Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    So viele Ämter waren es noch gar nicht? Aber warum nicht? Valerian mußte zugeben, daß er immer neugieriger wurde. "Dann genügt es Dir, einfach Senator zu sein? Strebst Du nicht nach Höherem?" Irgendwie hatte er immer gedacht, daß alle Senatoren scharf darauf waren, eines Tages Consul und vor allen Dingen danach Proconsul zu werden. So konnte man sich irren. Und er nahm es ihm auch nicht übel, sich so ein seine Angelegenheiten einzumischen, ein weiterer Pluspunkt für den Germanicer.

    Valerian lächelte ein wenig traurig. So unrecht hatte Eburnus gar nicht. "Je nachdem, was mir Promotus zu berichten hat, werde ich das vielleicht sogar wirklich tun. Ihr Umgang scheint nicht der beste zu sein." Dabei hatte er von den Terentiern bisher immer eine Menge gehalten. Lupus war ein guter Kamerad gewesen, als sie noch zu einem Contubernium gehörten.


    "Der Terentier hat geheiratet? Welcher nun? Primus oder Lupus? Aber sie sind beide Soldaten, wie können sie geheiratet haben? Oder einer von ihnen? Gab es eine Sondererlaubnis?" Das war mehr als merkwürdig. "Eine Korsin? Die sollen es ziemlich in sich haben."

    Valerian lachte. "Ja, Balbus hat schon so etwas erzählt. Er war nicht amüsiert darüber, daß die germanische Seite der Gesellschaft die römischen Rituale nicht ernst genommen hat." Da mußte es wirklich heiß hergegangen sein. Valerian beneidete seinen Freund darum, daß er dabei gewesen war.


    "Valentina in einer Taverna?" Jetzt mußte Valerian schlucken. Was war da nur los? Das konnte doch nicht sein! Sie hatte doch sonst immer so auf Anstand und Sitte geachtet. "Ich habe vor ein paar Wochen einen Mann adoptiert. Er ist nach Germanien gereist, um zur Legio II zu gehen. Ich habe ihn gebeten, Valentina aufzusuchen und auf sie acht zu geben. Und um ihr anzutragen, nach Rom zurückzukehren. Das Haus hier ist frisch renoviert. Und als Centurio verdiene ich so gut, daß ich ihr wirklich ein gutes Leben bieten könnte. Und ihr auch eine ordentliche Mitgift mitgeben kann, wenn sie mal heiraten will. Hoffentlich hat er Erfolg und sie kommt nach Hause."

    Alle hatten ihren Platz eingenommen. Und nun wurde es doch endlich feierlich. Valerian ließ dies auf sich wirken und verfolgte die Entsühnung der Waffen genauestens. Die Flamines machten das wirklich gut. Jedem schenkten sie die gleiche Aufmerksamkeit, reinigten die Waffen, sprachen die rituellen Worte. Zwar gab es für die Praetorianer niemals Frieden, trotzdem gab diese feierliche Handlung ein merkwürdig friedliches Gefühl im Inneren. Vielleicht kam es einfach durch die feierliche Atmosphäre, doch war es nicht egal, woher es kam? Wenn es nur da war.


    Es dauerte seine Zeit bis die Zeremonie durchgeführt war. Dann setzte sich die Prozession in Bewegung. Zum Glück war jeder Einheit zuvor gesagt worden, welchen Platz sie einzunehmen hatte. Und schon ging es im Gleichschritt los, in Richtung Circus Maximus. Hin und wieder konnte er einen Blick auf die weiter vorne tanzenden Salier erhaschen. Ein Anblick, den er schon früher, wenn er als Zuschauer dabei gewesen war, sehr genossen hatte. Zumindest, wenn die Tänzer einigermaßen talentiert waren und alles im Einklang passierte.

    "Ja, natürlich gehört da mehr dazu. Aber als Senator, der schon so viele Ämter inne gehabt hat, müßtest Du doch bestens geeignet sein? Oder muß man Praetor gewesen sein?" Er glaubte, so etwas gehört zu haben, war sich aber nicht ganz sicher.


    "Bitte entschuldige, ich mische mich in Deine Angelegenheiten, das steht mir gar nicht zu. Mein Beruf bringt es mit sich, daß ich ständig Leute ausfrage." Etwas verlegen nahm er noch einen Schluck aus seinem Becher.

