Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Sich des Erfolgs seiner in Erwägung gezogenen Zweiteilung nicht mehr ganz sicher wandte sich Cursor an Verus:


    "Den Ablauf hatte ich mir folgendermaßen vorgestellt: Beide Hände werden an einem dicken Ast, von denen genügend hier herumliegen, zusammengebungen, dieser wiederum wird mit Stricken links und rechts vom Sattel festgemacht. Mit den Füßen geht es genauso. Auf Kommando ziehen beide Pferde gleichzeitig an, schön langsam, Stück für Stück.


    Aber zuvor eine Frage, nicht von eques zu eques, sondern von Freund zu Freund: Der Sandsturm hat jegliche Chance vereiltelt, daß uns die Spuren der Flüchtigen weitergeholfen hätten. Siehst Du eine Möglichkeit, unseren decurio, wo auch immer, zu finden?"

    Ein eques kam vom Lagereingang und meldete, daß die Banditen, die sich dort noch zur Wehr gesetzt hatten, überwältigt worden waren. Lebend war keiner übrig geblieben.


    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    "Wie steht es mit den Feinden am Tor? Konnten sie schon getötet werden? "


    "Du hast es gehört, am Leben ist keiner mehr.


    Einer meiner Pläne hat sich soeben erledigt: Ich wollte die Verfolgung aufnehmen und den Spuren folgen. Der Sturm macht das zunichte.


    Aber wir müssen uns trotzdem beeilen. Wir werden unsere Gefangenen der Reihe nach, zuerst die Kameltreiber, von den Pferden auseinanderziehen lassen. Schön langsam, Zug um Zug, bis einer redet.


    Wärst Du mit Avarus dabei?"

    Ohne auf Befehle zu warten, waren einige equites zum Lagereingang gestürmt und hinderten vier Banditen, zwei Kameltreiber und zwei Stumme, gerade noch daran, ihr Heil in der Flucht zu suchen.


    Sie fesselten sie, legten sie mit dem Gesicht zum Boden und verbanden die Hand- und Fußfesseln mit einem Strick und zogen diesen straff an.


    Zwischenzeitlich kamen Alienus und Constantius und meldeten den Vollzug der aufgestellten Wachen sowie die Festnahme der vier Banditen.


    Cursor drehte sich zu Verus.


    "Du hast bestimmt bemerkt, daß ich mich mit allen möglichen Ausflüchten vom Foltern drücken wollte, da ich dies verabscheue. Aber jetzt hilft es nichts mehr. Wir müssen herausfinden, wo der decurio hingebracht wurde, und das möglichst schnell.


    Die Vier sind nichts wert, warum sollten wir sie unter dem Foltern nicht so lange fragen bis sie antworten. Ich habe da so eine Idee mit den Pferden. Was meinst Du?"

    Es dauerte nicht lange und die vier speciales fand sich bei Cursor ein. Aber nicht nur sie, sondern auch Verus.


    Trotz der prikären Lage versäumte es Cursor nicht, seinem Freund zu dessen Beförderung zu gratulieren.


    "Verus, zwar etwas verspätet, aber dennoch von ganzem Herzen: ich gratuliere Dir zu Deiner Beförderung. Falls wir hier lebend herauskommen - und davon gehe ich aus - dann feiern wir!"


    Anschließend wandte er sich an seine speciales:


    "Alienus und Constantius, ihr stellt rund um das Lager Wachen auf und zwar so, daß sie sich sehen und verständigen können. Bei der geringsten Wahrnehmung von etwas Verdächtigem sofort Alarmierung mittels der Trillerpfeife.


    Equitanus und Caecus, ihr bindet die zwei Gefangenen los und bringt sie hierher, abite!"


    Dann sah er zu Verus.


    "Wir müssen unseren decurio finden und befreien. Und damit wir ihn finden können, dazu müssen uns die Gefangenen helfen. Wir müssen sie soweit bringen, daß sie mit uns zusammenarbeiten. Wir müssen sie davon überzeugen, daß sie ihrem Anführer nichts wert waren, denn sonst wären sie ebenfalls, wie dieser Adherbal, befreit worden. Sie können nicht reden, aber ihre Zeichen werden wir bestimmt verstehen oder zumindest zu deuten wissen.


