Ich hatte ja schon früher irgendwelche Geschichten gehört, wenn ´ne Frau und ´n Kerl zusammen waren, aber das hatte überhaupt nichts mit dem zu tun, was hier gerade passierte. Das hier war so schön und irgendwie liebevoll. Ich dachte schon, ich wäre in ´nem Traum und würde gleich aufwachen. Aber nein, er nahm meine Hände, küsste sie und legte sie an seinen Körper. So was hätte ich mich nie getraut, ihn einfach so anzufassen. Aber jetzt was das was anderes. Meine Finger wanderten über seine Brust und über den Rücken. Sein Körper war so fest und straff. Auch er war so zärtlich zu mir, wie ich es von ihm nicht gewohnt war.
Als er mich wieder küsste, dann erwiderte auch ich den Kuss. Meine Finger hatten jetzt sein Haar erreicht und sie gruben sich jetzt in seine kurzen Locken. Es war so wunderschön. Am liebsten hätte ich ihn nie wieder losgelassen. Nein, das hier hatte nichts mit den derben Erzählungen gemein, die ich früher schon gehört hatte. Das hier war völlige Hingabe, bei der ich nicht untätig bleiben wollte. Ich wollte ihn schmecken und so führte ich meine Lippen an seinen Hals und liebkoste ihn. Seine Haut schmeckte salzig.
Meine Unsicherheit war längst verschwunden. Ich wusste jetzt genau, dass ich es wollte und ich war mir auch sicher, ich konnte ihm vertrauen, sonst wäre er wahrscheinlich schon längst über mich hergefallen und hätte sich genommen, was er wollte.
Beiträge von Caelyn
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Vertrauen! Ja genau das war´s! Ich musste ihm einfach vertrauen, dann konnte nichts schief gehen. Aber genau da lag ja der Hund begraben. Ich musste endlich meine Ängste überwinden und über meinen eigenen Schatten springen und alles ausblenden, was irgendwann mal war.
Das war gut. Dann konnte ich mich in seine Hände begeben. Wenn ich´s mal realistisch sah, dann war ich da ja schon die ganze Zeit. Also beschloss ich, mich einfach fallen zu lassen. Noch einmal wollte ich es probieren und hoffte, dass diesmal einer da war, der mich auffing. Nein, er würde mich nicht fallen lassen. Diesmal nicht!"Ja, ich will dir vertrau. Und wenn du´s willst, dann will ich auch."
Wie seine Finger so zart über meine nackte Haut fuhren, da musste ich wieder zittern. Das was in mir abging, war gar nicht zu beschreiben. So was hatte ich nicht mal nach Probus´ Kuss gespürt.
Er sagte, es sei mit nichts zu vergleichen und es sei schön. Langsam verlor ich die Angst. Ich begab mich mit allem was ich war in seine Hände und vertraute auf ihn. Meine Muskeln, die die ganze Zeit über angespannt waren, ließ ich locker und das war schon ein befreiendes Gefühl, nicht mehr verkrampft zu sein. Ich war wie ein Blatt im Wind und ließ mich dort hinwehen, wo er es wollte. -
Der Kuss war so schon und bittersüß und ich wusste nicht ob ich ihn genießen oder mich dagegen wehren sollte. Ich wehrte mich nicht und gab mich stattdessen der Illusion hin, so was wie glücklich zu sein. Ich musste einfach den Gedanken nicht mehr weiterdenken, dass er mich nicht liebte. Ich hatte gar nicht gwusst, dass man dann trotzdem so gut küssen konnte. Ich wusste eigentlich gar nichts. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung von so was.
Er war so lieb und zärtlich, so wie ich ihn wirklich nur ganz selten erlebt hatte. Da musste doch etwas sein! Wenigstens ein winzigkleines Stückchen.Das genügte mir doch schon! So nah wie jetzt wolllte ich ihm doch immer schon sein. Jetzt war och hier und jetzt spielten meine Gefühle verrückt. Ja, jetzt hatte ich so was wie Angst. Nicht vor ihm, eher vor dem Unbekannten.
Ich zögerte mit meiner Antwort, weil ich gar nichts mehr wusste.
