Beiträge von Caelyn

    "Sie?" Das war ja was ganz neues! Ich sah ihn forschend an. Aber eigentlich war es ja auch völlig egal. Er war bestraft worden und ich fragte erst gar nicht nach, was sie ihm angetan hatten. Er war noch am Leben und war auch nicht irgendwohin verschleppt worden. "Ja…", sagte ich nachdenklich. Eigentlich wollte ich mich freuen, aber es ging nicht. Ich wollte ihm auch noch sagen, wie viele Sorgen ich mir um ihn gemacht hatte. Aber das wusste er bestimmt selbst. Es hätte sich sonst vielleicht auch wie ein Vorwurf angehört.
    "Mir geht´s ganz gut. Morgens ist mir noch ab und zu schlecht." Aber ich hatte gehört, es wäre ein gutes Zeichen, wenn einem morgens schlecht war. Also musste es dem Kind auch gut gehen.
    Dann erwähnte er Sermo. "Ja, ich hab´s ihm gesagt. Das musste ich ja irgendwann. Ich konnte ja nicht warten, bis ich so ´ne Kugel vor mir herschiebe." Mit meiner rechten Hand deutete ich einen übertrieben großen runden Bauch an. Auch wenn das witzig sein sollte, konnte ich nicht drüber lachen, denn das Lachen war mir längst vergangen.
    Tiberia Faustina? War das die Frau oder die Tochter von seinem Herrn? Er hatte ihr noch nichts gesagt. War vielleicht auch besser so. Wenn er ihr das auch noch sagte, dann gab´s nur noch mehr Ärger. "Hör mal," begann ich, stockte aber wieder, als er sagte er hoffe darauf mich wiedersehen zu dürfen. Ich konnte ´s nicht. Ich brachte ´s nicht übers Herz, ihm zu sagen…

    In der Zwischenzeit hatte man mit der Opferzeremonie begonnen. Aber das ließ mich ziemlich kalt. Von einer schlimmen Vorahnung getrieben, suchte ich alle Ecken und Nischen ab, aber ich fand ihn nicht. Dementsprechend erschrocken war ich, als Aretas plötzlich vor mir stand und meine Hand ergriff. „Aretas!“ Etwas anderes wusste ich nicht zu erwidern auf seinen Gruß. Er gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich setzte mich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Essen? Trinken? Ich konnte jetzt nicht an essen und trinken denken. "Nein…", sagte ich und schüttelte verneinend den Kopf. Irgendwie war ich sprachlos. Das, was er mich fragte, hätte auch ich ihn fragen können. Ich musterte ihn, als hätte ich noch nie vorher gesehen. Er sah ganz passabel aus. Keine Spuren einer Misshandlung. Allerdings sah ich nicht, wie´s unter seiner Tunika aussah.
    "Was ist passiert, als du zurückgegangen bist? Haben sie dich bestraft? In den Stallungen haben sie mir gesagt, ich würde dich hier finden?"

    Was soll den vorgefallen sein? Machte der Alte sich über mich lustig oder stand ich nur auf dem Schlauch? "Nö, was soll den vorgefallen sein? Und ich hab heut auch noch nix gegessen, weil´s mir einfach total schlecht war… Öhm was?" Moment mal, was hatte denn ein Liebhaber mit meiner Übelkeit zu tun? "Ja, ich habe einen… Liebhaber… na und?!" Naja, vielleicht war meine Reaktion eine Spur zu heftig, denn hätte ich mal zuerst nachgedacht, bevor ich plapperte, hätte ich gewusst, was das eine mit dem anderen zu tun hatte.
    "Meinst du etwa…. ich bin wirklich schwanger?" Blankes Entsetzen überkam mich. Und es setzte nur mal kurzfristig aus, als ich zu Seneca sah, als er von dem Alten ermahnt wurde. Was machte er denn? Saß doch ganz friedlich da und betrachtete sich seine Schuhe. Dasselbe hätte ich sicher auch gemacht, wäre ich an seiner Stelle gewesen.

