Beiträge von Marcus Matinius Ticinius

    "Kann man das Buch denn auch nach Hause mitnehmen und dort kopieren lassen oder kann man das nur in der Bibliothek? Dürfen dort Bücher überhaupt kopiert werden?" So wie Ticinius es verstanden hatte, ist dies wohl möglich, immerhin kopiert dieser Tacitus gerade ein Buch, doch nachzufragen schadet nie. "Und wann hat die Bibliothek in der Schola geöffnet?" Vielleicht hatte diese ja auch Vormittags geöffnet, dann musste er nicht nachmittags in die überfüllten Thermen.


    Ticinius fand es interessant, dass der Fremde auch aus der Provinz kommt. Anscheinend kamen viele aus der Provinz oder hatten zumindest einige Zeit dort gelebt, wie er feststellen konnte. "Darf ich fragen, aus welcher Provinz du kommst? Ich stamme aus Hispania und bin dort auf einem Landgut in der Nähe von Tarraco aufgewachsen." Ob der Fremde schon mal von der Stadt gehört hatte oder gar selbst dort gewesen war? Dies war ziemlich unwahrscheinlich, obwohl er nicht aussah wie ein Grieche oder Germane, sondern wie ein Römer, und von diesen gibt es in Hispania einige. Allerdings auch in den anderen Provinzen und besonders in Italien.

    Langsam verstand Ticinius, welches System dahinter steckt, obwohl er dies anders gemacht hätte. Er persönlich hätte die Bücher alphabetisch und nicht thematisch sortiert, allein schon um solche Missverständnisse zu vermeiden. Dann müsste er woanders nach Frontinus suchen. Aber wo? Vielleicht gab es irgendwo ein Regal mit Schriftrollen, die keine Reden, Gedichte, Briefe oder Geschichtswerke sind.


    Der letzte Satz des Mannes verwirrte Ticinius. Aelianus Tacitus? Wer ist das denn? Dem Namen nach zu urteilen ein Freigelassener. Und das Buch soll in der Bibliothek der Schola sein? Wie kommt es dorthin? So weit er wusste, durften doch die Bücher nicht aus den Thermen mitgenommen werden? Hatte dieser Tacitus es gestohlen? Er wurde immer verwirrender. "Das Buch ist in der Bibliothek der Schola? Ist diese denn besser ausgestattet als die in der Therme? Kann man denn dort leichter Bücher finden als hier?", fragte Ticinius den Mann, der sich anscheinend besser in Roms Bibliotheken auskannte als er selbst. "Verzeih bitte die vielen Fragen, doch ich bin noch nicht lange in Rom und kenne mich hier noch nicht so gut aus", sagte er entschuldigend.


    Immer noch verwirrt, schaute er den Mann an. Hoffentlich konnte dieser ihm etwas Aufklärung verschaffen.

    Dies war wirklich eine schreckliche Unordnung in der Bibliothek. Dort, wo eigentlich das zweite Buch von Frontinus sein sollte, lag die heroides von Ovid, und auch daneben lag es nicht. Doch während Ticinius noch suchte, sprach ihn ein Mann, der ungefähr sein Alter hatte, an. Ob dies wohl ein Bibliotheksangestellter ist?


    "Eigentlich hatte ich nicht vor, hier Ordnung in die Unordnung zu bringen, obwohl die Bibliothek dies sicher nötig hat.", antwortete er auf die Frage des Fremden, "denn im Moment suche ich das zweite Buch der Strategemata des Frontinus. Doch dort, wo es sein sollte, liegt ein anderes Buch. Gibt es hier irgendein System, womit man die Bücher leicht finden kann, oder muss man für jedes Buch die Angestellten fragen?"


    Vielleicht konnte der Fremde helfen. Doch Ticinius zweifelte daran, denn dieses Chaos schien so, als ob die Angestellten nachlässig arbeiten würden und die Bücher dorthin stellten, wo gerade Platz war. In seiner Casa waren die Bücher alle alphabetisch nach den Namen der Autoren geordnet, doch leider war sie zwar besser sortiert wie die der Therme, dafür aber leider deutlich kleiner.

    Ticinius war schon bei der Öffnung der Therme am Nachmittag gekommen, um ein wenig zu entspannen und soziale Kontakte zu knüpfen. Nach dem Baden hatte er eine Weile Ball gespielt und danach einigen Ringern zugeguckt, die ihren Sport auf einem Sandplatz ausübten. Er lehnte es ab, selbst zu ringen, da er vom Zuschauen bei Athletikwettkämpfen wusste, dass man diese Sportart fast nicht ohne irgendwelche Verletzungen ausüben konnte. Dennoch war das Ringen die harmloseste Sportart der griechischen Schwerathletik, die an Brutalität von Boxen und besonders Pankration locker übertroffen wurde.


