Beiträge von Numerius Duccius Marsus

    Die Küchentür flog auf und mit der Vehemenz einer gut gelaunten Frühaufsteherin erschien Dagmar. Witjon gähnte herzhaft, bevor er sich zu einem underdurchschnittlich motivierten "Morg'n", durchrang.


    "Ach, frag nicht", wehrte er die Frage nach seinem Befinden zunächst ab, um sie dann aber doch brummelnd zu beantworten: "Wehe denjenigen, die sich mit dieser Provinz herumschlagen müssen." Er seufzte. "Aber das kennst du ja", sagte er mit einem müden Lächeln. Dagmar hatte ja schon in früheren Zeiten verantwortungsvolle Posten in Germania inne gehabt.


    Den Brief nahm Witjon überrascht aber lustlos zur Hand. "Was Wichtiges...? Tatsache, der ist von Alrik." Er erbrach das Siegel, das die zusammengeklappten Wachstafeln verschloss und überflog die Zeilen, wobei sich seine Stirn mehr und mehr runzelte.


    "Das gibt's ja gar nicht", stieß er schließlich schnaubend hervor und reichte Dagmar das Schreiben. "So ein...", knurrte Witjon und hielt auf der Suche nach einer passenden Beschreibung kurz inne, bevor er "dreister Sack" hervorpresste. "Lies selbst. Rom bekommt ihm nicht besonders gut, scheint's mir..." Wäre er nicht noch so müde gewesen, er hätte sich wohl deutlich stärker über Alriks Nachrichten exaltiert.

    Als sein Gemüt sich wieder etwas beruhigt hatte, gab Witjon den Schreibern einen Wink, dass es weitergehen konnte. "Also gut, was haben wir noch?" Er ließ sich weitere Wachstafeln vorlegen.


    "Ein Bericht aus Dumno. Ein Kaufmann lamentiert, dass die dortigen Decuriones wucherische Zölle an der Provinzgrenze erheben."
    "Ahja? Hm. Setz einen Brief auf mit der Warnung, dass der Verkehr nach Augusta Treverorum nicht übermäßig belastet werden soll. Lass überprüfen wie hoch die Zölle wirklich sind und leg mir beides noch einmal vor, bevor wir direkt einschreiten." Er legte die Tabula zur Seite. "Was noch?"


    "Bei Lopodunum sollen vemehrt Banditenrotten gesichtet worden sein. Es gab offenbar schon direkte Überfälle auf Villae Rusticae im weiteren Umland der Civitas. Besonders je näher es gen Limes geht, scheint sich eine Menge Gesindel herumzutreiben."
    Witjon nahm den Bericht entgegen, sparte es sich jedoch die Zeilen noch einmal zu überfliegen. "Klingt mir eher nach einer Aufgabe für die Legion oder die Ala. Was soll ich damit?"
    "Die Duumvirn haben sich direkt an die Regia gewandt, weil sie von dir offenbar eher Hilfe erwarten als von den Militärs."
    Der Procurator Civitatium nickte verstehend. Er konnte es den Magistraten von Lopodunum nicht verdenken. "Nicht dumm. Ich muss der Legion sowieso einen Besuch abstatten. Setze das auf meine Tagewerkliste."


    "In Vesontio herrscht eine Nahrungsknappheit. Die Duumvirn haben es versäumt genügend Reserven zurückzuhalten, nachdem die Legion auf dem Heimweg nochmal versorgt werden musste und scheinbar sind die Mittel zu knapp, um jetzt in höchster Not Getreide nachzukaufen. Sie bitten die Provinzverwaltung - sprich: dich - um Finanzhilfe."
    Verärgert runzelte der Duccius die Stirn. "Als könnte ich das entscheiden!", blaffte er den Schreiber an. "Also noch ein Problem, das ich dem Statilier auf die Nase binden darf. Na gut, das soll's für's erste gewesen sein. Geht mir fott mit dem restlichen Driss, ich muss jetzt erstmal etwas essen..."


    Die Schreiber sahen sich verdutzt an. Wenn es so weit kam, dass der Procurator sein germanisches Kauderwelsch ins lateinische Amtssprech einbaute, war es für sie Zeit sich zügig zu verdünnisieren. Sollte der Duccius sich erstmal beruhigen, dann könnten sie später weiter fortfahren.

