Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Entsetzen stand auf seiner Miene geschrieben, als sie ihm diese fürchterlichen Dinge androhte. "Oh, sie hat meine Schwäche erkannt!", log er jammernd und raffte schnell noch etwas Eßbares an sich. "Wohlstandsbauch? Ich? Niemals nie nich! Jedenfalls nicht, solange ich bei den Praetorianern bin. Egal, wie gut Du mich fütterst. Später... naja." Er lachte. Er hatte schon von Soldaten gehört, die nach dem aktiven Dienst aufgegangen waren wie Hefekuchen.


    Der Gedanke, daß ihre Kinder Stubenhocker und Bücherwürmer werden könnten, fand sie wohl ebenso amüsant und abwegig wie er. Sie lachten zusammen darüber und auch Valerian dachte, daß es nicht leicht würde, wenn sie nur halb so einfallsreiche Rangen wurden, wie er selbst es gewesen war. Ja, das konnte eine interessante Mischung werden, wenn er daran dachte, was er von Calvenas Jugend wußte.


    "Naja, dann kann er wenigstens nicht sagen, wir hätten ihn hintergangen, falls er herausbekommt, daß wir doch ganz allein waren. Wie gut, daß ich ein braver Bursche bin und sowieso nicht vorhatte, Dich zu entehren." Er grinste lausbübisch und mußte dann lachen, als er daran dachte, wie die resolute Elissa die arme alte Sklavin auf Trab hielt. "Da kann einem diese Quadrata fast leid tun."

    Valerian mußte lachen, als sie sich beschwerte, er sei doch unfair gewesen. "Meine Schwäche, die ist doch völlig offensichtlich", neckte er sie und hütete sich, etwas zu verraten. Ganz so einfach sollte sie es denn doch nicht haben. Fand er zumindest. Immerhin wußte er nur zu genau, daß sie es gnadenlos ausnutzen würde, wenn sie es wüßte. Obwohl es wirklich nicht schwer herauszufinden war.


    "Vielleicht sollten wir unseren Kindern die Gelegenheit geben, erst einmal das Licht der Welt zu erblicken, bevor wir uns über ihre übergroße Aktivität beschweren. Am Ende werden es Stubenhocker und Bücherwürmer." Bei dieser Vorstellung mußte er selbst lachen. Das kam wohl bei diesen Eltern ganz und gar nicht in Frage.


    Valerian ließ sich das Essen schmecken. Die Maronen waren noch immer warm und schmeckten gerade zu dem Hühnchen ausgesprochen lecker. Vielleicht schmeckte aber alles auch nur deswegen so gut, weil sie hier draußen waren und schon einige Stunden Ritt hinter sich hatten. "Was hast Du eigentlich Deinen Onkeln erzählt, wo Du hin wolltest?"

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    Original von Germanica Calvena
    „Ich glaub nicht“, meinte sie zu ihm und sah Romana nur ganz nach. „Vielleicht hat sie ihre Stiefmutter entdeckt...“, mutmaßte sie. Claudia Ofella hatte sie gar nicht mehr gesehen, sie war ebenso wie Petronilla verschwunden. Kurz blickte sie noch einmal durch den Garten, doch mehr als dunkle Schemen, die sich im fahlen Licht der Fackeln bewegten, konnte sie nicht ausmachen. Was wohl auch besser war, denn so würden auch sie Beide von der Dunkelheit verborgen sein.


    Calvena verschwendete eigentlich gar keinen Gedanken mehr an ihre Freundin, aus den Augen aus dem Sinn, traf es wohl in diesem Augenblick am Besten. Sie war froh darüber nun Valerian ganz allein für sich zu haben und da auch keiner ihr Verschwinden bemerkte, genoss sie diesen Moment der Zweisamkeit, denn wer wusste schon, wann sie gestört wurden. Als er dann auch noch seinen Arm um sie legte, war sie die Glückseligkeit schlechthin. Ein Kuss hätte diesen Augenblick wohl perfekt gemacht, aber gewisse Dinge des Anstands wollten eingehalten werden.


