Beiträge von Caelyn

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-2.jpg%20]


    Trutmo


    Mitten in der Nacht war Trutmo aufgebrochen. Es war wieder Markttag in Mogontiacum. Sein Wagen war vollgeladen mit Käse und anderen Erzeugnissen, die sein Hof hergab. Mit der Zeit hatte er sich eine Stammkundschaft schaffen können, die es kaum erwarten konnte, bis er wieder einmal in der Stadt war.
    Die Zeit drängte. Er war spät dran gewesen. Seinen üblichen Platz hatte er diesmal nicht ergattern können. Den hatte sich diesmal sein Kollege ergattert, der seine Hühner, tot oder lebendig an den Mann bringen wollte. Der Marktstand war schnell aufgebaut. Trutmo war ja nicht zum ersten Mal hier. Jeder Handgriff saß. Jetzt noch schnell die Ware aufbauen und schon konnte es los gehen. Trotz der frühen Stunde waren schon einige Leute unterwegs. Um den potentiellen Kunden seine Produkte schmackhaft zu machen, schnitt er einen Käse auf, damit jeder probieren konnte, der wollte. Er selbst stibitzte sich zum Schluß auch ein Stück und kaute es zufrieden. Auf Kundschaft wartend, sah er sich um. Beobachtete, was die anderen Händler taten und freute sich über den schönen sonnigen Morgen, auch wenn es im Augenblick noch etwas frisch war.
    Nanu, war das nicht die Kleine, die vor ein paar Wochen bei ihm an Stand war? Sie war ihm aufgefallen, weil sie schwanger gewesen war. Als sie die letzten Male nicht gekommen war, hatte er sich schon gewundert, weil sie doch seinen Käse so sehr mochte. Ob sie diesmal wieder zu ihm kam?

    Vielleicht war ich ja zu sehr mit mir selbst beschäftigt, so dass ich Melinas Stimmungswandel nicht wirklich bemerkt hatte. Und dabei hätte man es doch an ihrem Schmollmund sehen können, dass sie mit etwas unzufrieden war. Ich aber wischte mir noch die letzte Träne von der Wange und versuchte meinen Schwermut runterzuschlucken.
    Melina hatte so was noch nie erlebt – Liebe. Aber sie war ja auch noch ziemlich jung. Ein bisschen erinnerte sie mich an mich selbst, als ich so alt war, wie sie. Gerade noch suchte ich nach einer Erklärung, wie man das Gefühl von Liebe am besten beschreiben konnte, da riss sie die Augen weit auf und herrschte mich an. Ich war ganz schon erschrocken und starrte sie nur an. Verdammt noch mal, ich hatte es doch gewusst! Lass dich nicht mit Sermos Schwester ein! Jetzt hatte ich den Salat.
    "Ich…öhm… du bist noch jung. Die … die Liebe wird auch zu dir kommen… irgendwann."

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-1.jpg]


    Caerdoc von den Ambiani



    Caerdocs Laune verschlechterte sich zusehende. Der Kerl, der ihm diesen Laden empfohlen hatte, war wahrscheinlich besoffen gewesen oder hatte sich zur Abwechslung ein paar Pilze reingezogen.
    Er hatte sich eigentlich einen netten gemütlichen Abend erhofft, aber das hier drohte immer mehr aus dem Ruder zu laufen. Der Kerl, der nach ihm kam, versuchte Radau zu machen und ging in die Vollen. Er legte sich doch tatsächlich mit einem der Römer an! Es war doch klar, wie so etwas endete. Gleich würden hier ganz gewaltig die Fetzen fliegen. Wenn das nicht hitzköpfig war!
    Der Ambianer seufzte, als der Grieche sich zu ihm an den Tisch setzte. Mit seiner Vermutung lag er absolut richtig! Das würde sehr lustig werden. Zu lustig für ihn! "Mir reicht´s jetzt!" Der Met,den der Wirt gerade abgestellt hatte und der von dem Fremden gesponsert worden war, rührte er nicht an. "Hier nimm meinen! Der ist noch warm." sagte er zu dem Griechen. Dann begann er einige Münzen aus seinem Geldbeutel zu kramen und knallte sie auf den Tisch. Schließlich wollte er dem Wirt nichts schuldig bleiben und verließ die Taverna.

