Beiträge von Caelyn

    Das mit dem Glück war echt so ´ne Sache. Man musste halt Glück haben um Glück zu haben, ganz einfach. Und wenn man von Anfang an kein Glück gehabt hatte, kam meistens noch das Pech dazu, was dann eine ganz schön beschissene Kombination ergab. Aber dass ich nie Glück gehabt hätte, konnte ich jetzt nicht gerade behaupten. Sagen wir mal, ich hatte schon Glück, aber an den falschen Stellen oder zur falschen Zeit. Aber dafür konnte ja das Glück nichts. Das war dann halt einfach Pech!
    Genau wie jetzt. Es war einfach Pech gewesen, dass ich die scheiß Tür zu feste zugetreten hatte. Und zu behaupten, ich wäre das gar nicht gewesen, ging auch nicht, denn man sah noch ganz deutlich meinen Schuhabdruck an eben der scheiß Tür. Echt zum Kotzen, dass die hier in der Gegendnicht die Straßen sauber halten konnten!
    Pech war auch, dass Sermo mich hörte. Klar, wenn man den ganzen Tag nichts zu tun hatte, lungerte man eben in der Gegend rum und wartete, bis die Sklaven wieder zu Hause waren.
    Ein noch größeres Pech war es, als mir Sermo entgegen kam, mit ´nem dicken Fragezeichen im Gesicht. "Hallo!", sagte ich verschmitzt grinsend. Was hätte ich den auch sonst sagen sollen? Aber das dies kein freundlich gemeinter Willkommensgruß war, konnte ich mir auch denken. Der Kerl wartete auf das Gelumps, was ich hätte besorgen sollen. Wahrscheinlich hatte er Verstopfung oder so was. Das war dann jetzt für ihn Pech. Denn die Datteln und das andere Zeug standen noch mit etwas Glück an der Hauswand, da wo ich´s abgestellt hatte. Aber bei meinem Glück, hatten sich längst schon ein paar Rotznasen drüber hergemacht und verputzen jetzt Sermos Darmfeger.

    Für wie blöd hiet Sermo mich eigentlich? Klar hatte ich Erfahrung mit Patriziern! Jede Menge sogar! Die meisten waren ziemlich eingebildet und konnten nichts selbst machen. Da war´s och mal richtig erfrischend zu sehen, dass Sermo selbst klopfen konnte, denn das konnten Patrizier auch nicht. die ließen immer klopfen.
    "Ja, weiß ich. Außerdem war ich schon mal hier!" Das war zwar schon einige Zeit her, aber ich konnte mich noch gut an den Ianitor erinnern. Der Typ hatte echt nicht mehr alle Schrauben locker gehabt.

    Ich war gerannt, wie ´ne Blöde. Nur weg! Direkt zur Casa hin. So ´ne Scheiß aber auch! Warum hatte ich nicht besser aufgepasst! Ich fragte mich aber auch, woher dieser Kerl hergekommen war. Echt, ich war einfach nicht mehr auf Zack. Früher wäre mir so was nicht passiert! Zum Glück konnteich noch abhauen. Ich riss die Tür zur Casa auf und stieß sie gleich wieder hinter mir zu, dann blieb ich mit dem Rücken zur Tür gelehnt erst mal stehen, um zu verschnaufen. Ich war ja völlig hinüber.
    Mist, die Einkäufe hatte ich da an der Hauswand stehen lassen. Scheiße! Jetzt konnte ich nochmal losziehen! Naja, ich hatte ja noch Geld übrig. Sermo war ja überaus großzügig gewesen. Das würde noch reichen, um den ganzen Krempel ein zweites Mal einzukaufen.
    Meine Han tastete nach dem Geldbeutel, der unter meine Tunika verstaut gewesen war. Ja, genau, er war dort verstaut gewesen, denn er war nicht mehr da! Oh Kacke, auch das noch! Ich wurde hektischer, tastete mich komplett ab, fand aber trotzdem nix! Schöne Scheiße! Ausgerechnet heute, wo Sermo doch zu Hause war! Wenn der das mitkriegte, dann gute Nacht, schöne Welt!
    Am besten, ich verzog mich jetzt in die Küche oder sonst wohin, wo ich nicht weiter auffiel. Das war echt dumm gelaufen, das alles!