    „Ein paar Augenblicke dürften uns wohl gegönnt sein“, lächelte sie und sah sich noch einmal um. Sie hatten sich von den meisten Gästen entfernt, nur das Summen von angeregten Gesprächen drang zu ihnen hinüber, doch verstehen konnte man nichts. Wieder sprach er Komplimente aus, diesmal sah er ihr dabei aber tief in die Augen. „Danke“, hauchte sie.


    Für einen Augenblick schien die Welt stillzustehen. Sie waren allein. Nicht wirklich, aber es fühlte sich so an. Was es an Kraft kostete, sie nicht einfach an sich zu ziehen und zu küssen! Aber er durfte das nicht tun. Sie durften das nicht tun. So kurz vor dem Ziel durften sie es nicht übertreiben. Geduld! Geduld war vonnöten! So schwer es auch fiel.


    "Nein.... nein, ich habe zu danken. Für ein wunderbares Erlebnis. Ich werde das nie vergessen. Diese durchdringenden Trommeln, Deine zauberhafte Stimme... dazu dieses Feuerschauspiel. Es war einfach perfekt. Du bist perfekt. Ich kann es immer noch nicht glauben, daß es mir vergönnt sein soll, mit Dir mein Leben verbringen zu dürfen. Wie gerne... Ach, Calvena. Laß uns lieber zu den anderen zurück gehen, bevor man uns entdeckt. Wir müssen uns zusammenreißen. Noch."

    Aufmerksam verfolgte Valerian, wie die beiden zunächst nur auf einen Angriff des jeweils anderen hofften und abwarteten. Es dauerte eine Weile, bis Saturninus sich zu einem Angriff entschloß. "Aber hallo, ein wenig Rücksicht darfst Du schon auf Deinen Verwandten nehmen, Saturninus. Blaue Flecken bleiben nie aus, aber so heftig sollten die Stöße bei einem Mann, der keine Rüstung trägt, nicht sein." Wenn Centho am Ende des Tages nicht völlig blau und grün sein wollte, dann war es besser, Saturninus ein klein wenig zu bremsen.


    "Centho, beobachte Deinen Gegner besser. Sein Vorstoß war frühzeitig erkennbar. Halte nicht zu starr dagegen, das beraubt Dich nur der Kontrolle. Gib ein wenig nach, kontrolliert. Lenk die Kraft des Gegners seitlich ab. - Und vor allem halte die Deckung geschlossen. Na los, versucht es ein weiteres mal."


    Die heimlichen Beobachter bemerkte er nicht, er war voll und ganz auf die beiden Trainierenden konzentriert.

    "Nein, nein, das ist gar nicht unfair", hielt Valerian lachend dagegen, wehrte sich aber nicht großartig, als sie eine seiner Hände fing. Obwohl es ihm doch ein Leichtes gewesen wäre, sich aus ihrem Griff zu befreien. Immerhin war er ihr rein stärkemäßig weit überlegen und zudem geübt darin, sich aus den Griffen von geschickten und starken Gegner zu befreien. Aber das hier war nur ein Spiel. An dem sie genauso viel Freude haben sollte wie er.


    "Nein, ich glaube auch nicht, daß unser Leben langweilig wird. Und ich hoffe doch, daß wir uns bald häufiger sehen können." Sobald ihre Verlobung offiziell war, konnten sie sich ein klein wenig mehr erlauben. Doch wie lange es bis dahin noch dauerte, war eine gute Frage. "Melina? Ich hoffe doch, daß wir sie eines Tages gut verheiraten können. Sie wird nicht ewig in unserem Haus leben. Nur so lange, bis sie erwachsen geworden ist." Falls das je gelang. "Und unsere Kinder? Sie werden die besten Kinder sein, die je ein Paar hatte. Denn sie bekommen nur die besten Eigenschaften mit. Ich wette, denen macht niemand etwas vor und sie machen ihren Weg." Wenn sie zu wild waren, mußte er eben mehr arbeiten, das war eine gute Taktik, um die Nerven zu schonen.