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-1.jpg]


    Caerdoc von den Ambiani



    Um die Hühner würfeln! Caerdoc schmunzelte. Der Grieche war doch nicht der Duckmäuser, für den er ihn gehalten hatte. Er war gewitzt. Aber sagte man das den Griechen nicht auch nach, dass sie gewitzt waren? Der Ambianer hätte sich fast schon hinreißen lassen, auch an den Tisch der Römer zu treten um zu verkünden, dass er mitmachen wollte, wenn um die Hühner gewürfelt wurde. Aber die Kerle ließen nicht mit sich handeln. Unter anderen Umständen hätte Caerdoc vielleicht nachgeholfen. Aber diesmal nicht. Er war gerade mal wenige Stunden in Mogontiacum und wollte noch etwas länger bleiben. In einer Stadt wie dieser wartete sicher auch das eine oder andere "Geschäft".
    Als der Grieche sich wieder auf seinen alten Platz setzte, überlegte der Kelte nicht lange und rief ihn zu sich. "He, Grieche! Wenn du willst, setz dich zu mir!" So ein gewitzter Grieche konnte ziemlich hilfreich sein. Inwieweit würde man noch sehen. Wenn man erst einmal gemeinsam getrunken hatte… Ach ja trinken! Caerdoc griff ins Leere, als er seinen Becher nehmen wollte. "He, Wirt! Wo bleibt der Met?" In dieser Spelunke war der Wirt nicht auf Zack!

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-1.jpg]


    Caerdoc von den Ambiani


    Je größer sein Hunger wurde, desto schlechter wurde seine Stimmung. Caerdoc leerte den Rest des Mets in einem Zug und ließ den Becher mit einem lauten Krach auf die Tischplatte zurücksausen. Sollte wenigstens der Met seinen Magen füllen. Für´s erste, auch wenn das mit der Zeit und bei erhöhter Menge Auswirkungen auf sein Verhalten haben konnte. Betrunken war der Ambianer unberechenbar.
    "Noch einen!", rief er.
    Beiläufig beobachtete er den Fremden, der kurz nach ihm hereingekommen war und nun auch den Puls orderte und in der Taverna nächtigen wollte. Der tat ja mächtig geheimnisvoll! So machte es jedenfalls den Eindruck.
    Der Grieche, der ihn so angestarrt hatte, grüßte schön und redete irgendetwas Belangloses daher, um ein Gespräch anzufangen.
    "Du scheinst mir von viel weiter herzukommen! Das verrät mir dein Aussehen und deine Sprache!", wich er ihm aus. Dem Griechen musste er ja nicht auf die Nase binden, woher er kam und noch viel weniger, was er dort gemacht hatte. Am Ende müsste er den Griechen dann auch noch zu den Fischen schicken.


    Der Wirt begann, langsam lästig zu werden. Sagte er nicht soeben, es gäbe nur noch zwei Hühner? Dummerweise war Caerdoc noch nicht in der Taverne gewesen, als genau diese beiden Hühner schon von den nett dreinschauenden römischen Herrn, ein paar Tische weiter, bestellt worden waren. Verdammtes Römerpack!
    "Hör zu, mir ist es egal, ob du mir die römischen Hühner oder den Puls auftischst! Nur tisch mir endlich was auf!", knurrte er und widmete sich wieder dem Griechen.
    Doch dann roch es plötzlich so verführerisch nach gebratenen Hühnern und die Frau des Wirtes erschien aus der Küche. Sie brachte die Vögel zu den beiden Römern. Verdammt noch eins!