    Nachdem Witjon den Quaestor der Civitas damals zusammengestaucht hatte, waren dem Procurator Civitatium keine weiteren negativen Berichte über die Kassenlage und die Steuererhebung mehr untergekommen. Witjon zeigte sich dahingehend entsprechend zufrieden und widmete sich nunmehr anderen Problemen, nicht jedoch ohne einen seiner Amtshelfer mit der Überwachung der mogontiacischen Quaestur zu beauftragen.


    Nun saß er erneut an seinem Schreibtisch, in Arbeit vertieft. Ihm gegenüber waren zwei Schreiberlinge zu Salzsäulen erstarrt, während ihr Chef eine Wachstafel überflog. "Gnarf", brachte Witjon zähneknirschend hervor und warf die Tabula achtlos einem der Schreiber zu, der Mühe hatte sie aufzufangen ohne die restlichen Schreibutensilien auf seinem Arm im Raum zu verteilen. "Alle beschweren sich, dass nichts getan wird. Merken die eigentlich, dass wir mitten im Winter stecken? Wie sollen denn jetzt bitte Straßen saniert werden? Hä? Kann mir das einer mal verraten?"


    Die Schreiber, deren bleiche Haut davon zeugte, dass sie das Tageslicht nicht allzu häufig zu sehen bekamen, blinzelten unbeeindruckt und zuckten mit den Schultern. Witjon seufzte.
    "Hach, alles muss man selber machen. Ich werde mich wohl mal mit Statilius unterhalten müssen...", was den Schreibern nur ein gleichgültiges Nicken abrang.

    Witjon war an diesem Dezembermorgen noch vor Tagesanbruch aufgestanden und hatte sich vor der Kälte der Flure in die Küche der Casa Duccia geflüchtet, wo Marga bereits ein Feuer entzündet und Frühstück vorbereitet hatte. Mogontiacum erging sich einmal mehr in den Festlichkeiten anlässlich der Saturnalien, die auch im Hause der Nachfahren Wolfriks zur Tradition geworden waren. Den Pilleus hatte Witjon noch in seinem Zimmer gelassen, ebenso wie seine Frau, die sich noch ein bisschen zwischen den Laken rekeln durfte. Da Marga es vorgezogen hatte die Anwesenheit des Hausherrn zugunsten des ungestörten Fortgangs ihrer Arbeit zu ignorieren, saß Witjon still mampfend am Küchentisch, die Ellenbogen aufgestützt. Ein Humpen Dünnbier spülte zwar das dicke Brot herunter, schaffte es jedoch nicht die Müdigkeit aus Witjons Gesicht zu vertreiben, die sich noch hartnäckig an die draußen nur langsam weichende Dunkelheit klammerte.


    In Kürze würde die Sonne sich durch die Wolkendecke Bahn brechen und die Civitas aus ihrem Festschlaf wecken. Viele noch berauschte Nachtschwärmer würden sich auf ihrer Schlafstatt noch einmal herumdrehen und vielleicht an ihren Bettnachbarn anschmiegen, der die Nacht mit ihnen geteilt hatte. Witjon dagegen dachte schon wieder an die Notwendigkeiten des Lebens. Legion und Ala waren zwar in ihre Standlager heimgekehrt, aber es gab noch immer keine Nachricht über einen neuen Statthalter. Dazu kam, dass die Civitates entlang des Rheins sich zusehends über den Zustand der Straßen beschwerten. In solcherlei Gedanken versunken rieb Witjon sich müde die Schläfen, lustlos ein Käsebrot kauend.

    Die schüchterne Zurückhaltung der Hochzeitsnacht war ob der fehlenden Beischlafzeugen ganz offensichtlich einer lustvollen Teilnahmefreudigkeit gewichen. Witjon sah sich dadurch, dass seine Frau nicht nur passives Beiwerk sein wollte, nurmehr dazu angestachelt, vollen Einsatz zu zeigen. Er machte ihr deutlich, dass er sie begehrte und nahm Octavenas Körper kurzerhand ganz und gar in seinen Besitz. Der Duft ihres Haars, ihre geschmeidige Haut, ihre süßen Lippen, Witjon verlor sich darin. Während er sie streichelte, spannten sich unter der Haut ihre Muskeln. Hungrig fiel er über sie her und sein Hirn überließ seinem Instinkt beängstigend schnell die Kontrolle über sein tun.


