Beiträge von Numerius Duccius Marsus

    Die Diskussion zog sich fort. Und fort. Und fort. Und irgendwann verordnete Witjon schließlich eine Pause, die dringend nötig war. In jener Pause wurde beschlossen, dass die Sitzung einige Tage später fortgeführt werden sollte, wobei auch auf juristischen Rat zurückgegriffen werden sollte.


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    An besagtem Tag traf man sich also wieder in der Curia. Witjon eröffnete die Sitzung und es wurde weiter beraten, was noch einmal geraume Zeit in Anspruch nahm. Letztlich wurde man jedoch großteils einig, woraufhin Witjon auch endlich einen finalen Entwurf für den besprochenen Absatz V verlesen konnte.


    "V. De Aedilibus
    Diejenigen, die durch die Mehrheit und zumindest die Hälfte der Municipes bei den Comitia aus der Reihe der Decuriones zu Aediles gewählt werden und mindestens XXV Jahre alt sind, sind für die Dauer eines Jahres rechtmäßig Aediles des Municipium Ulpium Mogontiaciensis. Sie wahren die öffentliche Ordnung. Dazu haben sie während ihrer Amtszeit das Recht, eine bestimmte Anzahl Apparitores auf Kosten der Stadtkasse zu beschäftigen. Sie haben das Recht und die Vollmacht, die Getreideversorgung des Municipium, die Märkte, die öffentlichen Bauwerke und Tempel, die Thermen und Häfen, die Bordelle, Garküchen und Brunnen zu beaufsichtigen und öffentliche Spiele abzuhalten. Die Aedile haben Verstöße gegen die öffentliche Ordnung und Vergehen am Municipium und dessen Eigentum aufzuklären und zu ahnden, wozu sie bei bedarf weitere Apparitores auf eigene Kosten anheuern.
    Die Aufgaben der Aedile werden von den Duumvirn zu Beginn ihrer Amtszeit konkretisiert und zugeteilt."


    Soweit lautete nun also die gewählte Formulierung. Witjon sah kurz in die Runde und fügte dann außerdem hinzu:
    "Mein Antrag soll hierbei außerdem die Umformulierung der Absätze III und IV umfassen, in denen ebenfalls die 'Apparitores' wie besprochen Einzug finden sollen. Konkret also für die Duumvirn:


    'Sie haben während ihrer Amtszeit das Recht, die Toga Praetexta zu tragen, sowie eine bestimmte Anzahl Apparitores auf Kosten der Stadtkasse in ihrem Officium zu unterhalten.'


    Und für den Quastor:


    'Er hat während seiner Amtszeit das Recht, eine bestimmte Anzahl Apparitores auf Kosten der Stadtkasse zu unterhalten.'"






    DECURIO - MOGONTIACUM

    Zitat

    Original von Sextus Aurelius Lupus
    “Nun Duccius Marsus, du bist der Gastgeber, ich bin dein Gast. Führe mich, und ich folge“, stimmte Sextus mit großzügiger Geste zu und wandte sich in die Richtung, in die der Mann gewiesen hatte, um zusammen mit ihrer Gruppe dorthin zu gehen. “Aber wenn mir die Frage gestattet ist, Duccius, hat es mir dem Feuer eine besondere Bewandtnis? Er scheint mir sehr raumfüllend“, setzte er als Versuch, eine Konversation zu etablieren, hinzu.


    Zitat

    Original von Lucius Duccius Ferox
    „Wir verbrennen den Winter. Da muss das Feuer groß sein“, erklärte sie ihm, immer noch grinsend, und bevor sie noch etwas sagen konnte, war Hadamar da. „Saufratz, kloaner“, brummte er und warf sie sich kurzerhand über die Schulter, ihre Beine über seinem Rücken, ihr Kopf nach vorne, was Dagny mit einem fröhlichen Kreischen quittierte. „Tschuldigung“, machte er dann in die Richtung der drei Männer.