    Glück, ich glaub, das war das richtige Wort! Das war echt Glück, nach all dem Pech, das ich in letzter Zeit hatte. Hoffentlich ging mir das Glück nicht gleich wieder flöten. Damit das nicht passierte und er nicht auf dumme Gedanken kam und abhaute, kuschelte ich mich ganz dicht an ihn.
    Aretas wusste auch keine echte Lösung, wie´s mit uns weitergehen konnte. Ich merkte jetzt schon, ich wollte mehr, als sich nur ab und zu mal an den Markttagen zu treffen, und dann noch im dichtesten Getümmel, wo man uns sehen konnte und wir nicht allein waren.
    "Sermo hat keinen blassen Schimmer. Diomedes hat ihm nichts gesagt. Noch nicht. Wenn der das von uns wüsste, der würde mich wahrscheinlich windelweich schlagen. Aber das wär´s mir wert." Zum Glück wusste er nichts und wenn´s nach mir ging, musste er´s auch nie erfahren. Sermo, dieser elende Dreckskerl, jetzt spukte er mir schon im Kopf rum, gerade dann, wenn ich ihn gar nicht brauchen konnte.
    Ein kleiner Hoffnungsschimmer war dann, dass er morgen Abend in der Nähe der Casa auf mich warten wollte. Wieder ein Beweis, dass ihm was an mir lag. "Ich will noch nicht schlafen. Nicht gleich." Ja ja, das war nicht das allervernünftigste, denn der Tag morgen würde wieder lang und voller Arbeit sein. Aber es ging nicht, einfach so neben ihm einzupennen. Bei meinem Bruder auf jeden Fall, aber nicht bei Aretas! Ich drückte ihm ´nen Kuss auf die Lippen und fummelte an meiner Tunika herum.

    Ich gab nicht viel drauf, was der dämliche Kerl neben Sermo über mich sagte. Wenn er mich nett fand, war´s mir doch egal. Der Kerl war doch nur so ´n blöder netter Germanenarsch, dessen Vorfahre irgendwann mal aus seinem Urwald herausgestiegen war und sein Bärenfell mit ´ner Toga getauscht hatte. Mehr nicht! War sowieso interessanter, wenn ich einfach dem da unten zuhörte, damit ich endlich mal raffte, um was es in dem Stück eigentlich ging. Aber die beiden neben mir quatschten einfach die ganze Zeit. Mit Konzentration war da nicht mehr viel. Die laberten zwar nicht übermäßig laut, aber laut genug, damit ich immer mal wieder zu ihnen rüber gucken musste. Die hatten ja echt Themen drauf! Der Germanenarsch arbeitete sich durch Akten von Toten, sagte er. Wie eklig war das denn? Wenn man sich das mal bildlich vorstellte. Verschreckt warf ich ihm mal einen Blick zu, schaute aber schnell wieder nach unten zur Bühne, als ich das Gefühl hatte, er sieht mich. Allerdings hörte ich den beiden jetzt noch ein bisschen aufmerksamer zu.
    Wie gefühllos Sermo doch war. Im ging´s zehn passus am Arsch vorbei, als es um seinen toten Bruder ging. Aber das war ja ein typisch römisches Problem. Die Römer hatten sowieso alle eine an der Klatsche. Machten immer einen auf harten Kerl, aber wenn ich an die Nacht dachte, in der ich Sermo zum ersten Mal getroffen hatte, dann wusste ich, er war gar nicht so hart, wie er tat. Da hatte er nämlich richtig geflennt!
    Auf der Bühne war´s auch weitergegangen, jetzt waren noch zwei Frauen am agieren, die ganz schön ordentlich bestückt waren. Mein lieber Mann, wenn ich so dicke… Was? Was hatte da der Germanenarsch gesagt? Bei seiner letzten Bemerkung mit der Barbarenhorde ging´s einfach nicht mehr, ich musste kichern. Der Typ war echt gut, obwohl er´n Germanenarsch war.