    "Was glaubst Du, in was für eine Klette sich Melina verwandeln wird, wenn sie merkt, daß wir sie für ein paar Stunden aus dem Haus haben wollen. Nichts macht junge Menschen neugieriger. Nein, ich glaube, das ist kein guter Ort für so etwas. Es wird uns schon was einfallen, da bin ich mir sicher." Auch Valerian griff nun nach einer Dattel im Speckmantel. Bevor Calvena diese leckeren Dinger noch alle allein aufaß!

    Die Claudia hatte es ja auf einmal eilig! Verdutzt blickte Valerian ihr hinterher, als sie davonstürzte. "Nanu? Ich hoffe nicht, daß ich der Grund für diese Flucht bin?", fragte er, ohne dies wirklich anzunehmen. So wichtig nahm Clauda Romana ihn gewiß nicht. Trotzdem war es ausgesprochen merkwürdig.


    Die tiefe Röte auf ihren Wangen entging Valerian leider, da es hier im Garten dafür zu dunkel war. Sehr schade, denn er mochte es, wenn ihre Wangen gerötet waren. Sie sah dann besonders niedlich aus. Fand er zumindest.


    Tatsächlich standen sie auf einmal alleine da. Nicht, daß der Garten völlig leer war, aber ihre Gesprächsrunde war auf geheimnisvolle Art und Weise geradezu verdunstet. Calvena nutzte natürlich sogleich die Gunst der Stunde, faßte ihn bei der Hand und zog ihn mit sich. Nicht, daß er auch nur das Geringste dagegen hatte. Es war ein lauschiges Örtchen, an den sie ihn führte. Und Valerian konnte nicht anders, er mußte einen Arm um sie legen. Den Kuß, den er zu gerne eingeleitet hätte, verkniff er sich allerdings, so schwer es ihm auch fiel. "Ja, das werden sie ganz sicher", sagte er in zärtlichem Tonfall. "Du hast so wundervoll gesungen. Es... es war einfach herrlich. Du bist herrlich..."

    "Oho, die holde Maid glaubt mir nicht!", tat Valerian höchst empört. "Es ist gerade kein angemessener Gegner da. Außer Dir." Er grinste durchaus frech und begann, sie in die Seite zu pieksen. Ganz leicht natürlich nur. Es sollte kitzeln, nicht wehtun. Und Frauen waren soviel empfindlicher als Männer. Meistens zumindest.


    "Daß Du brav und artig bist? Natürlich will ich das!", sagte er mit dem Brustton der Überzeugung. Und setzte dann nach einer Weile noch ein: "Nicht!" hinzu. Lachend drückte er sie an sich. "Ich liebe Dich genau so, wie Du bist. Obwohl Du frech bist und mich viiiieeel zu oft ärgerst und überhaupt. Aber wie langweilig würde unser Leben werden, wenn wir beide brav und artig wären? Dann lieber der eine oder andere Streit und dafür ein spannendes Leben voller sprühender Ideen und Überraschungen." Was im Scherz begonnen hatte, war doch Ernst geworden. Valerian wollte kein braves Hausmütterchen ohne eigene Meinung und nur dem Manne ergeben. Viele mochten das als Ideal ansehen. Doch da war er anders.


    Gerne ließ er sich füttern und nahm vorsichtig mit den Lippen aus ihren Fingern, was immer sie ihm hinhielt. "Ja, das wird es ganz sicher. Ich werde mich in der nächsten Zeit mal gründlich umschauen. Wenn wir beide unsere Augen und Ohren offenhalten, dann sollte sich doch etwas finden lassen." Auch ihm fiel auf Anhieb nichts ein. Aber er war ja viel in der Stadt unterwegs und konnte einfach mal besonders darauf achten.

