Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Die Sklavin wirkte nervös und erleichtert zugleich. Ihr Gezappel konnte einem schon ein wenig auf die Nerven gehen. Aber immerhin war sie kooperativ. Also versuchte Valerian, sie, beziehungsweise ihr Fußgetippel, zu ignorieren. Es war Zufall, daß er Phaeneas als ersten ansprach. „Für welchen der Senatoren hast Du gearbeitet? Oder für beide? Was genau war Deine Aufgabe?“ Es war immer besser, erst einmal den anderen reden zu lassen, um dann Ansatzpunkte für weitere Fragen zu finden. Sonst wurden stur die Fragen beantwortet, wobei so manche Wahrheit unausgesprochen blieb.

    Natürlich traute Valerian dem Sklaven nicht. Aber es konnte trotzdem nicht schaden, diese Anweisung zu geben. Immerhin sah der Nubier in diesem Moment so aus, als wollte er sich an die Worte des Centurios halten. Besser wäre es. Doch es wußte ja jeder, daß derart verschüchterte Sklaven immer das sagten, was ihnen für den Moment das leichteste Durchkommen versprach.


    Ofella kam gerade mit einem Haufen Schriftrollen und Wachstafeln. „Das sieht ja vielversprechend aus. Hast Du schon einen Blick hinein werfen können? Um was handelt es sich bei diesen Schriftstücken?“

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    Original von Iullus Octavius Ofella
    „Ja so wie der Bandenchef äußerte, erwartet er dafür eine Belohnung und so wie ich dass sehe bekommt er sie bestimmt auch, so macht man sich doch Leute zu Dienste.“ Sehr abfällig kam die Antwort von Ofella. „Ob sie mit einem Aurelier verheiratet ist weiß ich nicht, so kenne ich mich noch nicht aus“, fügte Ofella fast entschuldigend hinzu. Nun kam der schwierigere Teil zum beantworten, fand Ofella da er wusste, dass diese Vorgehensweise nicht ganz in Ordnung war. „Ja nun, Cato ist draußen bei ihm, weglaufen wird er bestimmt nicht.“ Die letzte Bemerkung sollte beruhigend klingen. Etwas verlegen schaute Ofella den Centurio an.



    „Davon kannst Du ausgehen, daß solche Dienste gut belohnt werden. Salinator ist in solchen Momenten nicht geizig. Wir sitzen hier auf einem Vulkan, Octavius, anders kann man es nicht ausdrücken.“ Wenn die Menschen sich jetzt gegenseitig verrieten, um Belohnungen einzuheimsen, dann konnte man bald niemandem mehr trauen. „Cato ist draußen mit ihm? Hier vor meiner Unterkunft? Oder wo? Wie auch immer, schaff mir den Mann hier herein, damit ihn nicht noch jemand anderer in die Hände bekommt.“

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    Original von Aulus Hadrianus Fontinalis
    Ich dachte ein Ausdruck von erleichterrung in Valerians Gesicht zu erkennen.
    Ohne Sklaven sind es eine Hand voll. Vielleicht sind auch der ein oder andere von befreundeten Gen. So genau weis ich das nicht. Und was die Informationen angeht. So brauche ich soviel wie möglich. Verhaftungen, Aufstände, Enteignungen, Verbannungen oder wer alles plötzlich Karriere gemacht hat... damit war natürlich der Anhänger des PU gemeint.