"Es ist für mich das erste Mal. Ich weiß nicht, wie.., ich hab keine Ahnung. Willst du es denn?" Ich kam mir wieder wie ein Kind vor, dass sich vor etwas fürchtete, was es zum ersten Mal machte. Der Reiz des Unbekannten war groß aber auch die Furcht, zu versagen. -
Das verwirrte mich jetzt wieder total. Erst sagte er, es würde nichts passieren, was ich nicht wollte und im nächsten Moment küsste mich Ursus. Das hatte er doch noch nie gemacht. Ich war´s doch immer, die mit dem Küssen anfing und wenn ich ihn dann geküsst hatte, wehrte er mich immer gleich ab, so als hatte ich ´ne ansteckende Krankheit. Er liebte mich nicht, also wollte er einfach seinen Spaß haben, oder sah ich das jetzt falsch? Das verstand ich einfach nicht. Aber der Kuss, den er mir auf die Lippen drückte, war so sanft und gefühlvoll. So hatte mich noch nie einer geküsst. Naja, ehrlich gesagt hatte mich bisher auch nur einer geküsst, der nicht zu meiner Familie gehörte.
Ich sträubte mich nicht dagegen, dafür war ´s einfach zu schön. Vielleicht war´s das dann auch, was mich ein bisschen ruhiger werden ließ. Wenigstens zitterte ich nicht mehr so.
Dann legte ich sachte meine Arme um ihn und umschloss sie. -
Ich musste nicht lange warten, bis etwas passierte. Er kam gleich auf mich zu, aber bevor er bei mir war, nahm er die Decke von seinem Bett und legte sie mir dann um die Schultern. Deswegen hörte ich aber nicht auf zu zittern.
Anscheinend gefiel ich ihm. Ich sah an mir herunter. Er sagte, ich sei wunderschön. Na wenigstens etwas! Aber wie jetzt? Ich sollte das nur tun, wenn ich es wollt?. Aha?! Aber hatte er nicht gesagt,...? Ach, das war alles so kompliziert!
Ich zog die Decke eng um mich herum. Das war mir jetzt doch lieber, als so völlig ohne da zu stehen. Ich hatte so überhaupt keinen Plan, was ich jetzt tun oder sagen sollte. Am besten gar nichts! Aber ich beobachtete ihn die ganze Zeit ziemlich skeptisch, so als wäre er ein Fremder für mich. Das hier war fremdes Terrain für mich, da hieß es wachsam sein!
Dann nahm er mich und trug mich zu seinem Bett. Dort legte er mich ab und setzte sich neben mich. Ich lag ganz bewegungslos da und sah ihn immer noch an.
Nee, Furcht war das nicht, was ich fühlte. Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein ich hab keine Angst! Ich glaub, das ist die Aufregung. Ich weiß nicht, was jetzt passiert. Ich hab noch nie, öhm, ich meine, ich war noch nie.." Ich war ein blutiger Anfänger. Ja, das war ich! -
Ich trat ein und blieb stehen, die Tür in meinem Rücken. Ich ging nicht weiter, damit ich im Notfall auch gleich wieder draußen war. So unsicher wie jetzt, war ich noch nie gewesen. Nicht mal damals, als sie mich beim Klauen erwischt hatten und ich dann Tage später an diesen blöden, vertrottelten Sklavenhändler verhökert worden war, der mich dann zu ´nem völlig überzogenen Preis an Ursus verschacherte.
Ursus stand jetzt am Fenster, als ich wieder rein gekommen war und hatte er sich zu mir umgedreht. Er sagte auch nichts. Naja, wenn jetzt keiner was von uns sagte, dann war das auch ganz schön doof. Fragte sich nur, wie lange wir das aushielten oder wer von uns als erstes vor Erschöpfung zusammenbrach. Aber ich wollte ja nicht so sein. Schließlich war das ja mein Job, ihm das Leben so angenehm, wie möglich zu machen.
"Ich, öhm, es tut, öhm, ich bin jetzt da. Wenn du es willst, bleibe ich." Dass ich tierisch aufgeregt war und mein Herz wie wild pochte, hörte man sofort! Ich trat etwas näher, war aber immer noch weit genug von ihm weg, um noch schnell abhauen zu können, falls es erforderlich wurde. So, und jetzt? Was jetzt? Ja, war doch sonnenklar, was jetzt kam!
Ich begann langsam meine Tunika abzustreifen und ließ sie dann vor mir auf den Boden fallen.