    Nachdem der eine Gegner aufgegeben hatte, ging Ticinius in Richtung Bibliothek. Unterwegs kaufte er von einem Verkäufer verdünnten Wein und einige Früchte. Damit ausgestattet betrat er die Bibliothek und schaute sich interessiert die Schriftrollen an, die dort auslagen. Seine Absicht war, einige Bücher zu suchen, die sein Wissen über das Militär erweitern würden. Nach solch einem Buch fragte er einen Sklaven, der in der Bibliothek arbeitete, und bekam von diesem eine Schriftrolle aus dem ersten Buch des Sextus Iulius Frontinus. Mit dieser setzte er sich an einem Tisch und begann zu lesen:


    DE CONSTITUENDO STATU BELLI


    Alexander Macedo, cum haberet vehementem exercitum, semper eum statum belli elegit, ut acie confligeret.


    C. Caesar bello civili, cum veteranum exercitum haberet, hostium autem tironem esse sciret, acie semper decertare studuit. *


    [...]


    Nachdem er diese Schriftrolle zu ende gelesen hatte, wollte er sich die nächste nehmen, fand sie aber nicht dort, wo sie eigentlich sein sollte. So stand er ratlos vor dem Regal und versuchte verzweifelt, sie zu finden.


    Sim-Off:

    * Über die Bestimmung der Kriegsführung


    Der Makedone Alexander entschied sich immer, wenn er eine starke Armee hatte, für die Kriegsführung einer offenen Feldschlacht.


    Gaius Caesar hatte im Bürgerkrieg eine Armee von Veteranen und wusste, dass der Feind nur Rekruten hatte. Deshalb kämpfte er immer in einer offenen Feldschlacht.

    Aufmerksam hörte Ticinius zu und registrierte, dass er nicht der einzige ist, der nicht wusste, was er in Zukunft machen sollte. Mittlerweile hatten auch schon beide das forum romanum erreicht.


    "Wir werden sehen, was die Zukunft für uns bereithält.", sagte Ticinius. "Auch ich wünsche dir viel Glück und Erfolg für deine weitere Zukunft, egal, wie du dich entscheidest. Wir werden uns auch sicher wieder begegnen, bevor wir beide Senatoren sind." Bei der Vorstellung musste er schmunzeln. Obwohl nach dem Cursus Honorum früher oder später jeder mit einen Senatssitz beschert wurde, würde es dennoch mindestens drei Jahre dauern, bis es soweit war. "Ich danke dir für deine Führung zum forum romanum. Jetzt weiß ich auch wieder, wie ich nach Hause gelange." Kurz wartete er, ob Ursus noch etwas sagen wollte, dann fuhr er fort: "Vale, Aurelius Ursus".


    Nachdem er sich verabschiedet hatte, schaute er sich kurz um und ging dann in eine Nebenstraße, auf dem Weg zu seiner Casa.

    Dankend nahm Ticinius den Apfel entgegen und biss ebenfalls hinein. "Ich bin mir noch nicht sicher, für welches Amt ich kandidieren soll", antwortete er Ursus auf seine Frage, "entweder für das Amt des tresviri capitalis oder das des decemviri litibus iudicandis. Münzprägung und Straßenreinigung üben auf mich gar keinen Reiz aus. Einerseits bekommt man als decemviri litibus iudicandis Einblick in die Verwaltung, was sicher nicht schlecht ist, vor allem, da man damit während eines Teils des weiteren Cursus Honorum beschäftigt sein wird. Außerdem muss ich zwischen dem Vigintivirat und der Quaestur mein Militärtribunat ableisten, und so viel ich weiß, muss man dafür eher administrative als militärische Fähigkeiten besitzen. Andererseits bekommt man als tresviri capitalis einen Einblick in die Justiz, was ebenfalls günstig für das Amt des Praetors oder das des Iuridiculus wäre."


    Die Entscheidung würde ihm nicht leicht fallen, egal wie sie ausfallen würde. In Gedanken versunken, geht er neben Ursus und isst dabei seinen Apfel.