    Zitat

    Original von Faustus Domitius Massula
    "Salve, Marsus, wischst du dir gerade die Tränen ab, weil der Winter sich immer noch mit Händen und Füßen dagegen wehrt, aus dem Land gejagt zu werden?"


    Witjon meisterte die Situation mit einem souveränen Lächeln. Er mittlerweile so routiniert darin, in unvorhergesehenen Situationen gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Lächeln und Winken war die Devise. Wobei man bei Dagnys kindlichen Eifer widerum auch nicht als böses Spiel bezeichnen konnte. Selbst der häufig so knallharte Alrik konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Witjon ließ die ganze Schose schlichtweg unkommentiert und ließ sich statt dessen bereitwillig von Massula ablenken.
    "Massula, grüß dich!" Er reichte dem Domitius lachend die Hand. "Ich weiß nicht wovon du sprichst. Das hier ist doch bester germanischer Frühling." Die Ironie in seinen Worten war dabei freilich nicht zu überhören.


    Ohne Überleitung wandte sich der gewesene Duumvir dann zu seinem Gast um. "Massula, darf ich dir Senator und Haruspex Sextus Lupus von den Aureliern vorstellen? Senator, dies ist Faustus Massula von den Domitiern, seines Zeichens Decurio dieser Civitas und Princeps Praetorii im Dienste des Statthalters Annaeus Modestus." Er trat einen Schritt zur Seite und gab den beiden Männern Gelegenheit zur Begrüßung. Das große Feuer zischte bösartig, als der Regenschauer mit einem letzten Aufbäumen endete. Germania begrüßte den Aurlier gebührlich, das stand fest.

    Alriks Worte überzeugten Witjon schließlich davon, dass er - und damit die ganze Sippe Wolfriks - ohnehin keine große Wahl hatte. Einen Augenblick musste er über diese Perspektive Nachdenken, bevor er seinen Vetter fixierte und entschlossen sein Resümee zog. "Dann steht es also fest: Die Söhne ...und Töchter... Wolfriks werden auf der Seite stehen, auf der der Statthalter sich positioniert. Mit allen Vor- und Nachteilen. Es bleibt uns also gar nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen." Mit gemischten Gefühlen sprach er diese Wahrheit aus und fügte schließlich an: "Wir kennen es immerhin schon fast gar nicht mehr anders."

    "Du meinst also, dass die FMQ deinen hermundurischen Händlern den Bernstein abnehmen, oder unter anderem neben deinen anderen Kontaktpersonen in den Handel einsteigen soll?" In dieser Sache wollte Witjon erst einmal Klarheit haben, bevor er irgendwelche Zusagen traf.


    "Was die Preise angeht, bin ich allerdings sehr offen", schob Witjon jedoch schnell nach, um dahingehend schonmal eine grundsätzliche Bereitschaft hinsichtlich des Bernsteinhandels zu signalisieren.

    Oha, Massula kam quasi direkt zur Sache. Offenbar schätzte Witjon den Kelten immer noch regelmäßig falsch ein. Oder aber dem Domitius brannte diese Sache derart heißt unter den Fingernägeln, dass er damit sofort rausrücken musste.
    "Salve und willkommen, Iunius", begrüßte Witjon erstmal den jungen Begleiter, der sich so unauffällig wie möglich gab und quittierte Massulas scherzhafte Antwort auf seine floskelhafte Frage.
    "Setzen wir uns doch", bot Witjon dann an, um sich einen Augenblick Zeit zu verschaffen und sich seine nächsten Worte zurechtlegen zu können. Auch dem Iunius gab er einen Wink, er möge sich setzen. Mit einem möglichst gelösten Lächeln ging er dann auf Massulas Worte ein.
    "Offensichtlich ist es mit meinen schauspielerischen Fähigkeiten nicht so weit her", versuchte er es zunächst mit einem humorvollen Einstieg. "Du hast durchaus recht, dass mir eine Beteiligung des Handelskonsortiums wünschenswert ist."