Wie ich da so stand, begann ich zu zittern, aber nicht weil ich fror, auch nicht aus Angst. Es war immer noch diese dämliche Unsicherheit, nicht zu wissen was jetzt passierte. Sollte ich jetzt so stehen bleiben oder mich irgendwo hinsetzen. Ich hatte keine Ahnung, wie das so ablief. Naja, Ursus würde mir bestimmt sagen, was ich tun sollte. Das war ja so einer der Vorteile des Sklaveseins, man musste nicht mehr zwingend selbst denken. Man musste einfach das machen, was einem gesagt wurde. -
Ich stand vom Boden auf und wollte eigentlich nur noch weg. Das war echt´ne Schnapsidee gewesen, her zukommen. Aber jetzt war ich hier. Ein Gutes hatte es ja, morgen musste ich nicht mehr nähen. Aber ansonsten sah´s in mir aus wie auf ´nem Trümmerfeld.
Natürlich hatte ich gehört was er da so leise daher gesagt hatte, aber ich sagte nichts drauf. Was sollte ich denn sagen? Ja, Ursus! Das stimmt! Nee, das stand mir nicht zu und das hätte ich auch nie gesagt. Gedacht hätte ich mir´s vielleicht. Mehr aber nicht.
Was er aber dann sagte, das erschütterte mich in meinen Grundfesten. Hierbleiben, ich? Vor wenigen Minuten hätte ich noch liebend ja gesagt. Jetzt fand ich diese Frage einfach nur schäbig! Er liebte mich zwar nicht, aber meinen Körper wollte er haben. Er gehörte ihm doch schon. Er musste es einfach nur befehlen.
Ich ging und schloß die Tür hinter mir.Draußen vor der Tür löste ich mich in meine einzelnen Bestandteile auf. Ich konnte echt nicht mehr. Alles, was in dieser Nacht vorgefallen war, ging mir noch einmal durch den Kopf. Alles was ich gesagt, gedacht und gefühlt hatte. Was, wenn er jetzt er selbst gewesen war? Wenn er das wirklich wollte?
Dann tat ich etwas, was ich wahrscheinlich später noch bereuen würde. Aber tat ich so was nicht die ganze Zeit? Ich dreht doch nur solche Dinger!
Ich öffnete wieder die Tür und trat ein. -
"Ja blendend!" bestätigte ich und sah Siv mehr als genervt an. Oh Mann, wie ich das hasste! Wie ich mir´s schon gedacht hatte, versuchten sie jetzt mit vereinten Kräften, mich zum reden zu bringen. Warum konnten die mich nicht einfach in Ruhe lassen? Was hatte ich denen den getan? Wenn die schlecht drauf waren, nervte ich sie doch auch nicht!
Was mich ja besonders nervte, war Siv Gerede, nähen wäre nicht so schlimm. Ihre Arbeit wäre viel schlimmer!
"Ey sagt mal, geht´s noch? Für mich is Nähen so das schlimmste, was es gibt. Nee, ich werd nicht eure Latrinen putzen und eure blöde Gartenarbeit mach ich auch nicht!" Echt es war richtig zum kotzen! Aber gut, wenn ich die beiden Samariterinnen los werden wollte, musste ich reden.
"Na gut! Wenn man euch nur so los kriegt! Ich hab mich in Germanien in so ´nen Typen verliebt. Naja, er ist noch dort und ich bin jetzt hier. Ich wollte ´nen Brief an ihn schreiben, aber Ursus hat ihn gefunden und hat ihn zerrissen. Tja und jetzt darf ich nähen, bis zum Sanktnimmerleinstag! So, war´s das jetzt?"
Hoffentlich ließen die mir jetzt meine Ruhe. Ich hatte keinen Bock auf quatschen! Ich wollte nur schlafen. -
Wenn kleine Mädchen zum ersten mal verliebt waren, dann pflückten sie ein Gänseblümchen und zupften die Blütenblätter ab. Dabei sagten sie, er liebt mich, erliebt mich nicht, er liebt mich, er liebt mich nicht. Ich hatte gerade das letzte Blütenblättchen abgezupft. Er liebt mich nicht! Tja, das musste ich jetzt einfach akzeptieren. Es wäre ja auch zu vermessen von mir gewesen, wenn ich hätte glauben dürfen, er würde mich lieben. Ich gehörte einfach nicht zu denen, die so einfach geliebt wurden. Vielleicht lag´s an meiner Art, so wie ich eben war, oder an meiner Nase, oder an sonst was. Warum saß ich jetzt eigentlich noch hier? Keine Ahnung! Alles was ich anpackte, war zum scheitern verurteilt. Darin war ich wirklich gut! Wenn es mal irgendwann ´nen Wettbewerb darin geben sollte, dann belegte ich garantiert den ersten Platz. Na, wenigstens in irgendwas gut sein!