    Sermo hatte es sich auf seinem Bett gemütlich gemacht, während ich noch davor stand und das Gedicht aufsagte. Da war er wohl ganz schön baff, dass ich so was drauf hatte. Allerdings war´s das auch schon, was ich auswendig aufsagen konnte. Also, was Gedichte dieser Art anging, die die schön waren und in denen es um Liebe und so´n Zeug ging.
    Als ich fertig war, klatschte er mir Beifall, den ich ziemlich ungerührt hinnahm. Ich starrte lieber ins nichts und verhielt mich ruhig, weil ich hoffte, dadurch nicht noch mehr sein Interesse zu wecken. Nur nicht auffallen! Eigentlich wollte ich nur, dass er mich jetzt in Ruhe ließ.
    Aber das ging mächtig in die Hose, also das mit dem Interesse wecken. Er wollte noch mehr Gedichte hören. Krampfhaft überlegte ich mir was, irgendwas. Aber mir fiel mal wieder nichts ein. Nicht mal einen der derben, schmutzigen Sprüche, die manchmal an die Häuserwände in Rom gepinselt wurden. So ein Mist aber auch!
    Und wieder forderte er mich auf. Diesmal klang das sogar fast freundlich. Jetzt musste ich irgendwas von mir geben, sonst... Darüber dachte ich jetzt lieber nicht nach.
    Mir vielen da nur ein paar Zeilen ein, die ich ebenfalls in einem Buch gefunden hatte. Vielleicht war´s sogar das gleiche gewesen, aus dem ich das erste Gedicht hatte. Wahrscheinlich würde ihm das aber nicht gefallen. Ich kannte es deswegen, weil ich gerade nach Louans Tod damit etwas anfangen konnte.
    "Weithin über die Lande und über die Meere gezogen,
    Kehre endlich ich heim, Bruder, zu traurigem Dienst,
    Dass ich als letztes Geschenk dir weihe die Gabe der Toten,
    Und deine Asche umsonst rufe, die stumme, umsonst,
    Da dich selbst nun einmal ein bittres Geschick mir entrissen.
    Bruder, mein Bruder, warum wurdest du mir geraubt!"

    Ich hielt kurz inne, weil es mir gerade an dieser Stelle so nahe ging. Eine Träne kullerte über meine Wange, die ich schnell wegwischte. Er sollte es nicht mitkriegen, was ich fühlte. Vielleicht gehörte ihm mein Körper, aber meine Gedanken und Gefühle gehörten nur mir! Dann machte ich weiter.
    "Nimm es denn hin, was unsere Väter nach altem Brauche
    Für die Toten bestimmt als ein Ehrengeschenk,
    Nimm es hin, was reichliche Brudertränen benetzten:
    Sei auf ewige Zeit, Bruder gegrüßt und leb wohl!"

    Hoffentlich genügte das jetzt, damit ich mich endlich in meine Ecke zurückziehen konnte. Lieber auf dem kalten Boden kauern, als so nahe bei Sermo sein müssen!

    Dieses miese Dreckstück! Ich hätte ihr die Augen auskratzen können, als sie sich vor mir aufplusterte und "was sonst" geiferte. Nur dumm, dass mir da die richtigen Worte fehlten oder besser noch, der Antrieb, ihr meine Faust in ihre dämliche Fresse zu drücken. Nicht mal, als sie mich Hure nannte. Diese dumme Pute hatte doch überhaupt keine Ahnung!
    Als sie sich umdrehte und sich bückte, um das Brennholz in das dafür vorgesehene Fach zu räumen, geiferte sie immer noch weiter.
    Bisher hatte ich nur dumm und schwerfällig rum gestanden, wie ein begossener Pudel und hatte mir ihre Beleidigungen angehört. Aber jetzt reichte es! Endgültig! Wie von selbst holte mein rechter Fuß aus und trat mit Schmackes in ihren Allerwertesten! Treffer! Ja!!! "Sonst, DAS!" Der Tritt kam so überraschend und heftig, dass Gaia eigentlich nur noch eins übrig blieb: Kopf über in die Holzscheite, die sie so sorgsam im Brennholzfach gestapelt hatte, hineinzukrachen.
    Ich schnaubte noch vor Wut, aber ich spürte schon die Genugtuung, dieser dämlichen Schlampe eins ausgewischt zu haben. Hoffentlich hatte ihr dreckiges Maul auch was abgekriegt!
    Pera hatte wie ein neugieriges Waschweib da gestanden und zugehört. Aber als Gaia zu Boden ging, stürzte sie zu ihrer Schwester, um ihr zu helfen. "Bist du verrückt? Schau, was du gemacht hast! - Geht´s dir gut, Gaia? Du blutest ja!"
    Ja, hoffentlich blutete sie! Das sollte ihr eine Lehre sein.