    Das Fest war bereits in Gang gekommen, als am Rande des Platzes eine größere Gruppe weiterer Besucher die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf sich zog. Die Duccier, die Söhne und Töchter Wolfriks, folgten ihrem Sippenoberhaupt mitten hinein ins Gedränge des Festes. Neben Witjon war da natürlich der angehende Senator Titus Duccius Vala, der Optio Lucius Duccius Ferox, und Duccia Flamma, die Schwester des verstorbenen Tiberius Duccius Lando. Witjons Sohn Caius Duccius Callistus, und der Schuljunge Faustus Duccius Decula waren ebenso wie Landos und Duccia Elvas Tochter Duccia Sila im Schlepptau der Erwachsenen. Außerdem befand sich ein Gast von hohem Rang in ihrer Gesellschaft: Senator und Haruspex Sextus Aurelius Lupus.


    Die Gruppe schob sich langsam auf den Festplatz, kam jedoch nicht sonderlich weit. Alle paar Schritte fand sich jemand, der dem ehemaligen Duumvir die Hand schütteln wollte und ein paar neugierige Worte wechseln wollte, besonders hinsichtlich des Gastes, der mit ihnen unterwegs war. Witjon wimmelte den Großteil der unwichtigeren Nervensägen zügig ab, um sich den wichtigen Personen der Stadt zuzuwenden. Die Duumvirn und Aedile, der Quaestor, und etliche wohlhabende Decuriones wurden begrüßt und dem Senator Aurelius vorgestellt. Es wurden Hände geschüttelt, Komplimente verteilt, Grüße von Bekannten ausgetauscht. Witjon ließ zügig Getränke bei einem der Schankwirte holen und verteilte großzügig an seine Freunde und Bekannten.


    "Nun Aurelius, wie du siehst, verstehen wir uns hier auf's Feiern", bemerkte Witjon schließlich gegenüber seinem erklärten Ehrengast, als sie einen Augenblick Ruhe gefunden hatten vor den vielen Begrüßungen. "Wobei der Rahmen sicherlich nicht der selbe ist wie du es aus Rom gewöhnt bist. Ich hoffe es gefällt dir trotzdem?" Immerhin gab es Unmengen zu trinken, etliche junge hübsche Mädchen, die einem schöne Augen machten - Witjon war ja immer noch nicht wieder verheiratet und deshalb ebenso betroffen wie manch anderer junger Bursche! - Frohsinn und Tanz. Was konnte man sich schon mehr wünschen?


    Ein wenig Abseits von der kleinen Gruppe entdeckte Witjon dann ein etwas freieres Plätzchen, wo man nicht ganz so eng gedrängt stand. "Schaut, wollen wir dort hinüber gehen? Da haben wir etwas Luft." Er zeigte damit auf die Stelle, wo sich der Hügel anbahnte, auf dem die Magoniden und Petronier es sich gerade gemütlich gemacht hatten.

    "Selbst wenn du den Stein nur angestoßen hast", nahm Witjon Alriks Formulierung auf, "so warst du dennoch beteiligt." Maßgeblich eben, wie Alrik schon gesagt hatte. Aber statt weiter auf der Rolle seines Vetters in dieser Sache herumzureiten, beließ Witjon es dabei und hörte sich dessen näheren Erläuterungen zur Lage der Gens an, was in ebendiesem Zeitpunkt von wesentlich größerer Wichtigkeit war als die Profilierung des Einzelnen.


    Und gerade diese Erläuterungen bestätigten das Bild von Alrik, das in Witjon schon seit einigen Jahren grobe Gestalt angenommen hatte. Der Mann war einzig auf Macht aus. Es schien ihm völlig egal zu sein, ob eine Gefolgschaft gegenüber diesem oder jenem moralisch zu vertreten oder mit einstigen Loyalitäten zu vereinbaren war. Alrik kam es einzig und allein auf seinen persönlichen Vorteil an. Und den seiner Sippe, so folgerte Witjon zumindest, denn ohne seinen Rückhalt in Mogontiacum wäre der Sohn des Leif schon mindestens drei oder vier Mal völlig pleite gewesen. Und vielleicht auch schon längst tot, denn Geld und Leben hängten sicherlich nicht nur in Mogontiacum eng miteinander zusammen.


