Beiträge von Caelyn

    Ich konnte mir nicht helfen, Tilla sah irgendwie ganz schön geknickt aus und das, was sie sagte hörte sich schwer nach verliebt an! Ums genauer zu sagen, es hörte sich schwer nach unglücklich verliebt an! Ich konnte da ja jetzt mitreden, denn ich war ja auch schon mal verliebt gewesen. :]
    Das war mal wieder typisch! Die blöden Kerle! Erst verdrehten sie ´nem Mädel den Kopf und dann verpissten sie sich auf nimmer Wiedersehn!
    "Ach Tilla, Kopf hoch irgendwann kommt mal der Richtige angetrabt! Du bist ja noch jung!" Nich so wie ich, ich ging ja schon stark auf die 21 zu! :D
    Aha, diese Nuala konnte also singen und war nicht stumm. Na was die für´n Glück hatte! Das Instrument, was die Neue spiellen konnte, kannte Tilla nicht. "Na, ist ja auch nicht schlimm! Vielleicht läuft die mir ja auch mal übern Weg und dann kann ich sie ja mal fragen!"
    Tilla gefiel mir jetzt überhaupt nicht mehr. Bauchweh hatte sie und als sie erzählte, was sie noch alles hatte, da fiel´s mir wie Schuppen aus den Haaren! Logisch! Ich grinste und klopfte ihr auf die Schulter! " Willkommen im Club! Ey, keine Sorge, das ist völlig normal! Weißte, wir Frauen kriegen das jeden Monat einmal. Das daurt dann ein Paar Tage und dann ist gut!" Tja, wir Frauen mussten eben immer die A-Karte ziehen!

    Als ob ich´s nicht schon früher gewusst hätte! Die beiden Mädels konnten auch nix machen. Keine von beiden hatte ´n Wundermittel parat, was mich von meinem blöden Gefühl befreien konnte. Nur Mitleid hatten beide. Das war ja ganz lieb gemeint. Aber mal erhlich, was konnte ich mir dafür schon kaufen? Naja, hauptsache mal drüber gelabert. Und sonst nix.
    "Hey, Mädels seid mir nicht böse", ich löste mich aus Fhionns Umarmung. Eigentlich mochte ich so was gar nicht, wenn mir eine so dicht auf die Pelle rückte. Aber ich wusste, Fhionn meinte es nur gut.
    "aber wir können die Welt heut Abend nicht mehr retten und ausserdem bin ich irre müde! Also lasst uns ´ne Runde schlafen, abgemacht?"
    Hoffentlich ließen die mich jetzt in Ruhe! Ich war nicht so für Gefühlsduseleien. Aber eins, was Fhionn gesagt hatte, ging mir nicht aus dem Kopf. Noch mal mit Ursus reden! Mal sehen, vielleicht, irgendwann, oder auch nicht.

    Mehr kamen wohl wirklich nicht mehr mit! Die feinen Damen sowieso nicht! Das hätte nur Streß gegeben. Unsereiner wusste ja, wie die Zuckerpüppchen so drauf waren! :D Nur Brix kam noch mit, das war gut! Ich suchte mir eines der freien Pferde aus, und verstaute das Gepäck in den Satteltaschen. So ´n bisschen Bammel hatte ich ja schon. Es war schon ganz schon lange her, seit ich das letzt Mal auf ´nem Pferd gesessen hatte. Mit einem Ruck hatte ich aufgesessen und war bereit, los zu reiten.
    Auf einmal kam Fhionn in den Hof. Sie sah so aus, als wäre sie auch gern mit geritten. Warum kam sie nicht einfach mit? Sie hatte Proviant dabei. Nikki glaubte anscheinend, wir wären für die nachten drei Wochen auf Reisen. Naja, lieber mehr als zu wenig!
    Fhionn tat mir schon so ´n bisschen leid. Klar, sie hatte Matho abgemurkst. Aber ey, sie hätte dafür ´nen Orden verdient! Mir lag´s auf der Zunge, Ursus zu bitten, sie mitzunehmen, aber ich traute mich nicht.

