das auch selbst richtigstellen können, aber irgendwie war der Beschützerinstinkt stärker gewesen. Sanft drückte er die Hand seiner Frau, quasi als Entschuldigung dafür, daß er ihr zuvor gekommen war.
"Was die Ruhe angeht, so ist wohl jeder Ort ein Hort der Ruhe im Vergleich mit Rom. Stille kehrt dort niemals ein. Aber wenn man es von klein auf gewöhnt ist, dann stört es einen nicht mehr. Rom ist gleichsam entsetzlich und wunderbar. Das eine geht nicht ohne das andere. Man liebt es, oder man haßt es. Ich gehöre zu den eigenartigen Menschen, die es lieben und wäre ohne Zwang nie aus Rom fortgegangen. - Hat es euch je dorthin verschlagen?"