Dann zog er mich an sich heran und drückte mich ganz fest. Einerseits fand ich das schön . Es gab mir so ein Gefühl von Sicherheit. Aber irgendwas tief in mir drin wehrte sich dagegen, weil es weh tat.
"Klar kein Problem", sagte ich ganz locker, als wenn überhaupt nichts passiert wäre. Ich war wieder auf Abstand gegangen. "Besser, wenn ich jetzt schlafen gehe, morgen ist wieder ´n langer Tag!" Ich musste einfach lernen, meine Gefühle zu unterdrücken. Irgendwann würden sie abstumpfen. Gefühle machten nur Ärger und den konnte ich nicht gebrauchen. Mein Leben war schon schlimm genug! -
Wie er das sagte, niemand kann Vertrauen erzwingen, das klang so sachlich so kalt. Naja gut, Ursus war wirklich kein Partybrüller. Aber warum musste er immer nur so seine Gefühle verstecken? Er machte immer so einen auf unantastbar. Warum sagte er nicht, dass ihn das enttäuschte? Dass ich ihn enttäuschte. Aber im Prinzip war es das Gleiche, wie mit diesem blöden Patriziergehabe. Mann, Ursus kochte doch auch nur mit Wasser!
"Bitte gib mir noch etwas Zeit!" Vielleicht war ja doch was dran, an dem Spruch, die Zeit heilt alle Wunden. Vielleicht sogar die, die ganz tief nach unten gingen. Klar, er hatte mir mehr als einmal gezeigt, dass ich ihm vertrauen konnte. Ich aber war noch immer nicht bereit dazu, mich einfach fallen zu lassen. Die Angst, eben dieses eine Mal nicht aufgefangen zu werden, steckte mir zu tief in den Knochen.
Und dieser Kuss? War das nichts anderes, als sich fallen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass man aufgefangen wurde?
Auf jeden Fall hatte er seine Wirkung nicht verfehlt. Er war erst überrascht, erwiderte ihn dann doch. Es war so schön, ihn zu schmecken. Aber dann drückte er mich doch wieder weg. Ich war noch total benebelt, als er davon redete, es würde alles nur noch schwerer machen und es wäre ein Fehler. Verdammt, es war schon schwer genug, schrie es in mir.Da kam es auf das bisschen jetzt auch nicht drauf an. Ich wusste jetzt echt nicht, was ich machen sollte. Sollte ich abhauen? Aber das machte dann alles wieder zunichte, was wir in dieser Nacht wieder mühsam aufgebaut hatten. Sollte ich bleiben? Verdammt, ich konnte mir mein Herz nicht rausreißen. Meine Gefühle abstellen, so wie er es immer machte, konnte ich nicht.
Ich blieb! Aber ich sagte nichts. Ich konnte nichts mehr sagen. -
Was sollte das denn werden? Kaum hatte ich mich auf´s Ohr gelegt, kam Siv und setzte sich zu mir auf die Bettkante zu meinen Füßen. Ich sah ihr dabei zu, wie sie ihre Füße hochzog und dann fragte die mich auch noch was, bei dem ich dachte, ey Mädel, dasselbe könnte ich auch dich fragen!
"He was? Nix ist los! Wie kommste´n drauf?" Aber damit war´s noch lange nicht genug. So, als ob sie sich abgesprochen hatten, kam dann auch noch Fhionn und stellte sich an das Kopfende von meinem Bett. Ey, musste ich jetzt Angst haben? Hatte ich was verbrochen? Dann noch ihre Fage! Das konnte doch nicht normal sein!
"Hört ma, wie kommt ihr´n dauf? Mir geht´s blendend! Sieht man doch! So Mädels und jetzt zieht Leine, ich bin müde und will schlafen! Und tschüss!"
Komisch! Die sahen nicht danach aus, als würden die jetzt einfach so abhauen! Och nö! Mensch, jetzt hatte man mal Zeit zum poofen, da kamen gleich die zwei Schwestern von der psychologischen Notrufzentrale! Das durfte doch echt nicht wahr sein! Mir konnte sowieso keiner helfen!