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-1.jpg]


    Caerdoc von den Ambiani



    Zum Glück wärmte der Met gut. Wenn jetzt noch bald das Huhn vor ihm auf dem Tisch stand und er damit auch seinen Hunger stillen könnte, war alles gut. Langsam begann sich sein Körper zu entspannen. Endlich konnte er ausruhen, nach der langen Reise. Dabei hätte er Confluentes gar nicht so überraschend verlassen müssen. Eventuelle Zeugen für das, was passiert war, gab es nicht mehr. Die lagen längst mit durchgeschnittener Kehle auf dem Grund des Rhenus. Aber Caerdoc hielt es nie lange an einem Ort. Seit er vor vielen Jahren seinen Leuten in Samarobriva den Rücken gekehrt hatte, war er rastlos geworden.
    Außerdem hatte er einen Sinn dafür entwickelt, besonders aufmerksam für seine Umwelt zu sein. Das konnte in seinem Metier lebensrettend sein. So entging es ihm nicht lange, das einer der Männer, die ein paar Tische weiter saßen, ein Auge auf ihn geworfen hatte. Der Kerl starrte ihn unvermindert an. Der Ambianer wurde nervös, doch seine Selbstsicherheit obsiegte.
    "Gibt´s was?", blaffte er den Kerl an, der mit Sicherheit eines nicht war, ein Einheimischer! Dem Aussehen nach vielleicht ein Grieche.
    Ungefähr im gleichen Moment öffnete sich die Tür erneut. Ein weiterer Gast trat ein, den Caerdoc zwar im Blickwinkel hatte, aber nachdem er sich gesetzt hatte, nicht mehr weiter beachtete.
    Der Wirt, der jammernd aus der Küche, zurück in den Schankraum eilte, hatte für kurze Zeit Caerdocs Aufmerksamkeit. Ihm waren die Sorgen des Wirtes (noch) ziemlich einerlei. Hauptsache eines der beiden Hühner würde bald vor ihm auf dem Tisch landen. Alles andere war ihm egal. Nickend quittierte er den Zuruf des Wirtes, wegen seines Zimmers. Über die Titulierung großer Fürst, lächelte Caerdoc bloß. Die Zeit der großen Fürsten war längst vorbei, woran die Römer bekanntlich nicht ganz unschuldig gewesen waren. Aber wenn der Wirt Spaß daran hatte, war er der letzte, der ihm den nahm.
    Wie gesagt, Caerdoc freute sich auf sein Hühnchen, auch wenn es mit allerlei unnützen Kräutern verschandelt war. Der Hinweis mit dem Puls war sozusagen ganz an ihm vorbei gegangen. Umso mehr war er nun über die Frage des Wirtes erstaunt.
    Caerdocs Stirn legte sich in Falten, bevor er antwortete. "Wieso Puls, verdammt? Ich hab der kleinen Süßen doch gesagt, ich will ein Huhn! Wieso kommst du mir jetzt mit Puls? Du hast doch noch zwei Hühner!" Von jeher war Caerdoc ein aufbrausender Charakter gewesen, was wohl in der gallischen Mentalität verankert war.
    Der Kerl, der ihn die ganze Zeit angeglotzt hatte, war anscheinend mit der Option, das Huhn gegen den Puls zu tauschen zu müssen, auch nicht ganz einverstanden. Nur machte er seinem Zorn weniger Platz. Nicht einmal das! Er nahm es einfach, wie es kam.

    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/hjsq-1.jpg]


    Caerdoc von den Ambiani


    Wie schon unzählige Male an diesem Abend davor, ging die Tür der Taverna ein weiteres Mal auf. Ein großgewachsener, kräftiger Mann mit einer wilden Haarmähne trat ein. Der Staub der Landstraße haftete noch an seinen Kleidern, die aus einer wollenen karierten Hose, einer wollenen Tunika und einem wärmenden Umgang, der mittels einer bronzenen Fibel zusammengehalten wurde, bestand. Im Laufe des Tages hatte er Mogonticaum erreicht und hatte die restlichen Stunden, bevor sich wieder die Nacht über die Stadt zu legen begann genutzt, um sich umzuschauen. Jetzt war er durchgefroren und hatte einen Bärenhunger. Ein paar Einheimische hatten ihm die Taverna Barborum empfohlen. Dort gäbe es gutes Essen, trinkbaren Met, ein Bett zum schlafen und bei Bedarf auch noch die nötige Gesellschaft für ein paar nette Stunden zu zweit. Eben alles, was Caerdoc sich an einem Abend wie diesem wünschen konnte.