    Dass Alrik schließlich Salinators Untergang durch vehementes Bekräftigen seiner Position als unbedingt herausstellte, unterstrich letztlich Witjons Eindruck von seinem Vetter nochmal dick.
    "Du stehst gegen Vescularius und wir also mit ihm. Wenn du und die Männer, denen du dich angeschlossen hast, fallen...." Witjon wollte es lieber gar nicht aussprechen. "...dann fallen auch wir." Ein hölzernes Knarzen drang zwischen seine Worte, doch Witjon ignorierte es. Er war viel zu sehr mit Konsequenzanalyse beschäftigt, wobei er nicht mit der Sicht der Dinge vertraut war, die man in Rom auf die Welt hatte und sich somit auch nicht so leicht ausmalen konnte, wie sehr die Duccier wirklich bedroht wären, würde der Konflikt zugunsten Salinators ausgehen. "Wie steht die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Sturz des Vescularius kommt?" fragte Witjon schließlich. "Ich meine...kennst du den Statthalter? Weißt du wie er denkt? Glaubst du nicht, er könnte ganz andere Pläne haben als sein Verwandter in Aegyptus?" Nicht, dass Alriks Pläne schon hier in der Regia zunichte gemacht wurden, indem Annaeus Modestus ihn arrestieren ließ und sich dem Mann in Rom anschloss.

    Witjon ließ nicht allzu lange auf sich warten. Albin hatte ihn über das Kommen des Domitius unterrichtet. "Salve Domitius", grüßte er jenen also und fügte an: "Wie gehen die Geschäfte?" Auch wenn er eigentlich gerade beschäftigt gewesen war, machte Massulas Besuch ihn neugierig. Und da es unhöflich war, in nicht dringlichen Angelegenheiten direkt zur Sache zu kommen, begann Witjon erstmal mit Kleinsprech.

    Witjon enthielt sich natürlich, denn es wäre zum einen unnötig und zum anderen charakterschwach gewesen, sich selbst eine Statue zusprechen zu wollen.
    "Ich danke euch vielmals für diese Ehrung, werte Honoratioren. Ich war sehr gerne Duumvir im Dienste unserer schönen Civitas und freue mich auch in Zukunft meinen Teil zum Gedeih Mogontiacums beitragen zu können", sprach er ein paar kurze Dankesworte. "Aber auch Mathayus Magonidas soll der gebührende Dank zukommen. Deshalb, werter Duumvir Epidius, bitte ich dich diesbezüglich fortzufahren." Er gab dem Epidius einen Wink, wobei er ein leicht verschämtes Lächeln offenbarte. Witjon freute sich tierisch über diese Marmorstatue, auch wenn er das hier so nicht ausdrücken würde. Vielmehr war er wohl ein bisschen rot angelaufen, denn offen ausgesprochener Dank der Mehrheit des Stadtrates war ihm bisher nicht unbedingt häufig entgegen gebracht worden. Umso schöner, dass er am Ende seiner langen - wenn auch zwischenzeitlich schonmal ausgesetzten - Amtszeit so viel Wertschätzung erfuhr.

    Verdammte Axt, Domitius hatte bereits zwei Kaufleute involviert. Das schmeckte Witjon natürlich gar nicht, denn er wollte eine Beteiligung der Freya Mercurioque sehen. "Öhm, nicht dass ich wüsste", antwortete er daher zunächst auf Massulas Nachfrage, ob Laelius Cinna und Teutomalius denn Mitglieder im Handelskonsortium seien. Dann schob er aber sogleich nach: "Aber das könnte man ja ändern." Wobei er schmal lächelte und zugleich hoffte, dass der Princeps Praetorii diesen Vorschlag als ernsthafte Möglichkeit in Betracht zog. Immerhin zog Domitius in Erwägung auch die Provinzkasse zu beteiligen falls nötig. Das klang ja schonmal verheißungsvoll.