Ich seufzte laut, weil ich ja eh wusste, dass das alles keinen Sinn hatte. Die zwei würden nicht eher Ruhe geben, bis sie mich komplett ausgequetscht hatten.
"Na schön! Wenn´s euch glücklich macht! Ich bin müde und ich hab keine Lust morgen wieder nähen zu müssen! Reicht das?" Klar, das war natürlich noch lange nicht die ganze Wahrheit, sondern nur ein klitzekleines Detail. -
Einerseits hörte sich das ja alles total beruhigend an. Aber vielleicht lag´s einfach da dran, weil ich im Leben schon so oft enttäuscht worden war, so dass ich mir schwer tat, daran zu glauben. Was konnte ich da noch sagen? Eigentlich nicht viel. Nee, ich lächelte gütlich.
Offenbar brachte ich ihn mit meiner Fragerei so richtig in Bedrängnis. Aber wenn wir schon mal dabei waren... Er musste erst mal tief durchatmen, dann fing er an zu sprechen.
"Ach warst du das nicht?" Ich hatte eigentlich gedacht, dass er es war, der Siv und Fhionn auf mich angesetzt hatte. Na, dann konnt´s ja nur mein Bruder gewesen sein! Naja, deswegen war ich ihm jetzt auch nicht böse.
"Weißt du, es ist schwer für mich, daran zu glauben. Ich bin so oft fallen gelassen worden in meinem Leben. Das kann man nicht einfach so ablegen. Ja, ich tu mir immer noch schwer damit, Leuten zu vertrauen, die´s eigentlich gut mit mir meinen. Das muss ich noch lernen. Aber das ist auch nicht so ohne! Ich trau mich einfach nicht, mich völlig loszulassen und darauf zu vertrauen, dass mich einer auffängt. Früher musste ich dann auch noch auf meinen Bruder aufpassen. Das hat alles noch schwieriger gemacht."
Logisch, ich hatte gemerkt, dass er mich fester drückte. Das war auch gut so. Jetzt konnte ich nicht mehr anders. Die ganze Zeit hatte ich es mir verkniffen. Jetzt traute ich mich. Ich küsste ihn. -
Den ganzen Tag nähen müssen, war schon ´ne Zumutung, aber den ganzen Tag in Sophias Anwesenheit nähen zu müssen, war das ´ne echte verschärfte Bedingung! Die hatte mich den ganzen lieben langen Tag voll gesülzt, mich Sachen, die ich nicht mal in zehn Jahren hören wollte. Mir lief schon Blut aus´m Ohr. Wenn ich jetzt noch einen traf, der mir ´nen blöden Spruch ins Ohr drückte, dann spielte der mit seinem Leben. Meine Augen taten mir weh und meine Finger waren komplett zerstochen. An einigen Kleidern, die ich heute genäht hatte, klebte mein Blut. Zum Glück war der Blutverlust nicht lebensbedrohlich.
Müde kam ich im servitriciuum an und wollte mich eigentlich nur noch in meine Koje schwingen. Es waren zwar schon einige von den anderen Sklavinnen da, aber da ich keine Lust auf Small Talk hatte, sagte ich nix, außer "N´Abend!", als ich eintrat, sondern steuerte sofort mein Bett an und legte mich hin. Dann starrte ich zur Decke. Hoffentlich konnte ich bald einschlafen!
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Na wenn er meinte! Ich jedenfalls wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. So wie er es jetzt sagte, klang das ja jetzt fast schon witzig. Was war aber,wenn…
"Was ist eigentlich, wenn sie mich nicht mag? Wirst du mich dann weggeben?" So wie´n Haustier,wenn man ihm übertrüssig geworden war. Naja, deswegen würde er ja wohl kaum seine Frau in die Wüste schicken. Wie schon gesagt, ich wusste, wie Frauen sein konnten, ich war ja selbst eine. Wenn mich seine Frau als ihre Rivalin betrachtete, auch wenn es dazu keinen Grund gab, dann war´s ja wohl klar, wer den Kürzeren zog.