    Das Laufen und die Übungen klappten doch schon ganz gut, wobei Saturninus durch eine außerordentlich gute Kondition überraschte. Da hatte der gute Drusus ja gute Grundlagen gelegt. Auch wie er sich das Scutum und das Gladius griff, verriet, daß er es nicht zum ersten Mal in seinem Leben tat. Centho hingegen machte einige typische Anfängerfehler.


    "So ist das. Der Praetorianer schaut nur zu und klopft euch nötigenfalls auf die Finger", lachte Valerian und trat zu Centho heran. "Das Scutum noch ein wenig näher heran. Es muß ein Teil Deines Arms werden. Du mußt immer wissen, wo es ist und welchen Winkel es hat. Es schützt Dein Leben und ist somit weit wichtiger als das Gladius, das nur dafür da ist, Wunden zu erteilen. Wenn der Gegner Dich aber als erster erwischt, nützt Dir das Gladius nichts mehr. Daher: immer erst sicher verteidigen, dann zuschlagen. Und denk an einen sicheren Stand, sonst schubst Dein Gegner Dich einfach um. Na, versucht es einfach mal, dabei merkt man am Schnellsten, wo es fehlt." Valerian war gespannt, wie die beiden sich schlugen.

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    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Balbus hörte zu und nickte leicht.
    "Zur Legio Prima? Aus einem privatem Grund?" fragte er nach. "Ich hoffe es ist nichts schlimmes passiert?" Bei jedem anderen hätte er vermutlich einfach nein gesagt, wenn der Grund nicht von vornherein genannt wurde. Doch da er Valerian mochte und er sein Klient war, gab er ihm natürlich noch die Chance das ganze etwas zu präzisieren.



    Valerian hätte im Laufe des Gespräches ohnehin damit herausgerückt. Die Sache war zu wichtig, um nicht mit seinem Patron darüber zu sprechen. "Nein, es ist nichts Schlimmes passiert. Ich hatte einen kleinen Briefwechsel mit meinem früheren Ausbilder, der jetzt ritterlicher Tribun bei der Prima ist. Artorius Reatinus. Er hat sich aus den Mannschaftsdienstgraden hochgearbeitet und dadurch ist er auch ein Vorbild für mich. Ich fragte ihn, wie er es damals geschafft hat, Landbesitz zu erwerben. Und - nun, lies am besten selbst. Vielleicht kann ich über ihn an Land gelangen."


    Er übergab Balbus eine Schriftrolle.



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    Lucius Quintilius Valerian


    Provincia Italia
    ~~~~~
    Roma
    ~~~~~
    Castra Praetoria - Cohortes Praetoriae


    ____________________________________________


    Salve, Quintilius Valerian!


    Es ist schon lange her, als ich deine Ausbildung geleitet habe und ebenso überrascht es mich, so plötzlich von dir zu hören. Doch es überrascht mich unter anderem auch positiv, dass es zu diesem Umstand gekommen ist und ebenso erfreut es mich, dass einer meiner Rekruten es schon so weit gebracht hat. Es kommt mir vor, als läge deine Ausbildung nur wenige Tage zurück.


    Natürlich habe einen der Besten seines Jahrganges nicht so schnell vergessen - ich mag nicht so jung sein, wie ich es als Centurio noch war, doch um vergesslich zu werden, so weit ist es noch nicht gekommen. Ohne arrogant zu werden, ich finde, ich bin ich gerade in meinen besten Jahren!


    Was ich an Land besitze, sind Besitztümer meiner Familie - wertvoll und teilweise auch ein Erbe von meinem verblichenen Vetter und meinem Bruder. Ohne Artorius Avitus und Artorius Imperiosus wäre ich an dieses Land nie gekommen. Jedoch bin ich gewillt, dir in diesen Dingen weiterzuhelfen... möchte Weiteres jedoch nicht per Brief klären, da ich mehr Diskretion und ein Vier-Augen-Gespräch bei solch empfindlichen Themen für angemessen halte. Stattdessen möchte ich dich einladen, hier zur Legio I nach Mantua. Dort wäre ich bereit, mit dir darüber zu sprechen.