    Er sah sich um, näherte sich dann einem freien Tisch, schleuderte dem Wirt noch seine Bestellung entgegen bevor er sich setzte und auf seinen warmen Met wartete. Den hatte er sich nun redlich verdient!
    Eine junge Frau mit schiefen Zähnen, fettigen Haaren, und üppigen Kurven trat an seinen Tisch und stellte den dampfenden Met vor dem Ambianer ab. "Vorsicht heiß!", sagte sie lieblos und wollte weitergehen. Der Ambianer aber hielt sie an ihrem Handgelenk fest und grinste anzüglich. "Ach ja wirklich? Das würde ich gerne selber herausfinden! Was gibt´s heute Abend zu essen? Und ja, ich bräuchte auch noch ein Zimmer für die Nacht."
    Die junge Frau ließ sich von dem dämlichen Gehabe des Kelten nicht im Mindesten beindrucken. Solche Deppen wie er, kamen fast jeden Abend. "Zu essen gibt´s nichts mehr! Und wegen dem Zimmer muss ich erst den Chef fragen!", erwiderte sie ungerührt. Caerdoc verzog griesgrämig sein Gesicht. "Verdammt! Ich habe Hunger!" Bevor der Kelte begann, richtig laut zu werden, lenkte die Schankmaid doch besser ein."Na gut, es gibt eventuell noch Huhn á la Fronto von der römischen Taverna gegenüber. Kann ich dir holen, wenn du willst."
    "Verdammter römischer Fraß!", knurrte er noch lauter, aber davon wurde sein Hunger nicht weniger. "Na gut, dann eben das Huhn!" Lieber den römischen Fraß in sich hinein schaufeln, als hungrig sterben müssen!

    Interessant? Wenn sie glaubte, sie könne diese Info mal so ganz nebenbei ihrem Bruder stecken, dann kam sie reichlich spät damit! Oder fand sie das aus einem anderen Grund interessant? Melina war für mich ein Schloss mit sieben Siegeln. Aus ihr wurde ich einfach nicht schlau. Und auch ihre nächste Frage irritierte mich mehr, als dass ich kapierte, worauf sie wirklich hinaus wollte.
    "Ja, das tue ich. Und ich vermisse ihn so sehr!" Ach Mist, was redete ich denn da! So was persönliches vor einer wie der da ausbreiten? Dann hätt´ich´s ja gleich laut rausbrüllen können, damit es jeder hört. Und dann verdrückte ich auch noch ´ne Träne! Das lag einfach nur an den blöden Hormonen! Sobald ich an was trauriges dachte, begann ich zu flennen.

    Und wie ich Pera neugierig gemacht hatte! Eigentlich hätte ich ´s mir ja denken können, dass sie sich nicht so einfach abspeisen ließ. Das dreckige Geschirr musste erst mal warten. "Ist er von dem, der dir das Kind gemacht hat?", fragte sie neugierig. Tja, was sollte man darauf antworten? Außer dass ich rot anlief und nur "Öhm…" machte, brachte ich nichts anderes zustande. Oh Mann, wie beneidete ich doch die Leute, die auf so ´ne dämliche Frage gleich ´ne schlagfertige Antwort parat hatten! Ausgerechnet jetzt kreuzte auch noch Peras Schwester Gaia ganz plötzlich auf und quetschte sich demonstrativ an mir vorbei. Diese dämliche Schnepfe! Mit der hatte ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen! Ich ahnte ja schon, dass sie den Brief angenommen hatte. Wer denn auch sonst? Wenn es Pera nicht war, dann blieb nur Gaia übrig. Und dass sie jetzt die Ahnungslose spielte, passte irgendwie zu ihr.
    Von beiden Schwestern in die Zange genommen, wusste ich echt nicht, was ich noch sagen sollte. Dafür plapperte Pera aber lustig drauf los. "Sie hat einen Brief gekriegt. Von dem, der ihr das Kind gemacht hat!", behauptete sie einfach mal vorlaut, obwohl sie ich das noch gar nicht bestätigt hatte. Langsam reichte mir das mit diesen beiden blöden Weibern!
    "Ich hab ihn noch nicht gekriegt, weil jemand anders den Brief angenommen hat. Das warst nicht zufällig du, Gaia?", fragte ich und versuchte dabei noch einigermaßen ruhig zu bleiben. "Du hast doch den Brief, oder? Gib ihn mir! Sofort, sonst…" Öhm… ja, richtig, sonst… äh. Keine Ahnung, was sonst war. Verdammt, schlagfertig müsste man sein!