    Als das Gespräch auf seine Zukunft kam, hörte Ticinius aufmerksam zu, um nichts zu verpassen. Das Ursus Vigintivir ist, wusste er noch nicht, und da dies kein Amt mit imperium ist, konnte er dies auch nicht erkennen. Ticinius nahm sich vor, demnächst die Namen der amtierenden Magistrate auswendig zu lernen. Er hatte gehört, einige Senatoren und sonstige wichtige Personen besäßen einen nomenclator, einen Sklaven, der für sie die Namen auswendig lernt und ihnen diese mitteilt. So einen Sklaven besitzt er nicht. Genau genommen besitzt er überhaupt keinen Sklaven, obwohl natürlich in der Casa der Matinier viele arbeiten.


    "Ich danke dir für deinen Rat", sagte er, "und werde ihn beherzigen. Dann werde ich gucken, wer überhaupt an einem scriba personalis Interesse hat und mich dann dort vorstellen. Auch Gesetzestexte werde ich mir ansehen." Daran hatte er bisher noch gar nicht gedacht. Ticinius wusste nicht einmal, welches Amt er anstreben soll, doch dies wird er schon noch herausfinden. "Den cursus res vulgares habe ich noch nicht absolviert, doch werde dies so schnell wie möglich nachholen." Als beide an dem Stand stehen blieben, antwortete er: "Ich würde gerne einen Apfel nehmen. Wie viel kostet denn einer?" Er griff in seine Tunica, um einen Geldbeutel herauszuholen.

    "Ganz im Gegenteil, ich habe im Moment viel Zeit", antwortete Ticinius und hörte Ursus aufmerksam zu. Als dieser erzählte, dass er Rom gründlich erforschte, musste er lächeln. Auch in seiner Kindheit und Jugend hatte er oft Ärger bekommen, da seine Streifzüge in der Nähe des Hofes nicht immer ungefährlich waren. Obwohl es dort nur noch wenige wilde Tiere gab - diese waren wahrscheinlich in irgendeiner Arena gestorben - war doch die Natur war nicht ungefährlich. Beispielsweise sein Versuch, eine Brücke über einen kleinen Fluss zu bauen, hatte damit geendet, dass diese unter seinen Füßen zusammenbrach und er in den Fluss stürzte. Doch da er schwimmen konnte, ist dies noch einmal gut gegangen.


    Er registrierte, dass Ursus ihm eine Frage gestellt hatte, deshalb hörte er auf, in Erinnerungen zu schwelgen und antwortete: "Ehrlich gesagt, weiß ich noch nicht, ob ich dauerhaft in Rom bleibe. Ich habe vor, in nächster Zeit das Vigintivirat zu absolvieren, traue mir dies aber noch nicht zu. Vielleicht bitte ich einen Senator, mich als scriba personalis zu beschäftigen, vielleicht gehe ich nach Alexandria, um dort zu studieren. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich machen werde."

    Erfreut nahm Ticinius zur Kenntnis, dass er einen Gesprächspartner gefunden hatte:


    "Auch ich bin erfreut, dich kennenzulernen. Es wäre nett, wenn du mich zum Forum Romanum führen könntest. Der Vesta-Tempel ist ja dort in der Nähe, oder irre ich mich?" Als die Frage auf seine Herkunft kommt, denkt er kurz an Tarraco zurück, seine Heimatstadt. "Ich stamme aus Hispania, genauer gesagt aus der näheren Umgebung von Tarraco. Mein Vater war eine Zeit lang Proconsul und wohnte dort. Tarraco ist zwar eine große Stadt, aber nicht mit Rom vergleichbar. Darf ich annehmen, dass du hier in Rom aufgewachsen bist oder zumindest schon eine Zeit lang hier lebst, so gut, wie du dich auskennst?", fragte er. Die Aurelier waren immerhin eine bedeutende patrizische Familie, die schon einige Senatoren gestellt hatte. Da würde es Ticinius nicht wundern, wenn Ursus in Rom aufgewachsen ist.

    Ticinius schaute sich den Mann, den er angesprochen hatte, kurz näher an und hörte seine Antwort an. Der Tempel der Minerva? Der war doch bei den Horti Maecantis... Ticinius guckte kurz verwirrt, riss sich dann aber wieder zusammen und antwortete ihm:


    "Vielen Dank für die Auskunft. Ich suche keinen Tempel, ich habe mich verirrt und wusste nicht mehr, wie ich zurück komme. Ich bin nämlich erst seit kurzem in Rom und kenne mich noch nicht in der ganzen Stadt aus. Mein Name ist übrigens Marcus Matinius Ticinius."


    Kurz lächelt er, dann fällt ihm auf, dass der Mann bestimmt besseres zu tun hat, als seine halbe Lebensgeschichte anzuhören. Deshalb hört er fürs Erste auf zu sprechen und wartet, ob dieser überhaupt Interesse hat, das Gespräch fortzusetzen.