    Vale bene, möge der mächtige Mars dich hüten!



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    "Ich wollte wegen des Landes nicht gleich als erstes zu Dir kommen, da Du so sehr viel Land ja auch nicht besitzt und ich mir nicht sicher war, ob Du etwas davon entbehren kannst. Es schien mir vernünftiger, erst einmal alle anderen Möglichkeiten abzuklopfen." Sofern es wirklich eine Möglichkeit war. Sicher konnte er es nicht wissen. Nur hoffen.


    Zitat

    Original von Germanica Calvena
    Auch ohne ihr zu tun, schienen sich die Gäste gut zu unterhalten, also konnte sie ohne schlechtes Gewissen, sich ihrem eigenem Vergnügen widmen. Kurz lächelte sie noch in die Runde, ehe sie sich in den dunklen Garten abwendete und dann an Romana und Valerian heran trat. Auch hier wurde sie von Komplimenten überhäuft. Etwas verlegen lächelte sie Beide an, war aber ihrem zukünftigem Ehemann einen glühenden und liebevollen Blick zu.


    „Wenn ich euch alles verraten würde, dann könnte ich euch nicht überraschen“, sagte sie an Beide gewandt und lachte leise. „Ein paar Geheimnisse muss ich ja auch haben!“ zwinkerte sie mehr zu Valerian, als zu der Vestalin.
    Als Romana die Muse Aoide erwähnte, wurde das rot ihrer Wangen etwas dunkler. Aber sie klärte ihre Freundin erst einmal nicht auf, das war wohl nicht der rechte Ort und rechte Zeitpunkt dafür. Auch das Romana zugab, ihr zunächst geglaubt zu haben, dass Sie singen konnte, kommentierte sie nicht. Es war ja auch eine recht bewegte Geschichte, welche sie ihr anvertraut hatte. Böse war sie ihr nicht, sie konnte Romana verstehen, denn das was sie ihr auch anvertraut hatte, war ebenso unglaublich gewesen. Stattdessen überlegte sie fieberhaft, wie es ihr gelingen konnte, mit Valerian einige Augenblicke völlig allein zu sein. Kurz fing sie eine kritischen Blick von ihrer Freundin auf, irgendwie ahnte sie, das es ihr nicht gefallen würde, wenn sie Valerian kurz entführen würde. Dabei hätte sie sich nur zu gern in seine Arme geworfen und für einen Augenblick einfach nur seine Nähe genossen.


    „Ich werde es den Köchen ausrichten, sie werden sich sicherlich über dein Kompliment freuen“, griff sie das Thema ihrer Freundin auf. Doch sie war nicht wirklich mit Herzen dabei, stattdessen warf sie Valerian immer wieder kurze glühende Blicke zu. Es war offensichtlich, dass sie gern ein paar Minuten mit ihm allein gewesen war, aber sie wollte ihre Freundin auch nicht verprellen.


    Zwar war Valerian nicht unbedingt der Blitzmerker, was Emotionen anging, jedoch war es unmöglich, nicht zu bemerken, daß Romana kaum das Allernötigste mit ihm sprach. Noch immer schien sie Vorbehalte ihm gegenüber zu haben. Oder war es einfach ihre Art, so einsilbig zu sein? Nein, Calvena gegenüber war sie ja durchaus mitteilsam. Innerlich zuckte er die Schultern. Mehr als freundlich sein konnte er auch nicht. Entweder sie merkte irgendwann, daß er gar so übel gar nicht war. Oder eben nicht.


    Lieber richtete er seine Aufmerksamkeit auf Calvena, die verlegen wirkte, obwohl sie seiner Meinung nach eher stolz sein sollte auf ihre bemerkenswerte Leistung. Natürlich bemerkte er ihre Blicke und zu gerne wäre auch er allein mit ihr gewesen. Doch diese Feier war der denkbar ungünstigste Ort, um daran auch nur zu denken. Daher zuckte er bedauernd mit den Schultern. "Solche wunderschönen Überraschungen erlebe ich gerne", versicherte er ihr und lächelte, um sie aufzumuntern. Sie würden schon ihre Gelegenheit erhalten, sich zum umarmen. An einem anderen Tag. "Es war eine unglaublich mitreißende Vorführung. Ich war so beeindruckt, daß ich erst gar keine Worte dafür fand."