    Valerian runzelte die Stirn. Verwandte und Freunde. Da sammelte sich wohl so einiges, was sich in Rom nicht mehr blicken lassen konnte? „Erwähn das niemandem gegenüber, daß Dein Legat so viele Gäste hat. Es werden eine Menge Senatoren gesucht. Angeblich als Verräter. Aber ich denke, wir sind uns einig, wer wirklich der Verräter ist. Das meiste, was ich Dir sagen kann, wird Dein Legat schon wissen. Vescularius hat sich mittlerweile zum Kaiser ausgerufen. Er wurde im Testament des Valerianus dazu bestimmt. Das Testament hatte der Vescularier bei den Vestalinnen abgeholt und erst verdächtig viel später verlesen. Es braucht nicht viel Phantasie, wozu er diese Zeit genutzt haben mag. Viele Senatoren sind noch in Haft. Einige auch schon im Exil. Vinicius Hungaricus zum Beispiel. Sein Bruder Lucianus ist noch im Carcer, soweit ich weiß. Flavius Furianus ist auch einer von den bekannteren in diesen Mauern. Exil ist das mindeste, was ihnen blüht. Enteignungen sind an der Tagesordnung. Auf wem auch nur der Hauch eines Verdachtes liegt, muß mit dem Schlimmsten rechnen. Der Vescularier bestimmt schon seit langem einen Großteil der Amtsträger. Das ist nicht besser geworden, wie Du Dir denken kannst. Wer etwas werden will in Rom, muß einer seiner Speichellecker sein. - Aber es gibt Widerstand. Hier in der Stadt natürlich keinen organisierten. Wie auch? Überall gibt es Spione, niemand kann ein offenes Wort sprechen. Es gibt hin und wieder Parolen an den Wänden. Aber wir sind angewiesen, solche Schmierereien gleich zu entfernen und die Täter mit Nachdruck zu verfolgen. Ich weiß nicht, wo die Flotten stehen. Aber der Praefectus Praetorio scheint fest hinter Salinator zu stehen. Seine Truppe ist zerrissen. Von den alten Kameraden sind viele gegen Salinator. Aber von denen gibt es nicht mehr sehr viele. Hier bei den Urbanern sieht es noch schlechter aus. Auf meine Männer kann ich mich verlassen, sie stehen da, wo ich stehe. Aber für andere kann ich keine Aussage treffen. Ich denke, im Fall eines Falles würden viele von Salinator abfallen. Man munkelt von Aufständen. In Syrien auf jeden Fall. Germanien bestimmt auch, immerhin sind die maßgeblichen Personen auch auf der Proskritionsliste. Aegyptus hat sich ganz offiziell gegen Salinator gestellt und verweigert die Getreidelieferungen.“

    Der Sklave wirkte deutlich eingeschüchtert. Ob er wohl oft mißhandelt wurde? So war es wohl in vielen großen Haushalten üblich, warum also nicht auch in diesem? „Das will ich Dir auch geraten haben“, murrte Valerian, als der Nubier mit heftigem Kopfschütteln verneinte, ihn verarschen zu wollen. „Sechs Wochen also. Nungut, das will ich Dir vorerst glauben. Sollte jemand von den Herrschaften auftauchen, wirst Du mir Bescheid geben lassen. Mir allein, hast Du verstanden? Centurio Lucius Quintilius Valerian. Niemand anderem sollst Du es sagen! - Dann wollen wir mal sehen, was so zu finden war.“ So langsam müßten seine Männer ja zurückkommen mit dem, was sie gefunden hatten.

    Die Aurelia war zum Glück so klug, seinem Vorschlag gleich zu folgen. Valerian winkte Annaeus und Octavius, ihm zu folgen und folgte seinerseits Prisca in die Bibliothek. Als die Sklaven den Raum verlassen hatten und seine Männer hinter sich die Tür geschlossen hatten, stellte Valerian das Kästchen auf den Tisch. „Leider werden wir es mit Gewalt öffnen müssen, wenn kein Schlüssel vorhanden ist.“ Ein Verlust, der sicher für einen Flavier leicht zu tragen war. „Octavius, versuche Dich mal daran. Versuch, so wenig Schaden wie möglich anzurichten.“ Er übergab das Kästchen an Ofella.