    Als sie schließlich erschöpft voneinander abließen, nahm ein breits Lächeln Witjons Gesicht ein. "Jetzt...", stellte er schnaufend fest, "...weißt du wie sich das ohne... lästige Zuschauer... anfühlt." Er drehte den Kopf, um seine Frau von der Seite anzusehen. Langsam kam er wieder zu Atem.

    Solange der Quaestor ihn böse anstarrte, hielt Witjon seine frostige Miene aufrecht. Er starrte zurück, regte sich ansonsten aber nicht weiter. Sollte der kleine Mann sich doch aufregen. Witjon juckte das nicht. Er war einflussreich genug, um sich von so einer kleinen Streitigkeit nicht gleich nervös machen zu lassen.


    Als der Icilier schließlich wutentbrannt aus dem Zimmer gestürmt war, konnte Witjon endlich ganz frei sein breites Grinsen rauslassen. Zufrieden lehnte er sich zurück und rieb sich die Hände. Jetzt hatte er erstmal Hunger.

    "Nicht nur die Arbeit deiner Vorgänger", erwiderte Witjon eisig die Anmaßung des Quaestors, ihm seine Aufgaben aufzeigen zu wollen.


    "Die Ergebnisse zählen, Icilius. Mich interessiert nicht, wie du es machst. Mich interessiert, dass die Civitas so läuft wie sie soll. Und das tut sie in deinem Aufgabenbereich gerade nicht. Ändere das und ich werde mich nicht beschweren."


    Er war des Iciliers Gesellschaft nun langsam überdrüssig. Mit einem herrischen Wink entließ er den Mann. "Du kannst dich jetzt entfernen. Informiere mich, wenn du die Formae geprüft hast. Die kannst du übrigens direkt im Archiv abholen. Nur den Gang runter auf der linken Seite."


    Witjon faltete die Hände vor sich auf dem Schreibtisch und fixierte den Quaestor herausfordernd. "Vale", komplimentierte er den Icilier sodann hinaus.

    Mit dem souveränen Gesichtsausdruck eines Princeps Factionis, dessen Wagenlenker soeben das Rennen für sich entschieden hatte, verfolgte Witjon die Vereidigung der Amtsträger. Er hatte sich natürlich ganz standesgemäß in seine Amtstoga wickeln lassen, die er immer zu offiziellen Anlässen trug, wenn er als Decurio Mogontiaci und Eques Imperii in Erscheinung trat. Zu diesem öffentlichen Anlass hatte er auch eine ganze Schar an Verwandten, Freunden und Klienten mitgebracht, um einmal mehr seinen Einfluss in der Civitas zu veranschaulichen. Denn: Im antiken römischen Reich galt die richtige Präsentation dessen, was man war oder was man zu sein vorgeben wollte, als das A und O.


    Gerade in der Politik. Seine Frau Octavena und seinen Sohn Audaod neben sich und ein Gefolge von gut zwei dutzend Freunden, politischen Parteigängern und Klienten hinter sich stand er in vorderster Reihe und bedachte insbesondere Titus Matinius Pacatus immer wieder mit gönnerhaften Blicken. Als die Zeremonie letztlich ihr Ende fand, bequemte Witjon sich zur Gratulation zu seinem Klienten hin.


    "Mein lieber Matinius, welch ein überwältiges Wahlergebnis! Meine Gratulation dazu! Und das trotz dieser grässlichen Abbilder, die man von dir an die Hauswände geschmiert hatte." Schalkhaft grinsend fügte er gespielt lapidar hinzu: "Bierchen, Klient?"

    Entweder sein neuer Klient gab sich bewusst unwissend, oder aber er hatte tatsächlich keine Ahnung wovon Witjon sprach. Der Duccier setzte geduldig zu einer Erklärung an: "Du weißt sicher, dass ich Curator eines der größten Handelskonsortiums nördlich der Alpen bin, dem auch Domitius Massula als Socius angehört. Die Freya Mercurioque ist ein Zusammenschluss hiesiger Kaufleute, der durch engen Kontakt und besondere Geschäftsbedingungen einen zügigen Fortlauf der Herstellungskette vom Rohstoff bis zum Endprodukt sicherstellt. Unsere Geschäftsbeziehungen reichen bis weit über den Rhenus hinaus in die Germania Magna ebenso wie westlich bis zu den Handelsknotenpunkten Hispanias und im Süden bisweilen über die Urbs Aeterna hinaus."