    Tja, das hätte ich mich auch fragen können! Ich, glaub, da war nicht viel mit denken gewesen! Das war, wie ein innerer Zwang. Ich hätte gar nicht anders gekonnt, auch wenn ich gewollt hätte. Aer ich wollte ja gar nicht! Das hatte mir so leid getan, als wir uns bei unserem letzten Treffen trennen mussten. Ich hatte einfach Angst, ihn nie wieder zu seh´n, was ja durchaus hätte sein können. Das Leben von Sklaven war unberechenbar.
    "Ich hab dich nicht ausgesucht! Du warst einfach da." Und das stimmte doch auch. Irgendwas war da zwischen uns, was mich nicht los ließ. und das war an auch die Erklärung dafür, warum ich auch jetzt wieder bei ihm sein wollte. So nah, wie´s nur ging. Damit ich ihn fühlen konnte, seinen Herzschlag hören könnte. Das war Leben. Und ich wollte leben. Seit Luoans Tod, war mir mein Scheiß Leben egal gewesen, denn es gab niemanden mehr. Jetzt in dem Augenblick aber, mit ihm Seite an Seite, wollte ich mein Leben zurück! "Wir müssen uns was einfallen lassen, wenn wir uns in Zukunft sehen wollen!" Toller Vorschlag! Aber ich wusste beim besten Willen nicht wie. "Und ich will ich wieder seh´n! Ich will ich!" Gegen meine Gefühle kam ich nicht an. Auch dann nicht, wenn´s so kompliziert war, wie mit Aretas. Mir würde es mein verdammtes Herz brechen, wenn er mich jetzt abwies. Es musste doch einen Weg geben!

    Zitat

    Original von Iullus Quintilius Sermo


    Ich grinste mal kurz blöd, als ich meinen Namen hörte und Sermo mich vorstellte, aber dann war´s das auch schon, weshalb ich noch länger zu dem dunkelblonden Hünen mit dem markanten Gesicht schauen musste. Eigentlich interessierte mich viel mehr, was die zwei Typen, der Fette und der Dünne, da unten auf der Bühne machten. Aber so was, die war´n gar nicht mehr da! Mist! Ich kriegte gar nichts mit! Weshalb hatte mich Sermo eigentlich mitgeschleppt? Zum Nüsse holen und Platz aussuchen! Jetzt war so ein Jungspund zu sehen. Mit wem erzählte er denn? Mit sich selbst? Naja, wenn man keinem zum erzählen hat, dann labert man sich selbst voll!
    Es war ja jetzt das Mindeste, dass ich auch einige von den Pistazien abbekam! Irgendwann hatte ich die Tüte direkt vor der Nase. Klar, jetzt griff ich auch zu. ´Ne ganze Hand voll! Wann kriegte ich schon mal Pistazien? Ach ja, und artig "Danke!" sagte ich natürlich auch noch.

    Mist! Warum erzählte er denn jetzt nicht weiter? Na Klasse, jetzt gab´s von ihr auch noch ´ne Gardinenpredigt, du bist ein Sklave der Aurelia, schwafel, schwafel! Ich musste grinsen! Das hatte ich gottseidank hinter mir! Und er? Er zog schön brav den Schwanz ein, wenn er überhaupt einen hatte. Braves Hündchen, folg schön der domina! Mann, war ich wieder gehässig heute!


    Ich wollte gerade meine Einkäufe wieder nehmen, ie ich an er Hauswand abgestellt hatte und gehen, weil ich schon genug gehört hatte und es eh nix Neues mehr gab. Da stand plötzlich dieser Schrank hinter mir und packte mich an meiner Schulter. Germanische Eiche , wenn ich mich nicht irrte. Der Schrank konnte sogar sprechen!
    Den Typen kannte ich noch vom sehen. Der gehörte zur Aurelia. Aber fragt mich bloß keiner, wie der hieß. War ja auch egal. Nur jetzt stand er da und hatte mich erwischt.
    "He, lass mich los, du Blödmann! Du tust mir weh!" Na, toll! Die Aurlia stand auch schon hinter ihm hatte mich geseh´n! Große Klasse!

    Oh Mann, war das ein Gefühl! Mir war, als jagte ´s mir ´nen Blitz durch den ganzen Körper! So intensiv hatte ich das vorher noch nie erlebt. Aretas war eben was besoneres! Naja, ich war vielleicht bei ihm einfach mit der Holzhammermethode vorgegangen, und er fühlte sich vielleicht jetzt total überfahren. Manche Typen mochten es nicht, wenn die Frau die die Ini... Ini dingsbums, öhm Initiative ergriff.