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    Original von Aulus Hadrianus Fontinalis
    Valerian stellte durchaus durchdachte Fragen. Er hatte recht. Was war wenn der Legatus auf der falschen Seite stand? Ich glaubte das nicht, den es gab zeichen.
    Ich denke Ursus steht nicht auf der Seite des PU. Und weist du warum? Der Hausstand des Legaten im Castellum ist Sprunghaft angestiegen. Teile seiner Familie znd Sklaven sind nun im Castellum. Würde er dem PU folgen, hätte er sie in Rom gelassen. So denke ich zumindest!




    Der Haushalt des Legaten war sprunghaft angestiegen? „Um wie viele Personen, ohne Sklaven, handelt es sich denn? Also die jetzt beim Legaten wohnen? So viele Aurelier gibt es doch gar nicht mehr. Oder sind das alles Frauen? Was sollst Du denn herausfinden für ihn? Vielleicht kann ich Dir ja schon einiges sagen, ohne daß Du es erst lange in der Stadt erhorchen mußt.“ Die Prima stand also vermutlich gegen Salinator. Das war mal eine verdammt gute Nachricht.

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    Original von Iullus Octavius Ofella
    „ Bei unserem Wachdienst am Stadttor erschien eine Bande und wollte Einlass mit der Begründung, sie habe eine Überraschung für den Praefectus Urbi.“ Nun berichtete Ofella was geschehen war und wie er schließlich Flavia Nigrina und den Anführer der Bande beim PU abgeliefert habe.
    „Anschließend ist es mir gelungen, den Custos corporis der Flavia Nigrina von der Bande zu trennen. Ich weiß es ist nur ein Sklave, doch ich würde ihn nicht so gerne ausliefern. Doch dies würde ich gerne mit dir absprechen, denn ich möchte weder dir noch mir Schwierigkeiten bereiten. Möglicherweise befinden sich noch mehr Leute in Gefangenschaft dieser Bande, dies konnte ich aber leider nicht feststellen.“



    Während des Berichtes runzelte Valerian die Stirn. „Eine Bande? Du meinst, diese Bande hält Personen fest, die sie für Gegner des Praefectus hält und liefert sie dann hier ab?“ Das würde dem Vescularier ganz gewiß gefallen, soviel war sicher. „Flavia Nigrina, sagst Du? Ist das die, die mit diesem Aurelier verheiratet ist?“ So ganz hatte er die Verbindungen der Senatorenhaushalte nicht mehr im Kopf. „Und was heißt, Du hast den Sklaven von der Bande getrennt? Wo hast Du ihn?“

    Valerian runzelte die Stirn. "Salve, Octavius. Dann rück mal raus mit Deinem Problem, wenn es denn derart drückt." Octavius war doch sonst nicht so, sondern achtete immer genauestens auf die Einhaltung der Regeln. Genau aus diesem Grund ging Valerian auch dieses eine Mal darüber hinweg. Es konnte ja sein, daß das Problem wirklich so drückend war und besonders eilte.

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    Original von Iullus Octavius Ofella
    Etwas außer Atem war Ofella schon als er ankam. darum verschnaufte er kurz bevor er Laut anklopfte. Klopf, Klopf


    Es klopfte. Valerian schaute zur Tür. Nicht ganz konzentriert. Er saß hier auf einem Vulkan. Jederzeit konnte er selbst es sein, der verhaftet wurde. Das war ihm durchaus bewußt. Salinator war launisch und hatte ihn ohnehin auf dem Kieker. Daß er seit Monaten nicht die gewünschten Ergebnisse brachte, würde ihm irgendwann das Genick brechen, das wußte er. "Herein!", rief er ein wenig verzögert.

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    Original von Aulus Hadrianus Fontinalis
    Es freute mich zu hören das Valerians Familie in Sicherheit war.
    Ich nahm auf dem angebotenen Stuhl platz.
    Nun. Was gibt es bei der Prima? Sie ist noch ein wenig geschwächt, aufgrund der Seuche aber nicht besorgniss erregendes. ich Versuchte mich ein wenig entspannter hinzusetzen.
    Du weist sicher von den Ereignissen in letzter Zeit, denn Mord an den Kaiser. Nun, der Legatus weis auch das. Aber das war es. Ich bin hier um informationen zu Sammeln. Über aufstände, Verhaftungen die Taten des PU. Alles was von bedeutung sein könnte.
    Milo stand immer noch im Eck und icj fragte mich ob er sich nicht auch mal setzten wollte. Vielleicht dachte er auch er müsse Valerian vor mir schützen, was völliger schwachsinn wäre.



