Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Unbeirrt fuhr der veterinarius in seinen Untersuchungen fort. Wieder blieb er vor einem eques stehen und wieder fixierte er diesen mit bösem Blick. Der beeilte sich mit seiner Meldung.


    "Eques Domitius mit Maculosus, numerus XI, keine Auffälligkeiten in den letzten Wochen, veterinarius."


    "Schreib`auf, numerus XI, o.B."


    "Eques Pontificius mit Leo, numerus VI, veterinarius."


    Densus stutzte.
    "Etwa keine Auffälligkeiten?"


    Pontificius schwieg.
    "Dann wollen wir mal sehen."


    Der veterinarius tastete das Pferd ab und besah sich die Hufe. Dann zog er das Maul des Tieres auf.
    "Was ist denn das? "
    Und gefährlich leise fragte er.
    "Ist dir an den Zähnen deines Pferdes nichts aufgefallen, eques Pontificius?"


    "Die sind auf unnatürlich Art abgenützt. Einer der calones hat es mir gesagt, aber ich dachte nicht, daß es schlimm sei, veterinarius."


    "Ach ja. Und was schließt du daraus? Und damit war für dich der Fall erledigt? Warum hast du das nicht längst weitergemeldet? Du beobachtest dein Pferd die nächsten drei Tage bei Tag und bei Nacht. Mit dem decurio werde ich reden.


    Schreib`auf, numerus VI, Verdacht auf Koppen oder Krippensetzen."


    Der decurio hatte wahrenddessen die Ausrüstungen der untersuchten Pferde inspiziert und befahl den fertigen equites, ihre Tiere in die Stallungen zu verbringen. Dann beauftragte er Alienus, sich bei ihm wieder zu melden und eine tabula und Schreibzeug mitzubringen. Kurz darauf stand Alienus wieder neben ihm.


    "Der veterinarius soll weiter untersuchen. Inzwischen machen wir eine Begehung der Stallungen und du notierst die Beanstandungen, die wir finden werden."


    Beide nahmen den Weg zu den Stallungen.

    Der veterinarius nickte wieder und rief seinen Gehilfen heran.
    "Steh`nicht nutzlos herum. Schreib`auf: numerus III, o.B.!"


    Dann trat er vor den nächsten eques. Bevor er diesen seine schlechte Laune teilhaben lassen konnte, kam dessen Meldung.


    "Eques Hadrianus mit Ferox, numerus IX, keine Auffälligkeiten in den letzten Wochen, veterinarius."


    Densus herrschte den eques an.
    "Rede gefälligst erst dann, wenn du gefragt wirst!"


    Nachdem er das Pferd untersucht hatte, diktierte er seinem Gehilfen.
    "Numerus IX, o.B." und ging zum nächsten eques.
    "Dein Pferd?"


    "Eques Praetorius mit Latro, numerus V, veterinarius."


    "Auffälligkeiten in den letzten Wochen?"


    "In der letzten Zeit hängt die Unterlippe von Latro einseitig herab. Er sabbert bei der Wasseraufnahme. Das Auge auf der der hängenden Unterlippe gegenüberliegenden Seite scheint mir merklich kleiner als das andere."


    Densus sah auf. Das ging ja heute gut los.
    "Hatte dein Pferd, es kann auch schon längere Zeit her sein, eine Verletzung?"


    "Ja, Latro hatte sich auf der linken Kopfseite am Koppelgatter gerissen. Die Wunde ist aber, nachdem wir sie versorgt hatten, gut verheilt."


    "Da haben wir es. Eine einwandfreie Gesichtslähmung. Da helfen nur Zeit und Geduld. Eine lokale Behandlung ist unwirksam und zudem eine Verschwendung von Zeit und Geld."


    Dem Gehilfen gab er an.
    "Numerus V, Gesichtslähmung."
    Dann ging er zum nächsten eques.

    Densus, der veterianarius, hatte wie üblich schlecht geschlafen. Die Abschiedsfeier am gestrigen Abend hatte es in sich, und als er mit weichen Knieen gerade noch sein Lager erreichte, graute bereits der Morgen. Nur zu gut, daß er sich auf seinen Gehilfen verlassen konnte. Der kannte seinen Herrn und wußte, wie er sich bei dessen Zustand zu verhalten hatte ohne irgendwelche Ausbrüche zu riskieren.