Überhaupt machte es mich traurig, was er mir dann sagte. Klar, für eine wie mich würde er niemals mit den Konventionen brechen wollen. Das kam gar nicht in die Tüte. Das war auch ein Punkt, der mir sofort an den Leuten hier aufgefallen war, seit ich in Rom war. Alle waren peinlichst darauf bemüht, ihr Ansehen zu wahren und mit ihrer Fassade nach außen zu glänzen. Keiner interessierte sich dafür, wie´s in einem Menschen innen drin aussah. Sowas konnte ich auf die Dauer nicht aushalten. Würde er das vielleicht für Cadhla tun? Hätte er es getan, wenn sie nicht fort gegangen wäre? Ich schüttelte traurig den Kopf. Wahrscheinlich bemerkte er das gar nicht in der Dunkelheit.
Es war zwar schön zu hören, dass er mich sehr gern hatte und ich war ihm ja auch ewig dankbar dafür, dass er mir meinen Bruder wieder gegeben hatte. Aber war´s nicht so, wie man auch ´ne Katze oder ´nen Hund gern hatte. Mit dem ärgern war das ja auch so ´ne Sache. Wenn er sich mal zu viel über mich ärgerte, dann konnte das auch schlimme Folgen für mich haben. "Was hättest du getan, wenn ich nicht klein bei gegeben hätte und zu dir gekommen wäre?" Das interessierte mich jetzt brennend. -
Na, das hörte sich nach richtig viel Stress an. Was machte er denn, wenn er an einen Hausdrachen geriet. Und vor allen Dingen, was machte ich da? Frauen konnten da ja richtig zickig sein. Das wusste ich, weil ich ja selbst eine war- eine Frau!
Ja, ja, die guten alten keltischen Zeiten! Insgeheim hatte sich natürlich der eine oder andere Brauch in die Gegenwart hinüber retten können. Besonders auf dem Land war das so.
"Ja, klar! Ich finde, das war auch gar nicht schlecht! Stell dir vor, du müsstest einen heiraten, den du gar nicht magst! Ausserdem kennt man sich ja auch meistens vorher schon. Natürlich hatte der Vater der Braut auch was zu sagen. Bei uns war es auch durchaus Gang und Gebe, dass Frauen auch ein Mitspracherecht hatten, wenn es um wichtige Ding ging. Und wenn es hart auf hart ging, standen sie auch ihren Mann im Kampf."Irgendwie hatte ich den Eindruck, Ursus war heilfroh, dass sich wieder alles eingerenkt hatte. Fragte sich nur, wie lange das anhielt. Jetzt war er ja ganz verträglich, wahrscheinlich weil ihn sonst niemand sah. Aber morgen? Morgen würde er garantiert wieder den Patrizier raushängen lassen.
"Warum kann es nicht immer so sein? Ich meine, so wie jetzt. Wir reden, wie zwei normale Menschen miteinander." Und sitzen freundschaftlich zusammen. Außerdem mochte ich es, wie er mit seiner Hand durch mein Haar strich. Das hätte er stundenlang machen können. -
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Das hatte ich mir gedacht. Wie schön, wenn man so was von sich behaupten konnte. Wenn man das Glück hatte, den Menschen zu treffen, den man so lieben konnte. Dumm lief es dann, wenn man ihn nicht lieben durfte.
"Bei euch ist das Heiraten doch nur Mittel zum Zweck, oder? Ich meine, die die du heiratest, liebst du doch nicht wirklich. Eure Hochzeiten sind doch arrangiert. Ihr heiratet nicht aus Liebe. Früher, als meine Leute noch anders gelebt haben, war das bei uns auch anders. Da durfte sogar die Frau mitbestimmen, wen sie heiratet. Und sie konnte sogar einen Mann erwählen, der einem niedigeren Stand angehörte, als sie selbst. Heute ist das ja nicht mehr so." Ja, heute ging das alles zivilisiert, romanisiert über die Bühne und Frauen hatten nix mehr zu melden!
Aber was ich schön fand, war seine Erwiederung meiner Umarmung. Sonst war er immer gleich in Abwehrhaltung gegangen. Jetzt aber tat er es mir gleich und er streichelte mich sanft. So gut es eben bei den Lichtverhältnissen ging, versuchte ich ihm in die Augen zu schauen.