    Tilla wollte es jetzt aber genau wissen! Mein Bruder war halt noch jung und wusste noch nicht so viel vom Leben. Unser altes Leben in Augugstodunum hatte uns wenig Zeit gelassen, zu lernen. Außerdem war mein Bruder auch irgendwann mal in ein Alter gekommen, in dem er sich für Mädchen interessierte.
    "Ach weißte, früher hat er zu Haus immer so blöde Sachen gemacht. Einmal hat er sich mit solchen üblen Kerlen eingelassen, die ihn aber ganz schnell übers Ohr gehauen hatten. Naja und dann die Weiber! Manchmal labert er blöd rum, gegenüber Mädchen und so."
    Echt, ´nen kleinen Bruder zu haben, konnte total nervig sein. Aber zum Glück wurde er ja auch älter und vernünftiger. Das war echt ´ne tolle Idee von Ursus, ihn herbringen zu lassen.
    "Tilla, sag mal, hast du etwa ´nen Freund?" Das hörte sich ja fast so an, auch wenn´s einer von den Römern war. Aber sicher wusste sie, dass es wenig Sinn machte, sich mit einen von denen einließ. Das hatte ich selbst erlebt.


    Aha, Nuala war also ´ne Neue! Orestes Neue!
    "Ahso, die sieht so aus wie du, aber stumm ist sie nicht, oder?" Das war ja interessant! Singen und Spielen sollte sie für ihn. "Öhm, mal ´ne blöde Frage. Wozu soll´n das gut sein? Macht die sonst nix?" Naja, so reiche Typen kamen ja auf die irresten Ideen! Also warum nicht auch ´ne Sklavin die singen und spielen konnte. "Öhm, was spielt die denn eigentlich?"
    Komisch, irgendwie sah Tilla auf einmal so aus, als hätte sie was. "Is was mit dir?", fragte ich besorgt.

    Hey, mein Glück! Die dämlichen Viecher waren erst mal vom Tisch. Stattdessen hatte Tilla´ne richtig tolle Idee, die mich zum Grinsen brachte. "Mach doch mal!" Ich nickte heftig und kicherte, was ich ja normalerweise gar nicht machte. Eigentlich fand ich kichern blöd. Das machten nur kleine Mädchen. Aber das hier war zu komisch! Ich stellte mir grad mal Corvinus vor, wie er Tillas Text mit zu der Acta nahm, ihn las, toll fand und ihn dann auch noch veröffentlichte.


    Mein Kichern ließ schlagartig nach, als sie wieder vom Winter zu sprechen begann. In Tillas Mund klang das alles so einfach und kindlich. Aber der Winter war nicht so! Der Winter war grausam und schlug Jahr für Jahr zu, um sich die zu holen, die nicht kräftig genug waren.
    "Ja, Tilla! Genauso wie´n Eichhörnchen." Meine Stimme klang so´n bisschen belegt. Ich hatte halt schon vieles erlebt, was mich den Winter nicht mehr so romantisch sehen ließ. Aber das musste Tilla nicht wissen. Damit musste ich sie nicht belasten. Schließlich wurden wir in Rom nicht von ´ner monatelangen Eiszeit heimgesucht.
    Dann kamen wir wieder auf meinen Bruder zu sprechen. Jeder, der ´nen kleinen Bruder sein Eigen nennen konnte, wusste, wie nervig die manchmal sein konnten. Manchmal nervten die mit ihrer bloßen Gegenwart. Du nervst mich, weil du du bist! Klar, dafür konnte keiner was, nicht mal Louan!
    "Ach weißte, wenn er dummes Zeug labert oder Sachen macht, die doof sind, dann nervt er mich. Jungs machen eben manchmal blödes Zeug! Das is einfach so! Die haben da irgendwas drin in ihrem Kopf, was denen sagt, dass sie jetzt was blödes machen müssen!" Ja, genauso musste es sein!
    "Öhm, wer is Nuala?" Den Namen hatte ich ja noch gar nicht gehört!

    So langsam füllte sich der Hof. Erst waren´s fast nur Sklaven, die sich einfanden. Die Neue war auch dabei. Die hatte ich noch gar nicht gesehen, nur von ihr gehört. Wenn die da war, dann war Orestes auch nicht mehr weit.
    Jeder hatte irgendwas bei sich. Ich natürlich auch. Für Ursus hatte ich noch´n paar Sachen eingepackt, falls das Wetter schlechter werden sollte.
    Tilla macht ´nen ganz aufgekratzten Eindruck. Das war ihr ja auch nicht zu verdenken. Endlich mal wieder raus! Aber ob sie wusste, was so der Sinn und Zweck von so´ner Jagd war? Dass jagen nicht nur ausreiten war, würde sie noch früh genug sehen. Allerdings wenn ich mein Vorhaben umsetzte, dann würde heute kein einige Tier sterben!
    Inzwischen war auch Avianus und Orestes eingedrudelt. Das war ja richtig interessant! Drei männliche Aurelier und drei Sklavinnen! Nahmen die denn keine männlichen Skaven mit? Was, wenn einer von denen angegriffen wurde? Dann sahen wir Mädels mächtig alt aus! Dass draussen, vor der Stadt die Jäger auf uns warteten, wusste ich nicht.


