Beiträge von Titus Decimus Cursor

    "Und wenn wir das dann haben",


    vervollständigte Cursor die Arbeitsfolge von Verus,


    "dann überlegen wir uns, wie wir den ganzen Krempel ins "Lager" bekommen.


    Auf jeden Fall, mir wird es hier draußen langsam unheimlich. Hast Du nicht auch einen Gurt dabei, um das Reisig und Kleinholz schön gebündelt über die Schulter zu werfen?"

    Cursor sah Verus skeptisch an.


    "Ich glaube, so groß scheint meine Überredungskunst nicht zu sein. Und so wie sich das anhört, habe ich Dich auch nicht überzeugt.


    Wenn Du zur Reiterei gehst, dann nicht nach der "Hoppe-hoppe-Reiter-Art", sondern Du mußt mit dem Herzen dabei sein. Nur als Beispiel: eine alte Reiterweisheit, die zwar mehr das Springen betrifft, aber das Problem mitten ins Ziel trifft, besagt: Wenn Du mit Deinem Pferd ein Hindernis überwinden willst, wirf zuerst Dein Herz hinüber. Du verstehst bestimmt, was ich damit sagen will.


    Und was das Allerwichtigste ist: ich möchte auf gar keinen Fall, daß Du wegen mir zur Reiterei gehst. Vielleicht irgendwann, wenn Du von den Pferden die "Nase" voll haben solltest, will nicht ich der sein, der Dir von der Reiterei das Blaue vom Himmel herunter vorgeschwärmt hat.


    Mein Vorschlag ist: Sieh` Dich erst einmal bei den Pferden um, auch bei den Vorgesetzten, und dann entscheide Dich!"

    "Ja, ja,"


    brummte Cursor,


    "die Äxte haben wir, unsere wunden Hände haben wir auch. Siehst Du den ersten Baum. Wie schön! Und verdorrt ist er auch. Und zu groß um ihn umzulegen ist er auch nicht!"


    Cursor schwang seine Axt und jagte sie mit nicht mehr allzu großem Elan in das dürre Holz, das einmal ein Baum war.

    Cursor stellte erfreut fest, daß sich Verus nicht mehr gegenüber der Reiterei so abgeneigt zeigte wie zu Beginn ihres Gesprächs.


    "Du mußt aber auch zugeben, daß Sturmangriffe mehr oder weniger einen Seltenheitswert besitzen. Die Hauptaufgabe der Kavallerie ist und bleibt die Aufklärung. Und wenn schon Sturmangriff, dann aber doch nur dann, wenn unsere Infanterie ihre bewährt gute Vorarbeit geleistet hat. Und außerdem, Bogenschützen haben wir auch, und Schleuderer und .. und ...


    Aber was mit das Wichtigste ist: die Reiterei ist die Elite sowohl in den legiones als auch in den alae!"


    Cursor schwamm zum Beckenrand und beobachtete Verus, dem man ansah, daß er mit seinen Überlegungen noch nicht zu Ende war.

    Cursor sah zu Verus und Veratius, die neben ihm stehen geblieben waren.


    "Bückt Euch nach vorne, tief durchschnaufen, die Arme durchbaumeln lassen und noch etwas langsam weitergehen. Setzt Euch auf keinen Fall sofort hin! Nach der Pause müssen wir wieder einigermaßen fit sein!"


    Tief durchatmend ging das Trio nebeneinander her.

    Cursor startete noch einen Versuch Verus, dem man den Genuß des warmen Wassers vom Gesicht ablesen konnte, von der Reiterei zu überzeugen.


    "Es ist ja auch so, daß Du im Fall des Falles auf jeden Fall schneller bist als so ein Stoppelhopser. Stell` Dir nur mal einen Rückzug, der mit ins Kalkül gezogen werden sollte, vor: der vom Kampf ermüdete Infanterist latscht sich die Füße wund, Dein Pferd jedoch trägt Dich schnellstens zurück. Die Ansicht von dieser Seite macht doch die Reiterei zumindest interessant, oder nicht?"


    Cursor war gespannt, wie Verus reagieren würde.

    Verus und Cursor buddelten, als ob es einen Rekord aufzustellen galt.