    Wir beide haben zusammen andere Lagen gemeistert, und diese werden wir ebenfalls gemeinsam bestehen.


    Und noch etwas, Verus, laß` Dir etwas einfallen und mache unser vexillum unsichtbar, Du weißt schon, was ich meine."


    Cursor war bereit alles daranzusetzen, um aus den Gefangenen den Aufenthalt des decurio herauszubringen. Er war sich sicher, daß er in das Lager von Adherbal gebracht wurde. Zudem war Eile geboten, denn lange würde er in diesem Lager nicht verbleiben!

    Das fahle Mondlicht begünstigte die Aktionen der Angreifer. Ohne Mühen konnten sie die Ausführung ihrer Pläne angehen.


    Schlaftrunken und halb in den Träumen bereits im castellum kamen die equites aus ihren Zelten. Sie begriffen nicht, was um sie herum geschah, zumal sie sich noch nicht in einer derartigen Situation befanden. Aber daß der lituus zum Alarm blies, das wußten sie.


    Was ist los?


    Wo ist der Feind?


    Cursor versuchte seine innere Aufregung zu überwinden und sie in äußerliche Ruhe umzuwandeln.


    Laut und vernehmlich ertönte seine Stimme durch die Nacht:


    "Meine vier speciales zu mir!"

    Cursor fand keinen Schlaf. Unruhig wälzte er sich auf seinem Lager hin und her. Wieder einmal hatte er dieses auffällige Grummeln in der Magengegend und das bedeutete Gefahr.


    Behutsam verließ er sein Zelt und, durch seinen Magen vorgewarnt, schlich er zwischen den Zelten der equites hindurch in Richtung des Lagereingangs.


    Er vernahm ein Röcheln, das durch die Stille der Nacht gut zu hören war, ein Rascheln und flüsternde Stimmen.


    Schnell schlich er zurück, fand das Zelt des cornicen und ehe sich der versah, nahm Cursor den lituus und blies das Signal für Alarm

    Cursor grüßte und machte sich im Laufschritt auf, um seine speciales für das morgige Verlassen des Feldlagers einzuweisen.


    Er wußte, daß sie auf ihn warteten. So hielt er einen Arm hoch und wirbelte mit der gespreizten Hand. Es dauerte nicht lange und seine vier equites standen um ihn herum.


    "Wir verlassen morgen unser Feldlager. Allgemeine Marschrichtung ist das castellum. Aufbruch ist bei den ersten Sonnenstrahlen, d.h., daß das Lager zu diesem Zeitpunkt bereits abgebaut ist.


    Sagt den Leuten Bescheid, daß sie alles bis dahin vorbereitet haben, sodaß unser Abmarsch ohne Verzögerung vonstatten geht. Wir dürfen keine Zeit verlieren! Noch Fragen?"


    Es kamen keine Fragen und Cursor ging zu seinem Zelt, um für sich die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Danach war in überall im Feldlager beim Beaufsichtigen der Vorbereitungen anzutreffen.

    Cursor war mit allen anderen angetreten.


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Da mir somit ein Duplicarius fehlt, ernenne ich unseren Tesserarius Decimus Cursor zum neuen Duplicarius. "


    Er sah den decurio kurze Zeit an.

    Dann ging er in Grundstellung und erwiderte:


    "Ich danke Dir für die Beförderung, die mich mit Stolz erfüllt. Es bleibt mir nur zu sagen, daß ich diesen mir übertragenen Dienstposten sowohl zu Deiner als auch zur Zufriedenheit des praefectus ausfüllen werde.


    Für den morgigen Abmarsch gibt es noch viel zu tun. Ich bitte mich abmelden zu dürfen, decurio."

    Ohne Umschweife begann Cursor:


    "Unsere Gefangenen nützten unsere Gutmütigkeit aus und stellen somit ein Problem dar. Die zwei Stummen, denen man die Zungen herausgeschnitten hat, ob als Strafe oder nur damit sie für immer schweigen, sind arme Kreaturen. Sie hängen noch halbtot am Holzpfahl und so, wie es ausssieht, sind sie nicht einmal mehr in der Lage, einen Fußmarsch anzutreten. Wir sollten sie morgen losbinden und ihrem Schicksal überlassen. Die Geier in dieser Gegend sind sehr zuverlässig.