    Mit versteinertem Blick sah er den ersten eques an.
    "Dein Name, Name des Pferdes, Nummer des Pferdes?"


    Der sah den Blick des Fragenden, nahm Haltung an und meldete mit überlauter Stimme.
    "Eques Titus Flavius Alienus mit advocatus, numerus III, veterinarius."


    Der Tierarzt zuckte zusammen und brüllte zurück.
    "Schrei` mich nicht so an! Irgendwelche Auffälligkeiten in den letzten Wochen?"


    "Keine Auffälligkeiten in den letzten Wochen, veterinarius."


    "Gut, dann werde ich mir das Tier ansehen."
    Er nickte, tastete das Pferd ab, ließ sich dessen Füße geben und besah sich die Zähne.

    Der decurio richtete das Wort an seine Männer.


    "Salvete equites!
    Wir führen heute einen Appell durch, zu dem wird auch unser veterinarius anwesend ist, d. h., unsere Pferde werden gleichfalls auf Herz und Nieren geprüft. Im Anschluß daran findet der Appell euer Ausrüstungsgegenstände statt."


    Er sah zu dem veterinarius ...


    "Das ist Aulus Ennius Densus, unser veterinarius, der allen bekannt sein dürfte,"


    ... und erläuterte.


    "Die Tiere sollen genauestens untersucht werden. Unser Auftrag lautet, daß wir genau und sehr streng bei der Untersuchung vorgehen. In der turma sollen nur einwandfreie Tiere sein. Ich selbst werde mir die Ausrüstung euerer Pferde vornehmen. Agite."


    Der veterinarius rief seinen Gehilfen Timarchus und wandte sich dem ersten Pferd mit seinem eques zu.

    Die vigilia IV waren kaum angebrochen, da wurde es in der pabula lebendig. Nach und nach kamen sie heran, die equites der turma I. Was sie nicht wußten, ihr decurio war noch früher aufgestanden, da er einerseits seine Männer kannte und wußte, sie würden zwar nicht begeistert, aber dennoch pflichtbewußt eher ihre Lager verlassen, und andererseits wollte er den Ablauf des Appells von Anfang an in Augenschein nehmen, da sämtliche Unterführer der turma der Pest zum Opfer gefallen waren und er folglich derartige Aufgaben nicht delegieren konnte.


    Die equites führten ihre Pferde, so wie es angeordnet war, jeder einzeln vor die pabula und richteten die Ausrüstung rechts geordnet neben ihren Tieren auf. Dann stellten sie sich links daneben und hielten sie mit ihrer rechten Hand am Zügel.


    Der Appell konnte beginnen.

    Equitanus konnte es nicht erwarten, das officium decurionis zu verlassen. Ihn plagte die Neugier. Er schloß die Türe hinter sich und las hastig die tabula. Ihm hatte etwas geschwant und das sollte sich sich kurzfristig bewahrheiten.


    Fast widerwillig hängte er die tabula an der für derartige Aktionen vorgesehenen Wand in der pabula aus.



    Für den
    ANTE DIEM VIII KAL NOV DCCCLXI A.V.C. (25.10.2011/108 n.Chr.)
    wird in Anwesenheit des veterinarius ein Pferdeappell angesetzt.


    Der Appell umfaßt den Zustand und die Ausrüstung der Pferde.


    Jeder eques führt sein Pferd samt Ausrüstung vor.
    Auffälligkeiten sind zu melden.


    Teilnehmer: turma I
    Zeit: hora secunda
    Ort: vor der pabula
    Aufsicht: decurio Decimus


    iussu Titus Decimus Cursor


    Nun blieb ihm nur noch das Eine: er mußte seine Kameraden umgehend von dem bevorstehenden Appell in Kenntnis setzen.