    Über die Religion der Kelten kann dir vielleicht Bernhard Maier, Lexikon der keltischen Religion und Kultur, erschienen bei Kröner weiterhelfen.


    Was auch nicht schlecht ist, wohl aber leider vergriffen ist, ist der Begleitband zur Ausstellung "fromm, fremd, barbarisch" von 2003 von Hans-Ulrich Cain und Sabine Rieckhoff, erschienen bei Philipp von Zabern. ;)

    Wie eine Irre war ich zu Casa gelaufen. Der Brief! Das war alles, woran ich denken konnte. Eigentlich kamen ja nur Pera oder Gaia in Frage, die den Brief angenommen hatte. Wenn ich viel Glück hatte, dann war es Pera gewesen, die es wahrscheinlich einfach verpeilt hatte, mir den Brief zu geben. Wenn Gaia den Brief entgegengenommen hatte, dann schätzte ich mal, war es reine Bosheit, weswegen sie mir den Brief vorenthielt. Schlimmstenfalls hatte schon Sermo Wind davon bekommen.
    Ich schlug hinter mir die Tür zu, zog meinen Mantel aus und lief sofort in die Küche, wo ich erwartungsgemäß auf Pera traf, die es malwieder nicht geregelt kriegte.
    "Ah, salve Caelyn," sagte sie nebenbei, als sie Herr über das schmutzige Geschirr werden wollte. "Du könntest mir nachher mal helfen!"
    Ich blieb erst malstehen um durchzuatmen. "Ja, mach ich. Hör mal Pera, war gestern Abend zufällig jemand hier, der was für mich abgegeben hat?", fragte ich zögernd. "Einen Brief, oder so was?"
    Pera ließ von dem Tontopf ab, den sie gerade versuchte, sauber zu wischen. "Ein Brief? Nein, nicht das ich wüsste. Von wem ist denn der Brief?" Na, toll! Da hatte ich sie ja jetzt richtig neugierig gemacht! "Och, von einem, den ich kenne." Ich versuchte mich irgendwie rauszureden. Ausgerechnet Pera wollte ich doch nicht auf die Nase binden, von wem der Brief war!

    Diese ganze Fluchtsache wuchs mir langsam über den Kopf. Denn mal ganz ehrlich, was war, wenn ich das Kind mitten in der Wildnis bekam? Und schlimmer noch, was, wenn´s Probleme dabei gab? Dann verreckten wir beide elendig, das Kind und ich. Aber wenigstens würden wir das dann in Freiheit tun. Das war der einzige Trost bei der Sache. Und überhaupt, ob ich es aus Mogontiacum schaffte, war noch ´ne ganz andere Frage! So bescheuert, wie damals Siv gewesen war, die mehr oder weniger den Wachsoldaten in die Arme gelaufen war, als sie flitzen wollte, würde ich garantiert nicht sein. Tja, da musste ich mir echt noch was einfallen lassen!
    "Hallo, junge Frau!", sprach mich plötzlich einer an. Ich drehte mich um und erblickte einen einheimischen Händler oder war´s doch ein Bauer, der sein Zeug, in diesem Fall Käse, in der Stadt verkaufte. "Ein Stück Käse gefällig? Aus eigener Produktion von glücklichen Kühen und hier aus der Gegend." Er hielt mir ein Stückchen entgegen, das ich natürlich gleich nahm. "Mhhm, lecker!" Der Käse war echt gut. "Möchtest du dir nicht auch ein Stück für zu Hause mitnehmen?" Eigentlich war der leckere Käse für Sermo viel zu schade! Aber wenigstens hatte dann der Bauer etwas davon.
    "Ja gut, ich nehm´ ein Stück. Das da!" Ich deutete auf ein kleines Stück. "Woher kommst du denn, wenn ich fragen darf?" Der Bauer nahm das Stück Käse und packte es mir ein. Ich gab ihm ein paar Münzen. "Aus der Nähe von Borbetomagus. Mein Gehöft liegt nahe der Fernstraße nach Divodurum", erklärte er. "Aha, und bist du öfters hier auf dem Markt?", fragte ich beiläufig. "Alle zwei Wochen." Das war ja echt interessant! Den Bauer merkte ich mir. Dann verabschiedete ich mich und ging weiter.