    Er hielt mich sanft, dann lösten sich unsere Lippen voneinander. Wow! Ich hätte ihn noch stundenlang weiter küssen können. Er aber nicht. Überhaupt sah er ganz schön verwirrt aus. Ich konnte damit eigentlich gar nicht umgehen, denn ich fragte mich bereits, was ich denn schon wieder falsch gemacht hatte. Irgendwie sank mein Mut. Gleich schmiss er mich raus und dann tschüss, Salute und adios! Nein, bitte schmeiß mich nicht raus, bettelte die Stimme in mir. Tu´s nicht! Ich.. ich… Er nahm meine Hand. In der andern hielt er seine Lampe. Den Weg den wir langgingen, war nicht der zur Tür.
    Es war ein Raum, ein Schlafplatz. Sein Schlafplatz. Die Ölfunzel machte nicht genug Licht, um sich genauer umzugucken. Er stellte die Lampe in ´ner Nische ab und gab meine Hand frei. Ich war ja so froh, dass er mich nicht rausgeschmissen hatte! Also lag ihm auch was an mir.
    Ich machte einen Schritt auf Aretas zu, legte meine Arme um seine Taille und meinen Kopf auf seine Brust. Ganz egal, was heute Nacht noch passierte, ich war so froh, so unendlich froh!

    Hatte nicht mal irgendeiner gesagt, die Neugier sei eine Tugend der Frauen? Naja, ich war ´ne Frau und neugierig war ich auch, manchmal. Heute zum Beispiel! Von dem Sklaven war ja einiges an Information rübergekommen. Aber dann hatte die Aurelia dazwischen gefunkt und ich musste die Flatter machen.
    Unauffällig war ich in der nächsten Seitenstraße verschwunden. Statt aber nach Hause zu laufen, blieb ich einfach steh´n, dachte kurz nach und machte wieder kehrt. In unmittelbarer Nähe der beiden, blieb ich dicht an ´ner Hauswand gelehnt steh´n , so damit die mich nicht sehen konnten. Und dann stellten sich meine Lauscher! Die beiden flüstern ja nicht gerade. Ich bekam so ziemlich alles mit. Der Kerl hatte also gar keinen Ausgang, interessant! Und was war mit seiner Herrin? Deprimiert? Kein Wunder, wenn sie wirklich die Frevlerin war! Und Cimon und Charis? Was war mit denen? Woran war er schuld? Scheiße, ich hatte wieder nur mal die Hälfte mitgekriegt!

    Mir rutschte das Herz in die Hose, als ich das Öllampenlicht naher kommen sah. Eine Gestalt mit ´ner Mistgabel in der Hand, kam auf mich zu. Na toll! Ich sah mich schon aufgespießt und durchlöchert da liegen, nur noch als Futter für die wilden Tiere in der Arena zu gebrauchen.
    Ich verhielt mich ganz still, blieb stehen. Nur nicht zu laut atmen! Am besten gar nicht mehr atmen. Mist er kam näher! Nicht mal ´nen Holzknüppel hatte ich um… Aber… aber das war doch... war das nicht Aretas Stimme? Schon hatte er mich, nahm mich am Arm und zog mich zur Seite. Mannomann hatte ich ein Glück gehabt! Mir wurde fast schwindlig. "Ich... ich musste dich unbedingt wieder seh´n!" Aretas hatte recht, mein Verstand war absolut flöten gegangen, spätestens seit dem Mittag, kurz bevor wir auseinander gegangen waren. Und daran war nur er schuld! An ihm war was, was mich magisch anzog. Obwohl er sich jetzt nicht wirklich galant, oder wie das hieß, verhalten hatte.
    "Du hast von mir geträumt?" Öhm, ja! Da war ich erst mal platt, denn das hatte mir noch keiner gesagt!
    Aber war das nicht auch irgendein Zeichen? Naja, dass wir irgendwie zusammengehörten, oder so was. Jetzt streichelte er meine Wange und sah mich dabei so an. "Darf ich bei dir bleiben? Bitte! Beim Morgengrauen verschwinde ich auch wieder!" Der würde mich doch nicht jetzt vor die Tür setzen wollen? Oder doch? Aber wenn er doch schon mir geträumt hatte, dann war ich doch jetzt sein fleischgewordener Traum. Seine Traumfrau, sozusagen. Oder Alp… Alptraum… Alptraumfrau? Scheiße, warum dachte ich immer zu viel und dann auch noch das Falsche! Ach scheiß drauf, diesmal wollte ich es richtig machen! Ich stellte mich auf meine Fußzehen, streckte mich und Bingo! Ein Kuss, diesmal nicht auf die Wange. Diesmal direkt auf seine Lippen!

