Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Cursor hatte den roten Kopf des centurios, der immer noch röter wurde, mit Skepsis beobachtet. Ober dieser Kopf auch platzen konnte?
    Dann wäre wieder eine Planstelle in der legio frei!


    Aber das war nur so dahingedacht!


    Cursor sah das Zeichen, mit dem Laufen zu beginnen.


    Wohin? Das war die Frage!


    Aber er rannte los. Wie gut, daß er sich eingelaufen hatte und die Muskeln dementsprechend trainiert waren.

    "Prima! Und jetzt mit Schwung ins warme Wasser!"


    Cursor ging vorneweg, nahm einen Anlauf und hechtete ins Warmwasserbecken ohne sich umzusehen, ob jemand im Becken war, den er mit seinem Sprung stören konnte.


    Er tauchte wieder auf, sah aber nur Verus, der im Begriffe war, es ihm gleichzutun.

    "Was willst Du hören?"


    fragte Cursor seinen Leidensgenossen.


    "Ich habe ebenfalls Blasen, der Rücken schmerzt, ich habe Hunger und höllischen Durst und bin hundemüde".
    In gemäßigtem Tonfall meinte er:


    "Was die sadistischen Führer, von denen Du sprichst, angeht, wollen wir besser Äußerungen über unser Wohlbefinden vermeiden! Ich gehe davon aus, daß unser ganzes Verhalten während des Marsches, sagen wir mal, beobachtet wird. Irgendwann, höchstwahrscheinlich wenn unsere Beurteilungen am Ende der Grundausbildung anstehen, wäre es ungut, daß wir Schwäche zeigten oder unser Durchhaltevermögen zu wünschen übrig ließ. Es reicht schon, wenn uns die "Ausbilder" etwas anmerkten".


    Cursor wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Feldflasche.

    Cursor lächelte.


    "Eigentlich bin ich der Meinung, bevor wir uns mit weiteren Wortspielereien und Ähnlichem bereits der Vergangenheit Angehörendem das Leben versüßen, daß wir uns überlegen, wie wir unsere weitere Zeit vertreiben.


    Ich stehe auf dem Standpunkt, wenn wir schon einmal hier sind, daß wir das ganze Badevergnügen nochmal in rückwärtiger Folge genießen.


    Bist Du einverstanden?"

    Cursor hatte eine mehr oder weniger schlaflose Nacht hinter sich. Unruhig hatte er sich auf seinem Lager hin und her gewälzt.


    Endlich graute der Morgen. Cursor trat vor die Unterkunft. Tief atmete er die würzige Morgenluft ein und ...


    ... sah den centurio!


    Pestilentia magna! fluchte Cursor.


    Hastig eilte er in die Unterkunft zurück.


    "Wacht auf! Rein in die Klamotten! Der centurio wartet schon!" rief er seinen Kameraden zu, kleidete sich an, packte seine Siebensachen und schon war er wieder draußen!


    "Centurio! Probatus Cursor zur Stelle!" meldete er dem centurio.

    Erstaunt sah Cursor Verus an.


    "So alt bist Du doch auch noch nicht, daß Du Dich nicht mehr erinnerst!


    Wie war das denn mit Deinem "Fund", den Du aus dem Umkleideraum mitbrachtest?


    Zugegeben: "aufpassen" ist vielleicht ein wenig übertrieben, nennen wir das Ganze Kameradschafts- oder Freundschaftsdienst!"

    ... und Cursor grinste und grinste ...


    "Ich dachte eigentlich ganz anders:
    Bist Du des Lebens nicht mehr froh, dann stürze Dich in H2O!


    Aber keine Sorge, ich habe Dich genau beobachtet. Und nachdem Du längere Zeit nicht nach oben gekommen bist, Dich aber unter Wasser doch noch bewegt hast, war alles in Ordnung.


    Oder glaubt Du vielleicht, ich hätte Dich kläglich ertrinken lassen? Wenn Du so eine Meinung von mir hast: eine tolle Freundschaft!


    Und ich dachte, auf Dich ein wenig aufpassen zu müssen, Du erinnerst Dich?"

    Cursor beobachtete die Wasseroberfläche. Er bemerkte auch das kurze Auftauchen von Verus. Es sah so aus, als wollte er Luft holen.


    Und jetzt wurde ihm klar, daß ihn Verus zum besten halten wollte. Hatte er ihm nicht erst erzählt, wie er früher mit seinen Freunden oft beim Schwimmen und Tauchen war? Und hatte er nicht von einer professionellen Ausdauer unter Wasser gesprochen?


    Beruhigt setzte sich Cursor am Beckenrand nieder und ließ seine Beine im Wasser baumeln. Irgendwann mußte Verus nach oben kommen; lange würde es sowieso nicht mehr dauern!

    Das Marschgepäck wurde immer schwerer.


    "Dann sind wir schon zu Zweit", ächzte Cursor, "die sich mit dem Aufbau eines Marschlagers nicht auskennen!"


    Auch für Cursor war das der erste Übungsmarsch als miles impeditus.


    Das Balancieren der Tragestange war so eine Sache! Er versuchte die Tragestange nun schräg über die Schulter zu legen und sie dort ruhen zu lassen. Das entlastete zwar den Arm, übte aber einen einschneidenden unerträglichen Druck auf die Schulter aus. Es war also doch etwas dran, daß sich, wenn man die Querstange am oberen Rand des Schildes aufsitzen läßt, eine verhältnismäßig bequeme Trageweise ergibt.


    "Ach ja", meinte er zu Verus, "der Marsch soll doch vier Tage dauern, da wir Verpflegung für vier Tage bekommen haben und, Du warst mit dabei, wie uns der Lagerverwalter keine Eisernen Rationen aushändigen wollte. Und wenn der centurio vier Tage ansetzt, bleibt es bei den vier Tagen, schließlich ist es unser erster Marsch und das weiß er auch: ein centurio - ein Wort!"