    Valerian schaute zu Milo und nickte ihm zu. Als Zeichen, daß es ganz in Ordnung war, wo er stand und daß er einfach die ganze Szene im Blick behielt. Er hoffte nur, daß der Junge auch wußte, daß er durchaus das Wort ergreifen durfte, wenn er etwas zu sagen hatte. Valerian wußte gerne, was seine Klienten dachten.


    "Informationen sammeln. Das kann wieder alles bedeuten. Weißt Du, wo Dein Legat steht? Salinator wird er kaum folgen als Patrizer, oder? Folgt er Cornelius? Oder unterstützen die Patrizier einen noch nicht allgemein bekannten Kandidaten? Es gab Gerüchte, daß die Flavier ihre Hand nach der Kaiserwürde ausstrecken, aber ich fand die ziemlich unglaubwürdig."

    „Kennt ihr tatsächlich keine anderen Formationen, als die Testudo? Die Testudo macht überall da Sinn, wo Fernwaffen gegen uns eingesetzt werden. Was für eine Formation könntet ihr euch vorstellen, die hier in der Stadt von Vorteil wäre? Wie wird eine Straße abgeriegelt? Ihr seid doch keine Anfänger mehr!“ Valerian war tatsächlich ein wenig enttäuscht. Kam denn keiner seiner Männer darauf? „Die Reiterabwehr wurde angesprochen. Wie funktioniert die?“ Langsam schritt er die Reihe der Männer ab. Natürlich würde er es erklären, wenn keiner darauf kam. Aber ihm war es immer lieber, wenn die Männer es selbst erklärten. Damit prägte es sich viel besser ein.

    Von den innerlichen Nöten des Sklaven oder der Sklavin, was auch immer es war, ahnte Valerian so überhaupt nichts. Selbst wenn es wirklich eine Frau war, sie war einfach zu burschikos, zu grob gebaut. Außerdem war er glücklich verheiratet. An Calvena kam ohnehin keine andere heran. Auch wenn er durchaus gerne schöne Frauen betrachtete. Und meist unweigerlich Vergleiche zog. Irgendetwas gab es immer, das ihm am Ende dann doch nicht gefiel.


    Auf jeden Fall war es durchaus kooperationsbereit und machte alle Angaben, die er erfragt hatte. Irgendwann kamen dann auch die Sklaven, die für die Schreibarbeiten zuständig waren. „Wer von euch ist den beiden Senatoren bei der Korrespondenz behilflich? Sagt es lieber gleich, sonst wird es am Ende für alle hier im Haus unangenehm.“ Ein bißchen drohen schadete nie, gerade Sklaven gegenüber. Zumal er wirklich keine Skrupel hatte, sie zum Verhör mitzunehmen.

    Valerian verdrehte ein wenig die Augen. „Du willst mich wohl verarschen! Du stehst hier den ganzen Tag an der Tür und weißt nicht, wer wann das Haus verlassen hat? Wer wohnt denn regulär hier im Haus? Aurelius Lupus ja wohl? Wann ist der gegangen? Und wie sieht es mit den anderen Aureliern aus? Auch mit den Frauen! Sag, was Du weißt, und Dir wird nichts passieren.“ Dieser Nubier tat doch nur so dumm. Und so etwas konnte Valerian überhaupt nicht ausstehen, deshalb war es mit Geduld und Freundlichkeit auch langsam vorbei.