    "Ich nehm das, was ich krieg!" antwortete ich auf Tillas Frage und ging zu Ursus rüber. "Für alle Fälle hab ich für dich auch noch was Warmes eingepackt. Man kann ja nie wissen…" Ich verzog meinen Mund zu ´nem vagen Lächeln. "Welches Pferd nimmst du? Öhm, kommt eigentlich noch Brix oder Trautwini mit?"

    "Nee, nicht wirklich Fische! Die heißen nur so, weil sie so aussehen, wie kleine Fischchen, nur mit Beinen dran. Verstehste?" Aber hallo, da hatte ich mir was aufgehalst! Tilla hatte garantiert solche Viecher schon gesehen. Die, die schon mal das balneum oder die Latrinen geputzt hatten, hatten hundertprozentig auch Bekanntschaft mit Lepisma saccharina gemacht, dem ansonsten ganz friedlichen, hundsgemeinen Silberfischchen. Es war aber auch zu blöd, dass die dämlichen Viecher nicht da waren, wenn man sie brauchte. Dann hätte ich´s ihr zeigen können. Aber zum Glück gab´s noch mehr, worüber wir quatschen konnten. Der Text zum Beispiel, den Tilla geschrieben hatte. Naja, der war also doch nicht so ganz auf ihrem Mist gewachsen, oder doch? "Abgeschrieben und dann umgeschrieben? Hey, dann ist´s ja doch deine eigene Geschichte. Du hast dir nur´n bisschen was ausgeliehen," lachte ich.
    Ob Tilla jetzt wirklich schon mal Schnee gesehen hatte, konnte ich nicht sagen. Was sie darüber erzählte, klang so, als hatte sie mal ´nen Tag mit Schnee erlebt. Klasse! Aber was so ´n echter Winter war, davon wusste sie nicht viel. "Ja, im Winter wird’s arschkalt! Da brauchste was besseres, als Sandalen und ´ne kurze Tunika! So´n Winter kann ja auch ganz schön lange dauern!" Ich konnte mich noch gut erinnern, wie´s zu Hause im Winter war. Wenn mein Bruder und ich uns nicht rechtzeitig nach ´ner winterfesten Unterkunft umgeschaut hatten, dann konnt´s richtig ungemütlich werden. Das Essen wurde im Winter auch immer regelmäßig knapp. Einige, von denen, die ich mal kannte, waren im Winter gestorben, wenn sie zu allem Übel auch noch krank wurden. Nix zu fressen, kein Dach über´m Kopf und dann noch krank werden, das war, wie´n Todesurteil! Das war jetzt alles soweit weg. Louan und ich hatten´s geschafft, zu überleben. Wie man so hörte, strengte sich mein Bruder ganz doll an. Jetzt malte er plötzlich Bilder und verzückte damit Römer, die mit mir nie im Leben gelacht hätten, höchstens über mich!
    "Der heißt wirklich so! Ich muss es wissen, denn der ist mein Bruder. Ehrlich! Der redet so wie ich. So reden wir alle bei uns zu Haus. Der Sertorio kam ja, glaub ich aus Hispania. Naja, die reden wahrscheinlich auch so bei sich daheim." Ich zuckte mit den Schultern. Jeder laberte so, wie er´s von zu Hause gewohnt war.
    "Nen kleinen Bruder zu haben kann manchmal echt nervig sein. Aber ich bin froh, dass er da ist!"