    Tja, irgendwie musste heute mein Glückstag sein, denn ein paar Passus weiter erkannte ich ein bekanntes Gesicht wieder. Der Kerl, dem ich vor Wochen meinen Brief anvertraut hatte, war auch wieder in der Stadt. Dem wollte ich doch gleich einen Besuch abstatten.
    "Salve, kennst du mich noch?" Ich hatte mich vor dem Stand des Händlers aufgebaut, der mich erst ein wenig verdutzt musterte. "Sollte ich dich kennen? Ach, Moment, ja natürlich! Der Brief!" Der Händler legte ein gutmütiges Lächeln auf, was mich zwar noch nicht völlig überzeugte. "Und? Hat er sein Ziel erreicht?", fragte ich sichtlich nervös. "Ja, hat er! Und der junge Mann hat auch geantwortet! Er hat wirklich Glück gehabt! Ein Tag, bevor ich abgereist bin, ist er zu mir gekommen. Aber den Brief müsstest du doch eigentlich schon haben. Mein Gehilfe hat ihn gestern Abend in deiner Casa abgegeben."
    Uff, das war ich aber ganz schön geplättet, als ich das hörte! Ich hatte keinen Brief bekommen und ich hatte auch nicht mitgekriegt, dass irgendjemand etwas abgegeben hatte. Mist, wenn der Brief jetzt in falsche Hände geraten war!
    "Öhm ja. Danke schön! Ich muss jetzt gehen!", sagte ich und schaute, dass ich zurück in die Casa kam.

    Hallo,
    könnt ihr mir bitte helfen? Ich habe heute morgen meine Emailadresse geändert und habe keine neue Freischaltungsmail im neuen Account erhalten. Jetzt sitze ich fest und kann auch keine PN´s erhalten. :( ;(

    Ich habe gerade ein Problem. Ich bin gerade dabei, meine neue Emailadresse einzurichten, habe aber noch kein neues Freischaltungsmail bekommen. :( Da müssen wir uns beide noch etwas gedulden. ;)

    Seit Massalia hatte ich kein Wort mehr, was nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, mit Sermo gewechselt. Auch versuchte ich ihm, wo immer es ging, aus dem Weg zu gehen. Dadurch hatte ich wenigstens auch nachts meine Ruhe. Dass es das nicht allein war, was Sermo dazu bewegte, mich einfach in Frieden zu lassen, konnte ich nicht ahnen. Hätte ich gewusst, dass er Schiss vor meiner Rache hatte, hätte ich mich wahrscheinlich anders verhalten.
    Die Reise nach Germanien war eh schon schlimm genug. Die Eiseskälte und dann noch ein Schneesturm hatten schon einige dahingerafft. Ich hatte immer darauf geachtet, dass ich warm angezogen war, damit ich mich nicht erkältete und so elend verreckte, wie einer der Kutscher. Außerdem wusste ich noch genau, was ich Aretas an unserem letzten Abend versprochen hatte. Dass ich nach dem Abend in Massalia am liebsten tot gewesen wäre, hatte ich schon wieder verdrängt. Das Kind! Das war es, was mich anspornte, nicht aufzugeben.
    Irgendwann hatten wir eine Gegend erreicht, die mir seltsam vertraut schien. Die hügelige Landschaft und die dichten Wälder, die Felder, die zwar jetzt mit Schnee bedeckt waren, die ich aber auch grüne saftige Flächen kannte.
    In Cabillonum, wo ich schon früher mal mit meiner Mutter gewesen war, verzweigten sich die Straßen. Eine führte nach Augusta Raurica im Osten, die, die gen Westen führte am Ufer der Ligara entlang nach Portus Namnetus und die anderen beiden führten nach Lutetia oder nach Diviodunum, je nachdem ob man die linke oder die rechte Straße gen Norden nahm.
    Als die Wagen die Straße nach Lutetia einschlugen, hielt ich meine Klappe, obwohl ich wusste, dass es die falsche Route war. Vielleicht lag es ja wirklich dran, dass die Männer letzten Abend gesoffen hatten, wie die Löcher und jetzt eben noch nicht so richtig nüchtern waren. Auf diese Weise würde ich wenigstens einen Blick auf meine Heimatstadt werfen können. Und überhaupt war es mir so was von egal, ob wir in Lutetia landeten oder in Diviodunum oder auch in Argentorate. Als ich dann endlich Augugstodunum von weitem sah, war ich ganz von der Rolle, auch wenn man´s mir nicht unbedingt ansah. Wenn ich jetzt vom Wagen sprang, und mich dann in der Stadt in einem von meinen alten Verstecken verkrümelte, dann… Ach, ich war nicht vom Wagen gesprungen. Ich hatte zu viel Schiss! Stattdessen wischte ich mir ´ne Träne von der Backe. Mannomann, was war nur mit mir los? Schade, irgendwann hatten´s auch die Fuhrmänner gemerkt, dass wir die falsche Straße genommen hatten und drehten wieder um.