    "Tu das", bekräftige Witjon dann Massulas Vorhaben eine Reise zu Rodewini zu unternehmen. "Ich schätze aber, der Statthalter dürfte nichts gegen deine Pläne einzuwenden haben. Immerhin ist ihm wohl am ehesten daran gelegen, so wenig wie möglich sichtbar in Germania Magna in Erscheinung zu treten. Römische Aktivitäten jenseits den Rhenus sorgen immer für viel zu viel Aufmerksamkeit. Nicht, dass die Chatten sich letztlich noch provoziert fühlen. Das will sicherlich niemand." Womit schließlich alles Wichtige gesagt wäre, wie Witjon fand.

    "Naja, noch nicht ganz...", lachte Witjon, während er sich über die behaarte Wange strich. Alriks Worte nahm er einfach mal als Kompliment hin, wurde es unter Germanen immerhin oft genug noch nicht gern gesehen, wenn sich jemand allzu römisch gab und damit seine Wurzeln völlig aufgab.
    Dann verfolgte er aber erstmal die Begrüßung und den Austausch zwischen Alrik und Hadamar und kam zunächst aus dem Grinsen nicht heraus. Bis Alrik auf die harten Fakten zu sprechen kam, die er ihnen ungebremst vor den Latz knallte. Witjon hätte beinahe das Bier fallen gelassen, das er Alrik gerade reichen wollte, als er zu hören bekam, dass der Heimkehrer vogelfrei war. "Die Proskriptionslisten", keuchte er und musste sich räuspern, um seine Stimme wiederzufinden. Auch die Ereignisse in Aegyptus rissen Witjon ziemlich vom Hocker. "Bei Wodan! Alrik, du hast eine ganze Provinz gegen Vescularius - gegen den Kaiser - aufgewiegelt?" Witjon ließ sich verblüfft in seinen Stuhl zurückfallen und musste erstmal Atem holen. Dann musste er plötzlich lachen, ein kurzes, ungläubiges Lachen. "Irre. Einfach irre. Und... was bedeutet das jetzt für uns? Ich meine...da steht immerhin ganz fett Duccius auf der Proskriptionsliste." Witjon war für diesen Moment noch zu perplex, um sich selbst die Vor- und Nachteile von Alriks Position ausrechnen zu können, auch wenn sie wohl offensichtlich waren. Falls Cornelius Palma siegte, stünde Alrik mit einem Fuß bereits im Senat. Falls nicht...stünden sie alle mit einem Fuß in der Arena.

    Witjon gab sich mit Hadamars Antwort über die anderen Provinzen zufrieden. Dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Legion in den Krieg zog, stimmte ihn natürlich nicht gerade sorgenfreier, aber was konnte er schon tun? Und dann stand plötzlich ein Mann im Raum, mit dem Witjon freilich nicht rechnete.
    "Al....rik?" stutzte Witjon verblüfft, von Hadamars so unbeteiligter Reaktion zusätzlich verwirrt. Achja, die beiden hatten sich damals ja gar nicht richtig kennen gelernt. Perplex blieb Witjon einen Augenblick lang sitzen, bevor er sich hastig erhob und auf seinen Vetter zuging.
    "Alrik, willkommen zurück", begrüßte er ihn nun fröhlich. Witjon gab Alrik erst einen festen Händedruck, entschied sich dann dafür, eine Umarmung nachzuschieben. Als sie voneinander abließen, musterte Witjon den unverhofften Rückkehrer unverhohlen neugierig. "Gut siehst du aus." Dann erinnerte er sich an Hadamar und erklärte: "Alrik, kennst du noch Hadamar? Einer von Sigmars Sprösslingen. Hadamar, das ist Alrik, Sohn des Leif." Jetzt, wo Witjon sich gefangen hatte, bot er Alrik einen Sitzplatz und Getränke an und forderte auch sogleich eine ausführliche Erklärung: "Also, wie kommen wir zu der unverhofften Freude, dich so plötzlich in unserem Heim wieder begrüßen zu dürfen?"