    Nanu, wo blieben denn die obligatorischen Zurechtweisungen? Das war ja mal eine ganz neue Seite an Ursus! Schade, dass er früher nicht schon früher so war. Ich war wirklich gerne bei ihm. Hätte er nur nicht diese Frau geheiratet! Das hatte ihn total verändert.
    Und seine Antwort war auch alles andere gewöhnlich. Es war gut, dass ich schwanger war? Ach so, er dachte… "Nein, es ist nicht von ihm. Es ist… ich hab vor einigen Monaten einen netten Mann kennengelernt … einen Auriga … und wir lieben uns. Leider ist er auch Sklave… und…" Ich verstummte und begann wieder zu schluchzen. Wenn ich doch nur wüsste, wie es ihm ging!

    Sermo hatte seine Sprache wiedergefunden und für mich wurde es immer enger. Letzte Möglichkeit für eine faustdicke Lüge! "Nein, du bist es nicht." Nein, das war keine Lüge. ´Ne Lüge wäre gewesen, wenn ich jetzt behauptete, Diomedes hätte sich auf mich gestürzt und mich geschwängert. Aber mal ehrlich, das war nicht besonders einfallsreich. Der Alte war durch und durch Sklave, um zu wissen, dass er das Eigentum seines Herrn nicht anfassen durfte. Außerdem wäre Sermo wahrscheinlich ausgeraste, wenn ich so was gesagt hätte.
    Also blieb ich doch bei der Wahrheit, die ihn bestimmt nicht minder zum ausrasten brachte.
    "Ein Auriga. Ein Sklave, den ich…vor einigen Monaten kennengelernt habe." Na, das war doch ganz einfach! Jetzt war es raus, wenn auch etwas kleinlaut. Aber das war ja auch kein Wunder. Immer noch guckte ich auf meine Sandalen und wartete auf das große Donnerwetter, was jetzt garantiert kam.

    Valerian hatte sich umgezogen und lag bereits auf einer der Klinen, als ich das Tablett abstellte und ihm den Wein reichte. Ich setzt mich und überlegte, was ihm über mich sagen sollte. Was nettes oder die Wahrheit. Ich entschied mich für die nette Version. Ich kannte den Kerl ja überhaupt nicht. Am Ende kriegte ich noch Schwierigkeiten, wenn ich ihm erzählte, was für ´ne Pestbeule sein Verwandter war.
    "Ich komm eigentlich aus Gallien. Aber ich bin schon seit einigen Jahren in Rom. Vorher hab ich in der Villa Aurelia gearbeitet. Mein alter dominus hat mich an Sermo…äh.. dominus Sermo verkauft." Diesen Mistkerl auch noch als dominus zu bezeichnen, verursachte bei mit richtige Magenkrämpfe.

    Seitdem ich wusste, was mit Aretas passiert war, hatte ich mir mein Hirn zermartert, wie ich in die Villa der Tiberier kam, ohne großes Aufsehen zu erregen. Dann kam Saturnalia immer näher und mit einem Schlag war mir klar geworden, wie ich´s machen konnte, Aretas zu sehen oder wenigstens von ihm zu hören.
    Unglücklicherweise hatten sich die Ereignisse überschlagen. Dieses Jahr würde es kein fröhliches Saturnalia geben. Nicht für mich und für Aretas?
    Die Türen zur Villa standen weit auf. Ich musste einfach nur reingehen. Es war schon einiges los. Neben etlichen Togaträgern, die ihre Toga heute zu Hause gelassen hatten, die man allerdings auch an ihren albernen Filzhüten erkannte, die sie nur an Saturnalia zu tragen pflegten, erkannte ich auch einige Sklaven, die sich auf die eine oder andere Weise amüsierten. Nach amüsieren war mir nicht zumute. Auch nicht nach essen oder Wein, oder sonst was. Obwohl es verdammt gut roch!
    Ich suchte nur den einen, den Vater meines ungeborenen Kindes.