    "Ja, Silberfischchen. Diese kleinen Viecher, die so schnell rum krabbeln." Die musste sie doch kennen! Gut, die gab´s hier nicht so oft, weil die keine Chance hatten, sich großartig zu vermehren. Vielleicht wusste sie einfach nur nicht, wie man die nannte.
    "Ja, ja, scheiben is ´ne feine Sache!" Wenn man´s konnte. Mit Tinte hatte ich auch schon geschrieben. Letztens den Brief an Probus, der mir ´ne Menge Ärger eingebracht hatte. Jetzt laß ich aber erst mal, was Tilla geschrieben hatte.
    Das war wirklich schön, was sie so alles mit Worten anstellen konnte. Echt toll. Ich konnte das bestimmt nicht!
    "Echt super, Tilla! Haste dir das selbst ausgedacht oder hat das ´n anderer für dich gemacht. Öhm, ich mein, haste das irgendwo angeschrieben, oder so?" Wenn sie das selbst geschrieben hatte, dann alle Achtung! Ich fand´s wirklich nicht schlecht!
    "Wie, du kennst den Schnee nicht? Das gibt´s doch nicht! Oder? Das weiße kalte Zeug, was im Winter immer runter kommt?" Na gut, hier kam´s vielleicht nicht so oft runter, aber da, wo ich herkam, schneite es jedes Jahr. Aber vielleicht war das ja auch der springende Punkt!
    "Ja, klar mag ich Eichhörnchen und Nüsse. Nüsse mag ich eigentlich noch lieber!" Nicht dass ich mir etwa Eichhörnchen futterte, oder so was. Nee, ich fand die einfach nur
    niedlich.
    Wen meinte sie denn damit, der Mann der für Corvinus Bilder malte und bei Duccia Clara Unterricht bekam? Mein Bruder wurde von Duccia Clara unterrichtet, ja. Aber malen? Für Corvinus?
    "Meinst du Louan? Mein Bruder?"

    Das war mein erstes Mal. Ich war noch nie mit auf ´ner Jagd gewesen und außerdem konnte ich´s nicht ausstehen, wenn man die Tiere einfach so zum Spaß tötete. Aber den Römern musste das ja richtig gut gefallen! Ehrlich gesagt, wusste ich was besseres, wie man sich den Tag verweilen konnte. Aber das wollte ja mal wie üblich keiner wissen.
    Also hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, so viele Tiere, wie möglich zu retten! Ich war wahrscheinlich die erste, die sich um die armen Viecher da draussen Sorgen machte. So jemand würde man irgendwann Tierschützerin nennen. Momentan nannte man so einen einfach irre.
    Caelyn, die Beschützerin der römischen Fauna, betrat den Hof...


    Ich kniff mir die Augen zu, als ich den Hof betrat, weil die Sonnenstrahlen mich so blendeten. Das war verdammt früh heute Morgen. Ein normaler Mensch lag um diese Zeit noch in seinem kuschligen Bettchen. Aber normal, wer war das schon? Naja, und ich hatte das besondere Vergnügen, noch früher aufzustehen, weil ich Ursus ja wecken musste.
    Echt tolles Wetter, dachte ich, aber warum sollten deswegen so viele Kanickel, Rebhühner und was weiß ich noch dran glauben? Das war doch nicht gerecht! Und wenn Tilla dann wieder die toten Viecher sah, bekam sie vielleicht noch Alpträume, oder so. Nee, das musste ich unbedingt verhindern und zwar ohne dabei unangenehm aufzufallen. Am Ende bestraften die mich noch, weil sie nix erbeuteten!

    Fische im impluvium? Ich guckte mal ganz schön doof aus der Wasche. So was gab´s doch gar nicht! We hatte ihr den den Bären aufgebunden? "Öhm, nee! Fische sind da keine drin! Höchstens Silberfische, wenn gerade mal Ebbe ist, oder so und wenn niemand das Ding geputzt hat und es dreckig ist!" Ich stellte mir vor, wie da so´n Delfin oder so´n Hai da drin herum paddelte! Aha, Brix hatte ihr so was erzählt! Echt Fantasie der Junge, das musste man schon sagen! Auf was für Ideen der kam! Oder vielleicht hatte er sich ja auch einen Spaß mit Tilla erlaubt.
    Ich wollte eigentlich schon weiter gehen, als sie mich wegen dem Unterricht in der flavischen Villa fragte, bei dem einige der aurelischen Sklaven teilnahmen. Ich war da auch einige Male mit dabei gewesen.
    "Naja, weißte, Lesen und Schreiben konnte ich vorher ja auch schon. Ich hab aber die Hälfte davon vergessen gehabt. Als ich auf der Straße gelebt hab, hat sich keiner für Horaz und wie die ganzen Typen heißen, interessiert. Da war´s auch völlig Wurscht, ob man schreiben und lesen konnte oder nicht. So´n paar Stunden Nachhilfe haben´s echt wieder gebracht!"
    Aber als sie mir dann verriet, dass sie selber ´ne Geschichte geschrieben hatte, war ich echt platt! "Ehrlich, du hast was geschrieben? Öhm, ich mein, man sieht, dass du was geschrieben hast. Deine Nase ist ganz mit Tinte verschmiert." Ich grinste und setzte mich zu ihr. "Zeig mal, was hast du denn geschrieben?"