    Cursor setzte seinen Spaten ab.


    "Du, Verus, wir graben und graben, unsere Finger sind wund von der blöden Schaufel und hinterher haben wir falsch gegraben. Wo ist nur der centurio, der uns sagen könnte, ob unsere Arbeit richtig ist.


    Wir dürfen keine Zeit verlieren! Unser Feind ist die schnell hereinbrechende Dunkelheit!


    Der Graben ist gleich fertig und dann schütten wir den Wall auf.


    Aber irgendwie fühle ich, daß uns der centurio beobachtet. Wo steckt er bloß?"

    Cursor baute sich vor Verus auf und dozierte mit ernster Miene:


    "Mein lieber Verus! Deine Äußerungen sind ja direkt wehrkraftzersetzend!"


    Aber dann mußte er über sich selbst lachen.


    "Du mußt das so sehen: Wenn unsere Vorgesetzten am Prinzip von Lagern, ob nun im Krieg oder im Frieden, festhalten, ohne sich auf Ausnahmeregelungen einzulassen, mag das oft stur erscheinen. Aber geh` doch mal in unserer Militärgeschichte zurück und Du wirst feststellen, daß der Lagerbau eines der großen Erfolgsgeheimnisse unserer Armee ist.


    Doch genug. Wir sind noch nicht einmal mit dem Graben fertig, und Du hast den centurio gehört, daßes in dieser Gegend schnell Nacht wird."


    Schwitzend grub Cursor weiter.

    "Nicht nur unsere Dienstwege",


    meinte Cursor,


    "überhaupt unsere Wege würden sich trennen!


    Aber jetzt einmal davon abgesehen, die Marine scheidet für mich schon deswegen aus, weil ich schwimmen kann. Und erfahrungsgemäß kommen doch nur Nichtschwimmer dorthin, da sie bis zum Schluß ihr Schiff verteidigen. ;)


    Und was die Pferde angeht: Daß man vom Pferd fällt gehört zur Reiterei, das ist fast Alltag. Je öfter Du in der Ausbildung "abgestiegen" bist, desto fester sitzt hinterher. Und der Respekt beruht auf Gegenseitigkeit; es ist ganz einfach: Du respektierst Dein Pferd und Dein Pferd respektiert Dich. Ganz einfach! Und wenn Dir mal so richtig der Pferdegeruch in die Nase gestiegen ist, Du wirst sehen und verstehen, daß ein Pferd ein besserer Freund und Kamerad sein kann als ein Mensch.


    Denk` mal darüber nach!"


    Cursor ließ sich im Wasser treiben und überließ Verus seinen Gedanken.

    Cursor war sich darüber im Klaren: Der Umstand, daß die römischen Truppen grundsätzlich an jedem Lagerplatz die beschwerliche Schanzarbeit auf sich nahmen, unabhängig davon, ob sich der Feind in der Nähe befand oder nicht, stellt ein hohes Zeugnis ihrer Disziplin aus.


    So erfordert es auch hier einen ganz erheblichen moralischen Ruck, sich nach einem anstregenden Tagesmarsch noch einmal zu dieser harten Arbeit aufzuraffen.


    Besonders schwer kam es Cursor an, da mehr oder weniger der Eindruck entstand, weit und breit drohe keine Gefahr und die Plackerei sei ganz umsonst.


    Freilich --- es sollte geübt werden --- aber trotzdem!


    Cursor wandte sich Verus, der neben ihm stand, zu.


    "Also, Verus, bauen wir ein Marschlager! Fangen wir mal mit der Befestigung an. Wir buddeln einen V-förmigen 1 m tiefen und 1 - 1,5 m breiten Graben und anschließend einen an der Innenseite des Grabens aufgeschütteten Wall von etwa 60 cm Höhe und 1,2 m Breite. Wenn wir das haben, sehen wir weiter!"


    Cursor ging zu dem ostwärtigen Schanzpfahl und stieß seinen Spaten in den Boden.

    Cursor sah Verus nachdenklich an.