    "Oh ja, Naha ist richtig lang geworden", stimmte Witjon fröhlich zu. "Dann schau mal, was es neues auf dem Markt zu hören gibt. Zur Zeit sind wir ja um jedes Gerücht froh, das auch nur annähernd plausibel klingt." Und dann ergänzte er eine Frage: "Ach...sag mal, will Naha nicht mal selbst ein Kleid nähen? Ihr könntet ja auch ein paar Stoffbahnen holen und du zeigst ihr, wie das richtig geht." Er zwinkerte Eila und schob ein müdes Grinsen nach. Langsam wurde er halbwegs munter. Da half eine amüsante Unterhaltung auf jeden Fall weiter.
    Auf Eilas Frage hin zuckte Witjon dagegen unschlüssig mit den Achseln. "Weiß nicht", gab er wenig informativ zu. Er warf einen nachdenklichen Blick hinaus in den Garten. Ein Eheweib vielleicht, dachte er und schimpfte sich sogleich einen Trottel. Das konnte er ihr keinesfalls so sagen. "Nö, ich brauch grad nichts Spezielles vom Markt, denke ich", sagte er statt dessen und schenkte Eila noch ein schiefes Lächeln.

    Mit zunehmender Aufregung verfolgte Witjon die angestoßene Diskussion, die ausnahmsweise einmal ihn höchstpersönich betraf. Er sollte eine Marmorstatue erhalten! Eine Statue! Auf dem Forum vor der Curia! Witjon konnte und wollte es nicht glauben. Innerlich hüpfte er vor Freude, äußerlich sah er einfach nur still von einem Redner zum nächsten. Hätte Laetilius Fecenianus nicht letztlich doch noch Kritik geäußert, Witjon wäre wohl fast ehrlich enttäuscht gewesen von so viel Wohlwollen, das man ihm hier entgegenbrachte, wenn man bedachte, dass er in seinen ersten jungen Jahre im Ordo Decurionum noch breitem Gegenwind hatte trotzden müssen.
    Zur Diploma für den Magoniden äußerte der gewesene Duumvir sich nach den vielen Wortmeldungen schließlich auch nicht mehr. Es würde wohl reichen, wenn er seine Zustimmung per Handzeichen abgab.

    "Ja, so heißt es auf der Straße", nickte Witjon. Die Gerüchte waren ja allgemein bekannt. Nur eben nicht bestätigt, sonst wären es ja keine Gerüchte mehr. "Also keine Nachrichten aus Britannia. Hmm..." Nachdenklich rieb sich der Sippenführer durch die Barthaare am Kinn. "Und wie stehen unsere Nachbarprovinzen zu Annaeus beziehungsweise Cornelius?" Vielleicht war darüber ja schon mehr bekannt.


    "Ahso", war das Einzige, das Witjon auf die mäßig informative Erklärung über Hadamars Auftrag hin einfiel. "Klingt ja nicht gerade spannend. Aber immerhin kommst du mal für was länger aus dem Lager raus, was?"

    "Immer", beantwortete Witjon Hadamars Nachfrage grinsend und hörte sich dann erstmal höchst interessiert an, was sein Gegenüber so zu erzählen hatte. "Der patrizische Senator, der auf den Proskriptionslisten stand", stellte Witjon nüchtern fest, als der Name Cornelius fiel. "Jetzt ist es also offiziell." Er sah kurz nachdenklich drein. "Weißt du denn etwas aus Britannia? Gibt es Nachrichten von dort? Haben sich Truppen in Bewegung gesetzt?" Immerhin standen auf der Insel auch einige Legionen, die Einsatz im Bürgerkrieg finden könnten.