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    Original von Aurelia Prisca
    Sie sollte sich also keine Sorgen machen, bezüglich der Loyalität seiner Männer? Prisca warf einen musternden Blick auf die umstehenden Urbaner und nickte dann. "Na gut. Wenn du das sagst." Ihre Mundwinkel zuckten flüchtig nach oben. "Wenigstens wissen sich deine Männer einer Frau gegenüber zu benehmen" Mit einer kleinen Anspielung auf jenen Urbaner, der ihrer Frage bereitwillig Auskunft gegeben hatte, wandte sie sich schließlich wieder dem Qunitilier und der Frage nach dem Inhalt des Kästchens zu .


    Der Größe und dem Aussehen nach, sowie der Tatsache, dass das Kästchens innerhalb eines Kreidekreises gestanden hatte, lag für Prisca eigentlich nur eine Vermutung nahe: "Ich könnte mir denken, dass Flavius Gracchus darin sehr persönliche Dinge aufbewahrt. Gedichte, ...oder vielleicht die Figuren seiner Ahnen. Dass der Inhalt etwas mit einer Verschwörung oder gar Mord zu tun hat, kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen.", gab sie schließlich schulterzuckend zu, dass sie im Grunde nur spekulierte. Genauso gut könnten darin Hinweise auf alles Mögliche liegen und zu behaupten, dass Prisca nicht neugierig gewesen wäre, es heraus zu finden, wäre glatt gelogen ...



    Eigentlich war Valerian sich sogar vollkommen sicher, daß Flavius Gracchus kein Verräter war. Insgeheim hatte er den Mann oft bewundert, auch wenn er immer nur die Hälfte von dem verstanden hatte, was er gesagt hatte. Aber das war ein Angehöriger der Nobilitas, wie er sein sollte. Hatte Rom stets gedient und vor allem auch sehr aktiv den Dienst für die Götter versehen. Von Tyrannei oder Grausamkeit hatte Valerian im Zusammenhang mit diesem Mann nie etwas gehört. Es widerstrebte ihm also, dieses Kästchen einfach mitzunehmen und Salinator zu überlassen. „Gibt es hier einen Raum, in dem wir das Kästchen ohne weitere Beobachter öffnen können? Ich muß es tun, Aurelia. Oder es einfach dem Vescularier überlassen. Ich glaube, dann ist eine Öffnung in Deinem Beisein wirklich das geringere Übel. Annaeus und Octavius werden als Zeugen mitkommen.“

    "Mach Dir keine Sorgen. Diese Männer hier, die uns hören können, sind der gleichen Ansicht wie ich. Sie sind treu und folgen mir. Sie besitzen mein volles Vertrauen." Er sagte es ebenfalls gedämpft. Aber laut genug, daß Ofella und Milo ihn hören konnten.


    Das Kästchen hielt Valerian so, daß Classicus und auch andere seiner Männer, die nicht direkt zu der hier zusammenstehenden Gruppe gehörten, es sehen konnten. "Kannst Du Dir, nachdem Octavius Dir beschrieben hat, wie und wo er es fand, vorstellen, was es enthalten könnte?" Er war noch nicht davon überzeugt, es mitzunehmen. Eigentlich müßte er das tun. Aber alles in ihm sträubte sich dagegen. Was, wenn doch etwas darin war, aus dem Salinator den Flaviern einen Strick drehen konnte? Sicherlich nichts, was mit dem Kaisermord in Verbindung stand. Aber er kannte seinen Kommandanten. Der verdrehte gerne mal die Tatsachen.

    Bisher hatte sich Valerian völlig still verhalten. Nur zugehört und beobachtet. Manchmal konnte man erkennen, wenn jemand log. An der Körperhaltung, daran wie die Augen sich bewegten, wie oft geblinzelt oder die Lippen befeuchtet wurden. Ein wirklich geübter Lügner allerdings machte selten bis nie solche Fehler. War der Matinius ein Lügner? Nichts deutete darauf hin. Und Aelius Quarto schien ihm zu vertrauen.