    Den Anführer, diesen Adherbal, sollten wir mitnehmen. Er hat uns die ganze Zeit über nur hingehalten und sich nicht gescheut, seine Leute foltern zu lassen. Obwohl sie nicht reden konnten, stellte er sich nicht vor seine Stammesbrüder.


    Wenn Du es erlaubst, binde ich ihn morgen an Incitatus und ziehe ihn ins Lager. Übersteht er es, dann hat er für kurze Zeit Glück gehabt, wenn nicht, dann haben wir es und ein Problem weniger.


    Unsere Beute, die wir ausgegraben haben, lasse ich meine speciales, die sie ins Feldlager transportierten, ins Lager bringen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, daß die domina, die überfallen wurde, ihr Eigentum unter den Preziosen entdeckt.


    Noch eines, für welche Stunde hast Du den morgigen Abmarsch anberaumt, decurio?"


    Cursor wartete auf die Entscheidung des decurio.

    Daß er den Posten des duplicarius übernehmen sollte verarbeitete Cursor nur halbwegs. Es kam zu schnell und unverhofft. Darüber wollte er in aller Ruhe nachdenken und vor allem mit Verus reden.


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Cursor, ich möchte, dass alles vorbereitet wird, damit wir morgen in aller Früh aufbrechen können. Ihr könnt nun beide Wegtreten. "


    Cursor ging nun alles Mögliche durch den Kopf. Beim Wegtreten sah sich Cursor noch einmal um.


    "Darf ich Dir, was die Gefangenen angeht, einen Vorschlag unterbreiten, decurio?"

    Cursor war mit Verus auf dem Weg zum Zelt des decurio.


    "Verus, ich sehe lieber einmal nach, ob die Gefangenen noch ordnungsgemäß an den Pfahl gebunden sind, warte einen Augenblick!"


    Cursor hatte Verus, der langsam weitergegangen war, schnell eingeholt.


    "Alles in Ordnung, die sind fest verpackt, starren sich an - Du solltest Dir mal die roten Augen betrachten - und, so wie sich geben, haben sie fürchterlichen Durst."


    Sie erreichten das Zelt des decurio. Die Wachen wußten Bescheid und ließen sie passieren. Dann meldeten sie sich beim decurio.

    Cursor hatte auch den Zweiten an den Pfahl binden lassen. Nun sahen sich die beiden Fremden in die Augen; vielleicht konnten sie in Ermangelung ihrer Zungen mit denen reden.


    Nach sorgfältiger Überprüfung der Angebundenen gab er zwei equites den Auftrag, sie zu bewachen und zwar so, daß selbst die kleinste Bewegung einen Satz mit den Schlingen zur Folge hatte.


    Er sah wie Verus niedergeschlagen in seinem Zelt verschwand. Ohne lange zu überlegen, folgte er ihm und fragte ihn ohne Umschweife:


    "Verus, alter Freund, willst Du reden?"

    Mit einem Mal erwachte Cursor aus seiner Lethargie.


    Hatte er bis jetzt teilnahmslos zugesehen, wie Verus versuchte, den einen mit anderen Mitteln zum Sprechen zu bringen und darüber resümiert, ob nicht doch vielleicht die Schlingen besser gewesen wären, als sich der ohne Zunge vom Pfahl lossriß, dem neben ihm stehenden eques die spatha entriß und diese einem anderen eques in den Leib stieß.


    Der ohne Zunge war bereits im Begriff sich auf Verus, der den anderen Gefangenen behandelte, zu stürzen.


    Ein eques schrie und Cursor rief:


    "Verus, hinter Dir!"


    Dieses Mal war Cursor schneller. Er setzte dem ohne Zunge die Klinge seiner spatha an die Kehle. Der wich zurück, ein geistergegenwärtiger eques stellte ein Bein und der ohne Zunge fiel wie ein Stein um. Bevor er begriff, was hier vor sich ging, war er von den equites überwältigt.

    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    Schnell wandte sich Verus zu Cursor und sagte ihm. " Siehst du, dass wir da einen Stummen vor uns haben?"