    Ein kurzes Klopfen an der Tür.
    Der decurio, der einige Augenblicke seiner Freizeit zum Studium der acta diurna nutzte, sah stirnerunzelnd auf. Nicht einmal hierzu wollte man ihm die Zeit gönnen.
    "Intra!"
    Ein eques trat ein und machte Meldung.
    "Eques Equitanus. Du wolltest mir den Aushang für die pabula geben, decurio."
    "Stimmt. Nimm`die tabula. Du weißt, wo sie in der pabula anzubringen ist, abi!"
    Equitanus nahm die tabula, grüßte und machte sich auf den Weg zu den Ställen.

    [Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.…ioXXII/LegionariusNSC.pngSextus Fufidius Hadrianus



    Der optio nahm die unterschriebene tabula zurück. Er war sichtlich zufrieden. Dem Neuen, dem er etliche Altteile, die er längst loswerden wollte, untergeschoben hatte, schien alles zu passen, an den Ausrüstungsgegenständen hatte er nichts auszusetzen und Fragen besonderer Art, die des öfteren bei Neulingen an der Tagesordnung waren, stellte jener nicht.


    Seine schlechte Laune war mit einem Mal verfolgen.



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    "Mhm,"grummelte der optio.


    Tag für Tag immer Gleiche: Ausrüstung hin und Ausrüstung her. Aber eine Beförderung oder Versetzung die kam nie. Und gerade als er dabei war sich etwas auszuruhen, da kam schon der nächste Rekrut und forderte seine Ausrüstung.


    Wie so oft am Tag leierte er den gleichen Satz herunter, so wie ein grammaticus es mit seinen Schülern tut.
    "Lorica, paenula, tunicae, cingulae, caligae, loramentum etc...."


    Dann warf er das Zeug dem Rekruten vor. Die beiden pila legte er behutsam hin, der Neue sollte sich schließlich nicht gleich zu Beginn verletzen.


    "Gut, dann probieren wir es mal mit den Standardsachen. Hat eh fast alles die gleiche Größe, kann höchstens sein, daß das eine und andere mal ein bisschen weiter oder enger oder größer oder kleiner ausfällt, je nachdem wer eben vorher drin steckte..."


    Der optio hielt dem Rekruten die Empfangsbescheinigung vor die Nase.




    Hiermit bestätige ich den Erhalt der folgenden Ausrüstung


    - I lorica segmentata (Schienenpanzer)
    - I paenula (Mantel)
    - II tunicae
    - II cingulae militares (Gürtel)
    - II Paar caligae (Stiefel)
    - I loramentum (Lederriemen)
    - I lucerna (Öllampe)
    - I furca (Tragestange)
    - I reticulum (Tragenetz)
    - I pera (Tasche)
    - I mantica (Sack)
    - I situla (Bronzetopf)
    - I patera (Kasserolle)
    - I ligula (Löffel)
    - I cultellus (Messer)
    - I ampulla (Feldflasche)
    - I cingulum (Gurt)
    - I cassis (Helm)
    - II ocreae (Beinschienen)
    - I gladius
    - I pugio
    - II pilae
    - I scutum
    - I tegimentum (Schildhülle)


    Unterschrift des Soldaten:



    "Du brauchst nur noch unterschreiben, dann kannst du gehen."



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    Aulus Asconius Rusticus



    "Nun, wenn das so ist",


    meinte der medicus,
    "dann ist alles in Ordnung".


    Er sah den Mann noch einmal forschend an.
    "Wo du dich anschließend zu melden hast, hat dir sicher der Rekrutierungsoffizier gesagt. Und denke daran, was auf der tabula stand, die du gelesen hast. Vale."


    Damit drehte er sich um und nahm eine weitere Untersuchung vor.




    medicus ordinarius - LEGIO I TRAIANA PIA FIDELIS

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    Aulus Asconius Rusticus



    "Warum solltest du nicht zu den equites in der legio?"
    Der medicus sah verwundert auf.


    "Du bist doch römischer Bürger oder etwa nicht?"
    fragte er lauernd,


    "wenn nicht, dann rate ich dir ..."
    Er vollendete den Satz nicht,


    "aber wenn du es schon bis zu mir geschafft hast, was hast du dem Rekrutierungsoffizier erzählt oder sollte ich sagen vorgemacht?"


    Eine dunkle Ahnung stieg in ihm auf.