    Valerian nickte. "Ich bin nur zu Besuch hier. Als Soldat bin ich verpflichtet, in der Castra zu leben. Komm, setz Dich doch! Und erzähl mir, wie es Dir geht und was Du nun machst. Ist wirklich schade, daß es mit Deiner Wahl nicht geklappt hat." Er winkte Diomedes, einen kleinen Imbiß und etwas zu trinken zu holen.

    Es dauerte eine ganze Weile, da Valerian noch einige wichtige Unterlagen in Ordnung bringen mußte. Doch dann begab er sich in das Atrium, um den Gast zu herzlich begrüßen. "Salve, Iulius Centho! Du hast aber wirklich Glück, daß ich im Haus bin! Schön, Dich wiederzusehen."

    Valerian lachte die Kleine freundlich an. Ein aufgewecktes Kind. Und gar nicht so albern oder übermäßig aufgedreht wie die meisten Kinder. So hatte er auch nichts dagegen, daß sie sich wieder hinter seiner Toga verbarg. Er begrüßte alle, die noch dazugekommen waren und fühlte sich nach kürzester Zeit ein wenig abgehängt. Da war es wohl besser, den Mund zu halten und der Unterhaltung zu folgen, so gut es ging. Er grinste Centho an, dem es anscheinend nicht viel anders erging. Frauen halt. Reizend und liebenswert. Und manchmal... so schwierig.


    Er war froh, als Calvena dann wiederkam, auch wenn sich Claudia Romana in ihrer Gesellschaft befand. Er hatte im Grunde nichts gegen sie. Nur daß sie etwas gegen ihn zu haben schien, störte ein wenig. Lächelnd begrüßte er auch sie, als hätte es nie eine Mißstimmung zwischen ihnen beiden gegeben.


    Dann wandte er sich an Calvena. "Bitte sei nicht zu streng mit ihr. Sie hat sich sehr brav benommen und hat uns Freude bereitet." Das kleine Spiel, sich zu verstecken und dann gleich die Nase wieder herauszustrecken, ließ ihn schmunzeln.

    Valerian zuckte ahnungslos die Schultern, als Sermo fragte, was Melina nun so lange tat. Wer wußte schon, was hinter der Stirn einer Frau vor sich ging? "Nein, die Namen sagen mir nichts. Ein Duccier hier in Rom? Mein Optio ist ein Duccius ... Ah, warte, mein Patron sprach von einem jungen Duccius, der nach Rom kommen wollte. Der wird es sein! Claudius Lepidus... ein Patrizier. Der wird sicher seinen Weg machen. Das wird denen ja in die Wiege gelegt."


    Die Patronfrage war da schon interessanter. "Purgitius Macer! Ja, das ist auch ein guter Patron. Er hat sich lange sehr bedeckt gehalten. Aber ich glaube, er hat für die Wahl sehr gute Chancen, er ist überall beliebt. Und Du sollst Liktor werden? Das ist eine sehr gute Nachricht! Herzlichen Glückwunsch!"


    Bevor sie dies näher erörtern konnten, trat Melina wieder ein. Und nun bot sie einen sehr viel besseren Anblick! "Salve, Melina. Ich freue mich, Dich kennenzulernen. Noch mehr hätte ich mich gefreut, wenn Du die Höflichkeit besessen hättest, bei Deinem Eintritt zu grüßen." Er deutete mit einer einladenden Geste auf einen Sitzplatz. "Setz Dich doch."

    Das war eine erstaunliche Erklärung. "Warum solltest Du ihm nicht gerecht werden?" Er hielt eine ganze Menge vom Onkel seiner Liebsten und konnte sich kaum vorstellen, daß er an solch einer Stelle versagen würde. "Gerade weil Du Dich mit dem Land und den Menschen dort so stark verbunden fühlst, müßtest Du doch besonders geeignet sein?"

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Da sie nicht darüber sprachen, konnte Balbus Valerian natürlich auch nicht erklären, dass der Unterschied zwischen Rom und Germania schlicht und ergreifend darin lag, dass der Legat der Legion in Mogontiacum auch gleichzeitig der kaiserliche Statthalter war und dadurch in dessen Namen solche Entscheidungen selbst treffen konnte, während Balbus nur ein einfacher Kommandant war, der keine solchen Sonderrechte hatte.


    "So ist es und ich denke auch, dass deiner Genehmigung nichts im Weg stehen dürfte. Aber da ja alles seine bürokratische Ordnung haben muss, dauert es halt." sagte er und dachte dabei nicht zum ersten Mal über die Nachteile der Bürokratie nach.