    Valerian nickte lächelnd. "Dehnübungen und Laufen klingt sehr gut. Dann laßt uns doch einfach damit beginnen." Er selbst setzte sich in Bewegung, begann zunächst damit, seine Muskeln aufzuwärmen und lief anschließend in seinem gewohnten Tempo los, das ja nicht gar so langsam war. "Ihr müßt mein Tempo nicht gleich mitmachen. Lauft erst einmal so, wie ihr am besten lange durchhalten könnt. Mehr Tempo kommt mit der Zeit von allein." Dann schwieg er und lief. Runde um Runde, wobei er nach jeder Runde ein paar Übungen einbaute. Er mußte es mit all dem jetzt nicht übertreiben. Hatte er doch schon ein paar Trainingsstunden hinter sich.

    Von Natur aus neugierig und durch seinen Beruf darauf trainiert, gerade auf solche Kleinigkeiten zu achten, verfolgte Valerian unwillkürlich die kleine Unterschiebaktion seines Patrons. Nicht, daß ihn die Sache etwas anging, aber seine Neugierde wurde trotzdem geweckt, gerade weil Balbus versuchte, etwas vor Valerians Blicken zu verbergen, was er von hier ohnehin nicht hätte lesen können. Natürlich würde diese Neugierde nie befriedigt werden, denn seinen Praefecten auszuspionieren, der noch dazu sein Patron war, würde ihm im Leben nicht einfallen.


    "Nun, ich möchte Dich um die Erlaubnis bitten, nach Mantua zur Legio I zu reisen. Zwar ist es ein privater Grund, der mich zu dieser Bitte treibt, jedoch haben wir auch schon lange keine Rekrutierungen bei der Prima durchgeführt. Ich wollte fragen, ob ich das dann gleich miterledigen soll, falls ich die Erlaubnis erhalte."

    Natürlich leugnete sie. Was hätte sie auch anderes tun sollen? Aber dieser Gesichtsausdruck dabei strafte ihre Worte Lügen. Dieser geistesabwesende, fast schon verträumte Blick! Er hätte es niemals zugegeben, aber dieser Blick gab ihm doch einen kleinen Stich ins Herz. Obwohl er wußte, daß sie scherzte. "Nichts da. Deine Auswahl mußt Du schon selbst treffen. Ich weiß doch gar nicht, was für euch Frauen die wichtigsten Auswahlkritierien sind. Außerdem: Es hat seinen Grund, warum ich Centurio bin und die anderen nicht: Ich bin der Beste! In jeder Beziehung!" Er warf sich ein wenig in Pose, um seine Worte zu unterstreichen. Mußte dann aber auch lachen, als sie lachte.


    "Brav und artig, das klingt wirklich gut. Mal sehen wie lange Du das..." Er lachte, weil sie gerade bewies, daß sie sehr weit weg war von brav und artig. "Soso, niemals nicht in die Enge treiben würdest Du mich. Soviel zu brav und artig! Das hat ja nicht lange gehaltn." Er lachte und legte seinen Arm um sie. Wie herrlich warm sie sich anfühlte. Und so anschmiegsam. Es war schwer, sehr schwer, jetzt nicht weiter zu gehen. Doch er riß sich zusammen. Für ihrer beider Zukunft mußten sie sich beherrschen.


    "Ich mag von allem etwas essen. Alles probieren." Es sah schließlich alles sehr lecker aus. Und wenn solch ein Angebot schon mal vorhanden war, wäre es doch Sünde, dies nicht ausgiebig zu nutzen. "Für den nächsten Ausflug brauchen wir also einen geschützten Ort. Der trotzdem einsam ist. Das wird nicht leicht."