    Verdammt nochmal! Warum bin ich nicht gesprungen, ich blöde Kuh! Das war doch die Chance! Sozusagen ein Wink mit dem Zaunpfahl oder meinetwegen auch einer der Götter. Und ich bin einfach sitzen geblieben! Ich konnte es immer noch nicht glauben und machte mir jetzt richtige Vorwürfe, als ich mich auf die scheißschwere Kiste von Sermo gesetzt hatte, um mich auszuruhen. Komisch, irgendwie wurde das Ding immer schwerer!
    Ich war so vertieft, dass ich gar nicht mitgekriegt hatte, dass nur noch Sermo im Zimmer war. Der andere Sklave, der mir geholfen hatte, das Ding zu schleppen, war längst weg. Ich schreckte richtig auf, als ich Sermo meinen Namen rufen hörte. In Nullkommanix war ich aufgestanden, sonst behauptete er wieder, ich sei faul und würde mich die ganze Zeit nur überall herumdrücken.
    Überhaupt hatte Sermo mal wieder ein besonderes Händchen bei der Auswahl der Unterkunft bewiesen. Mal abgesehen, dass es nicht so zugig war, wie in Massalia, war das Zimmer ziemlich schäbig. Und natürlich gab´s auch wieder nur ein Bett. Gleich beim reinkommen, hatte ich mir schon meine Ecke für heute Nacht ausgesucht. Hinter Sermos Bett, da wo er mich nicht gleich sehen konnte.
    Jetzt aber war ich in seinen Fokus geraten. Er laberte irgendwas. Hä, ein Gedicht? Ich? Was war denn mit dem los? Hatte Sermo schon wieder gesoffen, oder was? Ich guckte ihn an, als sei er nicht von dieser Welt. Allerdings kannte ich tatsächlich so was, wie ein Gedicht. Das hatte ich damals auswendig gelernt, als ich vor Jahren in der Villa Aurelia lesen und schreiben geübt hatte und ich mir Bücher aus der Bibliothek ausleihen durfte. Ich konnte es immer noch.
    "Ein Gedicht?" Meine Stimme klam ziemlich verunsichert. Der wollte mich doch sicher nur veralbern, um sich danach auf mich zu stürzen. "Ich weiß nicht, ob das ein Gedicht ist, aber ich find es schön:
    Lass uns leben, mein Mädchen, und uns lieben,
    Und der mürrischen Alten üble Reden
    Auch nicht höher als einen Pfennig achten.
    Sieh, die Sonne, sie geht und kehret wieder:
    Wir nur, geht uns das kurze Licht des Lebens
    Unter, schlafen dort eine lange Nacht durch.
    Gib mir tausend und hunderttausend Küsse,
    Noch ein Tausend und noch ein Hunderttausend,
    Wieder tausend und aber hunderttausend!
    Sind viel tausend geküsst, dann mischen wir sie
    Durcheinander, dass keins die Zahl mehr wisse
    Und kein Neider ein böses Stück uns spiele,
    Wenn er weiß, wie der Küsse gar so viel sind."

    Von wem das Gedicht war, hatte ich längst vergessen. Was damit eigentlich gemeint war, darüber hatte ich mir nie einen Kopf gemacht. Das war mir auch unwichtig. Wichtig waren nur diese zusammengewürfelten Worte, die mich von Anfang an irgendwie berührt hatten.