"Ich hab dich auch vermisst. Tagsüber hab ich dich verflucht, aber abends.. Ich hab mir mehr als einmal überlegt, zu dir zu gehen. Aber ich hab´s immer wieder verworfen. Weil ich vielleicht auch nicht mutig genug war." Ich fühlte mich so wohl in seinen Armen. So was hatte mir die ganze Zeit gefehlt und ich hätte gerne noch mehr genommen, hätte er es mir gegeben. -
Es war schon weniger geworden. Die ganze letzte Woche, die ich in diesem dämlichen Nähzimmer zugebracht hatte, mir die Finger zerstochen hatte und ich Ursus die Pest an den Hals gewünscht hatte, beschäftigte mich nur dieser eine Gedanke. Dass er mich nicht vergessen hatte, war mein Wunschdenken. Daran klammerte ich mich mich. Aber sowas, wie den Märchenprinzen gab´s für mich nicht. Den würde es auch nie geben. Wenn man ganz unten saß, war es fast unmöglich, irgendwie höher zu kommen.
Die Zeit heilt alle Wunden! Diesen blöden Spruch fand ich zwar echt zum kotzen, denn selbst nach über zehn Jahren, seitdem meine Mutter nun schon Tod war, waren meine Wunden nicht geheilt. Jeden Tag erinnerten sie mich daran, was geschehen war und welche Ungerechtigkeit meinem Bruder und mir zuteil geworden war."Du hast sie geliebt und liebst sie noch immer,stimmt´s! Es ist nicht wichtig wer man ist und was man ist. Viel wichtiger ist, was man kann. Wenn du fähig bist jemanden zu lieben, dann ist das wunderschön. Wenn du einen anderen Menschen in dein Herz lässt, dann beweißt du wahre Größe. Jemanden hassen kann man schnell, aber jemanden lieben. Und Liebe ist etwas schönes, auch wenn sie im Geheimen bleiben muss!"
Ich rutschte etwas näher an ihn heran. Er hatte sich tatsächlich bei mir entschuldigt! ER bei mir! Da musste ich echt mit den Tränen kämpfen. Das hatte ich nicht erwartet. Eher würde es schneien, im August!
Ich kam noch näher und ich umarmte ihn. "Danke! Danke, dass du das sagst. Es tut mir auch leid, wie ich mich benommen hab." -
Seit vor vielen Jahren meine Mutter gestorben war und meine feine Verwandschaft meinen Bruder und mich auf die Straße gesetzt hatte, hatte ich es aufgegeben, mich Illusionen hinzugeben. Ich hatte gelernt was es heißt, jeden Tag ums nackte überleben zu kämpfen und niemandem zu trauen. Das brachte mir Auf Dauer nur sehr wenige Freundschaften ein. Aber ein gebranntes Kind meidet das Feuer. Ich wusste, ich lebte in keiner rosaroten Traumwelt, wo ich nur warten musste, bis mein Prinz auf seinem weißen Ross angeritten kam, um mich zu holen. Das war was für stinkreiche, verzogene Gören, die keine Ahnung vom Leben hatten. Warum fragte er mich also, wie´s weitergehen sollte. Das hatte ich doch eh nicht in der Hand.
"Wir wissen doch beide, dass er mich schon längst vergessen hat, dass ich nur ´ne willkommene Abwechslung im eintönigen Soldatenalltag war und dass er niemals hier auftauchen würde, wenn er tatsächlich mal nach Rom kommt. Diesen Brief zu schreiben war Blödsinn. Ich wollte einfach einen Moment glauben, dass es vielleicht doch möglich ist." Also was sollte da noch weiter gehen? Dort wo nichts war, konnte auch nichts weiter gehen. -
Endlich war ich wieder zu mir gekommen. Ich hatte mich schon fast aufgerichtet, als er sich zu mir setzte. Ich zögerte erst noch, weil ich mir nicht sicher war, ob´s nicht besser war, doch abzuhauen. Aber ich ließ mich mal wieder von ihm erweichen. Irgendwann würde das mal mein Verhängnis sein!
"Na gut, ich bleibe!" Ich setzte mich wieder, allerdings mit einem ordentlichen Abstand zu ihm.
"Ich wollte mit dir sprechen, damit du endlich kapierst, was überhaupt passiert ist. So wenig Kontrolle du über deine Träume hast, so wenig hatte ich Kontrolle über meine Gefühle. Ich wollte das doch gar nicht. Aber dann ist´s einfach passiert. Ich hab für ihn was empfunden, auch wenn ich´s nicht wollte. Das war das erste Mal, dass ich so gefühlt hab. Nein, das ist gelogen. Das war nicht das erste Mal." Die ganze Zeit hatte ich ihn angesehen. Aber dann konnte ich nicht mehr. Ich musste wegsehen. Er sollte mich so nicht sehen.