    "Im Moment habe ich keine weiteren besonderen Anweisungen für dich." Das würde erst kommen, wenn er sich mit seinen Tribunen unterhalten hatte.



    Valerian nickte verstehend. So genau hatte er gar nicht darüber nachgedacht, wer wieviele Rechte hatte. Aber er war sicher, daß sein Patron ihn nicht vergessen würde, wenn die Anspannung der ersten Tage mal nachgelassen hatte.


    "Ich danke Dir und stehe Dir jederzeit zur Verfügung, mein Patron." Eigentlich war das selbstverständlich, aber Valerian hatte einfach das Bedürfnis, es ihm noch einmal zu versichern. Da das Gespräch offensichtlich vorerst beendet war, salutierte Valerian noch einmal und verließ dann das Officium seines Praefecten.

    Den Platz weiter hinten, bei dem Pflock. Valerian nahm den geforderten Platz sofort ein, um dann wieder zur Bewegungslosigkeit zu erstarren. Viele Jahre Wachdienst waren wahrhaftig eine gute Übung. Zum ersten mal nahm er an dieser Zeremonie als Soldat teil. Bisher war er immer nur Zuschauer gewesen. Es war ein wenig ernüchternd, wie die Vorbereitungen so abliefen. Von der feierlichen Stimmung war noch überhaupt nichts zu spüren.

    "Gefährlicher, ganz bestimmt. Aber auch bunter, spannender, großartiger." Valerian mußte unwillkürlich lachen. "Ich denke, jeder von uns hat seine guten Gründe, einen der Orte zu bevorzugen. Strebst Du danach, eines Tages als Statthalter nach Germanien zurückzukehren?" Das mochte eine neugierige Frage sein, aber Valerian empfand sie als naheliegend.

    Valerian nickte, als hätte er von dem Auftrag längst gewußt. "Es ist beruhigend zu hören, daß es zumindest keine Feindseligkeit gibt. Obwohl ich Gleichgültigkeit auch nicht für optimal halte." Er grinste nun breit, da er nicht länger den strengen Vorgesetzten herauszukehren vermochte. "Willkommen zuhause, Eburnus", sagte er nun endlich, stand auf, und umarmte den Freund kurz. "Und Glückwunsch zur Beförderung zum Optio!" Er klopfte ihm auf die Schulter und wies dann auf den schlichten Hocker, der für Besucher oder den Scriba bereitstand. "Kommen wir zu den Neuigkeiten. Das wird Dich umhauen! Daß ich jetzt Centurio bin, ist ja nicht zu übersehen. Du bist weiter in meiner Centurie, was mich außerordentlich freut. Als mein Stellvertreter. Aber rate mal, wer Praefectus Praetorio ist!" Während er sprach, füllte er zwei Becher mit Essigwasser und reichte einen an Eburnus weiter.

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Und in der Tat ging es um genau das, was Balbus sich bereits gedacht hatte. Da das Thema ein durchaus erfreuliches war, begann er sogar ein wenig zu lächeln. Mit einem leichten Nicken sagte er: "Ich hatte mich schon gefragt, wie lange du damit warten würdest." Sein Lächeln wurde zu einem kurzen Grinsen, bevor er wieder etwas ernster wurde.
    "Ich werde mich darum kümmern, dass du die entsprechende Sondergenehmigung erhälst. Allerdings wirst du hoffentlich verstehen, dass ich zuvor noch einige andere Dinge erledigen muss, die die Kommandoübergabe so mit sich bringt, daher wirst du noch ein paar Tage darauf warten müssen."
    Immerhin musste er soetwas ja ersteinmal mit dem Palast abklären, immerhin lagen solche Entscheidungen beim Kaiser und nicht bei einfachen Kommandeuren.


    Das Lächeln seines Patrons war für Valerian eine Erleichterung. Er hatte doch gewußt, daß er auf ihn bauen konnte! "Vielen Dank, Patronus. Und mir ist natürlich klar, daß Du gerade im Moment für solche Dinge wenig Zeit hast. Ich kann warten. Mir genügt die Gewißheit, daß Du meinem Anliegen positiv gegenüber stehst." Und nicht nur als Patron, das hatte er ja schon mal erfragt, sondern auch als Vorgesetzter. Daß der Praefect noch an höheren Stellen nachfragen mußte, war ihm nicht klar. Damals in Germanien war dem Patronier die Heiratserlaubnis auch vom Legaten erteilt worden. Daher machte sich Valerian über die weiteren Hürden noch keine Gedanken. "Hast Du noch weitere Aufgaben oder Anweisungen für mich?"