    Ich hatte echt eine scheiß Angst gehabt! Der Alte war schon längst eingeschlafen und schnarchte, als ich immer noch wach gelegen hatte. Seit heute Mittag ging mir Aretas nicht mehr aus dem Kopf. Er begleitete mich überall hin. Und ich wollte eigentlich auch nur noch eins, ihn unbedingt wiedersehen! Am besten heute noch!
    Ich hatte mit meiner Tunika im Bett gelegen und den richtige Moment abgewartet. Dann war ich auf Zehenspitzen aus der Sklavenunterkunft geschlichen, hatte die Tür zur Straße aufgesperrt und war einfach so abgehauen. Natürlich wollte ich wiederkommen! Sermo die Genugtuung zu geben, mich wegen Flucht dranzukriegen, wollte ich auf gar keinen Fall.
    Draußen war alles ruhig und dunkel. Um die Zeit war so gut wie niemand mehr auf der Straße. Es war ganz schön frisch. Ich hatte mir ´ne Decke umgehängt, sonst hätte ich mir noch den Arsch abgefroren. Zum Glück war Vollmond, so konnte ich wenigstens sehen, wohin ich lief. Bei Nacht sah alles so anders aus.
    Ich dachte scharf nach, welchen Weg ich gehen musste. Und nachdem ich mich ein paar Mal verfranzt hatte, war ich endlich da, wo ich hinwollte. Ich fand sogar eine Tür, die nicht abgesperrt war
    Im Dunkeln tastete ich mich voran. Keine Ahnung, ob ich ihn hier finden würde! Nur eins wusste ich, wenn mich hier einer erwischte, dann war ich am dransten!
    "Aretas?" rief ich leise in der Hoffnung, dass auch nur er mich hörte!

    Hä? Was? Bis Sermo endlich kam, warf ich mal einen verwirrten Blick auf die Bühne. Da waren zwei Kerle. Ein Fetter und ein Dünner. Die laberten wirres Zeug, was ich irgendwie nicht zusammen kriegte. Das lag garantiert dran, weil ich den Anfang verpasst hatte. Na klar, an was sonst?
    Ah, da war er ja! Und er lächelte. Sermo hatte heute wirklich seinen guten Tag erwischt, oder was sollte das? Nachdem er sich setzte, setze auch ich mich. Aber noch ehe ich mich den zwei Typen auf der Bühne wieder zuwenden konnte, sagte er was von Nüssen.
    Na prima, wenn das den Rest des Abends so weiterging, dann würde ich nie hinter den Sinn von diesem Geschwafel da unten kommen. Er drückte mir ein paar Münzen in die Hand und ich lief der Tante mit dem Bauchladen hinterher, die mittlerweile schon wieder in ´ner ganz anderen Richtung unterwegs war. Ob die auch gesalzene Panthernasen verkaufte, dachte ich grinsend. Nee, sowas hatte die garantiert nicht. Außer reichlich fetten Haaren hatte die sowieso nur noch ein paar Tüten Pistazien. Na besser als gar nix.


    Mit der Tüte Pistazien machte ich mich wieder auf den Rückweg. Auf halbem Weg konnte ich beobachten, wie sich ein Kerl neben Sermo Platz verschaffte. Naja, das war nicht eben die feine britannische gewesen. Aber mir konnt´s egal sein.
    Die beiden kannten sich offenbar, denn ich hörte, wie der Fremde mit Sermo erzählte, als ich näher ran gekommen war.
    "Die hatte nur noch Pistazien." Ich hielt ihm die Tüte hin, als ich mich wieder setzte. Dem Fremden war ich mittlerweile auch aufgefallen.
    "Salve!" Ein flüchtiges Zucken ging mir dabei über meinen Mund.