    "und ob ich das sehe ",


    entgegnete Cursor,


    "somit scheidet der für eine Befragung aus. Jetzt müssen wir uns nur noch dem anderen widmen. Vielleicht hat der auch keine Zunge mehr oder aber er versteht uns überhaupt nicht, weil er unserer Sprache nicht kundig ist. Und ob dann unsere Schlingen helfen bezweifle ich."

    Unbeteiligt sah Cursor den fliegenden Hölzern nach. Im Grund genommen war es ihm egal, ob es sich bei den beiden um Männer oder Frauen handelte.


    Das Einzige, was er mit seinem Trick erreichen wollte: Er wollte Zeit gewinnen und hoffte darauf, daß zumindest einer der beiden endlich reden würde. Schließlich war er eques und gehörte somit der Elite der Legion an. Aber er war kein Folterknecht, der gerademal folterte, weil er nicht fähig war, Einheimische zum Reden zu bringen.

    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    " Cursor? Was hast du nun für eine Vermutung? Denkst du, dass die beiden Frauen sind?"


    Er wandte sich an Verus, der ihn schmunzelnd ansah. Zum Glück war der sein Freund, der sich jeglichen weiteren Kommentars enthielt.


    "Bereiten wir dem ein Ende. Binden wir die zwei an den Baumstamm, Auge in Auge, und dann sollen die Schlingen sprechen."

    Nachdem sich die beiden Delinquenten gesetzt hatten, bückte sich Cursor und hob zwei kleinere Holzstücke auf.


    "Hier, nimm` Du das eine. Auf JETZT werfen wir beide gleichzeitig. Ich nehme den Linken, den Kleineren, und Du den rechten. Und achte mit vermehrt auf den Linken. Fertig? Jetzt!"


    Zeitgleich landeten die Holzstücke in ihren Zielen ...

    Cursor stieß Verus an.


    "Du kennst doch bestimmt diesen einfach Trick, wie man herausfinden kann, ob es sich um einen Mann oder um eine Frau handelt:


    Voraussetzung ist, daß man den Delinquenten resp. die Delinquentin veranlaßt, sich zu setzen. Ohne Vorwarnung wirft man ihm resp. ihr etwas, einen Apfel, einen Stein oder was man gerade zur Hand hat, in den Schoß.


    Und nun verrät sich ein jeder selbst: Der Mann spreizt die Beine und die Frau preßt sie zusammen. Natürlich müssen wir bei den Umhängen, die die beiden tragen, ein besonderes Augenmerk auf deren Beine haben.


    Wie gesagt, verlieren können wir dabei nichts. Was hältst Du davon? Du bist mein Vorgesetzter!"

    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    "Was meinst du? Ich denke die brauchen psychischen und physischen Druck. Mit solchen Einladungen und unwahrscheinlichen Versprechen können die nichts anfangen. "


    Cursor ließ sich nicht beirren. Hartnäckig meinte er:


    "Stimmt. Psychischer und physischer Druck sind allemal gut. Und darum bin ich der Meinung, daß wir schnellstens herausfinden sollten, ob nicht einer der beiden eine Frau ist. Und einer ist bestimmt eine Frau! Und um das herauszufinden, bietet sich die Verlockung des decurio mit dem Essen geradezu an. Wir sollten es zumindest versuchen. Was können wir schon verlieren? Die beiden bekommen nicht mit, was wir vorhaben, und dann können wir immer noch zu allen weiteren Prozeduren übergehen."


    Fragend sah Cursor zu Verus.

    Cursor hatte dem Aufstellen des eingerammten Baumstamms nur mit halbem Auge zugesehen.


    Sein Augenmerk galt den beiden Begleitern des Bärtigen. Und wieder einmal schien ihn sein Instinkt zu warnen.


    Er wandte sich an den neben ihn stehendenVerus, der aufmerksam dem Aufstellen des Baumstamms gefolgt war.


    "Warte noch mit dem Ausziehen, Verus. Ich weiß nicht ob ich richtig liege. Aber ich habe die Vermutung und ich bin mir fast sicher, daß es keine Täuschung ist, einer der beiden ist eine Frau. Ich habe die Augen gesehen, die Bewegungen, der Gang, einfach alles. Wenn das nun die Tochter des Bärtigen ist? Wir müssen es herausfinden und das bevor wir die beiden ausziehen."