    Cursor hörte Verus zu.


    "Sei lieber vorsichtig! So vom Heißen gleich ins Kalte, wir sind zwar im warmen Ägypten, aber trotzdem, paß` lieber auf!"


    Verus ließ ihn nicht ausreden, nahm Anlauf und sprang kopfüber ins kalte Wasser.


    Cursor wartete und wartete.


    Dreißig Pulsschläge waren vorbei ... es wurden 31, 32, 33 ...


    Cursor wurde es ein wenig unheimlich. Wollte sich Verus mit iihm einen Scherz erlauben?

    ... und so marschierten sie einträchtig nebeneinander:
    Cursor, Veratius, Verus und die anderen ...


    Wie sie so aussahen, konnte man meinen, sie wären schon länger bei der Armee und nicht erst probati:


    Über tunica und Panzer waren beide Gürtel mit Schwert und Dolch geschnallt, der Helm war am Brusthaken des Panzers befestigt und hing über der Magengrube, der Schild mit übergezogener Lederhülle war mit dem um Brust, Oberarme und über die linke Schulter geführten Tragegurt so umgeschnallt, daß er die linke Seite und den Rücken bis zu den Kniekehlen bedeckte, nach oben reichte er etwa bis zur Höhe des Scheitels. Über die linke Schulter war die Tragestange gelegt. Sie saß mit einer breiten Querstange und der an dieser befestigten sacrina auf der Oberkanze des Schildes auf. Kochgeschirr und Proviantnetz hingen über den Schild nach hinten herab. Die linke Hand umfaßte die Tragestange und balancierte sie aus. In der rechten war das pilum, das über die rechte Schulter gelegt war.


    Cursor sah zu Verus, dem, genau wie ihm, der Schweiß zu rinnen begann.


    "Du, Verus, ich habe so mitbekommen, daß wir ein Marschlager aufbauen sollen. Hast Du zufällig mitbekommen, wo die dafür nötigen Gerätschaften sind und überhaupt: weißt Du, wie so der Aufbau eines Marschlagers vonstatten geht?"

    Cursor schwamm bis zum Beckenrand und wartete auf Verus.


    "Weißt Du, was ich mir gerade überlegt habe? In unserer thermae folgt das frigidarium im Anschluß an das caldarium, vor dem das tepidarium war.


    Ich war einmal in thermae, da ging man vom caldarium erst ins tepidarium mit seinem lauwarmen Wasser. Der Zweck war, daß man sich hier langsam abkühlen konnte, um dann das frigidarium mit seinem kalten Wasser aufzusuchen.


    Uns bleibt nichts anderes übrig, als direkt vom heißen in das kalte Wasser zu steigen.


    Nun gut, wechseln wir die Temperaturen!"


    Cursor verließ das Becken und sah nach Verus.

    Cursor konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.


    "Ja, ja ... der Knoblauch war bereits maßgeblich am Bau der Pyramiden beteiligt und galt schon lange vor uns als apotropäisch, Du weißt schon: gegen Geister und so. Und war es nicht Vespasianus, der einen adeligen Amtsbewerber mit der Begründung abwies, er hätte eben nach Knoblauch statt nach Parfüm riechen müssen. Und außerdem ist ein Römer von altem Schrot und Korn bekannt für den würzigen Duft, den ihn der eifrige Genuß dieser Zehe verbreiten läßt.


    Aber das halbe Dutzend nehmen wir gerne an"!


    Cursor nahm den Knoblauch und wandte sich an die beiden "V".


    "Jetzt müssen wir aber zulegen, die Zeit drängt und vielleicht holen wir uns ein paar Pluspunkte beim centurio, wenn wir beim Antreten bei den Ersten sind!"

    Cursor nickte zustimmend.


    "Da bin ich Deiner Meinung. Nur wäre meine Vorschlag, die thermae wöchentlich aufzusuchen zumal das heiße Klima und der feine Wüstensand, der ständig durch die Luft gewirbelt wird, das ihre dazutun. Wie heißt es doch so schön: mens sana in corpore sana!


    Aber laß uns noch ein paar Runden schwimmen, dann geht`s weiter!"

    Cursor sah den Lagerverwalter an.


    "Du warst doch bestimmt auch mal probatus. Und Du kannst Dich doch bestimmt noch daran erinnern, daß Du damals immer Hunger hattest. Wären für uns nicht vielleicht noch etwas Käse und etwas Knoblauch drin? Ausnahmsweise?"

    Verus` Rücken glänzte wie eine Speckschwarte.


    "Teil I der Prozedur"


    stellte Cursor fest


    "und nun lassen wir erst einmal das Öl einwirken".


    Kurze Zeit später nahm er Verus` strigilis und schabte mit ihr systematisch das verstrichene Öl von oben nach unten und von links nach rechts ab.


    "Und das war Teil II der Prozedur gefolgt von Teil III: Nichts wie rein in die Fluten"!


    ... und schon war er im Wasser ...

    "Ist es nicht so,"


    meinte Cursor


    "da wir vier Tage unterwegs sein werden, benötigen wir vier Tagesrationen in Form von Getreide oder Brot und Frischfleisch. Natürlich wäre nicht schlecht, wenn wir auch eiserne Rationen bekommen könnte, dann hätten wir - zumindest in der Reserve - Zwieback, Speck und Käse. Wäre wirklich nicht schlecht!"


    Der ältere Kamerad wußte bestimmt, mit welchem Hunger probati auf dem Marsch zu kämpfen hatten!