    Wir liefen zusammen die Straße lang. Irgendwie war das ja schon ganz schön schräg. Erst hatte ich nicht schnell genug von hier wegkommen können und jetzt war ich froh, hier zu sein. Naja, vielleicht hatte ich ja wirklich nur ein bisschen Trost gebraucht. Und sich den Frust von der Seele reden war immer gut.
    "Kurz nachdem ich mit Sermo gegangen war, hat er mir gesagt, er würde mich nicht gehen lassen," fing ich an. "Ich sei ihm was schuldig! Dann hat er mich eingesperrt und mir gedroht, wenn ich abhauen würde, dann würde er mich in ein dunkles Loch stecken und sonst was mit mir machen. Zum Glück war er die meiste Zeit in Ostia. Dann war ich mit Diomedes, einem alten Griechen allein. Nur ab und zu war er einige Tage in Rom. Aber jetzt… jetzt ist er wieder zurück." Tja, und von nun an war es richtig schwierig die Sache mit Aretas vor ihm zu verbergen. Und überhaupt, früher oder später musste ich es ihm sowieso sagen. Spätestens dann wenn mein Bauch alle Nähre meiner Tunika sprengte. "Naja, die Casa ist ganz passabel. Halt nicht so groß, wie die Villa und nicht so luxuriös. Wenigstens komme ich ab und zu mal raus, wenn ich einkaufen gehe, oder so." Ob ich Ursus auch von Aretas und dem Kind erzählen sollte? Bestimmt hielt er mir dann wieder eine Moralpredigt, von wegen, dass ich mich nicht einfach so in einen fremden Sklaven verlieben und mich auch noch von ihm schwängern lassen konnte. Aber mal ehrlich, Ursus konnte mir gar nichts mehr sagen. Also war´s dann eh wieder Schnuppe. Nur ein schlechtes Gewissen konnte er mir verpassen, mehr nicht.
    "Ich bin schwanger."

    SCHWANGER?!?!? Mannomann, ich hatte doch nicht Lepra oder die Pest! Ich war doch einfach nur schwanger! Klar, sicher fragte er sich, wie so was passieren konnte. Wobei er ja garantiert wusste, wie so was geht. Mann und Frau hüpfen in die Kiste, haben ein bisschen Spaß miteinander und neun Monate später ist dann ´ne kleine Heulboje da.
    Jetzt gab es ja mehrere Möglichkeiten, wie ich weiter verfahren konnte.


    1. Ich erzählte ihm was vom Pferd und sagte ihm, dass er der Vater war. Wahrscheinlich könnte er dann erhebliche Zweifel daran haben, denn es war schon ´ne ganze Weile her, seitdem er und ich… Naja, andererseits ließ er mich dann vielleicht frei oder er sperrte mich in das berühmt berüchtigte feuchte Loch, weil ich ihn angelogen hatte.


    2. Ich hatte mal so eine total irre Geschichte gehört. Von den Christen. Ja, genau die, deren Gott die Römer vor zig Jahren an ein ans Kreuz genagelt hatten. Seitem behaupteten sie, er hätte das überlebt, obwohl er gestorben war. ?( Naja, vielleicht hatten die Römer auch gepfuscht. Also die behaupteten doch tatsächlich, das ihr Gott durch eine unbefleckte Empfängnis zur Welt gekommen war. Also, dass Frau nicht mit Mann in der Kiste war und Spaß gehabt hatte. Naja, mit der richtigen Sorte Pilz glaubte man irgendwann alles… Die Konsequenzen aus so ´ner Geschichte waren dann wahrscheinlich die Gleichen wie in Szenario 1.


    3. Ich erzählte ihm einfach die Wahrheit, das ich mit Aretas in der Kiste war und wir ein bisschen Spaß miteinander hatten und dass in neun Monaten… naja. Am Ende würde ich wahrscheinlich auch im Loch landen. Oder noch viel schlimmer.