    Sermo, die alte Pestbeule, erhob sich. Am liebsten hätt ich ihm meine Faust in sein dämliches Grinsen gedrückt, aber unter den gegebenen Umständen war das sicher nicht die beste Lösung. Dieser Halunke! Und mit dem hatte ich… pah, ich wollte gar nicht mehr dran denken, was ich mit dem gemacht hatte!
    Zum Glück blieb mir sein Anblick an dem Tag bis auf einige kurze Momente erspart. Noch besser war´s, dass er morgen nach Ostia fuhr und hoffentlich lange dort blieb.
    Diomedes wartete schon draußen vor der Tür. Er war ganz versessen drauf, mir alles zu zeigen. Ich tat ihm den Gefallen und machte einen auf interessiert. Aber in mir drinnen, tief unten, begann was zu bröckeln.

    Das komische an den Römern war ja, je mehr Länder sie eroberten und Völker unterwarfen, umso häufiger kam es vor, dass sie sich deren Götter auch noch zu Nutze machten. So kam es dann, dass seltsame Kulte und Bräuche in Rom Einzug hielten. Zum Beispiel der Isis- oder der Serapiskult. Es gab sogar welche, die Epona, einer ursprünglich keltischen Göttin, Opfer darbrachten. Tja, und dann gab es auch welche, die´s ganz exotisch mochten!


    Irgendwie war ich von meinem eigentlichen Weg abgekommen und stand plötzlich vor diesem Tempel. Irgendso´ ne assyrisch- altbabylonisch, schlag-mich-tot- Göttin wurde da verehrt. Ich hatte sogar munkeln gehört, dass es da drinnen angeblich ganz schön abgehen sollte. Wieder mal ein weiterer Beweis, wie bekloppt die Römer doch waren!


    Ich wäre sicher gleich weiter gegangen, hätt´ ich nicht plötzlich ein Gesicht gesehen, was mir bekannt vorkam. ´Ne aurelische Sklavin, die vor dem Tempel auf irgendwas zu warten schien.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich sie ansprechen sollte. Die letzte Begegnung mit dem Sklaven hatte mir schon gereicht. Einem von den Aureliern wollte ich auf gar keinen Fall begegnen!

    Klar, am Ende war ich wieder schuld, warum wir zu spät waren! Dabei lag´s diesmal echt nicht an mir. Ich hatte schon längst meine gute blaue Tunika an, die mir Ursus mal geschenkt hatte und an meinen Haaren hatte es auch nicht gelegen. Schuld war einfach seine blöde Toga! Der Welt unnützeste Erfindung, die es überhaupt gab! Denn der dämliche Fetzen stellte sich mal wieder widerspenstiger an, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Ach ja und dann Sermo, der ständig rumgenörgelt hatte, weil´s ihm nicht gepasst hatte, wie ich das machte. Am Ende hatte der alte Grieche wieder mal herhalten müssen und die, zur Chefsache erklärte Toga, fachmännisch über die Schultern seines Herrn gelegt. Tja, gegen den hatte ich keine Chance! Wenigstens hatte Sermo micht mit ins Theater genommen, was ja echt einem kleinen Wunder gleichkam, bedachte man mal, wie fies und gemein er sich die letzten Wochen mir gegenüber benommen hatte, seit ich bei ihm war.
    Ihn drückte doch nicht etwa sein schlechtes Gewissen? Garantiert nicht! Den Kerl hatte ich schon seit meinem ersten Tag durchschaut! Mittlerweile war mir klar, wo der Hase lang lief! Solang ´s mir dabei aber gut ging, spielte ich einfach mit! Wann kam man denn schon mal ins Theater?