    Mittagsschlaf war was für Weicheier oder für Herrschaften, aber nichts für die unfreien Hausgenossen in der Villa Aurelia! Hätte ich Brix ins Ohr gedrückt, ich mach jetzt meinen Mittagsschlaf, denn hätte er mir wahrscheinlich ein paar Takte zum Thema Mittagsschlaf erzählt. Darin unterschied er sich nur wenig von Möge-er-im-Hades-schmoren-Matho. Aber ansonsten war er ganz in Ordnung.
    Da ich also nicht zu denen gehörte, die sich jetzt genüsslich in ihr Bettchen verziehen konnten, ging ich meinen Aufgaben nach. Die führten mich direkt in Ursus´cubiculum. Naja,und ganz unter uns, der gehörte auch nicht zu den Typen, die Mittagsschlaf machten. Echt irre, vor´n Paar Wochen hatte ich ihn noch die Pest an den Hals gewünscht und jetzt… naja, jetzt nicht mehr! War doch echt klasse, was so ne Aussprache alles bewirken konnte! Es gab zwar immer noch so einiges, was mir Probleme bereitete, aber es ging mir wieder gut. Ich musste nicht mehr nähen und ich hatte ihm alles gesagt, was mir auf der Seele gebrannt hatte. Das tat echt gut! Konnte ich wirklich jedem empfehlen: Leute, redet miteinander!
    Auf dem Weg zu Ursus´ cubiculum kam ich zwangsläufig am Atrium vorbei. Dabei fiel mir auf, wie jemand am Rand des impluviums hockte und in die Pfütze darin guckte. Dieser Jemand war Tilla. Ich blieb stehen und beobachtete sie. Was machte die denn da? "Na, Lust zum schwimmen, oder was machst´n da?"

    Eigentlich gehörte ich ja nicht zu denen, die den ganzen Tag nur davon laberten, wie schlecht es ihnen ging. Ich fand so was affig! Mal ganz ehrlich, wen interessierte das denn schon, wie´s mir ging und was mit mir los war? Naja gut, die zwei interessierten sich dafür. Wieso wusste ich nicht.
    "Na schön, also ich glaub, ich hab mich verliebt, öhm ich mein, ich bin verliebt!" Glaubte ich das nur oder war ich´s am Ende wirklich? So´n Mist, wenn das nur einer wusste! Probus fand ich ja total nett und süß. Er war der erste, der richtig nett zu mir gewesen war und mir nicht gleich an die Wäsche gehen wollte, wie die anderen Blödmänner in Augustodunum früher.
    "Nein, also ich glaub schon, ich bin verliebt, aber ich weiß nicht, was ich machen soll! Ich weiß, das mit Probus kann zu nix führen, aber es tut so weh, hier drinnen!" Ich deutete auf die Stelle, wo mein Herz pochte. Es musste doch einen geben, der für mich was empfand und zu dem ich gehen konnte. Klar, Probus war in Germanien und ich in Rom. Aber wenigstens der Brief hätte so was, wie ´´ne Verbindung sein können!

    Warum fühlte ich mich nach Kuss nicht besser? Auch nicht, nachdem er das zu mir gesagt hatte.
    Ich sah ihm noch ausdruckslos nach, wie er ging und blieb noch eine Weile. Mensch Caelyn! Du musst ganz schön bescheuert sein! Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? Für den Augenblick war es schön gewesen. Aber jetzt? Ich fühlte mich irgendwie dreckig an. Obwohl ich doch eigentlich das bekommen hatte, was ich wollte. Aber zu welchem Preis? Ich hatte mich hergegeben und hatte dafür nur das Trugbild dessen bekommen, was gerne gehabt hätte. Ich konnte Liebe nicht erzwingen, genauso wenig wie er Vertrauen erzwingen konnte. Und doch, ich hatte mich ihm anvertraut. Aber er liebte mich nicht.