    Also war es eigentlich Wurscht, was ich Sermo erzählte. So oder so würde er nicht gerade entzückt sein.
    "Ja, schwanger." Ich sah betreten auf meine Füße. Was hätte ich denn sonst machen sollen? Es mir aus dem Leib reißen?

    Sim-Off:

    Ein bisschen sieht man´s schon, jedenfalls er geübte Kenner :D


    Heißer Gewürzwein und ein Pferd. Aha! Mal gucken, was die Küche so hergab. Er ging derweil sich umziehen. Na klar, seine Bude war noch da, wo sie immer gewesen war. Und sie war blitzblank! Denn ich putzte sie ja in regelmäßigen Abständen. Ich hatte mich immer gefragt, wozu das gut war, wenn keiner außer Sermo hier war. Naja, jetzt wusste ich´s!
    Es gab zwar kein Pferd aber dafür ein paar andere leckere Sachen. Getrocknete Würstchen, Käse und frisches Brot. Obligatorisch waren natürlich die Oliven und Moretum. Der Vinum Conditium war auch schnell erhitzt. Das alles lud ich auf ein Tablett und kehrte damit ins Atrium zurück.

    Der Alte stierte mich eine Zeit lang an. Aber ich hielt seinem Blick stand. Von solchen alten Säcken ließ ich mich nicht beeindrucken! Dann endlich, begann er zu reden. Mit jedem Satz weiteten sich meine Augen mehr. "Aber…" Er hatte sich also wirklich gestellt… und war in sein Vererben gerannt? Das verschlug mir die Sprache. "Was…" Was sie mit ihm gemacht hatten, erfuhr ich hier nicht mehr, denn der Alte schlug mir die Tür vor der Nase zu. Die Tiberer, frag bei den Tiberern, hatte er gesagt. Verdammt, ich hatte keine Ahnung, wo ich die Tiberer finden konnte! Und überhaupt, ich konnte doch da nicht einfach hin stolzieren, dort klopfen und sagen, salve, ich bin die schwangere Freundin von einem eurer Sklaven, wollte nur mal nachhören, wie´s ihm geht. Das war echt ´ne schöne Scheiße, in die sich Aretas geritten hatte!
    Ich schaute, dass ich weiterkam. Total verstört. Nicht mal heulen konnte ich, obwohl ich das in letzter Zeit echt gut konnte.

    Ich kam nicht weit. Plötzlich spürte ich einen Ruck an meinem Arm. Ehe ich mich versah, fand ich mich in Ursus Armen wieder. Ich wehrte mich nicht dagegen. Ich begann einfach nur zu heulen. Vielleicht weil ich wusste, dass es genau das war, wonach ich mich nach meiner Rückkehr aus Sardinen so sehr gesehnt hatte. Nach nichts anderem hatte ich mich verzehrt. Aber es war ganz anders gekommen. Die halbherzige Umarmung nach meiner Rückkehr, sie war so verletzend gewesen, weil sie nicht echt war. Sie war nicht gewollt gewesen. Und das jetzt? Er umarmte mich nicht, weil er plötzlich seine Gefühle für mich entdeckt hatte. Das wusste ich. Schließlich hätte das seinen Prinzipien widersprochen. Und selbst wenn, wäre ich es diesmal gewesen, die ihn zurückgewiesen hätte, denn mein Herz gehört mittlerweile einem anderen. Es tat aber einfach gut, für eine Weile wenigstens. Bis ich wieder an Aretas denken musste und ich mir gewiss war, dass alles beim alten geblieben war. Ich war immer noch schwanger und ich wusste immer noch nicht, was mit ihm war. Ob ich Ursus auch davon erzählen sollte? Ich war mir nicht sicher.
    Langsam löste ich mich wieder von ihm. "Danke!" Meine letzten Tränen verrannen an meinen Wangen. "Das hab ich jetzt gebraucht," sagte ich und lachte verschmitzt dabei. "Wenn es euch recht ist, dann begleite ich euch noch ein Stück."