    Während Valerian immer noch sprachlos vor Bewunderung für seine Liebste dastand, fand Romana zumindest ansatzweise ihre Sprache wieder. Er schaute zu ihr herüber und blinzelte, als sei er aus einem tiefen Schlaf erwacht. Er brauchte noch einen Moment, um wieder etwas Brauchbares von sich geben zu können. "Wie recht Du hast." Sein Blick suchte bereits wieder nach der Frau, die ihn nicht nur dann in ihren Bann schlug, wenn sie sang.


    Und da hinten war sie und sprach mit ihrem Onkel und den Leuten, die um ihn herum waren. Schon wollte er sich in Bewegung setzen, um ihr zu diesem herrlichen Vortrag zu gratulieren, da kam sie direkt auf ihn und Romana zu. Es war sicher höflicher der Claudia gegenüber, wenn er hier auf Calvena wartete. Also blieb er doch stehen.


    "Calvena! Das war unglaublich! Deine Stimme ist einfach herrlich! Wie konntest Du mir das bis jetzt vorenthalten?" Seine Augen leuchteten vor Freude und Stolz auf sie. Wie gerne hätte er sie jetzt umarmt und geküßt! Aber das war wirklich unmöglich. Also beschränkte er sich darauf, sie anzustrahlen und hoffte, daß sie ihn auch so verstand.

    Valerian lachte. "Soso, daher weht also der Wind. Du hast bereits Blut geleckt! Na, das könnte Dir so passen." Dabei hatte er nicht einmal eine Ahnung davon, daß die Mädels ihre Köpfe zusammengesteckt und die Männer dabei ausgiebigst beäugt hatten. Er lästerte nur einfach so ein bißchen, weil es einfach Spaß machte, genau wie es ihr Spaß machte, ihn zu necken.


    Sie fing das Kissen geschickt auf und trieb den Scherz noch ein wenig leichter. Nun aber mußte Valerian erneut lachen. "Ach, so einfach ist das, dem Zauber zu entrinnen? Ich muß Dich nur um die Ecke bringen? Achje, das geht ja nicht, weil ich Dich dafür viel zu sehr liebe. Hm. Fatal. Das ist aber wirklich nicht nett von Dir, mich so in die Enge zu treiben." Wieder lachte er und ließ sich wieder neben ihr nieder. So war es doch viel gemütlicher. Dabei überlegte er kurz, ob er nicht sein Wissen über ihre Kltzligkeit ausnutzen sollte. Nein, besser erst nach dem Essen, sonst landete noch alles im Schmutz.


    "Eigentlich ist Diomedes auch kein ausgebildeter Koch. Aber er kocht so gut, als wäre er einer. Es darf aber ruhig ein wenig wärmer sein bei zukünftigen Entführungen", lachte er dann und zwinkerte ihr zu. Es war so herrlich mit ihr. Sie so ansehen zu dürfen, sie küssen zu dürfen...

    "Und ob! Das sind alles gutaussehende, stramme Burschen! Durchtrainiert und kräftig. Der Traum einer jeden Frau. Noch dazu stecken sie ziemlich oft in schmucken Uniformen!" Valerian tat empört, doch wieder konnte er das übermütige Blitzen aus seinen Augen nicht verbannen. "Duccius Eburnus. Er stammt aus Germanien und ist um ein paar Ecken herum sogar mit mir verwandt. Du wirst ihn bald kennenlernen, denn sicher wird er ab und an in unserem Haus zu Gast sein." Er lächelte, als er daran dachte, was Eburnus wohl für Augen machen würde, wenn er ihm Calvena vorstellte.