    "Ja, ich komm ja schon!", sagte ich leise. Aber so leise, damit er´s nicht mitbekam. Es war eh schon schwierig, sich ´nen Weg durch das Getümmel zu bahnen, ohne dabei auf die Kauleiste abzudriften. Aber irgendwann hatte ich Sermo doch noch eingeholt.
    Logisch, ich durfte mich jetzt um die Plätze kümmern! Wer auch sonst? Aber hallo? War er krank? Oder war´n meine Lauscher einfach nur verstopft? Hatte er eben sei so gut gesagt? Das kam einem bitte schon fast unglaublich nahe! Ich glaubte das ja kaum!
    Vielleicht weil er beinahe bitte gesagt hatte, oder weil ich mich endlich hinsetzen wollte, bemühte ich mich mal, und machte mich auf die Suche. Mit dem Erfolg, dass ich tatsächlich ein Stückchen weiter oben noch zwei freie Plätze fand. Ich winkte ihm zu, denn brüllen kam nicht mehr so gut, bedachte man, dass das Stück ja schon angefangen hatte.

    Die Leute waren mir total Schnuppe! Auch wenn sie blöd guckten. Sollten sie doch! Keiner von ihnen traute sich, was zu sagen. Nur ich kicherte, als Aretas wieder den Tuchhändler spielte. "Gut, ich erwarte deinen Sklaven, Tuchhändler undübergebe ihm das Geld bei der Lieferung!" Ich spielte mit, konnte mich aber kaum noch halten vor Lachen. Besser wenn wir jetzt weiter gingen. Bevor wirklich noch Ärger kriegten.


    Aretas Blick zum Himmel bedeutete nichts Gutes. Ich ahnte es schon, er musste wieder zurück. Mein Lachen verschwand, ich guckte bedeppert zu Boden und nickte.
    Auf dem Weg zur Casa schwiegen wir beide. Obwohl ich ihm diesmal so viel sagen wollte. Man hätte echt meinen können, das wäre unser letztesTreffen. Vielleicht war´s ja auch so. Das lag ja nicht in unserer Hand.


    Unweit der Casa Quintilia blieb er steh´n. Wir waren da. Leider waren wir das! Das Gefühl in mir drin, war so… so tieftraurig. So betrübt, wie ein kalter verregneter Herbsttag. Genau so war es. Die Sonne, die am Himmel stand und der blaue Himmel passten gar nicht dazu.
    Der Apfel, den er hervorzauberte, konnte dieses Gefühl nur kurzzeitig mildern. "Danke, das ist lieb." Ich biss ein Stück vom Apfel ab und gab ihn ihm wieder. "Den würde ich gerne mit dir teilen." Ich lächelte. Aber es war kein Lächeln von der heiteren Sorte. Fakt war, er musste jetzt wieder gehen und ich musste jetzt wieder in die Casa zurück. Irre viel Fragen schwirrten in meinem Kopf, beginnend mit war´s das jetzt schon? bis werden wir uns wiedersehen?. Am schlimmsten war aber die Frage, ob er mich wiedersehen wollte. Die Frage aber, wurde mir gleich beantwortet. Dabei sah er an mir vorbei, zur Tür. Logisch, wir mussten vorsichtig sein. Bis jetzt hatte mich Diomedes nicht verpetzt. "Ich will dich auch wiedersehen!", antwortete ich als er wieder zu mir sah. Danach drückte ich ihm noch schnell einen Kuss auf die Wange und rannte zur porta aber nicht ohne mich noch ein letztes Mal nach ihm umzuschauen.

    Nee, mir fiel echt nichts ein. Ich wollte auch nicht irgendwas so daher sagen, was ich gar nicht meinte. Das wär ihm gegenüber nicht fair gewesen. Tja, so schnell hatte sich meine große Klappe aus´m Staub gemacht.
    Wir gingen weiter. War auch besser so, sonst hätte ich Areas vielleicht noch was vorgeflennt. Aber ich glaubte, er hatte verstanden, warum ich nicht konnte. Warum ich nix sagen konnte.
    Zwischen uns war Stille. Nicht mal ein Hauch von ´nem Flüstern. Das war auch gut so. Es gab Zeiten, da war jedes Wort zu viel. Und das jetzt war eine angenehme Stille, in er ich jedenfalls nicht das Bedürfnis hatte, irgendwas sagen zu müssen.


    Vor dem Stand eines Tuchhändlers blieb Aretas auf einmal stehen. Ich sah mich fragend nach ihm um und war echt perplex, was jetzt kam.
    Langsam verzog sich mein Mund und irgendwann war daraus ein Grinsen geformt. Er hatte sich solche Mühe gegeben. Das musste belohnt werden.
    "Na schön, ich hätt gerne Blaue da! Blau steht mir doch, oder Tuchhändler?", sagte ich lachend.