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    Aulus Asconius Rusticus



    "Na also, sher gut, geht doch,"


    lobte der medicus. Das Gesamtergebnis vermerkte er auf der tabula, die der Mann mitgebracht hatte und die er ihm nun wieder hinhielt.


    nomen: Servius Obsidius Antias
    aetas : 19


    habitus: gut
    morbi cogniti: keine bekannt
    exceptiuncula: keine ersichtlich


    Gesamturteil: diensttauglich für alle Waffengattungen



    gez. Aulus Asconius Rusticus, centurio, medicus ordinarius



    "Du bist von guter körperlicher Statur und Makel konnte ich nicht feststellen. Hast du dir schon überlegt, wo du hinwillst? Zur Infanterie oder, so wie du gebaut bist, zu den equites? Hast du sonst noch Fragen? Wenn nicht, du weißt, wo du dich anschließend zu melden hast?"






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    Aulus Asconius Rusticus



    "Und wenn du sie mir die tabula geben könntest ..."


    reagierte der medicus auf die nicht gerade höfliche Art des Mannes.


    "Dann gehst du vor die Tür, atmest ein paarmal tief durch und liest nochmals wie gehabt die tabula an der Wand laut vor."


    Er wollte die Untersuchung endlich zu Ende bringen.





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    Aulus Asconius Rusticus


    Der medicus hatte die Bemühungen des Mannes beobachtet. Der hatte sich bisher als gesund und somit für die Armee als brauchbar erwiesen. Warum sollte er an der Überprüfung seiner Augen scheitern? Zudem benötigte die legio nach den Verlusten durch die Pest dringend Ersatz für die vielen Toten.


    Er ging auf ihn zu, so als wollte er ihn ablenken.


    "Wo hast du die tabula, die dir der Rekrutierungsoffizier mitgegeben hat?"




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    Aulus Asconius Rusticus



    Der medicus nahm den Unwillen des Mannes gelassen zur Kenntnis. Stirnerunzelnd sah er ihn an. Da war etwas, das in irritierte. Aber das herauszufinden war nicht seine Aufgabe. Darum sollten sich seine Ausbilder kümmern, falls es überhaupt zu diesen kommen sollte. Auffallend leise wandte er sich an den Mann.


    "Deine Zähne lassen zwar zu wünschen übrig, sind aber im Großen und Ganzen in Ordnung. Schließlich sollst du nicht mit ihnen kämpfen. Deine zehn Finger hast du auch noch alle, bleibt nur noch, deine Augen zu überprüfen. Siehst du die Tafel an der Wand? Dann halte dein linkes Auge zu und lies mit dem rechten Auge laut vor. Anschließend das gleiche, rechtes Auge zuhalten und mit dem linken lesen."





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    AGIS


    PRVDENTER


    AGAS


    ET RESPICE


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    Aulus Asconius Rusticus



    Der medicus nickte.


    "Das nehme ich zu deinen Gunsten an."


    Er ging um den jungen Mann herum und flüsterte hinter ihm, wobei er sich noch einmal die Narben auf dessen Rücken besah.


    "Wo bist du geboren und wie alt bist du?"


    Scheinbar unbeteiligt stellte er sich vor ihn hin und verschränkte die Arme.




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    Aulus Asconius Rusticus



    "Mhm, na ja",


    dieses Mal fragte der medicus zunächst nicht, er sah nur nachdenklich den zu Untersuchenden an,


    "das linke Bein trägt schwach, es sieht ganz so aus, als ob es schwächer als das rechte wäre. Gibt es da etwas, was du mir noch sagen wolltest oder vergessen hast, es zu sagen oder vielleicht verschweigen willst?"


    Prüfend sah der medicus den Mann an.




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    Aulus Asconius Rusticus



    "Nicht schlecht,"


    brummte der medicus anerkennend. Daß der Mann Anzeichen von Unruhe von sich gab, als er hinter ihm stand, war ihm nicht entgangen.


    "Und wie steht es mit dem Gleichgewicht?"


    Er deutete mit der Hand auf eine freie Stelle mitten im Raum.


    "Stell' dich da hin, Arme ausbreiten, Augen zu, auf dem linken Bein stehen und laut und langsam bis 21 zählen, dann dasselbe mit dem rechten Bein, agedum!"





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