    Irgendwann ging ich auch. Ich musste mich noch waschen!

    Ob ich das auf Dauer aushalten könnte, wusste ich nicht. Ich wusste nur, ich würde gleich hier raus rennen müssen. Alles war wie immer und nichts, aber auch überhaupt nichts deutete mehr darauf hin, was wenige Stunden zuvor hier geschehen war.
    Ich ging Ursus zu Hand, wo er mich brauchte. Dieses Schweigen machte mich noch wahnsinnig. Warum sagte er denn nichts? Schämte er sich jetzt für das, was er getan hatte? Wenn sich hier jemand schämen musste, dann war ich´s doch! Aber nichts kam, kein Ton! Ich musste mich echt zusammenreißen! Aber so hatten wir´s ja auch vereinbart.
    Aber dann sah er mich an und griff nach meinen Handgelenken, als ich ihm seine Tunika richten wollte und küsste mich.
    Ich wehrte mich nicht. Vielleicht war´s das, was mir jetzt helfen konnte. Es fühlte sich gut an. Aber ich musste mich damit abfinden, dass so ein Kuss nur die Ausnahme war. Das war leichter gesagt, als getan!
    Wie sollte ich nur mein restliches Leben aushalten, wenn ich jetzt schon versagte?

    Ja, das war der Ursus, wie er am Tage war. Vielleicht ´ne Spur netter als sonst, aber ansonsten nicht viel anders. Wehmütig sah ich, wie er aufstand. Die Nacht war jetzt endgültig vorbei. Aber ich wusste das ja. Und ich wusste, wie schwierig es sein konnte. Aber ich sagte nichts. Es war eben so - am Tag.
    Ich stand auch auf und zog meine Tunika drüber. Mein Haar war ganz zerzaust. Ich ließ es erst mal offen. Kämmen und waschen konnte ich mich auch noch später. Jetzt war´s erst mal meine Aufgabe, mich um Ursus zu kümmern.
    Ich holte ihm seine Kleidung, brachte ihm Wasser zum Waschen und ging ihm zur Hand, wenn er etwas brauchte.
    Gesagt hatte ich nichts dabei. Ich lächelte etwas, damit ich meine wahren Gefühle verschleiern konnte.

    Irgendwann war er dann richtig wach, oder auch nicht. Denn ganz so sicher konnte ich mir da nicht sein. War das wirklich Ursus? Ich hatte da so meine Bedenken. Hallo Fremder? Er war wie ausgewechselt! Das war nicht der toternste Langweiler wie sonst immer am Morgen, der nur an seine Arbeit dachte. Ihm machte es auch überhaupt nix aus, dass wir verpennt hatten. Nicht die Bohne!
    Ob´s das wirklich wert war fragte er mich. Ja, vielleicht schon. Schön war´s gewesen. Aber ob´s das wert war, musste sich erst noch zeigen.
    Ich wurde ruhiger, zappelte nicht mehr so rum und lächelte dann vage.
    "Ja, ich denk schon."
    Aber dann kam´s! So wie ich ihn kannte. Wir mussten dringend aufstehen! Na klar! Ich begann schon mal meine Tunika mit den Augen zu suchen. Irgendwo auf dem Boden musste sie ja liegen, da wo ich sie heute Nacht abgestreift hatte. Aber dann fragte er mich ob ich es bereute, zurückgekommen zu sein.
    "Nee, ich bereu´s nicht! Es war schon gut so." Nicht nur, weil ich nicht mehr nähen wollte. Auch weil er jetzt wusste, was ich empfand.

    So einfach abhauen war nicht! Egal wie ich´s versuchte, ich kam nicht von ihm wer. Dann wurde Ursus auch noch wach. Er zog mich an sich heran. Klar, wir hatten verpennt. Ich hatte verpennt, denn ich war ja der Wecker vom Dienst.
    "Morgen", antwortete ich. So richtig konnte ich mich nicht an dem Morgen erfreuen. Aber anscheinend machte ihm das heute gar nichts aus, dass es so spät war. Naja abwarten! Wenn er erst mal wusste, wie spät es wirklich war, dann wäre er wahrscheinlich nicht mehr so gut drauf. "Ja, sieht so aus!" Was konnte ich auch anders sagen? Eigentlich war´s ja im Bett kuschelig warm. Wenn nach mir gegangen wäre, hätte ich locker den ganzen Morgen hier bleiben können. Schade, nach mir ging´s leider nicht.