    Er machte eine kurze Pause, während derer er Pacatus forschend ansah. "Aber damit erzähle ich dir wohl nichts Neues", bemerkte er schließlich, um dann auf den Punkt zu kommen. "Was ich dir anbiete ist nichts weniger als ein Teil dieses Netzwerks zu werden. Werde Socius und du wirst fortan immer auf derlei Geschäftsabschlüsse wie jenen mit Domitius zählen." Und mit einem wölfischen Grinsen fügte er hinzu: "Und neben den wirtschaftlichen Vorteilen verfügen wir Kaufleute auch über das beste Nachrichtennetzwerk."

    http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/53.jpgEs war einer der Handlanger einer nicht unbedeutenden Sippe der Stadt, der an einem trüben Dezembermorgen das Tor zum Legionslager ansteuerte. Die Einheit war hatte noch nicht allzu lange ihr Quartier bezogen, aber es war absolut sicher, dass das Tagewerk im Lager in formvollendeter römischer Legionsroutine vonstatten ging. Deshalb begrüßte der Mann die wachhabenden Soldaten auch mit der sicheren Gewissheit, dass er auf seine Anfrage eine positive Antwort erhalten würde.


    "Salvete Milites! Mich schickt Numerius Marsus von den Duccii. Ich soll Miles Marcus Marius Madarus eine Nachricht übermitteln."


    Der Handlanger selbst hatte diesen Marius gewiss schon einmal in der Casa Duccia gesehen, immerhin war der Mann Klient seines Geldgebers. Aber ob er ihn nach dieser langen und entbehrungsreichen Zeit des Bürgerkriegs auch noch wiedererkennen würde? Mit wachsender Neugierde erwartete er die Reaktion der Soldaten.

    Octavena überwand offenbar schnell ihre Scheu, was Witjon froh stimmte. Er lächelte entsprechend breit und beantwortete ihre Rückfrage nach seinem Alter gern: "Niemals, wie könnte ich? Ich bin sechsunddreißig." Er war sich sicher, dass sie das nicht stören würde. Oder besser gesagt: Er wäre überrascht, wenn es sie störte, denn dass ältere Männer sich lieber jüngere Frauen nahmen und so weiter und so fort. Weitere Erläuterungen sind dem Leser wohl bekannt. Weiter im Text.


    Doch im Text, zumindest in der direkten Rede, ging es nur spärlich weiter. Witjon zog für einen Moment die Augenbrauen in die Höhe und sah seine Frau erwartungsvoll an, während diese seine Hand ergriff. Er umschloss ihre Finger und fühlte ihre Haut, fühlte ihre Wärme. Octavena sagte nichts mehr, aber ihr Blick schien ihm zu allem, was er gesagt hatte, zu signalisieren: Ja, keine Einwände. Schlussendlich sagte Witjons Weib aber nichts mehr, was ihn ebenfalls einen weiteren Moment stumm bleiben ließ.


    Letztlich kam er zu dem Schluss, dass man auch noch später über fundamental wichtige Angelegenheiten der Zukunft reden konnte. Viel wichtiger waren nun Taten, die die Zukunft bestimmen konnten.
    "Ich seh' schon, Reden ist noch nicht so dolle. Es ist wieder Zeit für Taten", schmunzelte er, woraufhin er Octavena aber keine Zeit zum Antworten gab. Vielmehr küsste er sie kurzerhand derart leidenschaftlich, dass sie gar nichts mehr würde sagen können. Es dauerte nicht lange, bis Witjons Hände ebenfalls aktiv wurden und sämtliche Schlaftrunkenheit der Begierde gewichen war.

    Hach, dieser Matinier war wirklich amüsant, das musste Witjon zugeben. "Alarmstart, das ist gut." Er lachte leicht schnaubend vor sich hin. "Solange du dein Tagewerk geschafft bekommst, soll mir egal sein, wann du in die Puschen kommst." Womit er diese Thema für abgehakt erklärte.