    Abwartend kauerte ich vor dem Kerl und lugte nach oben zu ihm. Konnte ja schließlich sein, dass ich ihm die Dinger tatsächlich auch noch anziehen musste. Als nächstes kam dann noch, dass ich ihm die Hand aus der Sonne legen musste. Aber zum Glück war er imstande, sich selbst zu helfen. Langsam erhob ich mich wieder, nachdem er in die Pantoffeln geschlüpft war. Irgendwie bewegt man sich anders, wenn man schwanger ist.
    Wenn ich ihm nun erzählte, dass Diomedes alles andere als essbare Vorräte einzukaufen hatte, wäre er bestimmt ganz schön enttäuscht gewesen. Naja, dann würde man mich eben später noch mal losschicken. Ich konnte ja dann das schwere Zeug ja heimschleppen.
    "Nein, Sermo hat niemanden gekauft," antwortete ich wahrheitsgemäß. Nicht mal mich, wenn man´s genau nahm. Ich dämliche Kuh war ihm freiwillig ins Netz gegangen.
    "Kann ich dir etwas bringen? Essen, Trinken oder beides?" Wenn man von so weit herkam, musste man doch ´nen Bärenhunger haben!

    Ich stand vor der Tür und wartete ungeduldig. Endlich, die Tür ging auf und ein alter Mann stand vor mir. Er brummelte vor sich hin. Aber als er mich richtig wahrgenommen hatte, überraschte er mich. Komischerweise wusste der genau, was ich wollte.
    "Öhm, ja genau!" Ich ließ mich nicht beirren von seinem mürrischen Ton. Schließlich musste ich den Kerl ja nicht heiraten, oder so. "Aretas! Ich suche Aretas. Ist er hier? Ich muss ihn ganz dringend sprechen." Irgendwie hatte ich die dumpfe Vorahnung, dass ich ihn hier nicht antreffen würde. Aber der Alte musste mir einfach sagen, ob er zurückgekommen war und was mit ihm passiert war!

    Mir qualmte der Kopf, meine Füße taten mir weh und schlecht war mir auch schon wieder. Seit Tagen machte ich mir ernsthafte Sorgen. Aretas hatte sich einfach nicht mehr blicken lassen. Er war nicht zum vereinbarten Treffen gekommen und hatte auch sonst keine Nachricht hinterlassen. Ich hatte richtig Angst um ihn. Wenn sie ihn geschnappt hatten, dann war er geliefert! Dann schlugen sie ihn entweder tot, schickten ihn in die erstbesten Mienen oder machten aus ihm Löwenfutter. Als wenn ich sonst keine Sorgen gehabt hätte!
    Aber vielleicht hatte er sich auch einfach nur aus dem Staub gemacht, weil das Kind und ich ihm zu viel geworden waren. Hatte ich mich denn so in ihm täuschen können? Aber mal ehrlich, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre und von meinem Herrn abgehauen war, hätte ich dann noch Rücksicht auf meine schwangere Freundin genommen, die ich noch nicht mal ein halbes Jahr gekannt hatte? Gute Frage! Zum Glück hatte ich mir die nicht stellen müssen. Trotzdem wollte ich Gewissheit haben.
    Aretas hatte gesagt, er wolle wieder zurück in die Stallungen gehen. Vielleicht war er ja zurück und keiner hatte was von seiner Flucht bemerkt. Und wenn nicht? Ich musste dorthin gehen, sonst kriegte ich nie meine Antworten.
    Das tat ich dann auch, als ich eigentlich zum einkaufen unterwegs war. Bevor ich zum Markt ging, machte ich einen Abstecher zu den Stallungen der Factio Purpurea und klopfte dort an. Irgendjemand musste mir doch dort Auskunft geben können!