    Seine Frau? Ichsah zu ihm rüber, direkt ins Gesicht. Dabei musste ich schlucken. Seine Frau und seine Kinder. An sowas hatte ich auch mal gedacht. Die Frau von jemandem sein. Stattdessen war ich die Sklavin von jemandem geblieben. Damit hatte ich mich sogar schon abgefunden. Hatte nie gedacht, dass das so einfach ging. Deswegen hatte ich mir gar nicht mehr den Kopf darüber zerbrochen, wie´s sein könnte, wenn man jemand gefunden hatte, dessen Frau man werden könnte.
    Auf einmal war ich richtig still und ernst geworden. Mein Lachen war wie weggepustet. "Wir hatten früher immer Hunde. Zu Hause in Gallien. Mein Großvater hat mir immer Geschichten erzählt, wie er früher mit seinen Hunden auf die Jagd ging. Als mein Bruder und ich noch klein waren, ging er aber nicht mehr auf die Jagd, weil er schon zu alt dafür war. ´Nen Hund hatten wir aber trotzdem. Der hat dann auf unser Haus aufgepasst." Damit hatte ich aber seine Frage noch gar nicht beantwortet. Was würde aus dem Welpen werden, wenn es meiner wäre? Darauf wusste ich ehrlich gesagt gar keine Antwort.

    Wieder geh´n? Wiso sollte ich wieder geh´n wollen? Jetzt doch nicht mehr! Ich strahlte weiter. Zu meiner Schande musste ich gesteh´n, tat ich das auch noch mit offenstehendem Mund. Aretas musste echt denken, ich hätte sie nicht mehr alle, vor allem deshalb, weil ich ihn auch so anhimmelte und nichts sagen konnte. Und als er dann noch richtig poetisch wurde, wäre ich beinahe zerlaufen, wie ein helvetischer Käse. Wie die Morgensonne. wenn die Tautropfen an den Blättern hängen und von leichten Windböen herunterlaufen und dann zerspringen… am Boden… in tausende kleinere Tropfen... oder wie das auch immer funktionierte…."Aaaaahh, das hast aber schön gesagt! So was hat noch nie einer zu mir gesagt." Wahrscheinlich weil die meisten gar nicht erst die Chance dazu gehabt hatten oder weil sie einfach nicht so viel, wie Aretas auf dem Kasten gehabt hatten.
    Gedanklich war ich immer noch bei den Tautropfen hängen geblieben und fragte mich selber schon, wie das funktionierte. Tropften die Tautropfen wirklich einfach so von den Blättern oder verdunsteten sie mit der Zeit? Keine Ahnung! Louan hätte sowas bestimmt gewusst, der konnte sich Pflanzen stundenlang betrachten, ohne dass es ihm dabei langweilig wurde.
    Doch dann wurde ich einfach von ihm mitgerissen. Vorher hatte er noch gesagt, etwas gesehen zu haben, was mir bestimmt gefiel.
    Junge, hatte der einen Zacken drauf! Der hätte locker auch als Läufer seinem Herrn Ehre machen können. Ich wäre beinahe gestolpert. Aber dann sah ich schon, was er meinte. Bei dem Anblick hätt ich mich echt wegschmeißen können! So süß waren die Welpen! Ich kniete mich neben einen der Körbe und streichelte einen der Welpen.
    "Die sind ja süß! Schau mal!" Einer der Kleinen hatte herzhaft gegähnt und sah dabei so drollig aus. Mit Hunden hatte ich es schon früher gern zu tun gehabt und das nicht nur, weil in Gallien Hunde schon immer eine wichtige Rolle gespielt hatten. Ein Gallier würde in der Not wahrscheinlich eher Menschenfleisch essen, als dass er seinen Hund oder sein Pferd anrührte.
    "Du willst dir einen kaufen, wenn du Geld hast?" Wenn er Geld hatte, also dann, wenn er irgendwann vielleicht mal wieder frei war. "Und was willst du mit dem Hund dann machen?" Genau, was wollte er machen, wenn er wieder frei war?