    "Ja, ja, das ewige Leid mit dem Zaster", äußerte Witjon sein Verständnis für Pacatus' Situation. "Danke, dass du meine Haustür in einem Stück gelassen hast", versuchte er sich dann im Folgenden wieder mit einem Scherz, um dann auf's Geschäftliche zurückzukommen. "Was du da beschreibst, klingt schwer nach den Vereinbarungen, die wir Socii der Freya Mercurioque untereinander so zu treffen pflegen." Er fuhr sich kurz nachdenklich durch den Bart und man konnte den Eindruck gewinnen, dass Witjon über einen spontanen Einfall nachdachte.


    "Hm, ich glaube übrigens nicht, dass Massula dich betuppt hat. Was ich vielmehr glaube, ist, dass du vielmehr noch in den Genuss wesentlich größerer Vorteile kommen könntest..." Er lächelte ein vielsagendes Lächeln. "Deine Tongrube könnte erst der Anfang sein", verhieß er Pacatus sodann und war sich sicher, dass der Matinier ziemlich genau wusste, worauf er hinauswollte.

    "Ein gutes Alter", bemerkte Witjon, ohne dabei einen Hintergedanken offenbar werden zu lassen. Sie würde wohl selbst wissen, dass junge Frauen natürlich immer bei Männern beliebter waren als ältere. Nicht nur, weil sie eine höhere Überlebenschance bei Geburten hatten, sondern auch weil sie in ihrer jugendlichen Schönheit das Auge erfreuen konnten. Über sein eigenes Alter schwieg er dagegen erstmal ganz diskret. Einerseits um Octavena zur Nachfrage zu provozieren. Andererseits, falls sie nicht danach fragte, würde er wissen, dass sie offenbar nicht so gern gleich Grenzen anderer austestete.


    "Ich hoffe sehr, dass unsere Familie eine große mit vielen Kindern wird", sprach Witjon als nächstes einmal einen Wunsch aus, den er schon lange hegte. "Ich habe einen Sohn, auf den ich sehr stolz bin. Aber wer weiß schon, was die Götter für Ränke schmieden..." Womit er andeuten wollte, dass Audaod auch im jugendlichen Alter noch Opfer eines Unfalls, einer Krankheit oder schlimmerer Unbill werden konnte, was er nicht hoffte. "Wir sollten möglichst bald ein paar Opfer darbringen für die Zukunft. Iuno, die vielen Göttinnen der Geburt, äh... und so weiter..."


    Bei diesem Lächeln konnte Witon schließlich gar nicht anders, als Octavenas Rückfrage zu beantworten: "Nein. Ich lebe hier seit...uff, seit vielen Jahren. Ich bin als junger Kerl hierhergekommen, um etwas zu werden." Er grinste, dann machte er eine kurze Pause, während der er sich kurz das Auge rieb. "Ich bin ursprünglich im Oppidum Brogilus aufgewachsen, das liegt nördlich von hier, etwas südlich der Colonia Claudia. Mein Vater hat als Auxiliar das Bürgerrecht erhalten und sich in Brogilus schließlich als Schmied niedergelassen, wo er mit meiner Mutter insgesamt vier Kinder großzog. Mein Bruder, Arbjon, ist mittlerweile Praetorianer und irgendwo in Italia unterwegs. Meine beiden Schwestern und meine Mutter hast du ja gestern kennen lernen können auf der Hochzeit."

    Nicht nur der Kandidat selbst war unterwegs, um Wahlkampf zu machen. Auch der Patron des Matiniers hatte sich auf die Straße begeben, um bei leicht diesigem Wetter Werbung für seinen Klienten zu machen. Er hatte eine handvoll Männer und einen Karren voll Brot mitgebracht und sich ein Plätzchen auf dem Forum gesucht, wo er die meiste Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte.


    Einer seiner Handlanger stellte sich nun breitbeinig auf den Karren und fing an zu brüllen:


    "LEUTE, HÖRT HER! TITUS MATINIUS PACATUS ERBITTET EURE STIMME! TITUS MATINIUS PACATUS, EIN VORTREFFLICHER GESCHÄFTSMANN UND POLITIKER AUS DEM VICUS NAVALIORUM. IHR HABT IHN ZUM MAGISTER VICI GEMACHT, NUN WÄHLT IHN ZUM AEDIL! ZUM AEDIL, HÖRT IHR?"