    Ticinius hatte sich entschlossen, einen kleinen Spaziergang zu unternehmen. Durch das Laufen hoffte er Klarheit in seine Gedanken zu bekommen und zu einer Entscheidung zu gelangen.


    Er hatte nun schon fast den gesamten Tag über seine Zukunft nachgedacht, denn er war sich sehr unsicher, was er nun machen sollte. Da er der Sohn eines Senators war, wäre als erste Stufe seiner Laufbahn das Vigintivirat angemessen, doch er traute sich noch nicht zu, ein so verantwortungsvolles Amt zu übernehmen. Außerdem war das Jahr noch nicht sehr weit fortgeschritten und die neue Amtsperiode noch weit entfernt. Doch was sollte er in der Zwischenzeit machen? Er war voller Tatendrang, doch wusste nicht so recht, was er nun machen sollte. Vielleicht einen Senator finden, der bereit wäre, ihn als scriba personalis zu beschäftigen? Eine Studienreise unternehmen, um die Welt kennenzulernen? Vielleicht nach Aegyptus, um dort das Museion zu besuchen? Oder doch in Rom bleiben und sich hier weiterbilden? Je mehr Möglichkeiten ihm einfielen, desto mehr Entscheidungen musste er treffen.


    Leise seufzte er und blieb stehen. Wo war er hier gelandet? Nach kurzem Umherblicken hatte er sich soweit orientiert, um zu erkennen, dass er in der Nähe eines Tempels stand. Doch welcher war es? Da er andernfalls wahrscheinlich eine Zeit lang umher irren würde, um eine ihm bekannte Stelle der Stadt zu entdecken, entschied er sich, einfach einen vorübergehenden Passanten zu fragen:


    "Verzeihung, welchem Gott ist dieser Tempel hier geweiht?"

    Der Zeremonie folgte Ticinius aufmerksam, war es doch das erste Mal, dass dieser sie in Rom miterlebte. Natürlich wurden die Saturnalien auch in Taracco, wo er aufgewachsen war, gefeiert, jedoch in einem kleineren Rahmen.


    Auch Ticinius erhielt ein Tonfigürchen und eine Kerze, die er beide einsteckte. Währenddessen überlegte er, welchem Kind er das Tonfigürchen schenken konnte. In der Casa hatte er noch keine Sklavenkinder gesehen, was allerdings nicht bedeuten musste, dass es keine gab, war er ja erst seit kurzem hier.


    Am Ende rief er wie die anderen: "Io Saturnalia, Io Saturnalia, Io Saturnalia!". Wie würde es jetzt weitergehen? War die Zeremonie zu Ende? Fragend blickte er sich um, um zu erkennen, was die anderen Leute machten.

    Obwohl er erst seit kurzem in Rom war, wollte Ticinius keinesfalls die Saturnalien verpassen. Zu diesem Anlass hatte er, wie es Sitte war, die Toga, das Standesabzeichen des römischen Bürgers, zu Hause gelassen und trug eine hellblaue Tunika, worüber er einen roten Mantel gelegt hatte.


    So erschien er beim Tempel des Saturn und folgte aufmerksam der Zeremonie. Er war sehr gläubig, und deshalb war es für ihn selbstverständlich, einige Münzen in die Kiste zu werfen und um den Segen des Saturn zu bitten: "Saturnus, bewahre das Korn für die Saat und mache es fruchtbar für die Ernte!""


    Er guckte sich die Menge an Menschen an, die vor dem Tempel stand. Heute konnte man nicht erkennen, welchem Stand jemand angehörte, jedoch sah er bei fast allen Vorfreude auf die Feiern. Diese Vorfreude ergriff auch Ticinius, und er war gespannt, wie es jetzt weiter geht.

    Ticinius war endlich in Rom angekommen. Vor einigen Tagen hatte er das Schiff von Hispania, wo er aufgewachsen war, nach Ostia genommen, wo er heute Morgen ankam.


    Zusammen mit seinem wenigen Gepäck hatte er sich auf den Weg zur Casa Matinia gemacht, wo er, zumindest so hoffte er es zumindest, fürs erste würde bleiben können.


    Dort angekommen atmete er noch einmal tief durch und klopfte dann an die Porta.

    Da mir von den Matiniern keiner antwortet, habe ich mich nun umentschieden und bitte nun, Mitglied der Gens Iulia zu werden:


    Name: Marcus Iulius Ticinius
    Gens: Iulia
    Wohnort: Roma
    Stand: Civis