    Irgendwann war ich eingeschlafen. Es war ein sehr tiefer und ruhiger Schlaf. Wahrscheinlich hatte ich in den letzen zehn Jahren nicht mehr so gut geschlafen, wie in dieser verbliebenen Nacht. Ich war nicht allein. Ursus hielt mich immer noch in seinen Armen, was mir dieses irre Gefühl von Sicherheit gab.
    Als die Sonnenstrahlen mein Gesicht trafen und ich davon langsam wach wurde, blinzelte ich erst verschlafen. Ich fand mich in Ursus´ Bett wieder und er lag immer moch neben mir und schlief. Er hatte seinen Arm noch um meinen Körper geschlungen.
    Der Helligkeit des Sonnenlichts zu urteilen, musste es schon viel später als sonst sein.Ja, die Morgengymnastik hatten wir definitiv verpasst! Na Klasse, dann war er bestimmt wieder total gut gelaunt, wenn er aufwachte. Um die Zeit saß er ja meistens schon im Büro und arbeitete. Naja, das konnte er heute mal glatt streichen. So´n freier Tag hatte doch auch was! Man musste ihm das einfach mal schmackhaft machen. Nur wie?
    Es war vielleicht besser, wenn ich mich son mal aus dem Bett davon schlich und ihm seine Sachen bereit legte, damit er nicht ganz so stinkig war. Aber das war mal wieder besser gedacht, als getan! Es war nämlich gar nicht so einfach, sich aus seiner Umarmung herauszuwinden, ohne dass er dabei wach wurde.

    Es tat weh, als wir eins wurden. Sogar sehr. Es war wie ein Stich. Beinahe hätte ich sogar geschrien. Ich konnte es aber noch unterdrücken. Nur ein Wimmern war´s, mehr nicht. Meinem Gesicht sah man´s aber an. Die Schmerzen verebbten bald und dann war nur noch diese Welle, die auf mich zukam. Ich stürzte mich hinein, weil ich es so wollte und es war das Beste, was ich bis dahin erlebt hatte. Was ich fühlte konnte ich nicht beschreiben. Es war so erfüllt. Ich war erfüllt und ich fühlte mich glücklich. Ich glaube, ich lächelte sogar. Als ich merkte, wie er sich wieder entspannte, wollte ich ihn noch festhalten. Ich hatte ihn so gerne für immer festgehalten. Ich wusste aber, unser Glück war nur von kurzer Dauer. Wenn es denn so was wie Glück überhaupt war. Ich traute mich nicht, die Stille zu durchbrechen und etwas zu sagen. Etwas lag mir auf der Zunge, aber ich brachte es nicht über die Lippen: ich liebe dich.
    Ich war jetzt müde und erschöpft aber innen drin immer noch hellwach. An morgen wollte ich nicht denken. Morgen früh war ich wieder die Sklavin und er der Herr. Am Tage ist es so und in der Nacht ganz anders! Warum konnte die Nacht nicht ewig dauern?

    Ja, er hatte echt nicht gelogen, als er meinte, es wär mit nichts zu vergleichen. Es war ein total irres Gefühl und wenn ich die Augen zu machte, dann dachte ich, mir würde es schwindlig werden. Es kribbelte überall und mir war so heiß, als er mich mit Liebkosungen überdeckte. Auch ich musste schwer atmen. Auf meinem Körper hatte sich Feuchtigkeit gebildet. Ich schmeckte bestimmt auch nach Salz.
    Da war irgendwas, was noch mehr forderte, etwas was sich mit dem, was war noch nicht zufrieden geben wollte und schon gar nicht noch lange warten wollte. Ich war das! Ich wollte noch mehr. Mein Körper verlangte es. Ich umschlang ihn und drückte ihn fest an mich und hauchte seinen Namen in sein Ohr. Das war der Name desjenigen, dem ich gestern Morgen noch die Pest an den Hals gewünscht hatte. Jetzt lag er bei mir und war so zärtlich zu mir, wie´s noch nie jemand zuvor war. Das war doch total verrückt!
    Es fiel mir echt schwer zu glauben, dass er rein gar nichts für mich empfand. Wenn ich ihn jetzt fragte, dann hätte ich damit bestimmt alles kaputt gemacht. Nee. Das wollte ich nicht. Dafür war´s einfach zu schön!