    "Die Angelegenheit ist gar nicht so einfach: Mein Wunsch war es seit meinem Eintritt in die legio, zur Legionsreiterei zu gehen. Das hätte vielleicht den Nachteil, daß sich unsere Wege, zumindest dienstlich, trennen, was ich als sehr schade empfinden würde.


    Aber irgendwie habe ich das Gefühl, daß die Luft in der Reiterei etwas enger geworden ist, sodaß ich am Hin- und Herüberlegen bin, wie ich micht entscheiden soll: Entweder hier in der legio bei der Infanterie zu bleiben oder zur Reiterei in einer anderen Einheit zu wechseln.


    Mal sehen, am besten, ich schlafe noch ein paarmal darüber".


    Wie steht es mit Dir?"

    Cursor hatte es längst begriffen:


    Hier ging es nicht mehr um Ausbildung und auch nicht um Drill, hier ging es um Schikane in Vollendung, bei der der Kopf des centurios längst geplatzt und die Planstelle vakant wäre.


    Und nun staute sich in Cursor der Haß und der hielt ihn hoch und trieb ihn vorwärts.


    Er wollte und er konnte nicht aufgeben.

    Cursor sah Veratius an, daß er sich ein Lächeln abringen mußte, obwohl ihm gar nicht danach zumute war.


    "Laß mal gut sein, Veratius. Irgendwie habe ich es im Gefühl, daß noch manches bei diesem Marsch auf uns zukommen wird. Was es auch immer sein wird, denk` dran, wir müssen durch, egal wie!"


    Cursor sah nach vorne und marschierte weiter ...

    Cursor hatte sich wirklich amüsiert.


    "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!"


    bewertete der die Vorführungen von Verus,


    "aber ich will nicht schadenfroh sei und zudem hätte ich es überhaupt nicht gekonnt."


    tröstete er Verus.


    "Jetzt ruhen wir uns noch ein wenig im warmen Wasser aus und dann geht`s weiter, meinst Du nicht auch?"

    Auch Cursor wischte sich immer wieder den Schweiß von der Stirn. Die Knie wurden langsam weich und die Fußsohlen schmerzten.


    Er keuchte, als er Verus ansah.


    "Mensch, bloß nicht aufgeben! Wir müssen unsere Kräfte sparen. Wir müssen mit der Luft haushalten! Merkt Ihr denn nicht, daß uns der centurio provozieren will? Erst hat er einen roten Kopf wie ein Puter, jetzt faselt er etwas von unehrenhafter Entlassung!


    Wir dürfen nicht mehr reden! Das kostet Energie! Gleichmäßig durchatmen und versuchen, gleichmäßig zu laufen!"


    Cursor stieß die eingesogene Luft aus sich heraus und lief weiter ...

    Zitat

    Original von Publius Redivivus
    " Irgendwie hätte ich in letzter Zeit meine Ausdauer ein wenig verbessern sollen! Bin nicht gerade auf dem Höchststand."


    Bis jetzt hatte sich Cursor gut gehalten. Auch Verus lief gut.


    "Was willst Du, Verus. So schlecht bist Du doch nicht!"


    Nach ein paar Runden meinte er:


    "Hat der centurio nicht etwas davon gesagt, daß wir rennen bis wir umfallen? Was hindert uns also daran uns gleich und hier umfallen zu lassen? Man sollte ihm wirklich seinen Spaß gönnen! Ein zufriedener centurio ist ein guter centurio!"

    Auch Cursor hatte sein Marschgepäck wieder geschultert.


    Es half nichts. Sie mußten weiter. Und wieder Zähne zusammenbeißen und vor allem: keine Miene verziehen.


    Cursor sah zu Verus und lächelte sarkastisch.


    "Und nun müßte der centurio nur noch auf die Idee kommen, die Kampfbereitschaft herstellen zu lassen!"

    Cursor fand nichts daran, die thermae für sich zu haben.


    "Das ist doch einzigartig!" antwortete er Verus.


    "Wenn niemand da ist, können wir uns nach Herzenslust austoben.


    ... und wer nicht da ist, ärgert nicht!"


    Er stieg aus dem Wasser, nahm noch einmal Anlauf und ließ sich mit Genuß in das arme Wasser plumpsen, daß es nur so spritzte.