    "Nach Raetia?" platzte es dann aus Witjon heraus. "Und was hast du da zu tun? Und überhaupt, meinen Glückwunsch zur Beförderung!" Er freute sich für seinen Verwandten und erhob gut gelaunt seinen Becher. "Auf den Optio Lucius Duccius Ferox!" Das waren ja endlich mal gute Neuigkeiten. Es schien, als wäre Hadamar ja wirklich fähiger, als so einige ihm zutrauten.

    Witjon brütete ausnahmsweise mal nicht über irgendwelchen Berichten, Geschäftsstatistiken oder Rechnungen. Statt dessen dachte er über die Entwicklungen der Lex Municipalis nach, die immer noch viel Aufmerksamkeit von den Decuriones forderten. Oder er versuchte es zumindest, denn in der vergangenen Stunde hatte er kaum einen klaren Gedanken auf die Lex fokussieren können. Es gab viel zu viele Gerüchte oder halb bestätigte Nachrichten, von denen er sich bereitwillig ablenken ließ.


    "Heilsa Hadamar", grüßte und winkte mit einer lässigen Handbewegung. "Lass dich nieder", wies er den jungen Mann dann freundlich an. Witjon hätte ihm auch die Hand gegeben, aber heute war er einfach mal faul und müde und blieb wie der letzte Schlunz in seinem Stuhl hängen. "Was gibt's Neues im Castellum?" fragte er und fügte mit einem Fingerzeig auf den gut gefüllten Beistelltisch sogleich an: "Bier? Oder sowas?"

    Zitat

    Original von Faustus Domitius Massula
    [...] "Ich habe kürzlich auf dem Markt einen hermundurischen Bernsteinhändler getroffen. Da staunst du, was? Ich habe auch gestaunt, dass die wieder hier auftauchen. Der hat mir erzählt, dass sie damit angefangen haben, chattische Händler zu überfallen und ihnen den Bernstein abzunehmen. Ferner, dass ihre Sippen ihre Streitigkeiten beendet haben, einen Anführer gewählt haben und jetzt den Chatten die Salzquellen wieder wegnehmen wollen."


    "Soweit sieht das ja ganz gut aus. Ich will aber, dass das etwas mehr Tempo aufnimmt und habe dem Händler gesagt, dass wir in der nächsten Zeit viel Bernstein sehen wollen und auch fabelhafte Preise machen werden. Auf die Art und Weise ist das Ganze ein 'normales wirtschaftliches Geschäft' und riecht nicht nach römischer Einmischung. Ich muss noch etwas daran arbeiten, um das in trockene Tücher zu bringen. Wenn ich zu Rodewini fahre, kann ich von dir einen Gruß oder eine Nachricht mitnehmen?"


    Witjon schmunzelte. "Nunja, man könnte ja diversen lokalen Kaufleuten Zuschüsse aus der Provinzkasse zukommen lassen, die damit dann quasi verdeckt aus privater Hand die Bernsteinvorkommen aufkaufen. Der Weiterverkauf könnte dann durch die Kaufleute erfolgen, die abzüglich einer bestimmten...nennen wir es 'Aufwandsentschädigung' den Verkaufserlös wieder der Provinz zukommen lassen." Diese kleine heimliche Finanzierungsmöglichkeit hatte Witjon sich gerade aus den Fingern gesaugt. Er hielt sie für gar nicht so übel und hatte natürlich auch die Freya Mercurioque als Partner der Provinz in dieser Angelegenheit im Hinterkopf.
    "Einen Gruß könntest du für mich überbringen, ja. Eine besondere Nachricht...sag einfach, dass es soweit gut läuft. Wie der Sohn seiner Nichte wächst und gedeiht, was ich ihm sonst noch hätte ausrichten lassen, weiß er ja selbst. Erkundige dich einfach, wie es bei den Mattiakern steht und lass mich wissen, wenn Rodewini etwas Ungewöhnliches zu berichten weiß, ja?"