    Ein paar Leute hielten an und schauten neugierig. "Sind ja nicht schwerhörig", flaxte ein Mann mittleren Alters, der ziemlich weit vorne stand und von dem Ausrufer direkt angeschrien wurde.
    "Gebt Titus Matinius Pacatus eure Stimme", forderte Witjon genau diesen Mann nun auf und reichte ihm einen Laib Brot. "Er wird als Aedil dafür sorgen, dass ihr euren Geschäften ungestört nachgehen könnt. Hier, diese Brotspende lässt er euch zukommen. Titus Matinius Pacatus, Aedil. Gebt ihm eure Stimme." Dass natürlich eigentlich Witjon selbst das Brot finanziert hatte, ließ er getrost unerwähnt. Das konnten sich die meisten Leute wohl selbst denken. Interessieren würde es sie wohl ebenso weniger.


    "EINE BROTSPENDE VOM GROSSZÜGIGEN TITUS MATINIUS PACATUS! HIER! GRATIS! NUR FÜR EUCH! TITUS. MATINIUS. PACATUS. AEDIL!"


    Und so zog sich der Tag hin, während der Ausrufer sich heiser schrie und Witjon händeschüttelnd Menschen von seinem Klienten überzeugte.

    "Na, das wäre wirklich kein angemesser Auftritt", beurteilte Witjon Pacatus' Prognose zur nicht notwendigen Salutatio. "Aber wehe ich höre demnächst, du seist ein Langschläfer, der seinen Tag verbummelt", mahnte er daraufhin nur halb ernst.


    Nachdem sie dann nochmal auf Pacatus' nützliche künftige Positionen getrunken hatten, zeigte sich Witjon, ganz Geschäftsmann, nochmal interessiert an diesen Gesprächen, die sein neuer Klient da mit Massula führte: "Erzähl mir mehr über deine Verhandlungen mit Domitius. Das interessiert mich. Was steht da aus?"

    Zitat

    Original von Lucius Celeripes
    "Freya, Freya, Freya.... ah, hier haben wir es, das Handelskonsortium der Freya Mercurioque.", wurde der Postbeamte recht schnell auf seiner Liste fündig. "Hier beträgt das Wertkartenguthaben noch genau 210 Sesterzen, während die Regia.... Moment.... Da haben wir sie: Dort beträgt das Guthaben sogar noch 570 Sesterzen.", antwortete er und kniff kurz die Augenbrauen zusammen, weil letzteres ihm doch etwas viel erschien. Er schaute also noch einmal genauer und fügte hinzu: "Ah, richtig. Diese Wertkarte wurde nach Absprache mit dem Princeps Praetorii mit jener der Provinz Germania Superior zusammengelegt, weil letztere ansonsten nie genutzt wurde.", nickte er sich erinnernd.


    Betreffs alter Wertkarten, deren Institutionen vielleicht schon gar nicht mehr bestanden, schaute der Mitarbeiter des Cursus Publicus erneut erst in seiner Liste nach. "Nun, um die Provinzwertkarte hatte ich mich, wie gesagt, schon gekümmert, nachdem mir das auffiel. Dann existiert aber noch eine Wertkarte einer Regio Germania Inferior, die wohl in die Provinz Germania Inferior zum dortigen Cursus Publicus gehört." Er lächelte entschuldigend. "Und ebenfalls schon lange nicht mehr benutzt wurde die Wertkarte der Stadt Confluentes...." Jetzt zuckte der Postbeamte mit den Schultern. Denn die Stadt existierte seines Wissens nach natürlich trotzdem weiter.


    Sim-Off:

    Dennoch heißt es hier, dass das Vermögen (also auch eine CP-Wertkarte) geschlossener Städte (also bald auch Confluentes) an die Staatskasse geht.... sofern ihr euch nicht vielleicht des Vermögens irgendwie seitens der Provinz bemächtigt. ;) - SF.


    "Aha", kommentierte Witjon die Aussagen über die Karten der FMQ und der Regia. "Da hatte ich das doch ungefähr richtig im Kopf", bemerkte er noch beiläufig und hörte dann ebenfalls neugierig hin, während der Postbeamte in seiner Liste forschte.