    Valerian duckte sich, wurde aber dennoch von der Kastanienschale getroffen. Er lachte und kommentierte den Klaps mit einem halbherzigen "Au!". Wirklich weh getan hatte es schließlich nicht. Aber es machte Spaß, so zu tun als ob. "So, Du meinst also, Du wirst mich überleben? Na, wollen mal sehen, ob Du den Strapazen eines Zusammenlebens mit mir wirklich so gut gewachsen bist." Er grinste nicht minder frech als sie und wollte sie mit dem Finger auf die Nase stupsen. Aber sie floh vor ihm und bewarf ihn auch noch mit einem Kissen. Das allerdings etwas zu weit flog. Valerian lachte. "Das üben wir aber nochmal!" Er stand auf und holte das Kissen zurück. Natürlich nur, um es auf sie zu werfen.


    "Naja, das Essen eines Soldaten ist so schlecht, wie er es sich zubereitet", erwiderte er lachend. "Ich als Centurio habe es noch gut. Zum einen verdiene ich gut, und kann mir leckere Dinge kaufen. Zum anderen kann ich mir den Burschen aussuchen, der für mich kocht. Aber so gut wie das hier oder so gut wie Diomedes kocht, kann er es leider nicht. Und ja, Du darfst mich noch ganz oft zu einem leckeren Picknick einladen, da habe ich ganz und gar nichts gegen." Sie stießen an und Valerian trank einen Schluck. Ihre Augen ließ er dabei keine Sekunde aus den Augen. "Was bin ich doch für ein Glückspilz", sagte er schließlich leise.

    "Du möchtest meine Männer kennenlernen? Ernsthaft? Sie sind aber durchaus ein rauer Haufen, auch wenn sie sich besser zu benehmen wissen als die meiten Leginssoldaten. Bist Du wirklich sicher, daß Du sie kennenlernen möchtest?" Sicher, Calvena war anders als die meisten Frauen. Sie würde sich der deftigen Sprüche schon zu wehren wissen. "In die Castra werde ich Dich nicht mitnehmen können. Aber vielleicht, wenn wir vom Palast abrücken nach Ende der Wachschicht? Sag mal, habe ich Dir eigentlich Duccius Eburnus schon vorgestellt? Er ist nicht nur mein Optio, sondern auch mein Freund." Vermutlich hatte er das nicht, denn Eburnus war ja ziemlich lange in Germanien gewesen.


    Valerian mußte herzlich lachen, als Calvena weiter auf das Spielchen einstieg. "Wehe mir, ich bin ihr verfallen. Ohja, ich merke es schon, nichts kann mich von ihr fernhalten, niemals kann ich ohne sie sein. Wehe mir! Wehe mir! Bis ans Ende meiner Tage!" Übertrieben theatralisch warf er die Arme in die Luft. Um dann innezuhalten und sie mit blitzenden Augen anzuschauen. "Bis ans Ende meiner Tage klingt aber echt verflixt lang." Unwillkürlich duckte er sich, denn er erwartete nun einen Schlag in den Nacken, für diese kleine Frechheit.


    Die Maronen waren ihrer Schale schnell entledigt und Valerian legte sie mit auf die Decke, auf der Calvena gerade das Essen anrichtete. "Das sieht einfach köstlich aus. Und ich muß zugeben, daß ich mittlerweile wirklich Hunger habe. So gut werde ich selten verköstigt." Er nahm den Becher mit dem Wein und wartete, bis sie selbst auch einen in der Hand hatte. "Laß uns anstoßen auf uns und diesen wunderbaren Tag."

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    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    "Öhm... Einen Moment, Centurio." sagte der Scriba, der gerade Mittag machte und in ein Stück Brot beissen wollte. Er legte das Brot nieder und ging zur Tür des Praefecten, die er ein Stück weit öffnete um seinen Kopf hineinzustecken. Es war ein kurzer Wortwechsel zu hören, bevor der Kopf des Scribas wieder auftauchte.
    "Du kannst reingehen." sagte er an den Centurio gewandt und setzte sich bereits wieder an sein Essen.



    "Danke", sagte Valerian und nickte dem Scriba zu. "Und guten Hunger", setzte er noch grinsend hinzu, bevor er das Officium seines Patrons betrat. Da sie beide im Dienst waren, grüßte er förmlich militärisch. "Salve, Praefectus. Danke, daß Du mich so schnell empfängst."