    Natürlich durchschaute er mich, durch und durch. Und auch wenn seine Worte freundlich klangen, waren sie dennoch so gewählt, dass ich mich noch schlechter danach fühlte. Er hatte immer noch so eine große Macht über mich und wusste dabei genau, wann ich log und wann nicht. Und gerade hatte ich gelogen. Nichts von dem stimmte, was ich gesagt hatte. Und vom glücklich sein war ich weit entfernt.
    In meiner Verzweiflung begann ich zu schluchzen, denn ich war jetzt da angelangt, an dem es nicht mehr weiter ging. Ich sah erst Cimon an und dann Ursus. "Sermo hat mich reingelegt. Er hat mich nicht freigelassen und ... und er wird´s wahrscheinlich auch nie tun. Und jetzt… jetzt bin ich auch noch…." Ich schluchzte noch heftiger und sah hinab zu meinem Bäuchlein,das man schon ein kleinwenig erahnen konnte. Genau jetzt musste ich an mein ungeborenes Kind und dessen Vater denken, den ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. Ich wusste nicht, was mit Aretas war. Vielleicht hatten sie ihn geschnappt. Vielleicht war er doch ohne mich und das Kind aus Rom verschwunden. Noch ein Kind, das dazu verdammt war, ohne Vater aufzuwachsen, so wie ich selbst. Ich hatte schon längst die Illusion begraben, von einer glücklichen und zufriedenen Familie zu träumen. So was wie Glück gab es für Sklaven nun mal nicht.
    Oh ja, ich hatte einen Riesenfehler gemacht und ich bereute es. Hier war es mir gut ergangen und wäre ich hiergeblieben, dann wäre bestimmt alles anders gekommen.


    Ich hatte aufgehört, zu schluchzen. Das machte es auch nicht besser!"Ich muss weg!" sagte ich plötzlich und war schon auf dem Sprung. Das hier konnte ich mir nicht mehr weiter geben, denn es tat so furchtbar weh.

    Er lachte schon wieder. Ob er sich lustig über mich machte? Na klar machte er das. Das Haus energisch verteidigen! Ich! Da hätte ja ich selbst mal herzlich lachen müssen. Zum Lachen war mir aber nicht zumute. Und ich war nicht gerade in der Position, mich dagegen wehren zu können. Wäre das ein Wildfremder gewesen, dann hätte ich ihm mal ordentlich den Marsch geblasen. Aber das ging ja jetzt nicht mehr.
    "Der Alte äh… ich meine Diomedes ist in der Stadt unterwegs und macht Besorgungen. Und Sermo… öhm… der dominus musste nochmal nach Ostia… aber er wollte heute wieder zurück sein."Jetzt hielt er mir auch noch seinen nassen Mantel hin. Ich schaltete nicht gleich, drum dauerte es etwas bis ich hervor preschte und ihn von dem nassen Ungetüm befreitet. Iiieee, war der nass! Ich sah zu, dass ich ihn schnell los wurde und hängte ihn zum trocknen auf. Als ich mich wieder nach ihm umsah, hatte er schon seine nassen Schuhe ausgezogen. Öhm ja… was jetzt. Ob dem Kerl ein Paar von den Filzpantoffeln passten? Das herauszufinden, war jetzt ganz allein meine Aufgabe. Ich holte ein Paar herbei, die ich von der Größe her passend fand und legte sie ihm vor seinen Füßen ab. Die musste ich ihm doch hoffentlich nicht noch anziehen!