    "Jo, das ist wirklich deren Problem in Confluentes", grinste Witjon daraufhin zunächst. "Haben die etwa keine Brieffreunde?", witzelte er. "Naja, die Wertkarte der ehemaligen Regio Germania Inferior gehört tatsächlich jetzt zur Provincia Germania Inferior. Aber das ist auch deren Problem, würde ich mal behaupten." Er zuckte mit den Schultern. "Danke jedenfalls für die Auskunft und schönen Tag noch, ich habe dann keinen Grund mehr dich weiter zu belästigen."


    Sim-Off:

    Ok, mich stören eigentlich nur die uralten inaktiven Einträge in der Liste. Das bisschen CP-Vermögen darf da gerne auch an die Staatskasse abgegeben werden.

    Hr hr hr. Witjon grinste verschlagen, als er erkannte, dass man Octavena mit Kitzeln ganz einfach in Bedrängnis bringen konnte. Das würde er sich merken. "He was?", gab er gespielt unschuldig zurück, beließ es aber vorerst dabei. Grenzen austesten konnte er auch später noch. Jetzt wollte er erstmal mehr von seiner Frau erfahren, ohne es gleich aus ihr herauskitzeln zu müssen.


    Er lachte, als Octavena die Möglichkeit ihrer unentdeckten nächtlichen Holzfällerbetätigung äußerte. "Ich hab's noch nicht gehört, solltest du schnarchen. Aber ich kann auch von Glück sagen, dass ich einen ziemlich festen Schlaf habe. Unten auf der Straße könnte eine ganze Legion vorbeistampfen, ich würd's nicht mitbekommen."
    Unwillkürlich musste er gähnen. Daraufhin streckte er sich ein bisschen und stützte seinen Kopf dann ebenfalls auf seiner Hand ab.


    "Tjoa, dann bleiben wir eben noch liegen", entschied er schließlich. Dabei sah er Octavena an, betrachtete ihr Gesicht und berührte erneut ihr Haar. "Hm...", machte er mit einem verschlafenen Lächeln. "Erzähl mir von dir", forderte er sie auf. Langsam wurder er neugierig auf diese Frau, deren Körper er bereits hatte kennen lernen dürfen, von deren Wesen er aber noch nicht viel wusste. "Wie alt bist du eigentlich?", fiel ihm da gleich mal als Konkretisierung ein. Und weiter: "Bist du froh, endlich verheiratet zu sein?" 'Mit mir' hätte er beinahe hinzugefügt, aber das ließ er erstmal unausgesprochen.

    "Ja, die Werbung habe ich gesehen. Die Legion ist mir aber bisher ebenso wenig wie dir unter die Augen gekommen." Er verzog den Mund. "Andererseits gibt uns das wohl nochmal einen Aufschub, bevor wir den Fresshälsen wieder unsere Vorräte abgeben müssen." Die Legion war bekanntlich unersättlich. Das hatte schon deren Abmarsch zu Beginn des Kriegs gezeigt.


    "Sollten wir jemals einen neuen Legatus Augusti Pro Praetore bekommen, können wir uns ja mal kräftig bei ihm beschweren. Aber ob das etwas nützt, ich weiß es nicht..."

    Da hatte aber jemand gute Laune, was Witjon zufrieden zur Kenntnis nahm. Trotz eines fehlenden Legatus Augusti Pro Praetore und trotz des langsamen Agierens der kaiserlichen Kanzlei in Rom, das den Betrieb der Provinzverwaltung bisweilen nicht unerheblich einschränkte oder behinderte, schien der Cursus Publicus ungehindert und problemlos zu funktionieren. Sofern der Tabellarius Dispositus nicht gerade einmal mit dem falschen Fuß aufstand.


    "Ah, danke. Das reicht tatsächlich noch eine ganze Weile." Daraufhin wollte er sich schon verabschieden, als ihn die Neugierde packte. "Ach, wo wir gerade dabei sind...du kannst mir doch sicher auch noch über ein paar andere Wertkarten Auskunft geben. Wie sieht es mit folgenden Wertkarten aus: Freya Mercurioque und Regia Legati Augusti Pro Praetore. Und weil mir letztens erst ein Überbleibsel der Provinzreform untergekommen ist...gibt's noch alte Wertkarten, deren Institutionen vielleicht schon gar nicht mehr bestehen?"