    Truhen? Valerian runzelte die Stirn. "Herr, natürlich kann man Truhen aus der Stadt bringen. Bündel noch besser. Aber uns fehlt die Zeit. Wir müssen jetzt handeln. Oder wir werden es nie tun. Consular Matinius wird leichter aus der Stadt kommen als Du, denn er hat mehr Zeit für die Vorbereitung. Vielleicht solltet ihr nicht gemeinsam gehen. Sollte ich morgen noch leben und frei sein, werde ich Consular Matinius gerne auch den Weg aus der Stadt ebnen."

    Ein bißchen burschikos wirkte die Sklavin ja. Selbst ihre Stimme klang irgendwie dunkel. Valerian dachte sich erst nichts dabei. Solche Frauen gab es. Er machte sich eher Gedanken darüber, daß gerade in vornehmen Haushalten manchmal die merkwürdigsten Gestalten an die Tür gestellt wurden. Viele konnten kaum Latein, andere wußten sich absolut nicht zu benehmen. Wieder andere... Also wer eine Frau an die Tür stellte, der konnte doch wirklich nicht ernst genommen werden! In einem Haushalt von ehrenwerten Consularen jedenfalls erwartete man so etwas nicht. Aber vielleicht war der eigentliche Ianitor ja auch verhaftet worden und die Frau tat einen Dienst, der gar nicht für sie vorgesehen war?


    Während die Soldaten ihr ins Atrium folgten, beobachtete Valerian sie. War das überhaupt eine Frau? Achwas, kein Senator würde einem Sklaven solch einen Aufzug durchgehen lassen. Aber, was wenn es ein Spion war? Gar kein Sklave? Und noch weniger eine Sklavin? Ach Unsinn. Warum hätte er dann nicht als männlicher Sklave auftreten sollen, was viel unauffälliger war. Nein. Ein Spion auf keinen Fall. Vielleicht ein überängstlicher Sklave, der dachte, als Frau könnte er eher einem schmerzhaften Verhör entgehen. Ja, natürlich. Das war die Erklärung, das war plausibel.


    „Schwärmt aus und durchsucht alles! Ich möchte alle Schriftstücke sehen, die auch nur ansatzweise nach Briefen oder nach politisch relevanten Notizen aussieht.“ Seine Männer waren gut darin, zu suchen. Sie hatten mittlerweile einige Übung. Valerian selbst wandte sich an die Sklavin, die wohl eher ein Sklave war. „Wie viele von euch sind im Haus? Ich möchte diejenigen sprechen, die für Schreibarbeiten eingeteilt waren.“

    Die Männer gehorchten. Bald standen alle mit den neuen Übungswaffen bereit da. Die Erklärung des Tiros war sehr gut. Valerian nickte zufrieden. „Sehr ordentlich, Tiro Cornelius. Kommen wir zu der Formation, die euer Kamerad angesprochen hat. Welche könnte da in Frage kommen?“ Er formulierte die Frage mit Absicht so offen, er wollte weder Feldschlacht noch eventuell in der Stadt vorkommende Situationen vorgeben. Die Grundausbildung sollte schließlich alles abdecken.

    „Oh, mir persönlich geht es ganz gut. Vor allem, da ich meine Familie bei den Germanicern in Sicherheit weiß. Setz Dich doch. Ein paar Minuten wirst Du wohl haben. Berichte mir, was es bei der Prima gibt und was Dich hierherführt.“ Er konnte sich kaum vorstellen, daß Fontinalis desertiert war. Also mußte ein Auftrag ihn hierher führen.


    Valerian nickte Milo zu. Er stand genau da, wo er ihn haben wollte. Und hörte hoffentlich aufmerksam zu. Es konnte gut sein, daß Milo dieses Wissen eines Tages brauchen würde. Ein wenig zu denken gab ihm die Tatsache, daß seine beiden Klienten recht kühl miteinander umgingen. Fontinalis schien Milo sogar fast zu ignorieren. Das konnte natürlich auch täuschen.