    Sermos Wort in Teutates Ohr! Ob das gut ging, mit dem wünschen. Naja, ich hatte da meine Zweifel. Aber lange konnte ich darüber nicht nachsinnen, denn kaum hatte ich gegackert, forderte Sermo mich auch zum legen auf, na also im übertragenen Sinne, versteht sich.
    "Naja, also…äh," begann ich herumzudrucksen. "Mit der Flavia hatte ich ja zum Glück nicht viel zu tun. Ich meine, die hatte ja ´nen Stall voll Sklaven. Hauptsächlich Kerle." Ich erinnerte mich noch an den Parther mit dem komischen Namen oder den Thraker, den ich vor einigen Jahren an den Saturnalien kennengelernt hatte und am nächsten Tag mit einigen seiner Kollegen abgehauen war. "Naja, es gab immer was zu tuscheln, unter den Sklaven. Manche behaupteten sogar, sie hätte was mit ihren Sklaven am Laufen gehabt. Naja, ist schon irgendwie komisch, wenn sie ihren Thraker, der vorher abgehauen war, erst auspeitschen lässt und ihn anschließend hofiert. So hab ich´s jedenfalls gehört. Na und dann gab es eines Tages einen riesen Krach. Die Flavia und ihr Mann. Und kurz darauf wurde einer von ihren Sklaven ausgepeitscht und nach Sardinen verfrachtet. Keiner wusste so genau weshalb. Aber naja, wenn so was passiert, macht man sich halt so seine Gedanken." Natürlich hatte ich keine Ahnung, ob an den Behauptungen auch wirklich etwas dran war. Aber Sermo lechzte richtig danach. Und wenn die Flavia sowieso schon ins Gras gebissen hatte, tat´s ihr auch nicht mehr weh.

    Was gab´s denn da zu lachen!? Naja, die Antwort darauf kam postwendend. Mir klappte die Kinnlade runter und mein Gesicht wurde kreidebleich. "Scheiße!" zischte ich leise. Das konnte man aber laut sagen! Meine Hand streckte ihm noch immer das verdammte Küchenmesser entgegen, als gehöre sie nicht zu mir. Schnell drückte meine andere Hand sie nach unten.
    "Öhm, ja also… tut mir echt leid… öhm, dominus! Ich hatte ja keine Ahnung." Igitt! ich hatte dominus zu dem Kerl gesagt. Naja, das war wohl auch das Minderste nach der Vorstellung, die ich geboten hatte. "Öhm, ja also Diomedes… ja der.. öhm ist gerade nicht da. Und Sermo äh... dominus Sermo auch nicht. Aber vielleicht kann ich ja…" Ich hatte es schon wieder getan! Und überhaupt, was redete ich denn da! Ich konnte doch nicht... die Heizung anwerfen. Mal eben so, mit links. In meinem Zustand war es nicht besonders ratsam, den hypocaustum zu befeuern.
    "Öhm… Caelyn, mein Name ist Caelyn."

    "Och," sagte ich verlegen, "einfach nur so." Ich band ihm natürlich nicht auf die Nase, dass ich was bestimmtes damit bezweckt hatte. Das würde er noch früh genug selbst feststellen können.
    Während er nun gemüsslich in einen der Kekse biss und zu kauen begann, luchste ich mal auf seinen Schreibtisch. Nicht dass ich mich dafür interessierte, was er da las. Das war sowieso meistens nur langweiliger Kram. Aha, Cicero De Legibus. Na also, langweiliger Kram. Wie gut, dass ich jetzt gekommen war, und ihn ablenkte.
    "Schmecken sie denn gut?" Mit meiner Frage schweifte ich mal wieder selber von meinem eigentlichen Vorhaben ab. Drum gab ich Sermo keine Chance, sich noch weiter über die leckeren Kekse auszulassen und kam stattdessen gleich zur Sache. Ich war schon nervös genug. Wenn ich noch länger gewartet hätte, dann hätte ich nur wieder Mist gebaut. Naja, mal abgesehen davon, dass ich den sowieso schon baute, ohne noch aufgeregter zu sein.
    "Öhm, ich muss mit dir reden. Es ist dringend und wichtig. Ganz wichtig," sprudelte es aus mir raus. Ich musste mich richtig zügeln. "Es ist was passiert. Mit mir. Vielleicht hast du ja schon was bemerkt." Ich redete schon wieder um den heißen Brei herum. So wurde das nix!
    "Also, ich äh, ich bekomme äh… ich öhm... tja also ich bin schwanger." Puh, das war ´ne schwere Geburt! Aber jetzt war es raus. Wie dann erst die richtige Geburt werden würde? Naja, das lag noch in weiter Ferne. Erst mal schauen, was Sermo dazu sagte.